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MEDIAkompakt 19: I have a Dream

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1/2016 VON TRÄUMEN & LEBEN<br />

11<br />

bessere Ökobilanz sorgen. Der gemeinschaftlich<br />

betrieben Nutzgarten “El Palito e. V.” in Stuttgart<br />

zeigt, wie sich diese Aspekte verbinden lassen. Wer<br />

Nahrungsmittel selbst anbaut, weiß, welche Arbeit<br />

dahinter steckt und geht verantwortungs -<br />

voller damit um. Auch Außenstehende können<br />

gegen eine kleine Spende in den Genuss des selbstangebauten<br />

Bioobstes und -gemüses kommen. Die<br />

Spenden dienen dazu, die Ausgaben für den Garten<br />

zu decken. Nicht nur das Gärtnern ist nun<br />

schon seit einigen Jahren ein anhaltender Trend,<br />

sondern auch der gesamte Do-it-yourself-Bereich.<br />

So kam zudem das Thema Upcycling auf. Hier<br />

werden kaputte oder alte Dinge mit viel Kreativität<br />

in neue, aufgewertete Stücke verwandelt. Auch<br />

auf diese Weise kann Müll vermieden werden und<br />

zusätzlich noch einen neuen Zweck erfüllen. So<br />

gut die genannten Ansätze sein mögen, um unnötiger<br />

Verschwendung und Müllbergen den Kampf<br />

anzusagen, auch hier gibt es Schattenseiten. Ein<br />

Beispiel ist die ineffektive Mülltrennung wie es leider<br />

häufig bei gelben Tonnen und Säcken der Fall<br />

ist. Zu unklar wird den Bürgern gegenüber formuliert<br />

was in die Tonnen bzw. Säcke gehört und aus<br />

welchem Grund manche Wertstoffe nicht auf diese<br />

Weise entsorgt werden dürfen.<br />

Häufiger als vermutet, wird der Inhalt dieser<br />

Säcke und Tonnen einfach der „energetischen<br />

Verwertung“ zugeführt – also schlicht und ergreifend<br />

verbrannt. Metalle lassen sich recht einfach<br />

aussortieren und wiederverwerten, beim Plastikmüll<br />

jedoch wird nur etwa die Hälfte wirklich recycelt.<br />

Hier sollten Lösungen gefunden werden,<br />

die die Recyclingquote von Plastik erhöhen. Auch<br />

der Tausch- und Do-it-yourself-Gedanke kann<br />

von einem funktionierenden Staat nur zu einem<br />

gewissen Teil verkraftet werden. Durch Tauschgeschäfte<br />

und fehlenden Konsum würden dem<br />

Fiskus Milliarden an Steuereinnahmen wegbrechen,<br />

die der Staat jedoch benötigt, um seine Aufgaben<br />

wahrzunehmen. Da es jedoch unwahrscheinlich<br />

ist, dass unsere Gesellschaft zurück<br />

zum reinen Tauschhandel geht, kann jeder auf<br />

diese Weise ab und an ein wenig Abfall vermeiden,<br />

in dem er ungenutzte Dinge weitergibt, statt<br />

sie einfach wegzuwerfen. Durch viele kleine<br />

Schritte wie eine mitgebrachte Einkaufstasche<br />

oder das Trennen von Müll, kann jeder von uns<br />

ein wenig dazu beitragen, dass unser Planet etwas<br />

weniger vermüllt ist und wertvolle Ressourcen geschont<br />

werden.<br />

Häkeln ist<br />

nichts für<br />

Jungs?<br />

Von<br />

wegen!<br />

Ob selbst gehäkelt oder im<br />

Mützenkonfigurator zusammengestellt.<br />

Egal ob Mütze,<br />

Schal, Handyhülle oder Kaktus.<br />

Wer kennt sie nicht, die<br />

Häkelprodukte von myboshi?<br />

VON MIRIAM THOME<br />

Nie hätten sich die beiden Gründer<br />

von myboshi, Thomas Jaenisch<br />

(Jahrgang <strong>19</strong>84) und Felix Rohland<br />

(Jahrgang <strong>19</strong>85) aus Oberfranken,<br />

vorstellen können, ein Geschäft für<br />

Häkelmützen zu gründen. Felix studierte Realschullehramt<br />

und Thomas Wirtschaftsingenieurwesen,<br />

als die beiden 2009 an einem Austauschprogramm<br />

für Skilehrer in Japan teilnahmen. Sie<br />

waren mit Kollegen aus aller Welt in einer Sporthalle<br />

untergebracht und die Abende kamen ihnen<br />

nach einigen Wochen immer länger vor.<br />

Durch eine spanische Kollegin herausgefordert,<br />

ließen sich die Freunde das Häkeln erklären<br />

und begannen Mützen zu häkeln, um sich die<br />

Zeit zu vertreiben. Es entstanden so täglich neue<br />

Mützenvarianten. Durch den Verkauf ihrer Mützen<br />

an zwei Australier in Tokio nahm ihre Geschäftsidee<br />

erste Formen an. Am selben Abend<br />

noch reservierten sich die beiden die Internet Domain<br />

www.myboshi.net. Myboshi setzt sich aus<br />

dem englischen Wort „my“ = „mein(e)“ und dem<br />

japanischen Wort „boshi“ = „Mütze“ zusammen.<br />

Wieder in Deutschland angekommen, häkelten<br />

sie bei jeder Gelegenheit und die Wolle türmte<br />

sich in allen Räumen. „Am Anfang wurden wir<br />

belächelt, das muss man ganz klar sagen, aber<br />

trotzdem wollte jeder eine Boshi haben.“, gesteht<br />

Thomas. Die Homepage wurde um einen professionellen<br />

Mützenkonfigurator erweitert, so dass<br />

sich jeder seine Wunschboshi nach Modell, Farbe<br />

und Größe zusammenstellen kann. „Heute kennt<br />

uns jeder“, sagt Thomas, „und wir sind immer<br />

wieder stolz, wenn wir im Restaurant, am Strand,<br />

im Kindergarten oder auf der Skipiste eine selbstgehäkelte<br />

Boshi entdecken.“<br />

Finanziell ist myboshi aus sich selbst heraus<br />

gewachsen. Wenn eine Boshi verkauft wurde,<br />

konnte Wolle gekauft und zwei neue Boshis produziert<br />

werden. Als die Nachfrage nicht mehr zu<br />

bewältigen war, haben sich Thomas und Felix<br />

nach Möglichkeiten und Hilfe umgesehen. Mittlerweile<br />

werden die beiden von bis zu 30 „Häkel-<br />

omis“ aus der Region unterstützt, um die Bestellungen<br />

bewältigen zu können. „Wir bekommen<br />

in der Woche zwischen 100 und 300 Bestellungen.<br />

300 pro Woche sind die Grenze, die Häklerinnen<br />

müssen ja auch betreut werden. Wir<br />

müssen Wolle ausliefern und Mützen abholen“,<br />

gibt Thomas Auskunft. Der Firmensitz befindet<br />

sich in Konradsreuth und beinhaltet neben den<br />

Büros auch einen kleinen Laden. Zusammen mit<br />

einem Unternehmen aus Pegnitz entwickelten sie<br />

schließlich ihre eigene Wolle, da sich ihre<br />

Anleitungen an einer bestimmten Wollstärke<br />

orientieren.<br />

Die Anleitungen finden sich mittlerweile in<br />

sechs Häkelbüchern und fast 20 Häkelguides wieder.<br />

Die Bücher wurden in fünf Sprachen übersetzt<br />

und sind sogar in Australien erhältlich. Zu<br />

Beginn haben Thomas und Felix nach neuen<br />

Häkel maschen gesucht und dabei weltweit<br />

recherchiert. Sie haben viel mit Farben experimentiert<br />

und sich schließlich überlegt, was man<br />

alles häkeln kann. Heute haben sie professionelle<br />

Unterstützung durch ein Team von Textildesignern.<br />

Allerdings häkeln Thomas und Felix auch<br />

noch viel selbst, „wir müssen ja schließlich alle<br />

Anleitungen verstehen und häkeln können“,<br />

meint Thomas. Zurzeit erweitern sie ihre Homepage,<br />

damit myboshi die größte Plattform im<br />

Bereich der DIY Häkel- und Strickanleitungen<br />

wird, auch für fremde Designer.<br />

2014 belegten Thomas und Felix den zweiten<br />

Platz beim deutschen Gründerpreis in der Kategorie<br />

„Aufsteiger“. Der deutsche Gründerpreis ist<br />

eine Initiative von Stern, Sparkasse, ZDF und Porsche<br />

und möchte die Kultur der Selbstständigkeit<br />

in Deutschland stärker fördern. Das Geschäftsmodell<br />

von myboshi ist nicht beliebig skalierbar,<br />

da Thomas und Felix keine Massenproduktion ihrer<br />

Mützen wollen. Sie beweisen mit ihrer Arbeit,<br />

dass Nachhaltigkeit, die Integration von älteren<br />

Mitarbeitern und die Produktion in Deutschland<br />

möglich ist und zu einem Erfolg führen kann.<br />

„ Damit ist ein Traum für uns wahr geworden.<br />

Wir haben in den letzten Jahren so viele unglaublich<br />

schöne und erfolgreiche Momente erlebt.<br />

Wir sind froh und dankbar, wenn alles so bleibt<br />

wie es ist.“

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