ego Magazin Bitburg & Südeifel - Ausgabe 19
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Doch nur romantisch und entspannt ist<br />
eine Existenz als Wanderschäfer längst<br />
nicht mehr. „Früher waren Distanzen<br />
von zweihundert Kilometern für<br />
die Herden normal“, erzählt Günther<br />
Czerkus, „doch die Zersiedelung durch<br />
Straßen und Bebauung macht sich bemerkbar.“<br />
Geeignete Beweidungsflächen<br />
sind knapp geworden. Außerdem<br />
wiehert der Amtsschimmel. Es gibt<br />
teils sehr unterschiedliche Verordnungen<br />
für Wasserschutzgebiete, die nicht<br />
selten eine Nutzung durch die Schafherden<br />
verbieten. „Dabei ist nachweisbar,<br />
dass Schafe nicht nur ideale ökologische<br />
Landschaftspfleger sind, welche<br />
die Artenvielfalt unterstützen, sondern<br />
dass sie die Nitratbelastung im Grundwasser<br />
deutlich senken helfen.“<br />
Auch den Dokumentationspflichten,<br />
die zum Alltag jedes landwirtschaftlichen<br />
Tierhalters oder Fleischerzeugers<br />
gehören, entgeht der Wanderschäfer<br />
nicht. „Wir erholen uns draußen bei<br />
den Schafen vom Schreibtisch und<br />
am Schreibtisch von den Schafen.“<br />
Die Czerkus‘ vermarkteten bis 2010<br />
das Fleisch selbst und direkt,<br />
doch seit dem Verbot<br />
von so genannten<br />
Kleinschlachtstätten<br />
verkaufen<br />
sie die Schafe an Zwischenhändler.<br />
Auch die Wolle geht an Händler: „Das<br />
deckt aber gerade die Schurkosten“. Die<br />
Milch bleibt reserviert für die Lämmer.<br />
Schafe haben viele Freunde –<br />
und einen Feind<br />
Ein neu am Horizont der Schäferei<br />
auftauchendes Thema ist ein uraltes:<br />
Man rechnet damit, dass der Wolf über<br />
kurz oder lang in die Eifel zurückkommt.<br />
Czerkus sieht das mit relativer<br />
Gelassenheit. „Wir haben hier ein gutes<br />
Wolfsmanagement mit einem vernünftigen<br />
Maßnahmenkatalog aufgelegt“,<br />
lobt er die Vorbereitung auf das<br />
Kommen jenes Raubtiers, das zu einer<br />
intakten Ökologie in der Natur nun<br />
einmal gehört. Mit fast einen Meter<br />
hohen und auf 2500 Volt geschalteten<br />
Knotengitternetzen, die natürlich perfekt<br />
instand gehalten werden müssen,<br />
seien mögliche wölfische Übergriffe<br />
gut zu verhindern. Die Hütehunde,<br />
die drei Jahre lang ausgebildet werden,<br />
sorgen zusätzlich für Distanz zwischen<br />
Schafen und Wölfen. Auch der<br />
Mensch trachtet den Schafen<br />
natürlich nach dem Leben.<br />
Nur die jährliche<br />
Schur, im Sommer<br />
vor der buchstäblichen<br />
Schafskälte, kann den geduldigen<br />
Paarhufern nichts anhaben.<br />
Aber der Mensch profitiert nicht nur<br />
in Form von zartem Lammfleisch,<br />
auch die Seele kann mit ihnen wieder<br />
in Balance gebracht werden. Also<br />
doch Schäfchen zählen, bis der Schlaf<br />
kommt? „Die Tiere wirken ausgleichend<br />
auf die menschliche Psyche<br />
und öffnen Zugänge auch bei Menschen,<br />
die sonst eher aggressiv sind“,<br />
sagen die Czerkus‘. Sie müssen es wissen,<br />
denn sie sind ausgebildete Pädagogen<br />
und ermöglichen auch Kindern<br />
und Jugendlichen soziales Lernen im<br />
Umgang mit den Tieren.<br />
Sogar ungeduldige Autofahrer, die<br />
beim Umtrieb der Herde warten<br />
müssen, bis die Straße wieder frei<br />
von Schafen ist, werden beim Anblick<br />
der Wollknäuel friedlich. „Es ist nur<br />
ein einziges Mal vorgekommen, dass<br />
sich jemand wild hupend einen Weg<br />
durch die Herde gebahnt hat“, erinnert<br />
sich der Wanderschäfer. •<br />
18<br />
<strong>ego</strong> N°<strong>19</strong>/2016<br />
Eifel Schaf