Winter 2011 - Vereinigung der Jäger des Saarlandes
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Stützen hohe Gerichte <strong>der</strong>zeit die <strong>Jäger</strong>?<br />
Im Fall Chassagnou hatte das erstinstanzliche<br />
Gericht (in Périgueux) festgestellt,<br />
Jagd sei die „satisfaction égoïste<br />
d’une activité de loisir“ (=selbstsüchtige<br />
Befriedigung einer Freizeitbeschäftigung),<br />
ohne dass jemand in <strong>der</strong><br />
Folge diese – schon logisch mangelhafte<br />
– Formulierung angegriffen und<br />
zerpflückt hätte. Dann wurde von Jagd<br />
als „Sport“ gesprochen. Schließlich<br />
formuliert <strong>der</strong> EGMR unter Randnummer<br />
108: „… die Jagd zielt heutzutage<br />
hauptsächlich darauf ab, denen, die<br />
sie ausüben, Vergnügen und Entspannung<br />
zu verschaffen“.<br />
Wer so formuliert, hat keine Ahnung<br />
von <strong>der</strong> Jagd. Und aus keinem Satz <strong>des</strong><br />
Urteils ist zu erkennen, dass einmal<br />
ein Sachverständiger darüber angehört<br />
worden wäre, was Jagd heute<br />
wirklich beinhaltet. Wie sollte ein<br />
<strong>Jäger</strong> bei Richtern mit solchen Überzeugungen<br />
einen Prozess gewinnen?<br />
Zugegeben: In <strong>der</strong> französischen Gesetzgebung<br />
tauchen erst ab 2000 mo<strong>der</strong>ne<br />
Definitionen betreffend die Jagd<br />
auf (heutiger Art. 420-1, Abs. 1, Satz 2<br />
Code de l’environnement: ..“die Ausübung<br />
<strong>der</strong> Jagd, einer Tätigkeit mit<br />
umweltbezogenen, kulturellen, sozialen<br />
und wirtschaftlichen Wesensmerkmalen…“).<br />
Trotzdem: Die Jagd ist damals schlecht<br />
verteidigt worden. Um noch weitere<br />
Beispiele zu nennen: In den Verfahren<br />
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ist nicht einmal die Frage angeklungen,<br />
was mit verletztem Wild auf den<br />
„Jagdexklaven“ geschieht, was unter<br />
dem Gesichtspunkt <strong>des</strong> Tierschutzes<br />
wichtig gewesen wäre; es wurde auch<br />
nicht danach gefragt, wie die jagdbehin<strong>der</strong>nden<br />
Beschwerdeführer an<br />
den Wildschäden beteiligt werden.<br />
Die Beschwerdeführer konnten den<br />
Besitz an einem unbedeutenden Stück<br />
Land unter An<strong>der</strong>em dazu ausnutzen,<br />
um sich als Opfer von Diskriminierung<br />
und als Unterdrückte darzustellen. Das<br />
Eigentum ist als Hebel zur Erreichung<br />
an<strong>der</strong>er Zwecke vorgeschoben worden.<br />
Solche zweckwidrige Verwendung<br />
von Rechtsinstituten nennt man<br />
Rechtsmissbrauch. Dieser Begriff hat<br />
im deutschen Recht zwar seinen<br />
Ursprung im Zivilrecht (vgl. §§ 226,<br />
242 BGB), ist aber unter<strong>des</strong> voll in das<br />
Öffentliche Recht aufgenommen worden.<br />
Dort gilt er nicht nur gegen den<br />
Staat, son<strong>der</strong>n auch gegen Private, die<br />
sich seiner – wie hier geschehen – um<br />
ihres Vorteils willen bedienen. Aber<br />
untersucht denn <strong>der</strong> Staat ansonsten<br />
tatsächlich die persönlichen Verhältnisse<br />
von Privaten, welche sich rechtsmissbräuchlich<br />
Vorteile erstreiten<br />
wollen? Das tut er sogar häufig:<br />
Denken wir an die junge Vietnamesin,<br />
die einen deutschen Rentner geehelicht<br />
hat. Bei ihr wird Jahre lang nachgeforscht,<br />
ob sie den Mann aus Liebe<br />
o<strong>der</strong> nur auf „Abbruch“ geheiratet hat,<br />
um eine Aufenthaltsgenehmigung und<br />
am Ende die deutsche Staatsangehörigkeit<br />
zu erlangen (Problem <strong>der</strong><br />
Scheinehe). Rufen wir uns die Fälle in<br />
Erinnerung, wo ein Deutscher einen<br />
Führerschein in Tschechien gemacht<br />
hat, und wo geprüft wird, ob er dort<br />
nur einen Scheinaufenthalt hat, o<strong>der</strong><br />
wo über mehrere Instanzen hinweg<br />
bis zum Europäischen Gerichtshof<br />
(Beispiel: Entscheidung Aktenzeichen<br />
C – 436/00 v. 21.11.02) untersucht<br />
wird, ob ein Unternehmer seinen<br />
Verwaltungssitz nur ins Ausland verlegt<br />
hat, um Steuern im Inland zu<br />
umgehen.<br />
In diesem Zusammenhang verdient<br />
auch <strong>der</strong> oben erwähnte Fall <strong>des</strong><br />
Berliner Jagdpächters noch eine Bemerkung:<br />
Die Senatsverwaltung hatte<br />
die Schonung von Steinmar<strong>der</strong>n unter<br />
an<strong>der</strong>em während <strong>des</strong> Verfahrens<br />
damit begründet, dass man „Steinwild“<br />
nicht verwerten dürfe (§ 2 Abs. 1 in<br />
Verbindung mit Anl. 1, Nr. 1 Bun<strong>des</strong>wildschutz-Verordnung).<br />
Zu Letzterem<br />
gehört nach Ansicht <strong>des</strong> „Fachmanns“<br />
von <strong>der</strong> Senatsverwaltung auch <strong>der</strong><br />
Steinmar<strong>der</strong>; <strong>der</strong> Bedienstete wusste<br />
nicht einmal, dass mit „Steinwild“ nur<br />
Steinböcke gemeint sind.<br />
5. Die Auswirkung <strong>der</strong> Urteile<br />
für <strong>Jäger</strong><br />
Stellen wir hier einmal fest: In den<br />
oben besprochenen Urteilen spielen –<br />
außer im Falle Berlin – die <strong>Jäger</strong> so<br />
gut wie keine Rolle. Sie werden marginal<br />
behandelt. Die Entscheidungen<br />
festigen nicht das Jagdrecht. Das liegt<br />
14<br />
allerdings daran, dass sich die Gerichte<br />
fast immer mit Anträgen von Jagdgegnern<br />
gegen die Jagd befassen müssen<br />
und nicht mit Beschwerden von<br />
<strong>Jäger</strong>n gegen jagdnachteilige Politik-<br />
o<strong>der</strong> Behördenentscheidungen.<br />
Was ergibt sich daraus für die <strong>Jäger</strong>,<br />
die ihr Recht verfolgen wollen?<br />
1. Sie sollten Märchenerzählungen<br />
ihrer Gegner nicht tolerieren, son<strong>der</strong>n<br />
sie wi<strong>der</strong>legen, bedenkliche<br />
Hintergründe aufdecken und dies<br />
auch vor den Gerichten geltend<br />
machen, beziehungsweise mit<br />
Nachdruck rügen.<br />
2. Sie sollten in Bezug auf die Behörden<br />
wachsam sein, jede neue<br />
Einschränkung ihrer Rechte darauf<br />
überprüfen, ob sie den unter Kapitel<br />
3 beschriebenen Kriterien Stand<br />
halten und im Falle unsachgemäßer<br />
Behandlung dagegen einschreiten.<br />
6. Mögliche Reaktionen <strong>der</strong> <strong>Jäger</strong><br />
Dann stellt sich die Frage, wie man<br />
praktisch vorgehen kann. Um dies<br />
anschaulich zu machen, soll ein (gar<br />
nicht so lebensfrem<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n ganz<br />
nahe an den realen Verhältnissen<br />
liegen<strong>der</strong>) Fall konstruiert werden:<br />
In einem größeren Teil <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>lan<strong>des</strong><br />
S, <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s reich an Gewässern<br />
– außer Wasserläufen auch<br />
Seen und Weiher – ist, hat sich die<br />
Zahl <strong>der</strong> Grau- und <strong>der</strong> Kanadagänse<br />
in den zurückliegenden 10 Jahren beträchtlich<br />
vermehrt, wobei ein Großteil<br />
<strong>der</strong> Vögel nicht nur durchzieht, son<strong>der</strong>n<br />
auch seit geraumer Zeit brütet. Beide<br />
Gänsearten verursachen in unterschiedlichen<br />
Graden folgende Schäden:<br />
– Sie weiden an Park- und an<strong>der</strong>en<br />
Seen die Unterwasserpflanzen und<br />
das Schilf ab und verän<strong>der</strong>n damit<br />
die Landschaftsstruktur; zugleich<br />
nehmen sie damit an<strong>der</strong>en Wildarten<br />
Deckung und Lebensraum,<br />
– sie verursachen durch starke<br />
Kotmengen eine Eutrophierung<br />
<strong>der</strong> Gewässer,<br />
– sie verursachen die Verschmutzung<br />
von Parks, Seeufern, Kin<strong>der</strong>spielplätzen<br />
und an<strong>der</strong>en Erholungsräumen<br />
durch Kot,<br />
– sie verursachen Schäden durch<br />
Nahrungsgewinnung auf Weiden,<br />
Getreide-, Tomaten-, Kohl-, Zuckerrüben-<br />
und Mohrrüben-Anbauflächen,<br />
– sie verdichten auch gelegentlich<br />
Böden auf feuchtem Gelände, das<br />
dann an Fruchtbarkeit verliert.<br />
Hiergegen haben schon Bauern, Gärtner,<br />
betroffene Gemeinden und Eltern<br />
von Kin<strong>der</strong>n protestiert beziehungsweise<br />
demonstriert, alles ohne Erfolg.<br />
Als die Lan<strong>des</strong>regierung nicht lange<br />
vor einer Wahl eine beson<strong>der</strong>e Kampagne<br />
für Tierschutz führt, hebt sie<br />
auch die bislang bestehenden Jagdzeiten<br />
für Gänse durch Rechtsverordnung,<br />
(noch) gestützt auf § 22 Abs. 1<br />
Bun<strong>des</strong>jagdgesetz, auf.<br />
Bauer May, zugleich Eigenjagdbesitzer<br />
und <strong>Jäger</strong>, will sich dies nicht gefallen<br />
lassen. Was kann er tun?