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Dag Hammarskjöld<br />
| Michael Rheinheimer, 3. Trimester<br />
Dag Hammarskjöld wird am 29. Juli 1905 in eine der<br />
angesehensten schwedischen Adelsfamilien hineingeboren.<br />
Sein Geburtsort ist die Stadt Jönköpping<br />
am südschwedischen Vätternsee. Dag ist der jüngste<br />
der vier Söhne des damaligen Justiz- und Kultusministers<br />
Schwedens, Hjalmar Hammarskjöld, der während<br />
des Ersten Weltkriegs drei Jahre schwedischer<br />
Premier- und Verteidigungsminister sein wird. Seit<br />
Jahrhunderten ist es in der Familie Hammarskjöld<br />
Tradition, Staat und Gesellschaft in herausragenden<br />
Spitzenämtern zu dienen: als Politiker, Diplomaten<br />
oder als Offiziere beim Militär.<br />
Der Adelsname Hammarskjöld, zu deutsch „Hammerschild“,<br />
ist auf dem Familienwappen verewigt: zwei<br />
Hämmer über Kreuz auf einem weißen Schild. Name<br />
und Wappen lassen spontan auch an den nordischgermanischen<br />
Donnergott Thor mit seinem Hammer<br />
denken, womit Hammarskjöld selbst Zeit seines<br />
Lebens gerne kokettiert hat. (Als neu gewählter Generalsekretär<br />
der Vereinten Nationen wird er aus der<br />
Bedeutung seines Namens sein Selbstverständnis als<br />
UNO-Chef ableiten: „... ein Schmiedehammer für die<br />
Realisierung der UN-Charta und ein Schutzschild für<br />
die kleinen blockfreien Staaten.“) Der altnordische<br />
Vorname Dag heißt schwedisch „Tag“, das bedeutet<br />
„Zeit, da die Sonne brennt“. Bezeichnenderweise ist<br />
in seinem Geburts- und Todesjahr, 1905 und 1961,<br />
jeweils eine totale Sonnenfinsternis in Teilen Europas<br />
sichtbar gewesen.<br />
1907 zieht die Familie nach Uppsala, dem historischen<br />
Zentrum Schwedens, weniger als 100 Kilometer<br />
nordwestlich von Stockholm, wo Dags Vater<br />
mit Frau und den vier Kindern als neuer Regierungspräsident<br />
im so genannten Roten Schloss residiert.<br />
Seinem Kindermädchen Erna gilt Dag als „das merkwürdigste<br />
Kind der Welt mit seinen strahlend wissenden<br />
Augen-Blicken.“ So vertraut sie seiner Mutter<br />
den heimlichen Eindruck an, dass Dag „einer der bedeutendsten<br />
Männer der Welt werden würde.“<br />
Auch die Mutter wird eines Abends von ihrem Sohn<br />
überrascht, als der beim Nachtgebet eine Schutzbitte<br />
für die kleinen Negerkinder in Afrika hinzufügt.<br />
Niemand in der Familie kann sich erklären, woher<br />
dieses Anliegen bei ihm kommt. Von dem elfjährigen<br />
Knaben, der allein wie in einem Märchen den großen<br />
roten Turm der Schlossburg bewohnt, sind folgende<br />
Zeilen wie ein Menetekel überliefert: „An dem Tag, an<br />
dem du geboren wurdest, waren alle froh – du alleine<br />
weintest. Lebe so, dass in deiner letzten Stunde<br />
alle anderen weinen, und du der einzige bist, der<br />
keine Träne zu verlieren hat. Dann wirst du ruhig dem<br />
Tod begegnen, wann immer er auch kommt.“ 1 Die<br />
Tagebuchaufzeichnungen, die man nach seinem Tod<br />
in seiner New Yorker Privatwohnung findet, werden<br />
ein beredtes Zeugnis dieses Lebens geben.<br />
In der Privatschule der Villa Totembo, die er ab 1911<br />
besucht, ist er als Klassenprimus während der gesamten<br />
Schulzeit seinen Kameraden intellektuell<br />
und bildungsmäßig weit voraus. Dag profitiert von<br />
den hochrangigen Bekanntschaften und Kontakten<br />
seines prominenten Vaters. Einige Mitschüler werden<br />
ihn später auch als unnahbar und abgehoben<br />
beschreiben. Andere erwähnen den tiefen Eindruck,<br />
den seine ungewöhnliche Reinheit, sein großer Ernst<br />
und die christliche Reife auf sie machen.<br />
Zu Dags Konfirmation 1921 schenkt seine Mutter<br />
Agnes ihm „Die Nachfolge Christi“ von Thomas von<br />
Kempen, jenen Klassiker der geistlichen Weltliteratur,<br />
den man vierzig Jahre später zusammen mit<br />
dem Amtseid des UNO-Chefs in seinem Hotelzimmer<br />
finden wird. Die Konfirmation wird in der Domkirche<br />
von Uppsala vollzogen, die auf einer ehemaligen<br />
Mysterienstätte des schon erwähnten germanischen<br />
Gottes Thor gebaut ist.<br />
Nach dem glänzend absolvierten Abitur studiert er in<br />
Uppsala erst Literaturgeschichte und Philosophie,<br />
dann in alter Familientradition Volkswirtschaft,<br />
Lernen<br />
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