Blasmusik-in-Tirol-1-2013
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THema<br />
ten, wird es unter anderem auch Aufgabe der<br />
Musikkapellen und ihrer Verbände se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong><br />
für die Praxis der Kapellmeister attraktives<br />
Tätigkeitsumfeld zu schaffen.“<br />
In <strong>Tirol</strong> arbeiten derzeit acht Kapellmeister<strong>in</strong>nen,<br />
die meisten davon im Außerfern.<br />
„Vielleicht ist es bei uns die Vorbildwirkung,<br />
dass sich Frauen getraut haben, Kapellmeister<strong>in</strong>nen<br />
zu werden“, sagt Claudia Moosbrugger,<br />
wahrlich e<strong>in</strong> Vorbild. Sie ist Klar<strong>in</strong>ettist<strong>in</strong>,<br />
unterrichtet an der Landesmusikschule Reutte<br />
ihr Instrument sowie musikalische Früherzieherung<br />
und übernahm vor elf Jahren die<br />
Kapellmeisterfunktion von ihrem Vater <strong>in</strong><br />
Stockach. Zuvor hatte sie e<strong>in</strong>en Kapellmeisterlehrgang<br />
des Landesverbandes besucht. Das<br />
Dorf Stockach hat 200 E<strong>in</strong>wohner, die Kapelle<br />
25 Musikanten und Musikant<strong>in</strong>nen. Cornelia<br />
Koch <strong>in</strong> Lechaschau ist noch e<strong>in</strong> paar Monate<br />
länger Kapellmeister<strong>in</strong>. Beide Frauen s<strong>in</strong>d am<br />
längsten im Amt. „Es ist e<strong>in</strong>e Frage des Wollens“,<br />
sagt Claudia Moosbrugger, die <strong>in</strong> den<br />
letzten zehn Jahren auch drei K<strong>in</strong>der bekommen<br />
hat. Natürlich weiß sie, dass es auch e<strong>in</strong>e<br />
Frage des sozialen Umfelds ist.<br />
Das Niveau überdenken<br />
Es sche<strong>in</strong>t landesweit ke<strong>in</strong> Problem mehr<br />
zu se<strong>in</strong>, dass weibliche Hände den Taktstock<br />
schw<strong>in</strong>gen. Die Ausschreibungen der e<strong>in</strong>en<br />
musikalischen Leiter suchenden Kapellen<br />
wenden sich durchwegs an Kandidaten beiderlei<br />
Geschlechts. Mehr Gewicht hat die Frage,<br />
welchem Niveau sich die Musikanten überhaupt<br />
stellen wollen. Und andererseits: Das<br />
vorbildliche <strong>Tirol</strong>er Ausbildungs- und Fortbildungsangebot<br />
auf verschiedenen Niveaustufen<br />
wird angenommen, aber nicht jede/r,<br />
der/die hier das Handwerk lernt, will es auch<br />
ausüben. Es gibt viele Gründe, e<strong>in</strong> Kapellmeisteramt<br />
nicht anzutreten oder aufzugeben.<br />
Der derzeitige Landeskapellmeister von<br />
<strong>Tirol</strong> Hermann Pallhuber. Foto: BVT<br />
Also noch e<strong>in</strong>e pr<strong>in</strong>zipielle Frage: Wie<br />
kommt e<strong>in</strong>e kapellmeisterlose Kapelle zu<br />
e<strong>in</strong>em neuen musikalischen Leiter – zum<br />
passenden Kapellmeister?<br />
Hermann Pallhuber: „Die Frage ist zunächst<br />
aus dem ,worst case’-Szenario gesehen<br />
wichtig, denn das Thema Kapellmeisternachfolge<br />
e<strong>in</strong>er <strong>Blasmusik</strong>kapelle wird dann öffentlich<br />
zu e<strong>in</strong>em Problem, wenn sich eben<br />
niemand f<strong>in</strong>det.<br />
Zuerst e<strong>in</strong>mal positiv gedacht haben sehr<br />
viele Musikkapellen auch überhaupt ke<strong>in</strong>e<br />
Probleme damit, e<strong>in</strong>en Kapellmeister<br />
zu f<strong>in</strong>den. Manchmal wartet schon jemand<br />
(oder sogar mehrere) <strong>in</strong> den eigenen Reihen<br />
des Vere<strong>in</strong>s auf diese Chance. Vor allem bei<br />
Musikkapellen mit großer Tradition oder<br />
hervorragendem Ansehen <strong>in</strong> ihrer Region<br />
ist dies der Fall. Ich gehe davon aus, dass<br />
unter normalen Umständen e<strong>in</strong>e Musikkapelle<br />
nicht von heute auf morgen e<strong>in</strong>en Kapellmeister<br />
verliert. E<strong>in</strong>en Kapellmeister zu<br />
gew<strong>in</strong>nen, ist e<strong>in</strong>e nicht ganz e<strong>in</strong>fache und<br />
manchmal langwierige Sache, wenn der Vorstand<br />
eben jemanden gew<strong>in</strong>nen muss. Dem<br />
Vere<strong>in</strong> muss klar se<strong>in</strong>, wofür er steht und was<br />
er zu bieten hat. Viele Musikkapellen bedienen<br />
sich seit e<strong>in</strong>iger Zeit der Methode e<strong>in</strong>er<br />
Ausschreibung, um den Interessentenkreis<br />
zu sichten. Diese Methode ist gut, wenn sie<br />
nach den professionellen Kriterien e<strong>in</strong>er Ausschreibung<br />
gehandhabt wird, ansonsten wird<br />
sie zur Farce.<br />
Die „Chemie“ muss passen<br />
Wichtig ist, das e<strong>in</strong>em Interessenten oder<br />
dem Wunschkandidaten klare Wünsche und<br />
Vorstellungen der Musikkapelle vermittelt<br />
werden und e<strong>in</strong> realistisches Angebot <strong>in</strong> vieler<br />
H<strong>in</strong>sicht gemacht wird. Ebenso müssen<br />
die Vorstellungen der Interessenten genau<br />
gehört werden. Letztlich müssen Vere<strong>in</strong> und<br />
Kapellmeister emotional („chemisch“) gut<br />
zue<strong>in</strong>ander passen. Um ausführliche und<br />
klare Gespräche kommt man da nicht herum.<br />
Häufig müssen sich Musikkapellen auch damit<br />
abf<strong>in</strong>den, sich e<strong>in</strong>en Kapellmeister womöglich<br />
mit e<strong>in</strong>er anderen Musikkapelle zu<br />
teilen, was natürlich nicht die optimale aber<br />
unter Umständen e<strong>in</strong>e „notwendige“ Lösung<br />
ist, die auch besondere Chancen der Kooperation<br />
und des Austausches bieten kann.<br />
E<strong>in</strong> gut aufgestellter, personell motivierter,<br />
<strong>in</strong>nerlich gefestigter und moderner Vere<strong>in</strong>,<br />
der im Ort mit kreativen, aufgeschlossenen<br />
Persönlichkeiten an der Spitze e<strong>in</strong>e gute Position<br />
<strong>in</strong> der Vere<strong>in</strong>slandschaft besitzt, wird immer<br />
attraktiv für e<strong>in</strong>en Kapellmeister se<strong>in</strong>.“ n<br />
Ursula Strohal<br />
<strong>Tirol</strong>s Landeskapellmeister durch die Jahrzehnte vere<strong>in</strong>t, v.l.: Florian Pedarnig,<br />
Andreas Bramböck, Hans Eibl und Hermann Pallhuber.<br />
Foto: Hofer<br />
Claudia Moosbrugger, Kapellmeister<strong>in</strong> der<br />
Musikkapelle Stockach. Foto: MK Stockach<br />
März | BiT<br />
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