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zds#21

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steph<br />

ani<br />

Bremen & Bremerhaven<br />

FREIE HANSESTADT<br />

ZWISCHEN 53° NORD & 8° OST<br />

Die Zeitschrift Der Strasse<br />

SEHEN HÖREN<br />

SCHREIBEN<br />

Preis : 2 euro<br />

ein euro Für den Verkäufer<br />

Nr.21 — März 2014<br />

36<br />

Männer<br />

haben keinen<br />

Zutritt<br />

der<br />

schutzraum<br />

8<br />

Nazis haben<br />

keinen<br />

Laden mehr<br />

und<br />

du musst<br />

gehen<br />

MALEN<br />

NACH<br />

ZAHLEN<br />

32<br />

Kreativität<br />

braucht<br />

keine Meile


53° NORD & 8° OST<br />

Foto:<br />

Leonie Francke


stephani<br />

Editorial 5<br />

Historie<br />

1920 / 2014 6<br />

Stephani in Zahlen 7<br />

Bildstrecke<br />

Statt Mauer 16<br />

Impressum 46<br />

Vorschau<br />

Sodenmatt 47<br />

Inhalt<br />

und<br />

du musst<br />

gehen<br />

Ein scheinbar harmloser Laden für<br />

Sportlerbedarf entpuppt sich als<br />

Neonazi-Treffpunkt. Dann gehen<br />

Bürger, Geschäftsleute und Antifas<br />

gemeinsam auf die Barrikaden.<br />

Eine Erfolgsgeschichte<br />

mit sim<br />

und<br />

bibel<br />

Ein Schiffstechniker am Kaffeetisch,<br />

eine Pastorin, die Handykarten<br />

verkauft, und ein Rentner, der über<br />

die Reeder schimpft: auf Bordbesuch<br />

mit der Seemannsmission<br />

der<br />

schutz-<br />

raum<br />

Männern ist er streng verboten, Frauen<br />

finden Rat und in Not auch Obdach hier.<br />

Ein Treffen im „Frauenzimmer“<br />

anda-<br />

malen<br />

nach<br />

8<br />

12<br />

26<br />

lusischer<br />

engel<br />

Am Abend erzählte ich meinem Mann<br />

davon. Für ihn war es wohl ganz<br />

normal, dass eine fremde Frau, die 50<br />

Jahre jünger ist, in der Küche meines<br />

Vaters steht und ihm Eier brät<br />

30<br />

34<br />

zahlen<br />

Ideen kann man nicht kaufen, Subkultur<br />

nicht planen. Kreativität braucht<br />

keine Meile<br />

38<br />

erst<br />

fragen,<br />

dann<br />

kaufen<br />

Gehören Verbraucherzentralen<br />

demnächst der Vergangenheit an?<br />

Ein Beratungsprotokoll


53° NORD & 8° OST<br />

Foto:<br />

Leonie Francke


stephani<br />

Die Zeitschrift der Straße<br />

Ein Projekt der Hochschule für<br />

Künste Bremen und der Hochschule<br />

Bremerhaven in Zusammenarbeit<br />

mit der Inneren Mission und der<br />

GISBU Bremerhaven.<br />

Die Straße der Zeitschrift<br />

Jede Ausgabe findet ihre Geschichten<br />

an einem Ort in Bremen / Bremerhaven.<br />

Sehen – Hören – Schreiben<br />

Jedem Artikel geht eine Beobachtung<br />

voraus – im oberen Seitenabschnitt.<br />

Abreißen oder dranlassen?<br />

Gute Frage. Probieren Sie’s aus!<br />

Kaufen<br />

Die Zeitschrift der Straße gibt es nur<br />

auf der Straße. Die Hälfte des Verkaufspreises<br />

ist für die VerkäuferInnen.<br />

Nicht-BremerInnen, Institutionen und<br />

Firmen senden wir die Zeitschrift auch<br />

per Abo ins Haus (32 € / 8 Ausgaben):<br />

abo@zeitschrift-der-strasse.de<br />

Wie weiter?<br />

Die Zeitschrift der Straße erscheint in<br />

der Regel alle acht Wochen. Die nächste<br />

Ausgabe Mitte Mai 2014.<br />

Editorial<br />

5<br />

Sehen hören<br />

Schreiben<br />

Liebe Leserinnen und Leser !<br />

Proppenvoll war es am 3. Februar im und vor dem VOR ORT, dem<br />

neuen Büro der Zeitschrift der Straße im Lloydhof. An die 100 Mitwirkende<br />

und Gäste feierten den 3. Geburtstag der Bremer Straßenzeitschrift<br />

und ihre Ehrung als „Ausgezeichneter Ort im Land der<br />

Ideen“. Nicht nur Bremer, sondern sogar bundesweite Medien nahmen<br />

beides zum Anlass, über das Projekt zu berichten. Eine Übersicht<br />

über die Radio-, Zeitungs-, Fernseh- und Onlinemagazin-Beiträge<br />

finden Sie auf unserer Internetseite zeitschrift-der-strasse.de.<br />

In vielleicht keinem anderen Quartier ist der Unterschied zwischen<br />

realer und gefühlter Zentrumsnähe größer als im Stephaniviertel.<br />

Dabei ist die Zeit, als man hier tatsächlich noch außerhalb der Stadtmauern<br />

lebte, schon seit vielen Hundert Jahren vorbei. Wir haben uns<br />

im Jetzt umgesehen und sind ganz aktuellen Fragen nachgegangen:<br />

Wie ist es um die Macht der Verbraucherinnen und Verbraucher wirklich<br />

bestellt (Seite 12)? Hat die Seemannsmission noch Kundschaft<br />

(Seite 30)? Wo finden Frauen Unterschlupf (Seite 38)? Was ist eine<br />

Medienmeile (Seite 34)? Und schließlich: Wie wird man einen Naziladen<br />

wieder los (Seite 8)?<br />

Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />

Armin Simon<br />

und das ganze Team der Zeitschrift der Straße<br />

PS: Die Artikel in der Zeitschrift der Straße sind zeitlos und, wie wir<br />

hoffen, auch zeitlos schön zu lesen. Deswegen sind alle noch nicht<br />

vergriffenen Ausgaben im Verkauf. Suchen Sie gezielt das allerneueste<br />

Heft, so fragen Sie danach! Wir freuen uns über Anregungen und<br />

Rückmeldungen: post@zeitschrift-der-strasse.de


Historie<br />

6<br />

1920<br />

2014<br />

Text: Armin Simon<br />

Foto: Kay Michalak<br />

Auf dem westlichen Gipfel des Bremer Dünenrückens,<br />

dem sogenannten Steffensberg, entsteht zu Beginn des<br />

2. Jahrtausends eine kleine Siedlung samt Kirche – außerhalb<br />

der Stadtmauer, die entlang von Jakobi- und Hankenstraße<br />

zum Fangturm verläuft. Erst 1305 bekommen auch<br />

die BewohnerInnen der „Steffensstadt“ das Bürgerrecht<br />

und werden in die neue, nun bis zum Stephanitorsbollwerk<br />

reichende Stadtbefestigung einbezogen. Trotzdem bleibt<br />

das Viertel mehr oder weniger eigenständig, geprägt von<br />

engen Gässchen mit kleinen Häuschen, in denen Handwerker,<br />

Fischer und Fuhrleute wohnen.<br />

Ausnahme ist die Faulenstraße, deren westlicher Teil ab<br />

der Doventorstraße bis 1929 noch Hafenstraße heißt<br />

(Foto: Blick stadtauswärts). Mit dem Bau der neuen Hafen-<br />

anlagen im Westen entwickelt sie sich zu einer der meistbefahrenen<br />

Achsen Bremens – eine Geschäftsstraße mit<br />

Kaufhäusern und drei Straßenbahnlinien.<br />

Das kleinteilige Gassen- und Gängeviertel westlich von<br />

Vor Stephanitor fällt schon in den 1930 ern dem Bau der<br />

„Westbrücke“ (Stephanibrücke) zum Opfer. Die katastrophale<br />

Bombennacht vom 18./19. August 1944 macht<br />

schließlich auch den Rest des Viertels dem Erdboden<br />

gleich. Der Wiederbebau rings um die Stephanikirche<br />

erfolgt mit Wohnblöcken im Stil der Nachkriegszeit; in<br />

diesem Zug wird 1962 auch die Faulenstraße gekappt.<br />

Historisches Foto: Bildarchiv Brodelpott,<br />

Sammlung Beckmann


stephani<br />

Zahlen<br />

und Fakten<br />

7<br />

steph<br />

ani<br />

Quartier in Bremen-Mitte,<br />

zwischen Bürgermeister-Smidt-Straße,<br />

Weser, B 75 und Wall, zugleich<br />

Name einer Kirche.<br />

Besiedelung ab ca. 1050<br />

Recherche: Armin Simon<br />

Jahr, in dem die Kaffeerösterei Münchhausen<br />

ihre ersten Röstmaschinen anschafft: 1938<br />

Zeitraum, in dem sie statt Kaffee nur Kaffeeersatz<br />

produziert: 1939 – 1948<br />

Strategie, mit der die kleine Rösterei ab 1970 für<br />

mehr als drei Jahrzehnte der Marktmacht der<br />

Großröstereien trotzt: Betrieb auf Sparflamme<br />

Wiederbelebung des Geschäfts: um 2005<br />

Direkte Einnahmen von „Radio Bremen“ aus den<br />

Rundfunkgebühren 2012, in Euro: 40.780.720,85<br />

Zusätzliche Einnahmen über den Finanzausgleich<br />

der Rundfunkanstalten, in Euro: 26.312.549,00<br />

Anteil am gesamten Rundfunkgebührenaufkommen,<br />

in Prozent: 0,895469953<br />

Anteil der TV-Programmleistungen von „Radio<br />

Bremen“ am gemeinsamen Fernsehprogramm der<br />

ARD, in Prozent: 0,7<br />

Rückgang der Mitgliederzahlen der Gemeinde<br />

St.-Stephani von 1950 bis 2009, in Prozent: ca. 75<br />

Jahr, seit dem das Hauptschiff der Kirche<br />

als „Kulturkirche“ genutzt wird: 2007<br />

Anzahl der Veranstaltungen dort im Jahr 2013: 102<br />

Zahl der Häuser, die ab 1936 dem Bau der Westbrücke<br />

und ihrer Zufahrt weichen mussten: ca. 100<br />

Breite des schmalsten Hauses, in Metern: 2,20<br />

Zeitraum, in dem die Brücke in Betrieb war, bevor<br />

die Nazis selbst sie 1945 sprengten, in Jahren: 6<br />

Verkehrsbelastung der Stephanibrücke heute,<br />

in Fahrzeugen pro Tag: ca. 60.000<br />

Standort des markanten Hügels im westlichsten<br />

Bogen des Wallgrabens: Sanddünenbastion<br />

Material, aus dem der Hügel besteht: Kriegsschutt<br />

Name des einst größten und berühmtesten Bremer<br />

Kaufhauses: Bamberger<br />

Anzahl der Stockwerke des 1929 eingeweihten<br />

Erweiterungsbaus im Stil der neuen Sachlichkeit: 9<br />

Eine der Attraktionen: erste Rolltreppe Bremens<br />

Durchlass in der alten Stadtmauer, der ins Quartier<br />

der Nagelschmiede führte: Nagelspforte<br />

Zahl der Nägel, die ein geschickter Schmied pro<br />

Tag fertigen konnte: ca. 2.000<br />

Hundehaufen (Stephanikirchhof): 7


8


stephani<br />

Sa, 14.10 Uhr<br />

Faulenstraße 12, Zeitungskiosk<br />

Im Radio laufen Nachrichten:<br />

„Prozess gegen Neonazis spaltet<br />

Hoyerswerda.“<br />

14.12 Uhr<br />

Zwei Männer verlassen den Kiosk.<br />

Jeder von ihnen hat die aktuelle<br />

Ausgabe der „Bild“ sowie einen<br />

Kaffee in der Hand. Sie stellen sich<br />

an den Tisch vor der Tür, einer<br />

beginnt über ein Model auf dem<br />

Titelblatt zu sprechen.<br />

14.20 Uhr<br />

Faulenstraße, Ecke Hanken-<br />

straße, Restaurant „Plaka“<br />

Eine Gruppe Geschäftsleute<br />

betritt das griechische Restaurant.<br />

Einer legt seine Aktentasche auf<br />

den Tisch, öffnet sie und holt einen<br />

mehrseitigen Ausdruck heraus. Die<br />

Personen sehen angespannt aus.<br />

14.30 Uhr<br />

Faulenstraße 9<br />

Ein englischsprachiges Paar steht<br />

vor der Tür der „Schlafcompany“.<br />

Sie sind vergeblich auf der Suche<br />

nach den Preisen für eine Übernachtung.<br />

feature<br />

×<br />

Direkt neben<br />

einem Geschäft<br />

stehen<br />

drei große<br />

Plakatwände.<br />

Ein kleines<br />

Graffiti am<br />

Rahmen des<br />

Aufstellers<br />

titelt:<br />

„No Racism“.<br />

9<br />

und<br />

du musst<br />

gehen<br />

Ein scheinbar harmloser Laden<br />

für Sportlerbedarf entpuppt sich als<br />

Neonazi-Treffpunkt. Dann<br />

gehen Bürger, Geschäftsleute und<br />

Antifas gemeinsam auf die Barrikaden.<br />

Eine Erfolgsgeschichte<br />

Text: Wiebke Plasse<br />

Fotos: Jakob Weber<br />

Frühjahr 2008. Ines Hillmann ist gerade<br />

frisch ins Stephaniviertel gezogen, hat die<br />

perfekten Räume für ihre Tätigkeit als<br />

Grafikdesignerin gefunden. Das Verhältnis<br />

zu den anderen Werbetreibenden ist<br />

vertrauensvoll, die Lage in unmittelbarer<br />

Nähe zur Innenstadt perfekt. Doch dann:<br />

Flugblätter im Briefkasten, verteilt von der<br />

„Autonomen Antifa“ unter dem Bündnisnamen<br />

„Kampagne Ladenschluss“, weisen<br />

auf einen rechtsextremen Laden in der<br />

Nachbarschaft hin – der „Sportsfreund“.<br />

Bisher war die Bremer Neonazi-Szene<br />

eher im Umland aktiv. Nun ein Treffpunkt<br />

und Geschäft für Lifestyle-Artikel der<br />

rechten Szene direkt in der Innenstadt?<br />

Hannah und Thomas, beide Ende 20 und<br />

seit ihrer Jugend in der „Autonomen<br />

Antifa Bremen“ aktiv, sind damals durchaus<br />

skeptisch, ob es gelingen würde, Widerstand<br />

zu formieren. Bremen gelte zwar<br />

als liberal und weltoffen und jeder kenne<br />

hier jeden. Aber, meint Hannah aus Erfahrung:<br />

„Da ist zu oft ein falsches Selbstbild<br />

vorhanden.“ Wenn es etwa um Flüchtlingsheime<br />

in der eigenen Nachbarschaft gehe,<br />

„dann sind die Proteste groß“. Auch in<br />

Bremen, ist sie überzeugt, bestehe das<br />

Risiko, dass rechten Strukturen Raum<br />

gegeben werde. In diesem Fall jedoch signalisieren<br />

einige AnwohnerInnen und<br />

Geschäftstreibende, darunter Hillmann,<br />

sogleich Unterstützung für das Anliegen<br />

der Antifa. Weitere Aufklärung ist dennoch<br />

nötig: Der Geschäftsführer des<br />

„Sportfreunds“, Marten Ostendorf, gibt<br />

sich nach außen als „harmloser“ Verkäufer<br />

von Sportlernahrung und -kleidung; sein<br />

Laden erscheint zwar nicht sonderlich gepflegt,<br />

erweckt aber zunächst auch keinen<br />

Verdacht. Nur wer die rechte Szene kennt,<br />

weiß, dass der Betreiber kein unbeschriebenes<br />

Blatt ist: Er ist der jüngste der drei<br />

Ostendorf-Brüder, einem bekannten<br />

rechten Trio. Hannes, der mittlere, gehört<br />

der Rechtsrock-Band „Kategorie C“<br />

an, Henrik, der älteste, war Funktionär<br />

der NPD sowie Autor ihres Presseorgans,


und<br />

du musst<br />

Gehen<br />

10<br />

der rechtslastigen Zeitung „Deutsche<br />

Stimme“. „Der ‚Sportsfreund‘ ist in Anbetracht<br />

dieses Hintergrunds ganz sicher<br />

kein harmloser Laden“, schreiben die Aktivisten<br />

auf ihre Flugblätter und verteilen<br />

sie im ganzen Stadtteil.<br />

Und was halten Sie<br />

von Nazis?<br />

März 2009. Die Stephanigemeinde,<br />

selbst in langer antifaschistischer Tradition,<br />

stellt den Raum für die erste Infoveranstaltung.<br />

50 Menschen kommen, aus<br />

Neugier und Sorge. In einer Art Workshop<br />

informieren Rechtsextremismusexperten<br />

über die Szene in Bremen, über ihre Recherchen<br />

bezüglich des „Sportsfreunds“<br />

und darüber, was es mit den Marken auf<br />

sich hat, die dort verkauft werden. Auch<br />

ein Zeitzeuge aus dem Dritten Reich erzählt.<br />

Zuletzt berichtet ein Aktivist über<br />

eine ähnliche Situation in Hamburg. AnwohnerInnen<br />

und Geschäftstreibende des<br />

Stephaniviertels sammeln Mut – und in<br />

einem gemeinsamen Brainstorming Aktionsideen<br />

gegen den Naziladen.<br />

„Klar, wir schrecken auf“, sagt Hannah:<br />

schwarzer Block auf Demos, laute, bisweilen<br />

aggressive Parolen – das ruft bei<br />

anderen oft Unmut oder gar Angst hervor.<br />

Auch ihren Nachnamen will sie lieber<br />

nicht nennen, zu leicht würde sie selbst<br />

Opfer rechtsextremer Gewalt, befürchtet<br />

sie. Im „bürgerlichen“ Milieu zählt die<br />

Antifa meist nicht gerade zu den beliebtesten<br />

Bündnispartnern. „Für uns war<br />

aber von Anfang an klar, dass wir mit der<br />

Autonomen Antifa zusammenarbeiten<br />

und dazu gemeinsam tragbare Aktionsformen<br />

entwickeln wollen“, erinnert sich<br />

Hillmann. Auch AnwohnerInnen und Geschäftsleute<br />

verstehen schnell, dass deren<br />

Szene-Wissen und Hintergrundrecherchen<br />

zum „Sportsfreund“ den Widerstand<br />

erst möglich machen. Und ohne deren<br />

Flugblatt-Aktion wäre der „Sportsfreund“<br />

womöglich lange unbemerkt geblieben.<br />

Juni 2009. Trotz allem Anfangseifer – zum<br />

zweiten Treffen des neu gegründeten<br />

„Stephanikreis Ladenschluss“ kommen nur<br />

zwei BesucherInnen der ersten Infoveranstaltung<br />

wieder. „Ein Grund mehr für<br />

uns, künftig Aktionen anzubieten, bei denen<br />

sich Menschen punktuell einbringen<br />

und schon damit die Kampagne aktiv unterstützen<br />

können“, erinnert sich Hillmann.<br />

Der erste Plan lautet: Öffentlichkeit<br />

schaffen. Den Anfang macht eine<br />

Großplakatfläche unmittelbar neben dem<br />

„Sportsfreund“, welche die Aktivisten für<br />

mehrere Wochen buchen. „Wir wollen<br />

keinen Nazi-Laden – im Stephaniviertel,<br />

in Bremen oder anderswo!“ schreiben sie<br />

darauf. Rundherum lassen sie viel Platz<br />

für Kommentare von AnwohnerInnen des<br />

Stephaniviertels. „Zeigen Sie mit uns, was<br />

Sie von Nazis halten und wofür Sie stehen.<br />

Bekunden Sie mit uns, dass wir keine<br />

Nazi-Läden in unserer Stadt dulden“,<br />

heißt es im Aktionsaufruf. Innerhalb von<br />

nur einer Stunde ist die Plakatwand voll,<br />

mehr als 50 Statements besorgter Bürgerinnen<br />

und Bürger sind zusammengekommen.<br />

Nun wird auch die Presse auf<br />

das Thema aufmerksam. „Radio Bremen“<br />

nimmt die Aktion zum Anlass, einen aufwendig<br />

recherchierten Beitrag zur rechten<br />

Szene in Bremen zu produzieren. Die<br />

Berichterstattung in den Medien, erinnert<br />

sich Hillmann, sei stets eine immense Unterstützung<br />

gewesen.<br />

Wir wollen<br />

keinen<br />

Nazi-Laden –<br />

nirgendwo<br />

Auch die Standortgemeinschaft Stephani,<br />

ein Zusammenschluss der ortsansässigen<br />

Gewerbetreibenden und FreiberuflerInnen,<br />

schließt sich mit einer Aktion an:<br />

Dutzende Plakataufsteller der beendeten<br />

Europawahl entlang der Faulenstraße<br />

nutzt sie für eine Plakatierung mit der<br />

„Roten Karte gegen Rechts“. Jedem, der<br />

nun das Viertel zwischen Übersee- und<br />

Innenstadt passiert, fällt eines der roten<br />

Schilder ins Auge. Das zwingt Marten<br />

Ostendorf erstmals zu einer Reaktion.<br />

Auf seiner Homepage meldet sich der Ladenbetreiber<br />

zu Wort: Er sei harmlos,<br />

Opfer einer Kampagne, mit der rechten<br />

Szene habe er nichts zu tun. Er wolle nur<br />

seine Sportlernahrung und -kleidung verkaufen,<br />

man solle die Hetze sein lassen.<br />

Die Antwort des „Stephanikreises Ladenschluss“<br />

ist ein weiteres Infoblatt, diesmal<br />

eine Aneinanderreihung von Zitaten<br />

und Belegen. „Inhaber des Geschäfts ist<br />

ein bekannter Bremer Hooligan mit Verbindungen<br />

in die rechtsextremistische<br />

Szene“, wird darin zum Beispiel der Verfassungsschutz<br />

zitiert. Und: „Die Räumlichkeiten<br />

gelten als Treffpunkt und Rückzugsort<br />

von Bremer Rechtsextremisten<br />

bei Auseinandersetzungen mit dem politischen<br />

Gegner.“<br />

5.000 Postkarten<br />

Das Thema ist nun in den Medien<br />

und Köpfen der BremerInnen präsent. Nur<br />

ein ganz wesentlicher Akteur hält sich<br />

bislang sehr bedeckt: der Vermieter. Zwar<br />

steht er, Geschäftsführer einer großen<br />

Immobilienfirma in München, offensichtlich<br />

in Kontakt mit Ostendorf und als Eigentümer<br />

der Ladenräume könnte er den<br />

wohl größten Einfluss ausüben. Doch will<br />

er zunächst keine Position ergreifen.<br />

Dezember 2009. „Sehr geehrter Herr G.,<br />

Sie sind Vermieter des in der Faulenstraße<br />

ansässigen Geschäfts ‚Sportsfreund‘. Wie<br />

Ihnen (…) bekannt ist, wird dieses Geschäft<br />

von einschlägigen Nazis betrieben.<br />

Es dient sowohl als Finanzierungsort wie<br />

auch als Treffpunkt der rechten Szene in<br />

Bremen. Ich bin gegen die Verbreitung<br />

von rechten Strukturen und trete deshalb<br />

für die Schließung des ‚Sportsfreundes‘ ein.<br />

Setzen auch Sie ein Zeichen gegen Nazis<br />

und ihre menschenverachtende Ideologie.<br />

Distanzieren Sie sich vom ‚Sportsfreund‘.“<br />

5.000 Postkarten lassen der Stephanikreis<br />

und die Antifa mit dem Aufruf bedrucken,<br />

verteilen, versenden und bieten sie zum<br />

Download an. 3.000 davon kommen unterschrieben<br />

zurück. Die hängen die AktivistInnen<br />

an eine über 180 Meter lange<br />

Wäscheleine und tragen sie vom Fangturm<br />

bis zum Hillmannplatz, dem Bremer Sitz<br />

des Vermieters. Parallel informieren sie an


stephani<br />

×<br />

14.33 Uhr<br />

Faulenstraße, Ecke<br />

Ölmühlenstraße<br />

Direkt neben einem Geschäft stehen<br />

drei große Plakatwände, die gerade<br />

Werbung von Urlaubs- und Handyanbietern<br />

zeigen. Ein kleines Graffiti<br />

am Rahmen des Aufstellers titelt:<br />

„No Racism“.<br />

14.45 Uhr<br />

Faulenstraße, Volkshochschule<br />

Aus der Straßenbahn steigt eine<br />

große Gruppe Menschen aus.<br />

Auf Spanisch unterhalten sie sich<br />

über das Aufgabenmaterial der<br />

letzten Stunde.<br />

Feature<br />

11<br />

Auf der Vorderseite der Plakatwand klebt längst wieder<br />

kommerzielle Werbung. Der Hinweis auf der Rückseite blieb<br />

Infoständen über den Anlass der Aktion.<br />

Nun antwortet G.: Er könne niemandem<br />

aufgrund dessen politischer Gesinnung<br />

kündigen, lässt er verlauten – biete aber<br />

an, den Mietvertrag nach dessen Ablauf<br />

im November 2011 nicht mehr zu verlängern.<br />

„Blödsinn“, schimpfen Hannah und<br />

Thomas noch heute. „Wer wie er keine<br />

Position ergreift, setzt damit auch ein<br />

Statement.“ Der Stephanikreis gibt sich<br />

mit dieser Antwort des Vermieters ebenso<br />

wenig zufrieden und beschließt, den gesellschaftlichen<br />

Druck gegen den „Sportsfreund“<br />

von allen Seiten zu verstärken.<br />

2010. Erst einmal aber folgt, wie Hillmann<br />

es ausdrückt, „eine Phase der Ratlosigkeit“.<br />

Eine erfolgsversprechende Aktionsidee<br />

entpuppt sich als nicht durchführbar<br />

und entfällt, das nimmt viel Schwung. Bis<br />

die Initiative alle Institutionen und Verbände,<br />

die mit dem „Sportsfreund“ als<br />

ortsansässigem Laden formal zu tun haben,<br />

zu einem runden Tisch einlädt, vom<br />

Beirat Mitte über die City-Initiative bis zu<br />

„Haus & Grund“. Gemeinsam formulieren<br />

sie eine Charta, in der sie klarstellen: „Wir<br />

lehnen derartige geschäftliche Aktivitäten<br />

entschieden ab!“ Über 40 Bremer Verbände,<br />

Vereine und Organisationen schließen<br />

sich ihnen an.<br />

Der öffentliche<br />

Protest<br />

war effektiv<br />

2011. Dann ist da noch die augenfällige<br />

Plakatwand neben dem unerwünschten<br />

Laden. Der Stephanikreis gewinnt über<br />

60 Vereine, Organisationen, Initiativen<br />

und Verbände, vom DGB bis zu kirchlichen<br />

Institutionen, die mit ihrem Logo<br />

auf der Plakatwand signalisieren: „Wir<br />

wollen keinen Nazi-Laden – im Stephaniviertel,<br />

in Bremen oder anderswo!“ Und<br />

plötzlich ist der ‚Sportsfreund‘ geschlossen.<br />

Ende April 2011 ist er vorzeitig ausgezogen,<br />

„er muss mit dem Vermieter eine<br />

vorzeitige Beendigung des Mietvertrags<br />

vereinbart haben“, glaubt Hillmann. Tatsächlich<br />

hat er sich allerdings vorerst nur<br />

geschlichen und einen Kilometer Luftlinie<br />

entfernt unter dem Namen „Gladiator“<br />

einen neuen Laden eröffnet. Auf der Plakatwand<br />

heißt es nun: „Wir wollen keinen<br />

Naziladen – auch nicht in der Falkenstraße“.<br />

Nach drei Monaten und einigen Demonstrationen<br />

dort ist auch das neue Geschäft<br />

dicht. „Der öffentliche Protest war<br />

schnell und effektiv“, erzählt Hillmann:<br />

Die ansässige Schule, die Antifa und die<br />

AnwohnerInnen der Falkenstraße führten<br />

die Aktionen aus dem Stephaniviertel fort.<br />

Ostendorf selbst will sich zu all dem nicht<br />

mehr äußern, auf mehrere Interviewanfragen<br />

reagierte er nicht.<br />

Völlig aufgegeben hat er sein Geschäft allerdings<br />

nicht. Er hat es schlicht als Internetshop<br />

bei „Ebay“ neu aufgebaut. „Wir<br />

arbeiten daran, den rechten Strukturen<br />

auch dort den Raum zu entziehen“, verspricht<br />

Hannah. Bis es so weit ist, vertreibt<br />

Ostendorf etwa die „Thor Steinar“-Klamotten,<br />

die er einst in der Faulenstraße<br />

verkaufte, über seinen privaten Account<br />

– ganz legal. Und noch sind die Bewertungen,<br />

die er dort kassiert, durchweg positiv:<br />

„Schnelle Lieferung, netter Kontakt,<br />

gern wieder.“


12


stephani<br />

Fr, 9.50 Uhr<br />

Am Brill, Sparkasse<br />

Eine lange Schlange, nur zwei<br />

Schalter sind geöffnet. Ein Mann<br />

schildert dem Mitarbeiter sein<br />

Problem. Er wirkt verärgert.<br />

9.55 Uhr<br />

Altenweg, Ecke Jakobistraße<br />

Weil es nun zum zweiten Mal seine<br />

Trinkflasche hat fallen lassen, fährt<br />

die Frau ihr etwa einjähriges Kind<br />

an: „Kannst du dich nicht mal<br />

benehmen, Mann?“ Sie hebt die<br />

Flasche auf und pfeffert sie in die<br />

Ablage unter dem Wagen.<br />

×<br />

10.00 Uhr<br />

Altenweg 4, Verbraucherzentrale<br />

Bremen<br />

Zwei Frauen lösen die Verriegelung<br />

der elektrischen Schiebetür. Das<br />

bedeutet: Die Türen der Verbraucherzentrale<br />

stehen jetzt offen.<br />

11.50 Uhr<br />

Hankenstraße<br />

Eine Gruppe Jugendlicher schaut<br />

durch das Fenster des „Manitus“.<br />

Sie interessieren sich für die<br />

Getränke-Happy-Hour.<br />

Protokoll<br />

×<br />

Zwei Frauen<br />

lösen die<br />

Verriegelung<br />

der elektrischen<br />

Schiebetür.<br />

Die Türen<br />

stehen jetzt<br />

offen.<br />

13<br />

ERST<br />

FRAGEN,<br />

DANN<br />

KAUFEN<br />

Gehören Verbraucherzentralen<br />

demnächst der Vergangenheit an?<br />

Ein Beratungsprotokoll<br />

Text: Wiebke Plasse<br />

Fotos: Eike Harder<br />

10.03 Uhr: Eine Frau, Ende 20, betritt die<br />

Verbraucherzentrale. Im Kinderwagen<br />

quengelt ihr etwa einjähriges Kind. Die<br />

Mutter ist verunsichert: „Ich habe eine<br />

Frage zu meiner Rechnung von der GEZ.“<br />

Gabriele Zeugner leitet sie in ihr Büro<br />

weiter. Die Frau ist aufgebracht: „Ich habe<br />

einen Mahnbescheid bekommen, über<br />

416 Euro. Dabei bin ich von der Zahlung<br />

befreit!“ Wer Hartz IV bezieht, muss die<br />

im Rundfunkstaatsvertrag festgelegte<br />

Haushaltspauschale nicht zahlen, sofern<br />

er die Nachweise erbringt. Die Frau hat<br />

jedoch seit Februar 2012 keinen Befreiungsantrag<br />

mehr eingereicht. Die Forderung<br />

der GEZ, sagt Zeidler, sei deshalb<br />

gerechtfertigt. Die Frau ist erschüttert.<br />

„Ein ganz typischer Fall“, erläutert Zeugner<br />

im Anschluss an das Gespräch. Und fragt:<br />

„Wäre es nicht viel besser, wenn die Menschen<br />

kämen, bevor sie die Probleme am<br />

Hals haben?“ Seit 34 Jahren arbeitet sie<br />

hier in der Verbraucherzentrale, Produktberatung,<br />

Rechtsberatung, Versicherungsberatung.<br />

Tagtäglich hat sie mit Fällen wie<br />

diesem zu tun. Ob Altersvorsorge, oder<br />

Baufinanzierung – zum Beratungs- und<br />

Betreuungsplan der Bremer Verbraucherzentrale<br />

gehören alle im Alltag wichtigen<br />

Finanzfragen. Zeugners Erfahrung mit den<br />

Ratsuchenden indes ist nicht sonderlich<br />

gut: „In den meisten Fällen ist es schon<br />

viel zu spät, um noch was zu retten.“ Um<br />

Beispiele ist sie nicht verlegen: „Wer etwa<br />

vorhat, sich ein Haus zu kaufen oder<br />

es zu bauen, sollte die Beratung vorweg<br />

führen und nicht erst nach der Unterschrift“,<br />

mahnt sie. „Wir sind unabhängig<br />

und kennen die Tricks der Unternehmen.“<br />

In vielen Fällen könne das dem Verbraucher<br />

mehrere Tausend Euro ersparen.<br />

In Zeugners Augen lassen sich viel zu wenig<br />

Menschen viel zu selten und wenn,<br />

dann oft zu spät, beraten. „Heutzutage<br />

versuchen viele, sich im Internet schlau<br />

zu machen“, vermutet sie. Gerade junge<br />

Leute interessierten sich außerdem nicht<br />

für so „langweilige“ Themen wie Altersvorsorge<br />

und Baufinanzierung – macht<br />

halt mehr Spaß, sich ein neues Handy zu


ERST FRAGEN,<br />

DANN<br />

KAUFEN<br />

14<br />

kaufen, neue Verträge abzuschließen oder<br />

im Internet einzukaufen.<br />

10.40 Uhr: Zwei Frauen betreten den<br />

Raum, nur eine spricht Deutsch. Sie geht<br />

schnellen Schrittes auf den Tisch von<br />

Brigitte Klinkerfuß zu. „Ich brauche eine<br />

Broschüre zur Beseitigung von Schimmel<br />

in der Wohnung.“ Klinkerfuß muss<br />

passen: „Die ist leider aus.“ Sagt’s und<br />

bittet: „Kommen Sie ab dem 17. Februar<br />

wieder, dann ist sie wieder da.“<br />

Vom Produkttest zum<br />

Urheberrecht<br />

Klinkerfuß hat schon bei einem<br />

Rechtsanwalt und in einer Personalabteilung<br />

gearbeitet. Vor 28 Jahren wechselte<br />

sie zur Verbraucherzentrale. „Es ist schön,<br />

Menschen helfen zu können.“ Besonders<br />

zu den Stoßzeiten, am Montag- und Donnerstagmorgen,<br />

sei eine Menge zu tun.<br />

Und spannend bliebe es immer: „Wir können<br />

uns auf nichts einstellen, jeder Tag<br />

hält Überraschungen bereit“, schwärmt<br />

sie. Was ihren Beruf noch schöner machen<br />

würde? „Wenn die Verständigungsprobleme<br />

nicht wären.“ Die sind, glaubt man den<br />

beiden Beraterinnen, ein riesiges Problem.<br />

In sieben von zehn Fällen, schätzt<br />

Klinkerfuß, klappe die Verständigung so<br />

schlecht, dass die Beratung keinen Sinn<br />

mache. „Wenn wir nicht dieselbe Sprache<br />

sprechen, ist das wie ‚stille Post‘ spielen“,<br />

sagt die Beraterin. „So können wir nicht<br />

helfen.“ Irmgard Czarnecki, seit 1994 Geschäftsführerin<br />

der Verbraucherzentrale,<br />

weiß um das Problem. Sie baut auf zwei<br />

türkischstämmige Berater. Im Februar<br />

startet zudem ein vom Bund gefördertes<br />

Projekt: Die Bremer, Hamburger und<br />

Berliner Verbraucherzentrale bekommen<br />

aufgrund der hohen Zahl an Migranten in<br />

diesen Ländern einen mehrsprachigen<br />

Mitarbeiter an die Seite, der schwerpunktmäßig<br />

zu Themen aus der digitalen Welt<br />

beraten können soll.<br />

Früher waren die Verbraucherzentralen<br />

für exzellente Produktberatung bekannt.<br />

Ob Waschmaschine, Toaster oder Kleinwagen<br />

– an einer ordentlich sortierten<br />

Infothek fanden sich die Testartikel dazu.<br />

Mittlerweile gibt es vor allem im Internet<br />

zuhauf Produkttests, weswegen die Verbraucherzentralen<br />

diese Art der „Beratung“<br />

aus ihrem Angebot gestrichen haben.<br />

Stattdessen warten heute Experten<br />

für neue digitale Produkte und deren Fallstricke<br />

auf Ratsuchende, Stichworte: Tele-<br />

kommunikation und Urheberrecht. Wenn<br />

es erst mal Abmahnungen von ominösen<br />

App-Betreibern oder Pornoseiten regne,<br />

führe die Selbsthilfe im Internet auch nicht<br />

mehr weiter, sagt Czarnecki: „Die ist selten<br />

fallbezogen und somit nichts wert.“ Es<br />

ärgert sie, „dass die Leute denken, wir<br />

würden immer noch Waschmaschinenberatung<br />

machen.“ Dass die Verbraucherzentralen<br />

irgendwann einmal überflüssig<br />

würden, glaubt sie hingegen nicht. Die<br />

Unternehmen, da ist sie sicher, würden<br />

nie aufhören zu tricksen. Und die Verbraucher<br />

würden nie anfangen, vor Vertragsabschluss<br />

noch 500 Seiten Kleingedrucktes<br />

zu lesen.<br />

11.00 Uhr: Ein Mann, Mitte 40, meldet<br />

sich bei Brigitte Klinkerfuß: „Ich habe<br />

einen Termin in der Energieberatung.“<br />

Sie begleitet ihn durch eine Nebentür<br />

und führt ihn in die erste Etage, wo der<br />

Experte bereits auf ihn wartet.<br />

Oft ist es<br />

schon zu spät,<br />

um noch<br />

was zu retten<br />

„Die Energieberatung ist eines unserer<br />

größten Themen“, sind sich Zeugner und<br />

Klinkerfuß einig. Das beginne bei der<br />

Suche nach dem richtigen Anbieter und<br />

ende bei Problemen mit überraschenden<br />

Nachzahlungen. Anders als bei vielen anderen<br />

Themen ist beim Thema Energieund<br />

Heizkosten offenbar vielen Menschen<br />

bewusst, dass eine unabhängige Beratung<br />

viel Geld sparen kann. Das mag auch mit<br />

dem großen und vor allem auch öffentlichkeitswirksamen<br />

Erfolg zusammenhängen,<br />

den die Verbraucherzentrale im Streit mit<br />

dem Bremer Energieversorger swb erzielt<br />

hat. 2003, als die Anbieter von Strom und<br />

Gas bundesweit die Preise angehoben hatten,<br />

nahm sie unter anderem dessen Verträge<br />

genau unter die Lupe – und kam zu<br />

dem Schluss, dass diese gar nicht rechtens<br />

seien. Gemeinsam mit der Hamburger<br />

Verbraucherzentrale zog sie deshalb vor<br />

Gericht. „Wir standen mit einem Bremer<br />

Anwalt einem riesigen Unternehmen mit<br />

Anwälten aus London und Mailand gegenüber“,<br />

erinnert sich Czarnecki an den aufsehenerregenden<br />

Prozess. Die Verbraucherzentralen<br />

gewannen trotzdem, 90.000<br />

Menschen konnten Widerspruch einlegen<br />

und sparten im Schnitt jeweils um die<br />

1.000 Euro. Die Folge war eine Welle von<br />

Beratungsgesprächen. „Die Menschen<br />

kannten uns und unsere guten Absichten“,<br />

sagt Czarnecki.<br />

Und immer wieder:<br />

Rundfunkgebühren<br />

11.05 Uhr: Ein Mann, Ende 50, betritt<br />

wutentbrannt den Raum: „Ich suche<br />

eine Kontaktperson bezüglich der GEZ-<br />

Rechnungen.“ Er lässt Dampf im Büro von<br />

Gabriele Zeugner ab. „‚Radio Bremen‘ hat<br />

mich abgewimmelt und an Sie verwiesen“,<br />

schnaubt er und verlangt: „Dann erzählen<br />

Sie doch mal, was diese angeblichen Säumniszuschläge<br />

sollen!“ Zeugner muss ihn<br />

beruhigen und macht dann deutlich, dass<br />

sie keine Zweigstelle von „Radio Bremen“<br />

seien hier. Ganz verstehen mag der Mann<br />

dies nicht. Und eine Lösung für sein Problem<br />

gibt es auch nicht: Er muss zahlen,<br />

da ist sich Zeugner sicher. Erschrocken<br />

verlässt der Mann ohne weitere Worte<br />

den Raum.<br />

„Genau das sind die Menschen, die einem<br />

den Tag vermiesen können“, sagt Zeugner.<br />

Gar nicht so selten komme es zu Streitigkeiten<br />

hier. Die Verbraucherinnen und<br />

Verbraucher seien wütend über hohe<br />

Rechnungen und Mahnungen, ihren Frust<br />

ließen sie dann bei den Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern der Verbraucherzentrale<br />

ab. Zeugner fühlt sich und ihre Arbeitgeberin<br />

da gewaltig missverstanden. „Wir<br />

wollen doch nur helfen“, sagt sie. Und<br />

dass sie hier „unabhängig von allen Insti-


stephani<br />

12.00 Uhr<br />

Brillkreuzung<br />

Hochbetrieb. Einer der wartenden<br />

Fußgänger beginnt, dann folgt ihm<br />

eine ganze Gruppe über die rote<br />

Ampel. Ein kreuzendes Auto muss<br />

eine Vollbremsung einlegen.<br />

12.20 Uhr<br />

Faulenstraße<br />

Eine Gruppe Asiaten läuft etwas verloren<br />

die Straße entlang. „Radio<br />

Bremen“, sagen sie immer wieder.<br />

Eine freundliche Frau erklärt ihnen<br />

auf Englisch den Weg.<br />

PROTOKOLL<br />

15<br />

Bitte nicht bloß nörgeln: Auch die beste Beratung kann nur<br />

helfen, wenn sie rechtzeitig in Anspruch genommen wird<br />

tutionen und Unternehmen einzig den<br />

Verbrauchern verpflichtet“ seien.<br />

Es ist kein Zufall, dass der Mann schon<br />

der zweite Besucher heute war, der wegen<br />

der Rundfunkgebühren hier war: Die<br />

sind tatsächlich der häufigste Besuchsgrund<br />

bei der Verbraucherzentrale. Die<br />

hat sich darauf eingestellt und erst kürzlich<br />

Broschüren zum Thema in verschiedenen<br />

Sprachen herausgegeben. Die<br />

machen vor allem deutlich, dass die Verbraucherzentrale<br />

zwar auch eine Anlaufstelle<br />

für Fragen rund um die sogenannten<br />

GEZ-Gebühren ist, sie aber in keinem<br />

Zusammenhang mit der GEZ beziehungsweise<br />

den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />

stehe. Die Heftchen, berichtet<br />

Czarnecki, würden sehr positiv<br />

angenommen. Sie erleichterten den Beraterinnen<br />

und Beratern den Arbeitsalltag<br />

und schützten vor unfreundlichen, persönlichen<br />

Angriffen.<br />

16 Verbraucherzentralen gibt es bundesweit,<br />

in jedem Bundesland eine. Und ganz<br />

unabhängig davon, wie groß oder erfolgreich<br />

sie jeweils sind: Sie haben alle mit<br />

ähnlichen Problemen zu kämpfen. Nur in<br />

einem Punkt, erzählt Czarnecki, hebe<br />

sich die Bremer Verbraucherzentrale von<br />

den anderen ab: „Wir werden von allen<br />

am miserabelsten finanziert.“ Gerade mal<br />

fünf feste Stellen gebe es hier, den Rest<br />

müsse man stets projektbezogen neu beantragen.<br />

Bremen habe eben kein Geld,<br />

heißt es dann zur Begründung. „So ein<br />

Schwachsinn!“, schimpft Czarnecki: „So<br />

lange das Land sein Geld in so was wie<br />

die ‚Jacobs University‘ stecken kann, glaube<br />

ich kein Wort davon.“ Verbraucherschutz,<br />

vermutet die Verbraucherschützerin,<br />

sei schlicht „nicht sexy genug“. Die<br />

gesetzliche Regelung, dass die Länder<br />

ihren Verbraucherzentralen zumindest<br />

eine Grundfinanzierung sicherstellen<br />

müssen, interessiere Abgeordnete wenig.<br />

Czarnecki hat ihre eigene Strategie entwickelt,<br />

damit umzugehen: „Ich gehe so<br />

vielen Politikern wie nur irgendwie möglich<br />

so oft wie nur irgendwie möglich auf<br />

den Senkel“, erzählt sie und lächelt dabei.<br />

11.20 Uhr: Ein Mann, Ende 40, tritt an<br />

den Tresen. Er hat einen Stapel Rechnungen<br />

und Unterlagen dabei, in Folie<br />

verpackt und vollständig, wie er betont.<br />

Zeugner fragt: „Sie kennen unsere Preise?“<br />

und bittet ihn dann in ihr Büro:<br />

15 Euro pro angefangene halbe Stunde.<br />

Der Mann hat ein rechtliches Problem.<br />

Vorherige Absprachen, sagt er, seien im<br />

Kaufvertrag nicht eingehalten worden.<br />

Nun solle er eine Summe zahlen, die über<br />

150 Prozent über dem Betrag liege, den<br />

ihn der Dienstleister vorweg genannt<br />

habe. Zeugner folgt aufmerksam, stellt<br />

gelegentlich Zwischenfragen. „Ein Interessenkonflikt“,<br />

urteilt sie, ihr Lösungsvorschlag:<br />

„Besuchen Sie die Schlichtungsstelle<br />

der Handwerkskammer und<br />

finden Sie in diesem Rahmen einen außergerichtlichen<br />

Kompromiss.“ Alles andere,<br />

warnt sie, sei risikoreich und könne<br />

ihn teuer zu stehen kommen. Der<br />

Mann bedankt sich herzlich und verschwindet.<br />

„Und genau das sind die Menschen,<br />

die einem den Tag verschönern<br />

können“, sagt Zeugner.


Statt Mauer<br />

Fotos: Leonie Francke


stephani<br />

Bildstrecke<br />

17


18


stephani


stephani<br />

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22


stephani


stephani<br />

25


26


stephani<br />

Sa, 11.32 Uhr<br />

Schlachte, Höhe Fangturm<br />

Promenade am Ufer. Der Blick fällt<br />

auf die Brücke, die bei ihrer Einweihung<br />

noch einen anderen Namen<br />

trug. Heute steht dort für alle sie<br />

passierenden Touristenboote<br />

geschrieben, dass „Baader lebt!“.<br />

11.36 Uhr<br />

Schlachte, Höhe „Radio Bremen“<br />

Riechst du die Brauerei auf der<br />

anderen Seite?<br />

11.37 Uhr<br />

Diepenau<br />

Du gehst hoch. Vor dir ein Stück<br />

pornografischer Architektur, auf der<br />

mal die Hoffnung eines ganzen<br />

Viertels ruhte. Heute ist selbst<br />

das Nagelstudio nicht mehr da.<br />

Prosa<br />

×<br />

Eine Frau,<br />

geschätzt<br />

Mitte 30,<br />

steigt aus<br />

dem weißen<br />

Lieferwagen<br />

und trägt<br />

ein Paket<br />

Richtung<br />

Haus. Der<br />

Türsummer<br />

ist zu hören.<br />

Die Frau<br />

verschwindet<br />

hinter<br />

der Tür.<br />

27<br />

ANDA-<br />

LUSISCHER<br />

ENGEL<br />

Text: Benjamin Tietjen<br />

Illustration: Evantias Chaudat<br />

„Du bist dieses Mal zu weit gegangen“, hatte ich damals zu meinem<br />

Mann gesagt. Ich hatte gesagt: „Du hast schon viel Mist verzapft, aber<br />

heute bist du zu weit gegangen.“ Er hatte den Mantel noch an und saß<br />

auf der Couch. Er sagte: „Es tut mir wirklich leid“ und ich wusste,<br />

dass es ihm leid tat, aber das war jetzt egal, denn ich war wirklich<br />

sauer. Das war 1981 und meine Mutter lag frisch unter der Erde. Das<br />

war noch, bevor die Kirche zur „Kulturkirche“ wurde und ich hatte<br />

auch noch keine Kinder. Es war das erste Mal, dass ich meinen Vater<br />

weinen sah.<br />

Die Trauerfeier war wirklich gut, wenn man das so sagen<br />

kann. Zum Schluss setzte die Orgel ein und die Sargträger erhoben<br />

sich. Da waren die ganzen Kerzen um den Sarg herum und der eine<br />

Sargträger, ein ganz alter Mann mit Buckel, der versuchte, die Kerzen<br />

auszublasen, aber er hatte nicht genug Kraft dafür. Die Orgel spielte


ANDA-<br />

LUSiSCHER<br />

ENGEL<br />

28<br />

und alle warteten auf diesen Mann, aber er hatte nicht genug Kraft,<br />

die Kerzen auszublasen. Es war wirklich eigenartig und unter anderen<br />

Umständen hätte ich sicherlich mitgelacht, aber es war die Beerdigung<br />

meiner Mutter.<br />

Mein Mann hat mal gesagt, mein Vater sei ein sturer Kauz,<br />

und damit hat er wohl recht. Ich weiß nicht, wie oft ich ihm angeboten<br />

habe, zu uns zu ziehen, aber er will hier nicht weg. Zweimal in der<br />

Woche besuche ich ihn und erledige die Einkäufe, weil er kaum noch<br />

laufen kann. Im Ganzen hält er sich ganz gut. Wir reden nicht mehr so<br />

viel miteinander, aber ich glaube, wenn man sich so lange kennt, dann<br />

gibt es auch nicht mehr viel zu sagen.<br />

Ich hatte mir nichts dabei gedacht, als ich die Frau bei ihm<br />

sah. Sie saß neben ihm auf der Couch und die beiden schauten fern.<br />

Später, als ich mit ihm allein in der Küche war, da fragte ich: „Papa,<br />

wer ist die Frau auf deiner Couch?“ – „Die hat mir den Chi Maxx geliefert.“<br />

– „Was ist ein Chi Maxx?“, fragt ich. – „Ein Fußmassagegerät.<br />

Das haben die im Fernsehen verkauft.“ – „Und was macht sie hier?“ –<br />

„Sie hat gefragt, ob ich einen Kaffee für sie hätte, und jetzt schauen<br />

wir schon den ganzen Nachmittag fern. Sie kommt aus Andalusien.“<br />

Ein paar Tage später kam ich wieder und er saß nicht wie gewöhnlich<br />

auf der Couch. „Papa?“, rief ich und er antwortete aus der<br />

Küche: „Wir sind hier.“ Er saß am Tisch, unter seinen Füßen das Massagegerät<br />

und las in einer Illustrierten. Die Spanierin stand am Herd<br />

und machte meinem Vater Spiegeleier. „Was machen Sie hier?“, fragte<br />

ich. Ich glaube, ich war nicht sehr freundlich. „Ich brate Ihrem Papa<br />

Eier“, sagte sie. Am Abend erzählte ich meinem Mann davon und er<br />

sagte nur so etwas wie: „Was soll schon dabei sein?“ Für ihn war es<br />

wohl ganz normal, dass eine fremde Frau, die fünfzig Jahre jünger ist,<br />

in der Küche meines Vaters steht und ihm Eier brät.<br />

Auch ohne seine Unterstützung hatte ich einen Entschluss<br />

gefasst: Sollte ich diese Frau beim nächsten Besuch wieder antreffen,<br />

dann würde ich sie auffordern, zu gehen.<br />

Tatsächlich saß sie wieder auf seiner Couch. Ich stellte den<br />

Einkauf auf den Küchentisch und ging zurück in die Stube. Sie sprach<br />

ganz leise und beide hatten die Köpfe gesenkt. „Auch vor ihm hatte<br />

ich schon Männer gekannt, gute Menschen, aber mit keinem war es so


stephani<br />

11.37 Uhr<br />

Großenstraße<br />

Du hältst dich links und verlässt<br />

unvermittelt die Stadt. Der Verkehrslärm<br />

verpufft hinter perfide gepflegten<br />

Vorgärten. Ein Ensemble aus<br />

Backsteinen, dort, wo einst die Stadtbefestigung<br />

verlief.<br />

11.39 Uhr<br />

Stephanikirchhof<br />

Auf dem Parkplatz vor der „Kulturkirche“<br />

steht ein bordeauxroter<br />

Passat. Auf dem Fahrersitz telefoniert<br />

eine Frau.<br />

×<br />

11.47 Uhr<br />

Vor Stephanitor 10<br />

Eine Frau in blauer Jacke, geschätzt<br />

Mitte 30, steigt aus dem weißen<br />

Lieferwagen, zieht die Seitentür auf<br />

und trägt ein Paket Richtung Haus.<br />

Der Türsummer ist zu hören. Die Frau<br />

verschwindet hinter der in Aluminium<br />

gerahmten Tür und weiß noch nicht,<br />

dass sie gleich der Mittelpunkt einer<br />

Geschichte sein wird.<br />

PROSA<br />

29<br />

wie mit ihm. Er hieß Manuel. Er war älter als ich und hatte zwei Kinder<br />

… Wir lebten in der Nähe von Torremolinos und verdienten das<br />

wenige Geld, das wir benötigten, in einer taberna.“ Mein Vater griff<br />

schwerfällig nach einem Glas Wasser. „Seine Kinder lebten bei seiner<br />

Frau oben in Ronda und alle paar Wochen fuhr er mit dem Motorrad<br />

die serpentina hoch. Ich weiß noch, wie ich an jenem Tag mit Freunden<br />

am Strand war, als plötzlich der Nebel kam. Eben noch hatte man<br />

das Gefühl, bis nach Marruecos schauen zu können, und dann war<br />

alles umhüllt. Noch nie hatte ich einen Nebel wie diesen gesehen und<br />

auch später sah ich so etwas nie wieder. Die Menschen blieben ruhig<br />

und so schnell, wie er gekommen war, löste er sich wieder auf. Ich<br />

glaube, dass ich damals am Strand bereits eine Vorahnung hatte.<br />

Manolo kam am Abend nicht zurück. Ich lag die ganze Nacht<br />

wach und versuchte, ihn zu erreichen, doch sein Telefon war aus. Die<br />

Wände erdrückten mich und ich ging runter zum Strand. Lief bis nach<br />

Benalmádena und versuchte von unterwegs immer wieder bei ihm anzurufen.<br />

Am nächsten Nachmittag rief er mich an. Er sagte, er könne<br />

nicht mehr zurückkommen. Er könne mir nicht mehr in die Augen<br />

schauen. Ich flehte ihn an, zu kommen, aber er sagte nur, das ginge<br />

jetzt nicht mehr. Das war das Letzte, was ich von ihm gehört habe.<br />

Die nächsten Wochen waren die schlimmsten in meinem Leben. Ich<br />

hielt es nicht mehr aus und fuhr nach Ronda. Im Pueblo blanco fragte<br />

ich die Menschen, ob sie ihn kennen, und schließlich fand ich das Haus<br />

seiner Frau. Sie stand in der Tür und trug ein schwarzes Kleid und ich<br />

brauchte mich nicht vorstellen. Ich sah zum ersten Mal seine Kinder.<br />

Von ihrem Garten aus blickten wir auf die Berge. Es war schon zwei<br />

Wochen her, dass er mit seinem Motorrad die Stadt verließ und der<br />

Schmerz war noch allgegenwärtig.“<br />

Das war das zweite Mal, dass ich meinen Vater weinen sah,<br />

und als die Frau zu Ende gesprochen hatte, saßen wir noch eine ganze<br />

Zeit da, ohne ein Wort zu reden. Ich sagte noch so etwas wie:<br />

„Der Einkauf steht in der Küche“ und verabschiedete mich.<br />

Und dann saß ich in meinem Auto vor der Kirche und wollte<br />

meinen Mann anrufen, doch der ging nicht ran, und dann fiel mir ein,<br />

dass heute Mittwoch war und dass er mittwochs immer mit Jupp zum<br />

Tennis ging, und er war bestimmt auch heute mit Jupp beim Tennis.


30


stephani<br />

×<br />

Mo, 9.17 Uhr<br />

Jippen 1<br />

Holger Winter lehnt am Empfangstresen<br />

des „Seemannsheims“<br />

und lässt sich den Inhalt für seinen<br />

Bordrucksack geben.<br />

9.31 Uhr<br />

Bahnhofshalle, Zeitungskiosk<br />

Winter deckt sich ein für seinen<br />

Arbeitstag: „New York Times“ und<br />

„Angora“.<br />

reportage<br />

×<br />

Holger Winter<br />

lehnt am<br />

Empfangs-<br />

tresen des<br />

„Seemannsheims“<br />

und<br />

lässt sich<br />

den Inhalt für<br />

seinen Bordrucksack<br />

geben.<br />

31<br />

MIT SIM<br />

UND<br />

BIBEL<br />

Ein Schiffstechniker<br />

am Kaffeetisch, eine Pastorin,<br />

die Handykarten verkauft,<br />

und ein Rentner, der<br />

über die Reeder schimpft:<br />

auf Bordbesuch<br />

mit der Seemannsmission<br />

Text: Kim Neubauer<br />

Fotos: Cindi Jacobs<br />

„Good Morning“, schallt es von der Reling<br />

herunter. Im Bremer Industriehafen hat<br />

in der Nacht ein Schiff angelegt. Ein riesiger<br />

rot-weißer Frachter, vor dessen<br />

haushoher Bordwand jeder Mensch zur<br />

Winzigkeit wird. Holger Winter steuert<br />

in seiner grell-orangen Jacke mit den Reflektorstreifen<br />

und seinem gelben Bauarbeiterhelm<br />

durch den frisch gefallenen<br />

Schnee, gerade auf die Stahlwand zu. Ihn<br />

beeindruckt die Größe nicht mehr, für<br />

den pensionierten Schiffsbetriebstechniker<br />

ist das Alltag. Etwa in der Mitte zieht<br />

sich eine Treppe der Wand entlang nach<br />

oben. Ein Mann mit Mütze und Sonnenbrille<br />

winkt dem Besucher freundlich zu.<br />

„Good Morning. Seamen’s Mission“, antwortet<br />

Winter nach oben und steigt die<br />

rutschigen Stufen hinauf.<br />

1854 hatte der Bremer Reeder und Kaufmann<br />

Johann Hinrich Wichern die Idee,<br />

ein Heim für Schiffsjungen und Matrosen<br />

zu gründen, das diesen Unterschlupf an


MIT SIM<br />

UND<br />

BIBEL<br />

32<br />

Land bieten sollte. Das war der Anfang<br />

der Bremer Seemannsmission. Im Jippen,<br />

mitten im Stephaniviertel, sorgen eine<br />

Seemannspastorin und eine Handvoll Ehrenamtliche<br />

noch heute, wie sie schreibt,<br />

„für das geistige und leibliche Wohl der<br />

Seemänner“, die im Bremer Hafen anlegen.<br />

Winter, 70 Jahre alt, ist einer dieser<br />

Helfer. Jeden Montagmorgen fährt er in<br />

den Hafen und besucht die Crews der<br />

neu angekommenen Schiffe.<br />

Auch an Bord der „MV Federal Shimanto“<br />

kennt jeder die Seemannsmission beziehungsweise<br />

„Seamen’s Mission“, wie die<br />

22-köpfige philippinische Besatzung sie<br />

nennt. Winter wird freundlich begrüßt.<br />

Alle sprechen Englisch hier, aber das ist<br />

für Winter kein Problem. „Euer Land ist<br />

einfach viel zu kalt“, beklagt sich der<br />

Mann mit der blau verspiegelten Sonnenbrille,<br />

der Mütze und dem grauen Overall,<br />

der heute für den Empfang der Gäste<br />

auf Deck zuständig ist. „Aber immerhin<br />

wärmer als heute Nacht.“ Sein Grinsen<br />

reicht von einem Ohr zum anderen. „War<br />

’ne lange Nacht, was?“ Winter kennt die<br />

Abläufe und weiß, dass es gerade beim<br />

Einlaufen in einen Hafen viel Arbeit an<br />

Bord gibt. Der Seemann nickt und weist<br />

den Weg ins Innere des Schiffes.<br />

Shuttle<br />

ins Internet<br />

An einem Tisch mit Erdbeerdecke<br />

sitzen fünf dreckige Männer. Sie tragen<br />

bequeme Kleidung und haben müde Gesichter,<br />

auch ihnen sieht man die lange<br />

Nacht an. In den Tassen dampft der Kaffee,<br />

nebenan in der Kombüse hantiert der<br />

Smutje mit ein paar Töpfen auf dem Herd.<br />

Es ist warm hier, ziemlich warm und fast<br />

schon gemütlich. Winter zieht die „International<br />

New York Times“, die er mitgebracht<br />

hat, aus der Tasche und legt sie auf<br />

den Tisch. Dem 39-Jährigen, der sich erst<br />

als Peter und dann als „Chief Officer“<br />

vorstellt, erklärt er anhand der Karte in<br />

der Broschüre der Seemannsmission, wo<br />

in den weitläufigen Bremer Hafenanlagen<br />

sich das Schiff befindet. „Könnt ihr uns<br />

nachher abholen?“, fragt Peter, als er<br />

sieht, wie weit es bis zum Seemannsheim<br />

im Jippen ist. „Ihr müsst uns nur anrufen“,<br />

erwidert Winter. Die FSJler, die für den<br />

Shuttleservice der Seemannsmission zuständig<br />

sind, fahren jeden Nachmittag hin<br />

und her. Peter nickt. „Man sieht hier jeden<br />

Tag dieselben Gesichter“, sagt Johan,<br />

„ordinary seeman“ und noch ziemlich jung.<br />

„Da muss man irgendwann einmal von<br />

Bord.“ Die anderen stimmen zu. „Ich bin<br />

seit elf Monaten auf See, da braucht man<br />

auch mal eine Abwechslung“, schiebt<br />

Johan hinterher.<br />

„Wir leisten keine klassische Missionsarbeit<br />

auf den Schiffen“, erläutert Jutta<br />

Bartling. „Das würde da auch gar nicht<br />

funktionieren.“ Sie ist seit vier Jahren<br />

Seemannspastorin. Mit der klassischen<br />

Arbeit einer Gemeindepastorin hat ihr<br />

Job wenig zu tun. „Ich leiste hier eher<br />

praktische Seelsorge“, sagt sie. Jeden<br />

Freitag ist sie es, die an Bord geht und<br />

den persönlichen Kontakt zu den Seemännern<br />

sucht. In erster Linie, sagt Bartling,<br />

versuche man den oft weit gereisten<br />

Seeleuten in der kurzen Zeit, die ihnen<br />

an Land zur Verfügung stehe, eine<br />

„Heimat in der Ferne“ zu bieten: sie bei<br />

Krankheit zum Arzt zu fahren, ihnen<br />

eine Unterkunft zu geben oder sie beim<br />

Kontakt mit ihrer Familie zu unterstützen.<br />

Für Letzteres reicht oftmals schon<br />

ein Internetanschluss.<br />

Das ist die<br />

Hölle, aber mir<br />

reicht's<br />

Einem hinduistischen Schiffsoffizier hat<br />

sie mal eine Bibel überreicht. Der habe<br />

sich dafür interessiert, sagt Bartling. In<br />

der Regel sei es aber nicht von Belang, ob,<br />

und wenn ja, welche Konfession ein Seemann<br />

habe. Umgekehrt ist das Vertrauen<br />

in die Kirche im Hafen konfessionsübergreifend<br />

groß. Es komme nicht selten vor,<br />

berichtet die Pastorin, dass ihr ein Mann<br />

auf einem Schiff ein paar hundert Euro<br />

und eine Kontonummer in die Hand<br />

drücke und sie um eine Überweisung<br />

ins Ausland bitte: „For my family in the<br />

Philippines“ – solches Vertrauen schmeichelt<br />

ihr. Oder dies: Aus einer Schublade<br />

zieht sie ein silbernes Handy, das seine<br />

besten Zeiten schon hinter sich gelassen<br />

hat. Bartlings Aufgabe ist es, eine in Indien<br />

lebende Frau anzurufen, deren Mann<br />

lange Jahre im Bremer Seemannsheim gelebt<br />

hat – ein ehemaliger Dauerbewohner<br />

des Hauses. Der war krank, und weil<br />

er eine deutsche Krankenversicherung<br />

hatte, blieb er. Vor Kurzem ist er gestorben,<br />

seine Frau benötigt nun seine Sterbeurkunde.<br />

Bartling kümmert sich.<br />

Besser als<br />

selber putzen<br />

Im Bauch der „MV Federal Shimanto“<br />

deutet Holger Winter auf einen Stapel<br />

fest in Plastik eingeschweißter Päckchen.<br />

„Braucht jemand von euch eine ‚Lebara‘-<br />

SIM-Karte?“ Die Männer schütteln den<br />

Kopf. „Wir gehen nachher noch ins Internet,<br />

das reicht“, erklärt einer von ihnen.<br />

„Seemannsclub“ heißt der Raum im Jippen,<br />

eine Theke steht darin, ein paar Tische<br />

und Stühle, im Keller wartet ein Billiardtisch<br />

auf Spieler. Vor allem aber gibt es<br />

hier WLAN, für einen Euro pro Stunde.<br />

Auf dem Frachtschiff haben sie zwar zwei<br />

Computer, aber keine Internetverbindung.<br />

Ein Grund mehr für einen Besuch im Seemannsclub.<br />

„Es ist schön, mal mit der Familie<br />

zu skypen“, sagt Peter, denn neben<br />

dem Winterwetter sei das Heimweh das<br />

Schlimmste an der Seefahrt. Bartling sagt:<br />

„Wenn ich einem Seemann an Bord eine<br />

SIM-Karte verkaufe und er nach langer<br />

Zeit mal wieder mit seiner Familie telefonieren<br />

kann, dann ist der hinterher wie<br />

ausgewechselt.“<br />

Seeleute, die schon lange Zeit fern von<br />

ihrer Familie auf den Weltmeeren umherführen,<br />

verlören irgendwann den Zugang<br />

zum normalen Leben an Land und zu ihrer<br />

Heimat, weiß Bartling. Es werde immer<br />

schwieriger für sie, zu Hause ein<br />

normales Leben zu führen. Ein paar solcher<br />

Männer haben sich vielleicht auch<br />

deshalb nach ihrer Pensionierung dauerhaft<br />

im Bremer Seemannsheim niedergelassen.<br />

So wie Franco Parpaiola. Der


stephani<br />

10.58 Uhr<br />

Jippen 1<br />

Eine blasse Gestalt läuft am<br />

„Seemannsheim“ vorbei. Stoppt kurz<br />

und schaut in den gelblich schimmernden<br />

Eingangsbereich, danach<br />

schlurft sie weiter.<br />

Fr, 9.23 Uhr<br />

Im „Seemannsheim“<br />

Durch den Flur schallt lautes Gelächter,<br />

das Geräusch eines an die<br />

Bande prallenden Kickerballs<br />

ist zu hören. Im „Seemannsheim“ ist<br />

diese Woche eine Schulklasse zu<br />

Besuch.<br />

11.12 Uhr<br />

Ein Mann sitzt in einem vollgestopften,<br />

schmalen Zimmer an<br />

einem Schreibtisch und tippt. Auf<br />

dem Bildschirm erkennt man das<br />

„Facebook“-Logo.<br />

reportage<br />

33<br />

Zwei Tage wird die „MS Federal Shimanto“ noch im Bremer<br />

Industriehafen liegen – einzige Gelegenheit für einen kurzen<br />

Landgang. Dann geht es wieder auf See, oft wochenlang<br />

74-jährige Italiener ist jahrelang unter<br />

deutscher Flagge zur See gefahren. Seit<br />

zehn Jahren bewohnt er ein Zimmer im<br />

Bremer Seemannsheim. Der kleine Raum<br />

im ersten Stock ist vollgestopft mit allem,<br />

was man zum Leben so braucht: links an<br />

der Wand ein Waschbecken, ein Kühlschrank,<br />

Toaster, Kaffeemaschine, Wasserkocher,<br />

ein paar Lebensmittel. Im Zentrum<br />

das Bett. Die Wände vollbehangen<br />

mit Fotos aus Italien, Erinnerungen und<br />

Schiffsbildern. Luxuriös ist das nicht.<br />

„Das ist die Hölle, aber mir reicht's.“ Sich<br />

eine eigene Wohnung zu nehmen sei ihm<br />

auch schon mal in den Sinn gekommen,<br />

sagt Parpaiola. Die brächte allerdings<br />

auch einen eigenen Haushalt mit sich.<br />

„Mir graut es davor, zu ‚Rossmann‘ zu gehen<br />

und ‚Ata‘ zu kaufen, damit ich dann<br />

mein Waschbecken putzen kann.“ Der<br />

Mann mit der Pilotenbrille muss schon<br />

bei dem Gedanken lachen. „Hier kommen<br />

jede Woche die Frauen zum Putzen, das<br />

gefällt mir besser“, erklärt er die Vorzüge<br />

des Heims.<br />

Die deutsche<br />

Seefahrt<br />

ist praktisch<br />

kaputt<br />

In seiner Freizeit verfasst der Rentner<br />

Aufsätze und Artikel, über sein Leben,<br />

seinen Beruf, über Seefahrt und Wirtschaft.<br />

„Die deutsche Seefahrt ist praktisch<br />

kaputt“, sagt er, es gebe nur noch<br />

900 deutsche Seeleute, viele Werftarbeiter<br />

seien arbeitslos. Und in den Seefahrtsstudiengängen<br />

der Universitäten, so ist<br />

er überzeugt, züchte man „die Arbeitslosen<br />

von morgen“ heran. Das alles sei den<br />

günstigen Arbeitskräften aus Asien und<br />

Russland zuzuschreiben, deutsche Schiffsbesatzungen<br />

seien schlichtweg zu teuer.<br />

Parpaiola macht die Reeder dafür verantwortlich,<br />

die stets nur die billigsten Arbeitskräfte<br />

unter Vertrag nähmen. Für ihn<br />

sei der Verband Deutscher Reeder „ein<br />

Haufen Krimineller“.<br />

Holger Winter packt seine Sachen zusammen,<br />

er muss weiter, die Außentreppe an<br />

der Bordwand wieder runter, andere<br />

Schiffe warten noch auf seinen Besuch.<br />

„Wir sehen uns dann später“, sagt Peter,<br />

der erste Offizier, und verabschiedet sich<br />

mit Handschlag. Zwei Tage hat die Crew<br />

noch Aufenthalt, das ist ganz schön lang.


34


stephani<br />

Mi, 20.38 Uhr<br />

Doventor<br />

Drei Grad minus, kein Fußgänger,<br />

nicht ein einziges Autos weit<br />

und breit.<br />

20.56 Uhr<br />

Findorfftunnel<br />

„Das verbotene Z-Wort“: ein Rätsel<br />

in Form eines Stencil-Graffiti an<br />

einer Wand.<br />

21.43 Uhr<br />

Daniel-von-Büren-Straße<br />

Eine beleuchtete Werbetafel ist<br />

schon von Weitem durch die<br />

Nacht erkennbar – „Außenwerbung<br />

trifft jeden“.<br />

×<br />

21.56 Uhr<br />

Daniel-von-Büren-Straße,<br />

Ecke Falkenstraße<br />

Wie ein riesiger Grabstein aus<br />

Beton: Das einzige Licht im ehemaligen<br />

Bundeswehrhochhaus brennt<br />

im vierten Stock.<br />

Essay<br />

×<br />

Das einzige<br />

Licht im<br />

ehemaligen<br />

Bundeswehrhochhaus<br />

brennt im<br />

vierten Stock.<br />

35<br />

MALEN<br />

NACH<br />

ZAHLEN<br />

Ideen kann man nicht kaufen,<br />

Subkultur nicht planen.<br />

Kreativität braucht keine Meile<br />

Text: Benjamin Eichler<br />

Foto: Johannes Fiola<br />

Sanierte Hochhäuser in Weiß und Bunt. Wie aufgestellte Särge ragen<br />

sie in den Nachthimmel. Nur Licht, Stahl und Beton. Die Stadt ist wie<br />

eine WG von Egoisten. Modernes Leben, gestapelt in Kartons.<br />

„Im Anfang war die Tat“, schrieb Goethe. Er hatte unrecht.<br />

Denn am Anfang war das Nichts: alles schwarz, alles leer. Dann kam<br />

die Idee. Einen Anfang gibt es, wenn sie zur Tat wird. Was aber<br />

braucht es dafür?


Ein paar Stadtplanerinnen und Stadtplaner formulierten einmal<br />

eine Idee von einer kreativen Bremer „Medienmeile“. Sie sollte<br />

vom Stephaniviertel, von der Schlachte, der Faulenstraße oder<br />

„Radio Bremen“, wahlweise der Altstadt, zunächst übers Berufsbildungszentrum<br />

am Doventor bis zum Bundeswehrhochhaus am Nordende<br />

der Daniel-von-Büren-Straße reichen, nach Intervention des<br />

Beirats Findorff dann über Güterbahnhof, Plantage und Schlachthof bis<br />

zum Torfhafen – eine neue Heimat für all die kreativen Seelen dieser<br />

Stadt. Jedenfalls für die, die dort nicht sowieso schon ihren Sitz haben.<br />

Werft und Hafen sind nicht mehr, nun soll die Kreativwirtschaft<br />

helfen, die Lücke zu füllen, die ihr Wegbrechen gerissen hat:<br />

finanziell, emotional und bei den Arbeitsplätzen. „Die Kreativwirtschaft“,<br />

hält die Bremer Regierungskoalition fest, „ist nicht nur bedeutsam<br />

für das Image Bremens als moderne Großstadt, sondern<br />

auch als Wirtschaftszweig mit eigener Wertschöpfung.“ Das ist die<br />

Stunde der Stadtentwicklungspoeten. Kulturelle Einrichtungen und<br />

Medienbetriebe gab und gibt es immer schon und überall. Nun werden<br />

sie zur Planungsmasse, Dichterknete, zu Stadtbausteinen. Sie werden<br />

zu Clustern erklärt, zu Aushängeschildern gemacht, zum Netzwerk<br />

geknüpft und zum Kultur- und Medienband verwoben. Hochglanzprospekte,<br />

aufwendige Internetseiten, mitunter ganze PR-Magazine<br />

bilden die Projektionsfläche für die makellosen Träume neourbaner<br />

Lebenswelten. Eins fügt sich nahtlos zum anderen. Selbst die Tristesse<br />

eines Betonhünen, der einmal Kreiswehrersatzamt war, wird so zum<br />

Leuchtturm der Ideen, zum Kreativbolzen, Atombunker inklusive.<br />

Das Bild der neuen, geordneten Stadt ist vielfarbig, aber niemals bunt.<br />

Früher nannte man das Malen nach Zahlen.<br />

Medienmeile Bremen: Um die 30 Unternehmen haben sich in<br />

der gleichnamigen Interessengemeinschaft zusammengefunden, laut<br />

Eigenwerbung „ein einzigartiger Pool“ mit „rund 12.000 Beschäftigten“<br />

und einem „Wirtschaftspotenzial“ von etwa „einer halben Milliarde<br />

Euro jährlich“. Zu den Mitgliedern zählen Kreativwirtschaftende wie<br />

eine Reederei, ein Callcenter, ein Ticketshop, ein Restaurant, eine<br />

Rechtsanwaltskanzlei, eine Leiharbeitsfirma, ein Parkhausbetreiber<br />

sowie die Sparkasse. Sie alle wollen „gemeinsam dynamische Strukturen<br />

schaffen“, „Bremen als mediales Oberzentrum in der Metropolmalen<br />

nach<br />

zahlen<br />

36


stephani<br />

21.57 Uhr<br />

Daniel-von-Büren-Straße<br />

Aus einem Wohnzimmer erklingen<br />

Stimmen. Im Hintergrund läuft<br />

das Radio etwas zu laut für diese<br />

Zeit. „Bremen Vier“ kündigt „Demons“<br />

von „Imagine Dragons“ an.<br />

22.01 Uhr<br />

Doventor<br />

Noch immer kein einziger Fußgän-<br />

ger auf den überfrorenen Fußwegen.<br />

Essay<br />

37<br />

region Bremen-Oldenburg etablieren“ und „eine engere Verflechtung<br />

Bremens mit der Kreativwirtschaft der Stadt“ erreichen – so weit<br />

fürs Erste, und ansonsten: Viel Erfolg!<br />

Im rot-grünen Koalitionsvertrag von 2011 gilt die Medienmeile<br />

im Stephaniviertel als „gründerfreundliches Milieu“. Ideen jedoch<br />

sind schüchterne Gesellen. Sie werden nicht gefunden, sondern entdeckt.<br />

Je mehr man sie sucht, desto besser verstecken sie sich. Geld<br />

lockt sie nur bedingt. Man kann sie nicht kaufen, schon gar nicht im<br />

Supermarkt, ultrahocherhitzt und abgepackt in Dosen. Die Grundlage<br />

von Kreativität ist Selbstständigkeit, im Handeln, im Denken und in<br />

der Ökonomie. Kreativität braucht die Möglichkeit des Ausprobierens.<br />

Sie entsteht dort, wo Menschen etwas verbessern wollen, etwas<br />

bewegen wollen oder sich nach Veränderung sehnen – und eben<br />

meistens nicht, wenn sie in erster Linie Aufsehen erregen oder Geld<br />

verdienen möchten. Orte wie das „Zucker“ – irgendwas zwischen Initiative<br />

und Club – wären nie entstanden, wenn die Motivation dahinter<br />

wirtschaftlicher Erfolg gewesen wäre. Mehr noch: Wenn jemand Geld<br />

hineingepumpt hätte, wäre die Idee mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

kaputtgegangen. Oder der „Grüne Zweig“ in der Neustadt: Seine<br />

Macher verzichten absichtlich auf Werbung. Pure Angst vor Größe?<br />

Nein. Sie sind einfach nur schlau genug, klein zu bleiben.<br />

Stadtplaner wollen die Stadt ordnen, Stadtvermarkter und<br />

Unternehmen Labels nutzen und Außenwirkung erzielen. „Kreativwirtschaft“<br />

klingt schon mal hip. Mit Kreativität und Freiraum aber hat<br />

all das ziemlich wenig zu tun. Ein hippes Milieu lässt sich nicht herzaubern,<br />

herbeireden oder auch einfach nur pflanzen und düngen. Kreative<br />

Räume entstehen dort, wo niemand plant und niemand aufpasst. Sie<br />

entstehen eher im Kleinen, im Versteckten, im Unentdeckten als in<br />

Planquadrat C. Wurzeln wachsen im Untergrund. Im Blumenkübel,<br />

und sei dieser noch so schön, verkümmern sie recht schnell.


38


stephani<br />

Mo, 11.21 Uhr<br />

Faulenstraße<br />

Vor „Radio Bremen“ stapft eine alte<br />

Dame mühsam durch den nassen<br />

Schneematsch.<br />

Di, 10.52 Uhr<br />

Bürgermeister-Smidt-Straße,<br />

unter dem Fly-over<br />

Hund mit Frauchen stehen an der<br />

Ampel. Beide tragen Pullover.<br />

10.58 Uhr<br />

Jakobistraße<br />

Kippe auf den Boden, sie qualmt<br />

noch, die Frau tritt sie aus.<br />

11.00 Uhr<br />

Hankenstraße, vor dem<br />

„Meisenfrei“<br />

Zwei ältere Damen auf dem Bürgersteig<br />

sprechen einen Herrn an, um<br />

nach dem Weg zu fragen.<br />

reportage<br />

×<br />

Auf einem<br />

dicken, schon<br />

etwas zerschlissenen<br />

Koffer sitzt<br />

eine Frau und<br />

raucht. Den<br />

Trolley mit<br />

weiterem<br />

Gepäck hat<br />

sie direkt<br />

daneben<br />

ebenfalls in<br />

der Einfahrt<br />

geparkt.<br />

39<br />

ein einsames asiatisches Restaurant. Nur<br />

ein Gebäude reizt das Auge mit seiner<br />

fast trotzig bunten Fassade und einer<br />

Sonne über dem Eingang: der Tagestreff<br />

für wohnungslose Frauen. Hannelore E.<br />

pendelt fast jeden Tag hierher, in die<br />

Abbentorstraße, eineinhalb Stunden mit<br />

dem Bus und nachmittags dasselbe wieder<br />

zurück. Sie kommt teils aus Gewohn-<br />

DER<br />

SCHUTZ-<br />

RAUM<br />

Männern ist er streng verboten,<br />

Frauen finden Rat und<br />

in Not auch Obdach hier.<br />

Ein Treffen im „Frauenzimmer“<br />

Text: Matthias Röhrs<br />

Fotos: Annemarie Hirth<br />

„Früher hätte ich nie gedacht, dass ich mal<br />

hier hinkomme“, sagt Hannelore E. Sie<br />

trägt einen weißen Pullover mit Strickmuster,<br />

ihre grauen Haare sind kurz<br />

geschnitten; ein Scheitel liegt auf rechts.<br />

Es gibt nur wenige Besucherinnen, die das<br />

„Frauenzimmer“ so gut kennen wie sie.<br />

Hannelore E., 62, hat längst wieder eine<br />

Wohnung gefunden, weit draußen in<br />

Bremen-Nord, zunächst gedacht als<br />

Übergangslösung. Inzwischen sagt sie:<br />

„Da kriegt mich keiner mehr freiwillig<br />

weg.“ Eigentlich also, betont sie, hätte sie<br />

es gar nicht mehr nötig, hierherzukommen,<br />

in diese Seitenstraße des Walls,<br />

in der sich eine graue Fassade an die<br />

nächste reiht. Ein Fitnessstudio in der<br />

Aufmachung eines Elektroinstallateurs,


DER<br />

SCHUTZ-<br />

RAUM<br />

40<br />

heit, teils der Freizeitangebote und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

wegen, teils<br />

auch wegen des Mittagessens. „Ich mag<br />

nicht alleine kochen“, sagt sie. „Und was<br />

soll ich auch alleine zu Hause sitzen?“<br />

Etwa ein bis zwei Dutzend Besucherinnen<br />

zählt der Treff pro Tag, die meisten<br />

davon sind wohnungslos, einige gar<br />

obdachlos. Bedingung ist nichts davon.<br />

„Auch arme Frauen mit Wohnraum oder<br />

Rentnerinnen kommen hierher“, sagt<br />

Leiterin Britta Klocke. Nur Männer haben<br />

keinen Zutritt. „Das ‚Frauenzimmer‘ ist<br />

ein Schutzraum für Frauen“, begründet<br />

sie. Vielen der Frauen, die hierherkämen,<br />

falle es schwer, sich gegen Männer zu behaupten<br />

oder gegenüber Männern ihre<br />

Grenzen zu wahren, nicht wenige seien<br />

schon Opfer von Herabwürdigung, Gewalt<br />

oder Missbrauch geworden. Geduldet<br />

im „Frauenzimmer“ sind daher lediglich<br />

der Pastor, der hier regelmäßig Andachten<br />

abhält, ein Freiwilliger, der alle<br />

zwei Wochen einen Computerkurs anbietet,<br />

der Paketbote „und vielleicht mal<br />

ein Klempner“. Auch männliche Journalisten<br />

dürfen nur außerhalb der Öffnungszeiten<br />

kommen.<br />

„Ich würde ja auch wieder arbeiten gehen“,<br />

sagt Hannelore E. „Aber das verdiente<br />

Geld ziehen sie mir gleich wieder<br />

von der Rente ab.“ Einmal in der Woche<br />

hilft sie noch in einer Schule, Frühstück<br />

zuzubereiten. An den anderen Tagen<br />

schaut sie im „Frauenzimmer“ vorbei.<br />

Früher, erinnert sie sich, war das Mittagessen<br />

hier noch ein Tagesgericht und umsonst.<br />

„Da ist dann aber viel in den Müll<br />

gegangen, weil manche Leute das nicht<br />

mochten.“ Nun gibt es jeweils eine kleine<br />

Auswahl an Speisen, die Mahlzeit kostet<br />

jedoch zwei Euro. „Seitdem kommen<br />

nicht mehr so viele zum Essen her“,<br />

hat Hannelore E. beobachtet. Das Geld<br />

ist eben knapp.<br />

Anonymer<br />

Rat und Hilfe<br />

Die Räume sind in cremigem Gelborange<br />

gestrichen, weiße IKEA-Regale<br />

voll mit Büchern dienen als Raumtrenner.<br />

In der Mitte stehen Tische und Stühle,<br />

an der Wand hängen Ankündigungen und<br />

Poster und in einer Ecke neun kleine<br />

quadratische Leinwände, die verstorbener<br />

Besucherinnen gedenken. Auch<br />

Hannelore E. hat mal eine davon bemalt,<br />

eine der ersten sogar, für eine Freundin,<br />

die sie hier kennengelernt hatte und die<br />

dann gestorben ist.<br />

Und was<br />

soll ich<br />

auch alleine<br />

zu Hause<br />

„Wichtig sind hier vor allem Frieden und<br />

Respekt“, sagt Britta Klocke. Was nicht<br />

immer ganz selbstverständlich ist, wenn<br />

Besucherinnen mit psychologischen Problemen,<br />

unter Drogeneinfluss oder einfach<br />

schlecht gelaunt ins Haus kommen<br />

und versuchen, zu provozieren. Richtig<br />

Streit, sagt Klocke, gebe es aber nur selten<br />

und wenn, dann meistens nur wegen<br />

Kleinigkeiten. „Es kann mal sein, dass jemand<br />

laut telefoniert und die anderen<br />

stört“, sagt Hannelore E. „Manchmal gibt<br />

es auch Reibereien, weil hier so viele<br />

unterschiedliche Charaktere sind.“ Sie<br />

selbst versucht sich dann meist rauszuhalten.<br />

„Natürlich gibt es hier auch welche,<br />

mit denen ich mich nicht verstehe“,<br />

sagt sie. „Aber denen gehe ich dann auch<br />

aus dem Weg.“<br />

Wer ins „Frauenzimmer“ kommt, kann<br />

sich anonym beraten und helfen lassen,<br />

muss weder Ausweis noch Krankenversicherungskarte<br />

vorzeigen. In den Gesprächen<br />

geht es um Sozialleistungen, Entzugsangebote,<br />

Vermittlung von Wohnraum<br />

und Beratungsstellen, Ärger mit<br />

den Ämtern, manchmal auch einfach nur<br />

um ein offenes Ohr für die vielen Sorgen.<br />

Einmal die Woche hält eine Ärztin eine<br />

kostenlose Sprechstunde ab, bei Bedarf<br />

vermittelt sie weiter an Fachärzte – „medizinische<br />

Nothilfe“ heißt das. Außerdem<br />

können die Besucherinnen des Treffs sich<br />

hier duschen sowie ihre Kleider waschen<br />

und bügeln. Wer will, bekommt eine<br />

Postanschrift, für Briefe etwa vom Jobcenter<br />

Bremen oder von der Agentur für<br />

Arbeit. Einige Frauen treffen sich zum gemeinsamen<br />

Kochen oder Stricken. Daneben<br />

sind Bastel-, Näh- und Computerkurse<br />

im Angebot. „Malen und Tanzen<br />

hängen etwas nach“, sagt Hannelore E.,<br />

manchmal ist sie die einzige im Tanzkurs.<br />

„Das liegt aber wohl daran, dass so unterschiedliche<br />

Altersgruppen auch zu verschiedener<br />

Musik tanzen wollen.“ Die<br />

Altersspanne der Besucherinnen des<br />

„Frauenzimmers“ reicht von 18 bis 80 Jahre.<br />

Der Tagestreff sei in seiner Art der einzige<br />

in der Hansestadt, sagt Britta Klocke.<br />

Betreiber ist der Verein für Innere Mission<br />

in Bremen, finanziert wird der Treff<br />

allein durch Spenden, meist von Kirchengemeinden<br />

oder Stiftungen; manchmal<br />

stellen Filialen einer Drogeriekette Hygieneartikel<br />

zur Verfügung. Neben Klocke,<br />

die zugleich auch den „Jakobustreff“ der<br />

Inneren Mission betreut, der Männern<br />

wie Frauen offensteht, arbeiten eine<br />

hauptamtliche und zwei Dutzend ehrenamtliche<br />

Mitarbeiterinnen regelmäßig<br />

hier. Erst im letzten Dezember hatte die<br />

Einrichtung ihr zehnjähriges Jubiläum.<br />

Trotzdem sei sie relativ unbekannt, so<br />

Klocke: „Die meisten kennen eben nur<br />

den Jakobustreff.“<br />

Drei Monate<br />

in der<br />

Notunterkunft<br />

„Vielen Frauen merkt man die Wohnungslosigkeit<br />

häufig gar nicht an“, berichtet<br />

Klocke. „Da gibt es große Unterschiede<br />

zu den Männern.“ Frauen ohne<br />

Wohnung kämen eher mal noch bei<br />

Freundinnen und Freunden unter und<br />

landeten deshalb nicht so schnell auf<br />

der Straße. „Verdeckte Wohnungslosigkeit“,<br />

nennt Klocke das. Sie schätzt, dass<br />

dies für ein Viertel der wohnungslosen<br />

Frauen gilt. Darunter fallen auch jene, die<br />

sich im Austausch gegen eine Unterkunft<br />

zwangsweise prostituieren oder missbraucht<br />

werden. Für Obdachlose ist dem<br />

„Frauenzimmer“ eine ebenfalls nur Frauen


stephani<br />

×<br />

Mi, 14.04 Uhr<br />

Abbentorstraße 5<br />

Auf einem dicken, schon etwas<br />

zerschlissenen Koffer sitzt eine<br />

Frau und raucht. Den Trolley<br />

mit weiterem Gepäck hat sie direkt<br />

daneben ebenfalls in der Einfahrt<br />

geparkt.<br />

14.08 Uhr<br />

Abbentorswallstraße<br />

Arbeiter packen einen Neubau<br />

dick in Styropor. „Stadtterrassen“,<br />

wirbt ein Transparent. Nebenan<br />

stehen zwei Frauen im offenen<br />

Rolltor der Tiefgarageneinfahrt –<br />

Zigarettenpause.<br />

reportage<br />

41<br />

An der Fassade leuchtet die Sonne. Die Notunterkunft in den<br />

oberen Etagen aber ist die meiste Zeit im Jahr komplett belegt<br />

offene Notunterkunft angeschlossen,<br />

untergebracht in den oberen Stockwerken<br />

des Gebäudes. 17 Betten gibt es<br />

hier; aktuell sind sie, wie die meiste Zeit<br />

im Jahr, alle belegt.<br />

Auch Hannelore E. hat hier einmal für<br />

drei Monate gelebt, 2006 war das. Die gelernte<br />

Steuergehilfin und Mutter von drei<br />

Kindern lebt seit dem Tod ihres Mannes,<br />

eines ehemaligen Postbeamten, von einer<br />

kleinen Witwenrente. Lange wohnte sie<br />

mietfrei bei einer alten Dame, der sie im<br />

Gegenzug gelegentlich im Haushalt aushalf.<br />

Einen Mietvertrag hingegen hatte<br />

sie nicht – sie seien schlicht nicht dazu<br />

gekommen, ihn aufzusetzen, sagt sie. Ihre<br />

Vermieterin nämlich war krank. „Werden<br />

Sie erst einmal wieder gesund“, habe<br />

sie zu ihr gesagt. Dann starb die alte<br />

Dame plötzlich: Schlaganfall. Die Erben,<br />

erzählt Hannelore E., wollten sie eigentlich<br />

weiterhin günstig im Haus wohnen<br />

lassen, verkauften es dann aber doch. Und<br />

Wichtig sind<br />

hier vor allem<br />

Frieden<br />

und Respekt<br />

der neue Besitzer, das war ihr Pech, wollte<br />

sich auf keinen Fall auf ein derartiges<br />

Mietverhältnis einlassen. Hannelore E.<br />

konnte sich die Wohnung, die so lange<br />

ihre war, auf einmal nicht mehr leisten.<br />

In ihrer Not zog sie ins „Frauenzimmer“.<br />

Die damalige Leiterin vermittelte ihr<br />

schließlich eine günstige Bleibe.<br />

Überm Erzählen und Erzählen vergisst sie<br />

völlig ihren Kaffee. „Uns wurde gesagt,<br />

wir sollen uns um uns selber kümmern“,<br />

erinnert sie sich an den vielleicht wichtigsten<br />

Rat, den sie hier im Haus bekam.<br />

„Denn Probleme haben hier alle Frauen.<br />

Und man kann sich ja auch gar nicht mit<br />

allem befassen.“ Heute hört sie trotzdem<br />

gerne zu, wenn sich andere Besucherinnen<br />

einfach nur mal aussprechen wollen.<br />

Und ihren Freundinnen hier hilft sie sowieso,<br />

wo immer sie kann.


42


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ist auch da, wenn’s<br />

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Die ÖVB – zuverlässiger Partner<br />

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Die Zeitschrift der Straße<br />

braucht Ihre Unterstützung<br />

Spendenkonto: Verein für Innere Mission,<br />

IBAN: DE22 2905 0101 0001 0777 00,<br />

BIC: SBREDE22XXX, Konto-Nr. 1 077 700,<br />

Sparkasse Bremen, BLZ 290 501 01,<br />

Verwendungszweck (wichtig!): ZDS<br />

Spenden sind steuerlich absetzbar.<br />

impressum<br />

46<br />

Redaktion<br />

& text<br />

Benjamin Eichler<br />

Benjamin Tietjen<br />

Kim Neubauer<br />

Matthias Röhrs<br />

Wiebke Plasse<br />

Leitung:<br />

Armin Simon<br />

redaktion@zeitschrift-der-strasse.de<br />

Papier:<br />

Circleoffset White, 100 g / m²<br />

hergestellt von Arjo Wiggens,<br />

vertrieben durch HANSA-PAPIER,<br />

Bremen, ausgezeichnet mit<br />

dem Blauen Umweltengel und<br />

dem EU-Ecolabel<br />

Marketing<br />

& Organisation<br />

Alexandra Carls<br />

Tim Dittmer<br />

John Klemme<br />

Patrick Nnorom<br />

Leitung:<br />

Prof. Dr. Michael Vogel<br />

mvogel@hs-bremerhaven.de<br />

Vertrieb<br />

Antje Eilers<br />

Conny Eybe<br />

Tabbo Hankel<br />

Jan Kohler<br />

Eike Kowaleski<br />

Georg Kruppa<br />

Rüdiger Mantei<br />

Paweł Mehring<br />

Jens Patermann<br />

Jonas Pot d’Or<br />

Eva Schade<br />

Eva Schönberger<br />

Reinhard „Cäsar“ Spöring<br />

Gimmy Wesemann und viele<br />

engagierte VerkäuferInnen<br />

Leitung:<br />

Bertold Reetz<br />

reetz@inneremission-bremen.de<br />

KONZEPT<br />

& Gestaltung<br />

Jan Barner<br />

Anna Bauer<br />

Matthieu Brünner<br />

Liselotte Kirsch<br />

Lena Radtke<br />

Lisa Rein<br />

Philomena Rieger<br />

Lina Stahnke<br />

Kea Waldeck<br />

Leitung:<br />

Lina Stahnke<br />

l.stahnke@hfk-bremen.de<br />

Fotografie<br />

& Illustration<br />

Evantias Chaudat, Johannes Fiola,<br />

Leonie Francke, Eike Harder,<br />

Annemarie Hirth, Cindi Jacobs,<br />

Kay Michalak, Jakob Weber<br />

Leitung:<br />

Cindi Jacobs<br />

klick@cindijacobs.de<br />

Leitung und Art Direction:<br />

Prof. Andrea Rauschenbusch<br />

a.rauschenbusch@hfk-bremen.de<br />

Herausgeber— Verein für Innere Mission in Bremen, Blumenthalstraße 10, 28209 Bremen /<br />

Partner— Gisbu, Gesellschaft für integrative soziale Beratung und Unterstützung mbH, Bremerhaven /<br />

Hochschule für Künste Bremen / Hochschule Bremerhaven / Internet— www.zeitschrift-der-strasse.de<br />

/ Kontakt— post@zeitschrift-der-strasse.de / VOR ORT— Lloydhof, Hanseatenhof 9, Mo – Fr<br />

10 –12 Uhr, / V.I.S.D.P.— Armin Simon, JournalistInnen-Etage Bremen, Fedelhören 8, 28203 Bremen /<br />

Anzeigen: Michael Vogel, Hochschule Bremerhaven, An der Karlstadt 8, 27568 Bremerhaven / LEKTORAT—<br />

Textgärtnerei, Am Dobben 51, 28203 Bremen / Druck— BerlinDruck GmbH + Co KG, Achim,<br />

www.berlindruck.de / Typografie— Krana: Lauri Toikka, lauri@schick-toikka.com / Gill Sans Mt Pro,<br />

Akzidenz Grotesk Pro: Linotype GmbH / Gerichtsstand & Erfüllungsort—<br />

Bremen / ErscheinungSweise— sechsmal jährlich / Auflage— 10.000 /<br />

Anzeigenverkauf— Michael Vogel, anzeigen@zeitschrift-der-strasse.de / Anzeigenpreise—<br />

Preisliste 04, gültig seit 1.12.2013 / ISSN— 2192-7324 / Mitglied im International Network of<br />

Street Papers (INSP) / Abo— für Firmen, Institutionen und Nicht-BremerInnen (32 € / 8 Ausgaben):<br />

abo@zeitschrift-der-strasse.de<br />

Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen. Die Zeitschrift der Straße<br />

und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine<br />

Verwertung ohne Einwilligung des Herausgebers strafbar. Alle Anbieter von Beiträgen, Fotos und Illustrationen stimmen der Nutzung<br />

in den Ausgaben der Zeitschrift der Straße im Internet, auf Dvd sowie in Datenbanken zu.


sodenmatt<br />

vorschau<br />

47<br />

soden<br />

matt<br />

Die Liebe wäscht mit<br />

und der Preis<br />

ist aus Fleisch.<br />

Wir suchen alle Prominenz.<br />

Ab Mitte Mai<br />

beim Straßenverkäufer<br />

Ihres Vertrauens.


Von der Zeitschrift der Straße<br />

bisher erschienen #1 – #20<br />

Sielwall, Bahnhofsplatz, Alte Bürger,<br />

Use Akschen, Werdersee,<br />

Tenever, Schnoor, Breitenweg,<br />

Lange Reihe, Bürgerpark, Sedanplatz,<br />

Schlachte, Blockland, Gastfeldstraße,<br />

Fehrfeld, Berliner Freiheit, Hemmstraße,<br />

Föhrenstraße, Am Wall, Riensberg<br />

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VOR ORT<br />

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Das Büro der Zeitschrift der Straße<br />

im Lloydhof<br />

Vertriebs- und Redaktionsbüro, Veranstaltungsort<br />

und Treffpunkt. Anlaufstelle für alle, die die<br />

Zeitschrift der StraSSe kennenlernen, verkaufen<br />

und auf andere Weise unterstützen möchten.<br />

Kommen Sie gerne vorbei!<br />

Wir suchen<br />

— Verkäuferinnen und Verkäufer, die sich mit der<br />

Zeitschrift der StraSSe Geld hinzuverdienen wollen,<br />

— Unterstützung für unser Vertriebsteam, damit wir<br />

auch nachmittags öffnen können.<br />

Kontakt<br />

im Lloydhof, Hanseatenhof 9, Mo– Fr 10.00– 12.00 Uhr<br />

T 0421 68535613, post@zeitschrift-der-strasse.de

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