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AUSGABE 01 / 2007 | FEBRUAR / MÄRZ WWW ... - Sailing Journal

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76<br />

Derweil haben sich die Weißwürste in Wohlgefallen<br />

aufgelöst und alle gehen ihrer Beschäftigung nach. Die<br />

beiden Französinnen wandern Richtung Mastenwickelanlage,<br />

Thadeus und Sven bereiten die Hochzeit vor, die<br />

Montage von Rumpf und Deck. Ich frage mich indes,<br />

wie ich das Ganze bei dem Licht fotografi eren soll. Als<br />

ich mich für einen Kompromiss entschließe, überlege<br />

ich, wie man sich fühlen muss, als Schwabe und Pole<br />

im tiefsten Bayern akzeptiert zu werden. Da gibt man<br />

sich im alpenländischen Vorlande weltoffen. Respekt,<br />

wem Respekt gebührt. Gott ist da nicht kleinlich.<br />

So neu, wie dem Markt dieses Boot auch erscheinen<br />

mag, ist es beileibe nicht. Seit zwölf Jahren fährt das<br />

erste von zwei Vorgängern auf dem Chiemsee. Oben<br />

erwähnter Audi-Chefkonstrukteur ist Besitzer des Einhandbootes.<br />

Herr Hasler segelt immer noch mit dem<br />

Boot. Das andere Boot ist ebenfalls jede Saison auf<br />

dem Chiemsee. Es gehört einem gewissen Herrn Haller,<br />

einem 70-Jährigen, der es noch jeden Tag einhand segelt.<br />

Während ich mir überlege, ob die Vorläufer auch aus<br />

Kohlefaser gebaut wurden, gibt Sven mir ein Beispiel<br />

seines konsequenten Denkens. „Wir mussten das Boot<br />

nach Hallers Vorstellungen realisieren, was nicht immer<br />

einfach war. Ich war selten mit seinen Entscheidungen<br />

einverstanden. Dazu kam, dass ich auf Booten, auf denen<br />

ich segelte, mich oft über unnützes Zeug ärgerte.<br />

Ich dachte mir, irgendwann kannst du Boote nach deinen<br />

Vorstellungen bauen. Der Vorteil an Hallers Boot<br />

war, dass uns nichts vorgegeben wurde. Bei der Rumpfform<br />

konnten wir auf die Erfahrungen der anderen zwei<br />

Boote zurückgreifen. Wir hatten keine Zeichnungen des<br />

Decks. Im Grunde hatten wir nichts außer unseren Vorstellungen.<br />

Wir wollten das Boot so clean wie möglich,<br />

ohne viel Schnörkel. Nachdem die Negativform des<br />

Rumpfes fertig war, haben wir ein positives Deck in diese<br />

Form gebracht. Wir haben den Boden reingezogen,<br />

uns hingesetzt und das Deck eingepasst. Ich denke, das<br />

ist unser Weg. Bei neuen Booten erarbeiten wir zuerst<br />

ein Modell, das ich zusammen mit dem Kunden in die<br />

Hand nehme und erfühlen kann. Das ist besser als jede<br />

Zeichnung. Erst danach beginnen wir mit den Nachrechnungen<br />

des Rumpfes.“<br />

Während der ein oder andere ihn als spleenig bezeichnet,<br />

ist er für andere wahrscheinlich ein Spinner,<br />

der schnell auf dem Boden der Realität landen wird.<br />

Wobei ich spleenig als Kompliment empfi nde, schließlich<br />

waren es seit jeher Querdenker, die die Menschheit<br />

weiterbrachten. Das versteht in der Segelszene nicht<br />

jeder, was auch kein Drama ist. Hauptsache, Sven und<br />

Thadeus glauben an sich. Und ihre Finanziers. Von beiden<br />

bräuchte es mehr in Deutschland. Menschen, die<br />

ihre Träume verwirklichen, und Menschen, die sie unterstützen.<br />

Ohne viel „Shareholder-Sicherheitsbedenken“.<br />

SAILING JOURNAL 1 | <strong>2007</strong><br />

Interview mit Sven Akermann<br />

szene ysa-10<br />

SJ Ein paar Gedanken zum Boot, bitte.<br />

SA Es ist zehn Meter lang und 3,20 Meter breit, da wir es noch diagonal auf dem Trailer<br />

transportieren wollten. Entscheidend bei den technischen Daten war für mich, dass das<br />

Boot noch einhand zu segeln sein sollte. Daher haben wir die Segelfl ächen auch nicht<br />

zu extrem gewählt. Das Boot passt auf einen Trailer ohne Sondergenehmigung, wobei<br />

ich eine 100er Zulassung habe. Wir haben beim Prototyp noch einen Tiefgang von drei<br />

Metern, das wird bei der Serie durch eine Hydraulik auf 1,80 Meter reduziert.<br />

SJ Wurden deine Vorstellungen bestätigt?<br />

SA Ich hätte nie gedacht, dass ein so kleines Boot ein so riesiges Potential haben könnte.<br />

Wir gewannen dieses Jahr einige Regatten gegen alte Cupper, die auf dem Bodensee<br />

segeln, wir haben gegen die schnellsten, modernsten Boote (Xarus 40, mittlerweile 42)<br />

gewonnen und wir gewannen die „Zweihand Rundum“ auf dem Bodensee. Das kann sich<br />

sehen lassen. Auf einer Regatta segeln wir mit vier Leuten, genauso gut könnten es aber<br />

auch nur zwei sein. Das Schöne an diesem Boot ist, dass es einen immens großen Anwendungsbereich<br />

hat: Ich kann Regatten segeln, mit meiner Freundin alleine segeln oder<br />

einen kurzen Urlaub damit machen, mit Zelt oder abends geht‘s ab in ein Hotel oder Appartement.<br />

Für mich persönlich war es wichtig, dass es ein schönes, ein stylisches Schiff<br />

ist. Daher haben wir auch das Teakdeck eingebaut, kein optisches Teakdeck, sondern ein<br />

8-mm-Deck. Das Boot, das wir momentan bauen, ist die Regattaversion ohne Teak. Es<br />

wird noch einmal 250 Kilo leichter.<br />

SJ Wie lange seid ihr mit dem Boot „auf dem Markt?“<br />

SA Wir waren Mitte Juni 2006 das erste Mal im Wasser, danach fi ngen wir an, Regatten<br />

zu segeln.<br />

SJ Wie sieht die Zielgruppe aus?<br />

SA Ich habe in diesem Jahr gemerkt, dass die Zielgruppe sehr groß ist. Es sind zum<br />

einen sehr viele Regattasegler, die vom Speed überzeugt sind. Es sind aber auch ältere<br />

Herren, die sagen – das sieht toll aus, das ist mal etwas anderes. Dann merkte ich,<br />

dass das Boot auch bei Frauen gut ankommt, optisch zumindest. Auf der Messe in Hamburg<br />

blieben viele Frauen stehen und schauten sich das Boot an, während die Männer<br />

weitergingen, weil sie wohl an den Preis dachten. Wir sprechen die Leute an, die an<br />

einem See wohnen und mal auf einem anderen See segeln möchten und sich dazu ein<br />

Appartement mieten; nicht so sehr die Leute, die auf einem Boot schlafen möchten.<br />

Ich bin der Ansicht, dass heutzutage ein „Sportboot“ keine Küche haben sollte, da darf<br />

kein Kühlschrank oder kein Bett rein. Schließlich soll es ein Sportgerät sein und kein<br />

Wohnmobil. Autorennen fahre ich ja auch mit einem Rennwagen. Im Grunde ist das die<br />

Überlegung hinter dieser Geschichte: ein konsequentes Boot. Wenn ich einen Tag mit<br />

meinen Freunden segeln gehe, nehme ich eine Kühlbox mit. Die trage ich morgens rauf<br />

und abends wieder runter. Da brauche ich keinen Kühlschrank, der die ganze Zeit an<br />

der Steckdose hängt und sehr schwer ist. Ich dachte, dass sich hauptsächlich eine junge<br />

Käuferschicht dafür interessiert. Aber es kristallisierte sich heraus, dass es den Älteren<br />

ebenso gut gefällt.<br />

„Für mich gibt es nichts<br />

Schrecklicheres, als jede<br />

Clubregatta mitsegeln zu<br />

müssen. Es macht überhaupt<br />

keinen Sinn, dort gegen eine<br />

‚Sprinta Sport’ anzutreten.“

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