Aus der Vergangenheit lernen – die Zukunft neu erfinden
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10 Volker Bauer & Frank von <strong>der</strong> Reith: Einführung von teilautonomen Arbeitsgruppen<br />
Die Zitate in <strong>die</strong>sem Text stammen aus drei jeweils ca. zweistündigen Interviews<br />
mit Gruppensprechern aus Gericht und Luftfahrtunternehmen. Die Rolle <strong>der</strong><br />
Gruppensprecher in dem letztgenannten Unternehmen ist zu jung, als dass <strong>die</strong><br />
<strong>Aus</strong>sagen <strong>der</strong> Gruppensprecher schon als hinreichend stabil betrachtet werden<br />
könnten, deshalb greifen wir hier auf unsere eigenen unmittelbaren Erfahrungen<br />
vor Ort zurück. Die Schil<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gruppensprecher überraschten durch den<br />
hohen Grad an Gemeinsamkeiten zwischen Industrie und Verwaltung. Wir lassen<br />
<strong>die</strong>se für sich selbst sprechen und verzichten weitgehend auf eine Rekommentierung<br />
in unseren Worten.<br />
Wir begeben uns mit <strong>die</strong>sem Artikel auf <strong>die</strong> Spur <strong>der</strong> Wirkfaktoren in <strong>der</strong> Einführung<br />
von Gruppenarbeit. Dabei ist es nicht unser Anliegen, über Checklisten allgemein<br />
gültige Standards für Einführungsprozesse zu beschreiben. Hier bietet sich<br />
bereits eine Fülle von Literatur an (siehe Antoni 2000). Wir setzen auch voraus,<br />
dass <strong>die</strong> Grundprinzipien teilautonomer Gruppenarbeit und <strong>die</strong> damit verbundenen<br />
<strong>neu</strong>en Rollenelemente dem Leser bekannt sind (Kühl & Kullmann 1999). Wir unternehmen<br />
in <strong>die</strong>sem Beitrag vielmehr den Versuch, den Prozess <strong>der</strong> Rüttelstrecke<br />
besser zu verstehen und verständlich zu machen, indem wir relevante Fragen und<br />
Muster beschreiben, <strong>die</strong> uns unterwegs immer wie<strong>der</strong> begegnen. Gleichzeitig berichten<br />
wir darüber, wie wir <strong>die</strong>se Fragen heute beantworten und mit welchen Instrumenten<br />
wir in <strong>der</strong> Praxis arbeiten. Wir glauben über <strong>die</strong> Jahre und <strong>die</strong> Projekte<br />
hinweg etwas über <strong>die</strong> Einführung von Gruppenarbeit gelernt zu haben. Da es<br />
prinzipiell sein kann, das wir <strong>die</strong>ses tatsächlich nur glauben, laden wir Sie als Leser zu<br />
kritischer Reflexion und Diskussion ein.<br />
2 Erste These: Gruppenautonomie schränkt individuelle<br />
Autonomie ein.<br />
Der Begriff <strong>der</strong> Autonomie trifft nicht auf einheitliche Resonanz. Er wird von den<br />
Betroffenen <strong>der</strong> Einführung teilautonomer Gruppenarbeit nicht etwa als positiver<br />
Wert, son<strong>der</strong>n durchaus auch als Bedrohung empfunden: Nämlich immer dann,<br />
wenn <strong>der</strong> Einzelne bzw. <strong>die</strong> Gruppe befürchtet, über keine adäquaten Verhaltensmuster<br />
zu verfügen, um den <strong>neu</strong>en Freiraum sinnvoll und konstruktiv zu füllen.<br />
Schnell sind Ängste vor Chaos und Anarchie geweckt. Das geflügelte Wort vom<br />
„Mord- und Totschlag in Gruppenarbeit“ macht im Werk <strong>die</strong> Runde. Führungskräfte,<br />
aber auch Berater sind in <strong>die</strong>sen Situationen gefor<strong>der</strong>t, über Gespräche und<br />
klare verbindliche Botschaften <strong>die</strong> nötige Sicherheit für ihre Mitarbeiter anzubieten,<br />
damit sich <strong>die</strong>se auf <strong>die</strong> <strong>neu</strong>en Freiräume und ihre Chancen und Risiken einlassen<br />
können. Sicherheit anzubieten bedeutet nicht, <strong>die</strong> Risiken zu verharmlosen o<strong>der</strong><br />
eine heile Welt zu suggerieren. Die Gruppen brauchen vielmehr konkrete Instrumente<br />
und interne Vermittlung bzw. Prozessbegleitung (siehe weiter unten), wenn<br />
<strong>die</strong> Autonomie zu <strong>Aus</strong>einan<strong>der</strong>setzungen und Konflikten führt.<br />
Häufig zeigt sich das Problem <strong>der</strong> Autonomie im Einführungsprozess jedoch von<br />
einer an<strong>der</strong>en Seite, welche wir in <strong>die</strong>sem Abschnitt näher beleuchten wollen. Die