Burschenschaftliche Blätter 2014 - 1 & 2
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<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Die Wirtschaft eines europäischen Europas<br />
kann nicht einer Doktrin eines unechten<br />
Freihandels folgen, dessen eigentliches<br />
Prinzip, die komparativen Vorteile, nicht erfüllt<br />
wird, in dem vielmehr absolute Vorteile<br />
unter den kooperierenden Staaten für die<br />
Bereicherung weniger mißbraucht werden.<br />
Die meisten der Völker und Menschen verarmen<br />
dabei. Die Praxis beweist das, aber<br />
die betroffenen Menschen sind gegenüber<br />
dieser korrupten Politik wehrlos. Sie durchschauen<br />
sie nicht einmal.<br />
Einzelstaatliche Finanzwirtschaft<br />
Die finanzielle Verantwortung für ihren Staat<br />
und ihre Wirtschaft haben ohne jede Einschränkung<br />
die Mitgliedstaaten und deren<br />
Völker. Die Völker können nur verbrauchen,<br />
was sie erwirtschaftet haben. Kein Mitgliedstaat<br />
darf für die Finanzierung anderer<br />
Mitgliedstaaten oder deren Wirtschaft, vor<br />
allem deren Banken, in Anspruch genommen<br />
werden (striktes Bail-out-Verbot). Die<br />
Hilfe für fremde Staaten ist staatswidrig.<br />
Ein Grundprinzip des gemeinsamen Lebens<br />
in Freiheit ist die wirtschaftliche Eigenverantwortung.<br />
Sie gehört zur Selbständigkeit<br />
des Bürgers, die zu fördern, aber auch zu<br />
fordern der wesentliche Gegenstand des<br />
Sozialprinzips ist. Sozialistischer Egalitarismus<br />
gehört zu den bestimmenden Ideologien<br />
unserer Zeit. Er ist mit dem freiheit -<br />
lichen Prinzip der Eigenverantwortung unvereinbar.<br />
Zum Zusammenhalt eines Volkes, das gemeinsam<br />
wirtschaftet, gehört mit dem<br />
Sozialprinzip auch die Solidarität mit den<br />
Jungen, Alten, Kranken und Schwachen.<br />
Das Volkseinkommen muß gerecht verteilt<br />
werden. Maßstäbe der Verteilung sind auf<br />
der Grundlage der Gleichheit in der Freiheit<br />
die Leistung und der Bedarf. Aber auch<br />
die Ergebnisse des Marktes und der Nutzen<br />
des Eigentums, einschließlich der Erbschaft,<br />
müssen in einer Marktwirtschaft, die<br />
wesentlich auf Eigentum gründet, berücksichtigt<br />
werden. Das wird in dem Begriff<br />
soziale Marktwirtschaft zusammengefaßt.<br />
Diese Solidarität ist aber auf die Bürgerschaft<br />
des gemeinsamen Staates beschränkt,<br />
weil nur diese existentiell mit dem<br />
Staat verbunden ist. Nur sie unterliegt den<br />
Gesetzen dieses Staates, die sie sich selbst<br />
als der Souverän im allgemeinen Willen<br />
gibt. Solidarität kann es nur in hinreichender<br />
Nähe und in gegenseitiger Verantwortung<br />
geben. Das Sozialprinzip ist untrennbar<br />
mit dem demokratischen Prinzip verbunden.<br />
Beide bestimmen das Recht des<br />
Gemeinwesens.<br />
All diese Voraussetzungen bestehen im<br />
Verhältnis zu Bürgerschaften fremder Staaten<br />
nicht. Es fehlt nicht nur die Solidarität<br />
begründende Schicksalsgemeinschaft, welche<br />
die Europäische Union vergeblich zu<br />
erzwingen unternimmt, sondern vor allem<br />
der gemeinsame demokratische Einfluß auf<br />
die Sozialpolitik, zumal die Einkommensund<br />
Verteilungspolitik.<br />
Strenge Auflagen für die Wirtschafts- und<br />
Finanzpolitik, von denen die „solidarische“<br />
Hilfe für andere Staaten, vornehmlich für<br />
deren Banken, abhängig gemacht wird,<br />
greifen völkerrechts- und staatswidrig in die<br />
Souveränität der hilfsbedürftigen Staaten<br />
ein. Sie sind Fremdherrschaft, die den<br />
Grundprinzipien des friedlichen Zusammenlebens<br />
der Völker widerspricht, demokratiewidrige<br />
Intervention. Die Finanzierung<br />
fremder Staaten verletzt aber auch<br />
das eigene Volk, weil das Volkseinkommen<br />
nicht unter der Bürgerschaft geteilt wird,<br />
sondern nach außen gegeben wird, vor<br />
allem um die mißratene Währungsunion<br />
weiter als Hebel zum Großstaat Europa als<br />
Region eines Weltstaates zu nutzen. Dem<br />
hat bisher kein Volk zugestimmt. Die poli -<br />
tische Klasse hat nicht das Recht, die Leistungen<br />
des Volkes in der Welt zu verstreuen,<br />
d. h. mit den Steuern der Bürger<br />
fremde Staaten zu finanzieren, deren Kosten<br />
zudem vielfach mißbräuchlich sind.<br />
Darüber hilft auch die Zustimmung des<br />
Parlaments nicht hinweg. Über den Staat<br />
hinaus können die Bürger nicht zu einer<br />
Solidarität verpflichtet werden.<br />
Mit der Staatsfinanzierung, die Kreditierung<br />
mittels Staatsanleihen ohne valide Sicherheiten,<br />
das automatische monetäre Bailout<br />
durch das zentrale grenzüberschreitende<br />
Verrechnungssystem des Systems<br />
der Zentralbanken der Einheitswährung<br />
(TARGET 2), die für leistungsfähige Staaten<br />
konjunkturwidrige Niedrigzinspolitik, die<br />
hart konditionierte (unbegrenzte) monetäre<br />
Staatsfinanzierung des OMT-Programms,<br />
maßt sich die Europäische Zentralbank eine<br />
wesentliche Regierungsfunktion an, ohne<br />
daß sie auch nur im geringsten Maße demokratisch<br />
legitimiert wäre.<br />
Die Rettungsschirme EFSF (Europäische<br />
Finanzstabilisierungsfazilität) und ESM hat<br />
das Bundesverfassungsgericht zwar nicht<br />
für rechtmäßig erklärt, aber doch ausgesprochen,<br />
daß die Gewährleistungen und<br />
Kapitalzusagen Deutschlands, allein letztere<br />
190 Milliarden Euro, die haushaltspolitische<br />
Gesamtverantwortung des Deutschen<br />
Bundestages nicht evident „leerlaufen“<br />
lassen würde (Urteil vom 18. März<br />
<strong>2014</strong>). Grundrechtsschutz aus der Eigentumsgewährleistung<br />
lehnt das Gericht nach<br />
wie vor ab.<br />
Die Rettungsschirme sind mit dem Staatsprinzip<br />
unvereinbar. Sie bringen auch für<br />
Deutschland unbezahlbare Verpflichtungen<br />
mit sich, welche die „Vertreter des ganzen<br />
Volkes“ den Bürgern nicht auferlegen dürfen.<br />
Sie nützen weder dem eigenen Volk<br />
noch gar den hilfsbedürftigen Völkern. Sie<br />
stützen vor allem die international agierenden,<br />
sprich spekulierenden, Banken, die<br />
mit Hilfe botmäßiger Politiker ihre Verlustgefahren<br />
auf die steuerzahlenden Bürger<br />
abzuwälzen vermochten. Allen beteiligten<br />
Völkern wird damit schwer geschadet. Das<br />
ethische, sowohl ökonomisch wie rechtlich<br />
begründete Prinzip – Wer handelt, der haftet<br />
– wird dadurch verhöhnt. Es gibt kein<br />
Rechtsprinzip der Systemrelevanz von Banken.<br />
Aber das Geld hat die Macht.<br />
Schlußappell<br />
Wir leben wieder in Jahren der Entscheidung.<br />
Wir sollten uns für Deutschland und<br />
Europa entscheiden, gegen die Europäische<br />
Union, wie sie Internationalisten und<br />
Integrationisten zu Lasten der Vaterländer<br />
geschaffen haben, für ein europäisches Europa<br />
der Bürger und der Völker, der Freiheit,<br />
des Rechts und der wirtschaftlichen<br />
und sozialen Vernunft, dessen Institutionen<br />
die Souveränität der Völker achten und die<br />
Freiheit der Bürger zu verwirklichen eine<br />
Chance lassen. Die Europäische Union ist<br />
eine uneuropäische Fehlentwicklung. An<br />
einem europäischen Europa werden die<br />
deutschen Burschenschaften, die Großes<br />
für Deutschland geleistet haben, weiter<br />
mitwirken. Ihre innere Souveränität, die Persönlichkeit<br />
der Burschenschafter, gewährleistet<br />
die Freiheit. Sie haben seit ihrem Bestehen<br />
den richtigen Wahlspruch, gerade<br />
im Verständnis der Grundsätze in der Verfassung<br />
der deutschen Burschenschaft:<br />
Ehre, Freiheit, Vaterland.<br />
Burschentag <strong>2014</strong><br />
Unser Festredner Professor em. Dr. iur. Karl Albrecht Schachtschneider<br />
(Jahrgang 1940) war bis zu seiner Emeritierung im<br />
Jahr 2005 Professor für Öffentliches Recht an der Universität<br />
Erlangen-Nürnberg. Schachtschneider studierte in Berlin, Bonn<br />
und Tübingen Jura und promovierte 1969 an der Freien Universität<br />
Berlin. Anschließende Tätigkeit als Rechtsanwalt in Berlin<br />
(bis 1980) sowie als Professor für Wirtschaftsrecht an der Fachhoch -<br />
schule für Wirtschaft Berlin (1972-78), als Universitätsprofessor für<br />
Wirtschaftsrecht an der Universität Hamburg ( 1978-89) sowie als<br />
Ordinarius für öffentliches Recht der Universität Erlangen-Nürnberg<br />
(1989-2005). Öffentliche Bekanntheit erlangte er vor allem<br />
durch seine Verfassungsbeschwerden zu europapolitischen Fragen.<br />
Schachtschneider ist verheiratet und hat eine Tochter.