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Bologna - Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik

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Impressionen.von.der.Ausstellung.»Entfesselt«:.Von.links.nach.rechts.tanzen.<br />

hier.„Bibo“,.„Zwei.Insektentänzer“,.die.gespenstergleiche.„Sie“,.„Toboggan.Frau“.und.„Toboggan.Mann“.sowie.die.„Kleine.Technik“,.die.durch.<br />

Alltagsfundstücke.wie.Garnröllchen.behängt.ist.und.einen.Kerzenständer.<br />

als.Auge.hat .. (Fotos:.Lea.Fischer)<br />

Mainstreams schwieriger, Oskar Schlemmer, der »Das Triadische<br />

Ballett« 1922 schuf, verteidigte diese andere Kunstauffassung,<br />

der auch Schulz und Holdt zugerechnet werden können:<br />

»Warum Ballett? das doch, wie man sagt, tot ist oder<br />

stirbt? Weil die Hochblüte der Ballettkunst allerdings längst vorüber,<br />

das alte höfische Ballett allerdings tot ist, aber die völlig<br />

veränderten Voraussetzungen, die in unserer Zeit beschlossen<br />

liegen, sehr wohl an eine Erneuerung dieser besonderen Kunstform<br />

Ballett glauben lassen können: Weil in heutiger Zeit der<br />

rhythmischen Gymnastik, der daraus entwickelten Bewegungschöre<br />

und der vielbegangenen Wege zu Kraft und Schönheit<br />

wohl erlaubt ist, an die andere Seite, den Gegenpol zu<br />

erinnern: an den einmal sehr volkstümlich gewesenen bunten<br />

Mummenschanz, an den theatralischen Kostümtanz und demgemäß<br />

an ein in neuem Sinn zum Leben zu erweckendes Ballett.<br />

Weil die Lust am bunten Spiel, an der Verkleidung, Vermummung,<br />

Verstellung, Künstlichkeit zu den unausrottbaren menschlichen<br />

Eigentümlichkeiten gehört, ebenso wie der Sinn <strong>für</strong> das<br />

Festliche, <strong>für</strong> den Augenschmaus und den farbigen Abglanz<br />

dieses Lebens.« (Zitat aus: Oskar Schlemmer, Briefe und Tagebücher<br />

– Eintrag vom 5. Juli 1926, herausgegeben von Tut Schlemmer,<br />

Stuttgart 1977. Oskar Schlemmer arbeitete bis 1933 am<br />

Bauhaus, auch Lothar Schreyer, Lehrer von Lavinia Schulz, wurde<br />

an die berühmte Kunstschule berufen.)<br />

Der »Maskensturm« fegte an drei Abenden über die Bühne<br />

der Hochschule <strong>für</strong> Theater und Musik Hamburg. Studenten hatten<br />

sich an das Projekt der Rekonstruktion gemacht. Nur zu wenigen<br />

der in den zwanziger Jahren aufgeführten Tänzen war die<br />

Musikbegleitung bekannt, noch dünner war die Quellenlage in<br />

Bezug auf das Bewegungsmaterial. Erschwerend hinzu kam,<br />

dass Kostüme auch unter verschiedenen Namen auf unterschiedlichen<br />

Festen aufgetaucht sind. Zwar geben Name (»Springvieh«)<br />

und Beschaffenheit (in den schweren, blauen Ritter »Skir-<br />

nir« konnte man nur im Liegen schlüpfen) auch Hinweise auf<br />

Bewegungen bzw. schließen andere aus. Doch zeigte der<br />

»Maskensturm« nicht nur, wie ein Tanz des »Toboggan« vielleicht<br />

hätte aussehen können, er gestaltete auch sehenden Auges neu<br />

und ergänzte die darstellerische Präsentation um projizierte Texte<br />

von Lavinia Schulz, die manchmal mehr Einblick in die Arbeit<br />

gaben als die bewegten Kostüme, in denen heutige Studenten<br />

steckten. Das Masken-Paar »Mann und tote Frau« ist vielleicht<br />

sogar wirkungsvoller als ruhendes Kunstwerk im Museum als in<br />

Aktion, denn vor Publikum soll es ausschließlich ein unentwegtes<br />

Fallen und Wiederaufstehen der Frau vor dem unbeweglichen<br />

da stehenden Mann gewesen sein. Die beiden Kostüme sind,<br />

wie die meisten anderen auch, auf die Körpergrößen von Schulz<br />

und Holdt zugeschnitten – das tragische Ende der Beziehung<br />

kennend, bekommt die verzweifelt sich abmühende Frau eine<br />

zusätzliche Dimension.<br />

»Entfesselt« war nicht nur die Phantasie der Künstler des Expressionismus,<br />

sondern noch andere Kräfte in Deutschland. Die<br />

Ausstellung und die begleitenden Rekonstruktions-Abende »Maskensturm«<br />

sowie Vorträge eröffneten ein tieferes Verständnis <strong>für</strong><br />

diesen wild bewegten Zeitabschnitt.<br />

Literatur<br />

Entfesselt, Expressionismus in Hamburg um 1920, herausgegeben<br />

vom Museum <strong>für</strong> Kunst und Gewerbe Hamburg, 2006, anlässlich<br />

der gleichnamigen Ausstellung<br />

Deutsches Tanzarchiv Köln, Athina Chadzis, Die expressionistischen<br />

Maskentänzer Lavinia Schulz und Walter Holdt, Frankfurt/Main<br />

1998<br />

! !<br />

W I C H T I G – T E R M I N Ä N D E R U N G<br />

<strong>Deutscher</strong> Tanzpreis 2007<br />

<strong>Deutscher</strong> Tanzpreis »Zukunft« 2007<br />

Mitgliederversammlung des DBfT<br />

Samstag, 27./28. April 2007<br />

Ballett Intern 4/2006 23

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