MITBESTIMMUNG 2035
p_mbf_mitbestimmung_2035
p_mbf_mitbestimmung_2035
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Szenario III:<br />
FAIRNESS<br />
KOLLEKTIVE VERTRETUNG VON ARBEITNEHMERINTERESSEN ALS<br />
TREIBENDE KRAFT FÜR EINE TEILHABEFÖRDERNDE GESELLSCHAFT<br />
Die wachsenden Ungleichheiten und die mangelnde Nachhaltigkeit unseres Wirtschaftssystems<br />
stärken bei vielen den Willen zur Veränderung und in der Folge auch<br />
zu mehr kollektivem Engagement: „Der Mensch ist kein Euro!“ Es bedarf weiter<br />
gehender Perspektiven. Der Anstoß kommt zunächst von denen, die unter Niedriglöhnen,<br />
Unsicherheit, Ausgrenzung und Chancenlosigkeit leiden. Mit unterschiedlichsten<br />
Aktionen versuchen sie, sich Gehör für ihre Anliegen zu verschaffen. Erst<br />
sind es nur wenige, doch mit der Zeit werden es mehr. Auch viele engagierte Akteure<br />
in den Gewerkschaften und Betriebsräten sind nicht mehr bereit, die zunehmende<br />
Aushöhlung von Mitbestimmungsrechten und die ständige Zunahme unsicherer,<br />
schlecht bezahlter Beschäftigungsverhältnisse weiter hinzunehmen. Es ist an der<br />
Zeit, aus der Defensive zu kommen. Die Fähigkeit von Gewerkschaften und Betriebsräten,<br />
kollektive Interessen zu bündeln und Solidarität zu organisieren, machen sie<br />
zu wichtigen Akteuren, Moderatoren und Plattformen für den Wandel.<br />
Weil sich Gewerkschaften und Betriebsräte in den zurückliegenden Wirtschaftskrisen<br />
als wichtiger Partner bewährt haben, ist auch der politische Rückhalt für<br />
eine starke Mitbestimmung größer geworden. Betriebsräte und die Arbeitnehmervertreter<br />
in den Aufsichtsräten erhalten zum Beispiel stärkere Mitsprache bei<br />
Restrukturierungsprozessen innerhalb des Unternehmens, bei Standortverlagerungen<br />
und der Ausgliederung von Arbeit sowie beim Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen.<br />
Zudem werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Schaffung<br />
von Betriebsräten in kleinen und mittleren Unternehmen und deren Arbeit verbessert.<br />
Die Kompetenzen der Gewerkschaften werden ebenfalls ausgeweitet – so<br />
erhalten sie unter anderem das seit Langem geforderte „Verbandsklagerecht“, um<br />
besser gegen Missstände in Unternehmen vorgehen zu können. Tarifautonomie,<br />
Tarifeinheit und Sozialpartnerschaft werden ebenfalls durch den Gesetzgeber<br />
gestärkt.<br />
Ein wichtiger Aspekt der Entwicklung ist dabei ein weit gefasstes Solidaritätsverständnis<br />
der kollektiven Arbeitnehmervertretungen. Dieses setzt nicht nur bei<br />
einheitlichen Interessen „der Arbeitnehmer“ bzw. bei den Belangen der Stammbelegschaften<br />
im ökonomischen Verteilungskampf an, sondern bezieht auch die<br />
Belange von Gruppen außerhalb der Arbeitswelt sowie das Ziel einer nachhaltigen<br />
Entwicklung mit ein. Durch diese Öffnung und die stärkere Präsenz in den<br />
gesellschafts politischen Diskursen gewinnt die Mitbestimmung als eine wichtige<br />
Ebene des demokratischen Lebens in der Bevölkerung an Wertschätzung – aber<br />
auch aufgrund der positiven Erfahrungen, die viele Arbeitnehmer mit unterschiedlichen<br />
Ebenen der Mitbestimmung in ihrem konkreten Arbeitsalltag machen.<br />
Zum Inhaltsverzeichnis<br />
Mitbestimmung <strong>2035</strong> | Seite 29