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MEDIAkompakt 19: I have a Dream

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18<br />

VON TRÄUMEN & LEBEN<br />

mediakompakt<br />

Bild: Pixabay<br />

Same same but different<br />

Asiatische Kulturen betonen die Gemeinschaft, der Westen dagegen die Individualität. 25 Jahre<br />

alt, Deutsch und eigentlich genau wie jeder andere – eine Beschreibung, die wir vermutlich<br />

auf einem deutschen Facebook-Profil nicht finden werden. Wir haben zwei Studenten zu ihren<br />

Auslandsaufenthalten und Erfahrungen mit Individualismus in Asien befragt.<br />

VON KIMBERLEY-VANESSA REUTTER<br />

Einen Traum zu haben, bedeutet, sich zu<br />

entwickeln, sich selbst zu verwirklichen<br />

in jedwede Richtung. In Deutschland<br />

scheinen die Möglichkeiten für junge<br />

Menschen fast grenzenlos. Natürlich<br />

spielen Bildung und finanzielle Mittel immer eine<br />

Rolle. Aber dennoch, Reisen ins Ausland nach der<br />

Schule oder während des Studiums sind vielfältig<br />

möglich. Doch wie ist es für junge Menschen in<br />

Fernost? Welche Unterschiede in der Selbstverwirklichung<br />

gibt es zwischen westlichen Kulturen<br />

und dem fernen Osten?<br />

Johanna ist 24 Jahre alt, hat Freizeitwissenschaften<br />

studiert und Selbstverwirklichung bedeutet<br />

für sie, genau das tun zu können, was sie liebt.<br />

Eine hohe Identifikation mit ihrer Arbeitsstelle ist<br />

ihr wichtiger als ein hohes Gehalt. Während ihres<br />

Studiums lebte sie ein Jahr lang in Bangkok, Thailand.<br />

Ein halbes Jahr arbeitete sie dort, ein halbes<br />

Jahr studierte sie. Eines stellt Johanna sofort klar:<br />

Asien ist nicht gleich Asien. Ihre Aussagen beziehen<br />

sich auf Südostasien und die weibliche Mittelbis<br />

Oberschicht. Auffallen, sagt sie, will in Thailand<br />

niemand. Aus der Masse herausstechen?<br />

Nein. Thailänder betonen das Kollektiv, es ist ihnen<br />

an vielen Stellen wichtiger als ihre persönlichen<br />

Bedürfnisse. An erster Stelle stehen Familie<br />

und Religion, sie bilden das Wertesystem der Thailänder.<br />

In dieser Wertordnung herrscht durch die<br />

buddhistische Religion jedoch eine Kultur des „Leben<br />

und leben lassen“. Forscher der Universität<br />

Virginia geben Johanna recht: Asiaten zeigten in<br />

einer Studie weniger Neigungen, Freunde für<br />

schlechtes Verhalten zu bestrafen, was das hohe<br />

Maß an Loyalität unterstreicht, welches in kollektiven<br />

Gesellschaften stark ausgeprägt ist.<br />

Individualität wird demnach akzeptiert, solange<br />

sie sich nicht über das Wertesystem erhebt. Dies<br />

gerade reize auch viele Ausländer, deren Maß an<br />

Individualität im Westen seine Grenzen findet. Sie<br />

genössen im Gegensatz dazu in Thailand fast<br />

„Narrenfreiheit“. Die Veränderung des Körpers<br />

wie bei Ladyboys, erzählt Johanna, und das Ausleben<br />

der eigenen Sexualität sind vollkommen regelkonform,<br />

solange der Ladyboy auch in den<br />

Tempel geht und Schwule und Lesben bis zur Findung<br />

eines Partners traditionell bei den Eltern<br />

leben. Natürlich, meint sie, gilt das für Bangkok<br />

und vielleicht weniger für ländliche Gegenden.<br />

Thailänder reden leise, Johanna empfand sie<br />

als sehr zuvorkommend und ungemein höflich. Es<br />

wird alles getan, um das Zusammenleben des Kollektivs<br />

zu sichern. Für Europäer, noch mehr für<br />

Deutsche und ihre negativen historischen Erfahrungen<br />

mit der Konformität der Massen, ist das oft<br />

irritierend. Zum Regierungsputsch 2014 befragt,<br />

schwiegen die Thailänder lieber, sagt Johanna. Politik<br />

ist kein Thema, welches in der Öffentlichkeit<br />

diskutiert wird. Allein die Tatsache, dass man in<br />

Deutschland über Politikverdrossenheit lamentiert,<br />

widerspricht der thailändischen Kultur.<br />

Als Johanna schockiert feststellte, dass ihre<br />

Kolleginnen mit einem höheren Bildungsgrad die<br />

gleichen Aufgaben erledigten wie sie, schienen<br />

diese weit weniger pikiert. Die Selbstverwirklichung<br />

in Form der Identifikation mit der eigenen<br />

Arbeit war ihnen weit weniger wichtig als die finanzielle<br />

Sicherheit ihres Arbeitsplatzes. Während<br />

Johanna viele Schranken, besonders für Frauen,

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