zds#13
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lockland<br />
Fr, 14.05 Uhr<br />
Wasserhorst, bei der Kirche<br />
Die Kirche entlässt eine kleine Trauergemeinde<br />
ins Freie. Eine Frau löst<br />
sich aus der schwarzen Menschentraube,<br />
bleibt stehen und schaut in<br />
den großen, wolkigen Sommerhimmel.<br />
×<br />
14.15 Uhr<br />
Friedhof Wasserhorst<br />
Ein kleiner Mann steht unter einer<br />
Birke. Ihr flirrender Schatten wirft über<br />
ihm ein Netz aus, in dem sich seine<br />
weißen Locken und seine unruhigen Hände<br />
verfangen. Sie gleichen einander,<br />
der Mann und der Baum: beide alt, vornübergebeugt,<br />
schwarz-weiß.<br />
15.30 Uhr<br />
In den Wümmewiesen<br />
Zwei Störche stolzieren durch die Wiese<br />
wie Landvermesser. Das glänzende<br />
Gras geht vor ihnen in die Knie.<br />
24<br />
prosa<br />
×<br />
Ein kleiner<br />
Mann steht<br />
unter einer<br />
Birke. Ihr<br />
flirrender<br />
Schatten<br />
wirft über<br />
ihm ein<br />
Netz aus.<br />
25<br />
Wo Moorfrösche<br />
wohnen<br />
Text: Anja Josefine Schanz<br />
Illustration: Nadja Barth<br />
Die rote Backsteinkirche verteidigte ihre kleine Anhöhe, leuchtend,<br />
mit der Sonne einig. Gütig schaute sie auf den stillen Friedhof und das<br />
glänzende, endlose Marschland. Die kleine Trauergesellschaft folgte<br />
dem honigfarbenen Sarg bis zu der frisch ausgehobenen Grube<br />
und dem hellen Grabstein aus Marmor, in dem ihr Name eingemeißelt<br />
war. Als Maria den Kopf hob, sah sie einen kleinen Mann<br />
unter einer Birke stehen. Ihr flirrender Schatten warf über ihm ein<br />
Netz aus, in dem sich seine weißen Locken und seine unruhigen<br />
Hände verfingen, die an einem breitkrempigen Sonnenhut spielten.<br />
Sie glichen einander, der Mann und der Baum: beide alt, vornübergebeugt,<br />
schwarz-weiß. In der Brusttasche seines zu großen Anzuges<br />
steckte ein grünes Tüchlein. Seine Gegenwart irritierte sie, dass er sie<br />
beobachtete, dass er, ein Fremder, ihrer intimen Trauer beiwohnte