zds#21
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stephani<br />
Mo, 11.21 Uhr<br />
Faulenstraße<br />
Vor „Radio Bremen“ stapft eine alte<br />
Dame mühsam durch den nassen<br />
Schneematsch.<br />
Di, 10.52 Uhr<br />
Bürgermeister-Smidt-Straße,<br />
unter dem Fly-over<br />
Hund mit Frauchen stehen an der<br />
Ampel. Beide tragen Pullover.<br />
10.58 Uhr<br />
Jakobistraße<br />
Kippe auf den Boden, sie qualmt<br />
noch, die Frau tritt sie aus.<br />
11.00 Uhr<br />
Hankenstraße, vor dem<br />
„Meisenfrei“<br />
Zwei ältere Damen auf dem Bürgersteig<br />
sprechen einen Herrn an, um<br />
nach dem Weg zu fragen.<br />
reportage<br />
×<br />
Auf einem<br />
dicken, schon<br />
etwas zerschlissenen<br />
Koffer sitzt<br />
eine Frau und<br />
raucht. Den<br />
Trolley mit<br />
weiterem<br />
Gepäck hat<br />
sie direkt<br />
daneben<br />
ebenfalls in<br />
der Einfahrt<br />
geparkt.<br />
39<br />
ein einsames asiatisches Restaurant. Nur<br />
ein Gebäude reizt das Auge mit seiner<br />
fast trotzig bunten Fassade und einer<br />
Sonne über dem Eingang: der Tagestreff<br />
für wohnungslose Frauen. Hannelore E.<br />
pendelt fast jeden Tag hierher, in die<br />
Abbentorstraße, eineinhalb Stunden mit<br />
dem Bus und nachmittags dasselbe wieder<br />
zurück. Sie kommt teils aus Gewohn-<br />
DER<br />
SCHUTZ-<br />
RAUM<br />
Männern ist er streng verboten,<br />
Frauen finden Rat und<br />
in Not auch Obdach hier.<br />
Ein Treffen im „Frauenzimmer“<br />
Text: Matthias Röhrs<br />
Fotos: Annemarie Hirth<br />
„Früher hätte ich nie gedacht, dass ich mal<br />
hier hinkomme“, sagt Hannelore E. Sie<br />
trägt einen weißen Pullover mit Strickmuster,<br />
ihre grauen Haare sind kurz<br />
geschnitten; ein Scheitel liegt auf rechts.<br />
Es gibt nur wenige Besucherinnen, die das<br />
„Frauenzimmer“ so gut kennen wie sie.<br />
Hannelore E., 62, hat längst wieder eine<br />
Wohnung gefunden, weit draußen in<br />
Bremen-Nord, zunächst gedacht als<br />
Übergangslösung. Inzwischen sagt sie:<br />
„Da kriegt mich keiner mehr freiwillig<br />
weg.“ Eigentlich also, betont sie, hätte sie<br />
es gar nicht mehr nötig, hierherzukommen,<br />
in diese Seitenstraße des Walls,<br />
in der sich eine graue Fassade an die<br />
nächste reiht. Ein Fitnessstudio in der<br />
Aufmachung eines Elektroinstallateurs,