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stephani Sa, 14.10 Uhr Faulenstraße 12, Zeitungskiosk Im Radio laufen Nachrichten: „Prozess gegen Neonazis spaltet Hoyerswerda.“ 14.12 Uhr Zwei Männer verlassen den Kiosk. Jeder von ihnen hat die aktuelle Ausgabe der „Bild“ sowie einen Kaffee in der Hand. Sie stellen sich an den Tisch vor der Tür, einer beginnt über ein Model auf dem Titelblatt zu sprechen. 14.20 Uhr Faulenstraße, Ecke Hanken- straße, Restaurant „Plaka“ Eine Gruppe Geschäftsleute betritt das griechische Restaurant. Einer legt seine Aktentasche auf den Tisch, öffnet sie und holt einen mehrseitigen Ausdruck heraus. Die Personen sehen angespannt aus. 14.30 Uhr Faulenstraße 9 Ein englischsprachiges Paar steht vor der Tür der „Schlafcompany“. Sie sind vergeblich auf der Suche nach den Preisen für eine Übernachtung. feature × Direkt neben einem Geschäft stehen drei große Plakatwände. Ein kleines Graffiti am Rahmen des Aufstellers titelt: „No Racism“. 9 und du musst gehen Ein scheinbar harmloser Laden für Sportlerbedarf entpuppt sich als Neonazi-Treffpunkt. Dann gehen Bürger, Geschäftsleute und Antifas gemeinsam auf die Barrikaden. Eine Erfolgsgeschichte Text: Wiebke Plasse Fotos: Jakob Weber Frühjahr 2008. Ines Hillmann ist gerade frisch ins Stephaniviertel gezogen, hat die perfekten Räume für ihre Tätigkeit als Grafikdesignerin gefunden. Das Verhältnis zu den anderen Werbetreibenden ist vertrauensvoll, die Lage in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt perfekt. Doch dann: Flugblätter im Briefkasten, verteilt von der „Autonomen Antifa“ unter dem Bündnisnamen „Kampagne Ladenschluss“, weisen auf einen rechtsextremen Laden in der Nachbarschaft hin – der „Sportsfreund“. Bisher war die Bremer Neonazi-Szene eher im Umland aktiv. Nun ein Treffpunkt und Geschäft für Lifestyle-Artikel der rechten Szene direkt in der Innenstadt? Hannah und Thomas, beide Ende 20 und seit ihrer Jugend in der „Autonomen Antifa Bremen“ aktiv, sind damals durchaus skeptisch, ob es gelingen würde, Widerstand zu formieren. Bremen gelte zwar als liberal und weltoffen und jeder kenne hier jeden. Aber, meint Hannah aus Erfahrung: „Da ist zu oft ein falsches Selbstbild vorhanden.“ Wenn es etwa um Flüchtlingsheime in der eigenen Nachbarschaft gehe, „dann sind die Proteste groß“. Auch in Bremen, ist sie überzeugt, bestehe das Risiko, dass rechten Strukturen Raum gegeben werde. In diesem Fall jedoch signalisieren einige AnwohnerInnen und Geschäftstreibende, darunter Hillmann, sogleich Unterstützung für das Anliegen der Antifa. Weitere Aufklärung ist dennoch nötig: Der Geschäftsführer des „Sportfreunds“, Marten Ostendorf, gibt sich nach außen als „harmloser“ Verkäufer von Sportlernahrung und -kleidung; sein Laden erscheint zwar nicht sonderlich gepflegt, erweckt aber zunächst auch keinen Verdacht. Nur wer die rechte Szene kennt, weiß, dass der Betreiber kein unbeschriebenes Blatt ist: Er ist der jüngste der drei Ostendorf-Brüder, einem bekannten rechten Trio. Hannes, der mittlere, gehört der Rechtsrock-Band „Kategorie C“ an, Henrik, der älteste, war Funktionär der NPD sowie Autor ihres Presseorgans,