DorfStadt 04-2016
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8 • <strong>DorfStadt</strong>-Zeitung <strong>04</strong>/<strong>2016</strong> • 17.03.<strong>2016</strong> I m G e s p r ä c h<br />
»Ich muss einfach spielen«<br />
Eine Begegnung mit Joja Wendt, Hamburger Klaviervirtuose| Martin Beckmann<br />
Wer ihn trifft, kommt<br />
gleich zu einer angenehmen<br />
Feststellung: Trotz seines<br />
längst erlangten Ruhms<br />
ist er geblieben, wie er<br />
immer war: freundlich, aufgeschlossen,<br />
ohne Allüren.<br />
Wenn man mal davon absieht,<br />
dass er Teebeutel am liebsten<br />
zweimal aufbrüht, wenn draußen<br />
Schmuddelwetter herrscht.<br />
„Ist gut für die Stimme“, antwortet<br />
er eilig auf die fragenden<br />
Blicke. Als sei es das normalste<br />
der Welt.<br />
Wer rechtzeitig dabei<br />
war, als die<br />
Hamburger Musikszene<br />
ihre ersten<br />
Größen hervor<br />
brachte, mag sich<br />
erinnern an Zeiten,<br />
als Joja Wendt sechzehnjährig<br />
mit Keyboard<br />
unterm Arm<br />
abends durch jene<br />
Kneipen „um die<br />
Ecke“ in den Elbvororten<br />
zog, die über<br />
einen Saal verfügten.<br />
Darin konnte<br />
man, ohne die anderen<br />
Gäste zu nerven,<br />
Kostproben seines<br />
Könnens zeigen.<br />
In „Die Linde“ und<br />
„Gaststätte Schlag“<br />
OTHMARSCHEN<br />
etwa. Bald darauf<br />
sah man ihn im<br />
„Sperl“ am Großneumarkt<br />
am Klavier.<br />
Wenig später in<br />
der „Fabrik“ und an<br />
anderen verdächtigen<br />
Stätten. Tourneen folgten.<br />
Aber erstmal wollte er als „new<br />
kid in the town“ mit den „senior“<br />
Boogie-Klavierspielern mithalten.<br />
Vince Weber und Abi<br />
Wallen-stein waren Vorbilder.<br />
Und Inga Rumpf inklusive<br />
„Frumpy“ (für später Geborene:<br />
eine der ersten Hamburger<br />
Rockbands). Die Freundschaften<br />
haben heute noch Bestand.<br />
Man half sich, und wenn überhaupt<br />
jemand den anderen<br />
überbieten wollte, geschah das<br />
in gemeinsam anberaumten<br />
Sessions. Es folgte ein Klavierstudium<br />
am Konservatorium in<br />
Hilversum und Manhatten ...<br />
Im „Sperl“ wurde bei einem<br />
Freitagabend-Auftritt kein geringerer<br />
als Joe Cocker auf Joja<br />
aufmerksam. „Who the fuck is<br />
this tremendous pianoman“<br />
(oder ähnlich) kam es von seinen<br />
Lippen. Detaillierter ist die<br />
Begegnung nicht überliefert.<br />
Aber sie sorgte dafür, dass der<br />
Mann mit der unglaublichen<br />
„Röhre“ den jungen Pianisten<br />
als opening act für seine eigene<br />
Deutschland-Tournee verpfichtete.<br />
Es folgen Auftritte mit<br />
Jerry Lee Lewis und Chuck<br />
Berry und bald füllte er die<br />
Laeiszhalle, die damals noch<br />
Musikhalle hieß. Joja tourt<br />
durch ganz Europa, spielt erste<br />
CDs ein („Hummelflug“, „Joja<br />
Wendt – der Pianist“). 2001<br />
spielt er auf Schalke in der Arena<br />
vor über 100.000 Zuhörern.<br />
Mal nicht am Klavier, aber häufig auf Reisen: Joja<br />
Wendt im historischen Zugabteil<br />
Foto: PR<br />
Live-Konzerten gilt nach wie<br />
vor seine Liebe, „gern in Sälen,<br />
wo die Menschen eng sitzen, sich<br />
mitreißen lassen“. Da kommt<br />
der Entertainer in ihm durch.<br />
Filmmusik? „Toll“, lacht der<br />
Impresario. Deshalb hat er wohl<br />
auch die Musik zu Ottos Erfolg<br />
„Sieben Zwerge – Männer<br />
allein im Wald“ beigesteuert. Er<br />
eilt nimmermüde von Festival<br />
zu Festival, heimst nebenbei<br />
Preise ein („Louis-Armstrong-<br />
Preis“) und bereitet sich gerade<br />
auf die nächste Tournee vor.<br />
Und schon hält es ihn nicht<br />
mehr auf seinem Platz. Soeben<br />
hat er einen Freund erkannt,<br />
der in einiger Entfernung steht,<br />
saust auf ihn zu, in Conferencier-Manier<br />
sein eigenes Handeln<br />
kommentierend und umarmt.<br />
Distanz ist nicht sein<br />
Ding. Er mag die Menschen<br />
spürbar. Deswegen ist sein Erfolg<br />
auch kein Geheimnis.<br />
Wir verlosen 3 neue Joja-CD’s<br />
Wer auf Barmusik und gute Unterhaltung<br />
steht, sollte sich das neue<br />
Album von Joja Wendt holen.<br />
„Joja’s Klavier Musik“ ist letzte<br />
Woche erschienen und enthält 16<br />
Songs, die weich und gefühlvoll,<br />
fast träumerisch daher kommen.<br />
Jazzklänge vermisst man auf diesem<br />
Album genauso wie klassische<br />
Klaviermusik. Live dürfte das neue Programm von Joja<br />
Wendt spannender sein als aus dem CD-Player. Für Joja-<br />
Fans gehört dieses Album aber auf jeden Fall ins CD-Regal.<br />
Die <strong>DorfStadt</strong>-Zeitung verlost 3 CD’s unter allen Lesern, die<br />
uns eine Karte mit Stichwort: „Joja!“ an <strong>DorfStadt</strong>-Zeitung,<br />
Bramweg 31, 22589 Hamburg oder per E-Mail an<br />
gewinn@dorfstadt.de senden. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Einsendeschluss ist der 30. März <strong>2016</strong>.<br />
DSZ: Joja (er legt Wert auf das<br />
Du), welche Vorbilder haben<br />
Dich am stärksten beeinflusst?<br />
Joja: Abi Wallenstein, Inga<br />
Rumpf, Joe Cocker... in dieser<br />
Reihenfolge. Aber ich habe<br />
auch beim unglaublichen Vince<br />
Weber hingehört.<br />
Gab oder gibt es Förderer, die<br />
Du nennen magst?<br />
Ganz klar „Poldi“, der Wirt vom<br />
„Sperl“, damals, und Vince<br />
Weber.<br />
Bevorzugst Du bestimmte Saalgrößen?<br />
Konzertsäle sind meist<br />
distanziert. Ich spiele<br />
sehr gern in der<br />
Laeiszhalle und würde<br />
gern mal in der Semperoper<br />
spielen. Das ist<br />
noch ein Traum.<br />
Mancher erinnert Sie<br />
noch bei Frühschoppen,<br />
beispielsweise in<br />
der „Fabrik“...<br />
Ich spreche da lieber<br />
von Matinees, das lässt<br />
mir mehr Spielraum.<br />
Außerdem muss ich<br />
immer ein wenig erzählen<br />
rund um die Komponisten<br />
oder aus welchem<br />
Anlass das geschrieben<br />
wurde.<br />
Wozu brauchst Du ein<br />
eigenes Produktionsstudio?<br />
Das hat sozusagen<br />
familiäre Gründe: Zu<br />
Hause musste ich ja<br />
auch fast pausenlos<br />
spielen, und es gab<br />
irgendwann Protest von<br />
meiner Frau und den Kin-dern.<br />
Erst haben sie mich in den<br />
Keller verbannt, aber dann habe<br />
ich eingesehen: Ausziehen ist<br />
gut für den Familienfrieden!<br />
Das ist jetzt eine Art Wohnstudio.<br />
Wenn’s später wird,<br />
übernachte ich dort auch, oft<br />
gemeinsam mit Freunden.<br />
„Die Söhne Hamburgs“ wurden<br />
von Dir gegründet ...<br />
Ja, ist der Zusammenschluss<br />
dreier Künstler, eines Filmschauspielers,<br />
dem hinreißenden<br />
Rolf Claussen, DER Soulstimme<br />
Hamburgs, Stefan<br />
Gwildis und mir. Wir bezeichnen<br />
uns auch als die „Best ager<br />
boy band“.<br />
Möchtest Du noch etwas sagen<br />
zu Rimski Korsakows „Hummelflug“?<br />
...darauf werde ich oft angesprochen.<br />
Es geht mir aber wenier<br />
darum, das Stück möglichst<br />
noch schneller zu spielen,<br />
sondern ist spiele mit der<br />
Rechten die Originalpartitur,<br />
während die Linke mit einer Art<br />
„Mashup-Mix“ (auch „Bastard<br />
Pop“ = Zitate bekannter Titel,<br />
d. Red.) begleitet.<br />
Und dann lässt es sich der<br />
„Steinway-Artist“ nicht nehmen,<br />
noch kurz darauf hin zu<br />
weisen: „Die Tournee <strong>2016</strong>“<br />
startete bereits im Februar.<br />
Diesmal erstmals hauptsächlich<br />
mit Eigenkompositionen und<br />
ohne Festlegung auf bestimmte<br />
Genres. „Zwei Hamburger Stationen<br />
haben wir eingebaut“<br />
(Laeiszhalle, 24.03. und 30.06.).<br />
www.semmel.de<br />
www.jojawendt.com<br />
Der große<br />
S-Bahnhof-<br />
TEST<br />
Nach dem Start in Wedel<br />
steht in dieser Ausgabe der<br />
S-Bahnhof Rissen auf dem<br />
Prüfstand.<br />
Vorab bemerkt: Eigentlich<br />
dürfte dieser wenig bekannt<br />
sein, er hat mit ca. 5.700 vergleichsweise<br />
wenige Besucher<br />
pro Tag, weder einen Fernbahnanschluss<br />
noch sonstige Besonderheiten.<br />
Und doch war<br />
gerade dieser Bahnhof in den<br />
letzten Jahren erstaunlich oft in<br />
der Presse: Wiederholt hatten<br />
Vandalen in den öffentlichen<br />
WCs gewütet, Spiegel und Wasserhähne<br />
waren gestohlen, WC-<br />
Sitze zerschlagen worden; das<br />
Bezirksamt reagierte mit vorübergehender<br />
Schließung der<br />
WCs. Und dann waren da noch<br />
die mutigen oder vielleicht auch<br />
allzu waghalsigen Mitarbeiter<br />
Wedel<br />
Rissen<br />
Sülldorf<br />
Iserbrook<br />
Blankenese<br />
Hochkamp<br />
Klein Flottbek<br />
(Botanischer Garten)<br />
Othmarschen<br />
Bahrenfeld<br />
Der <strong>DorfStadt</strong> Fakten-Check:<br />
Barrierefreiheit: Ja, Rampe und Aufzug<br />
Fernzüge, andere S-Bahnlinien: Nein<br />
Bus: Nächstgelegene Haltestelle: Grete-Nevermann-Weg (120m<br />
entfernt).<br />
Taxistand: Ja, in der Straße Am Rissener Bahnhof<br />
Park&Ride: Nein, PKW-Abstellmöglichkeit im Rheingold-/Sanmoorweg<br />
Fahrräder: Ganz viele. An sämtlichen Geländern halb vor der RAmpe,<br />
überall, nur (fast) keine in den offiziellen Fahrradständern...<br />
Laut HVV gibt es hier 348 Bike+Ride-Fahrradstellplätze.<br />
Frequenz S1: Alle 20 Minuten, im Berufsverkehr alle 10 Minuten<br />
(Pause zwischen 0 und 4 Uhr).<br />
Sicherheit: Kameras sind da. Steile Treppe runter zum Bahnsteig –<br />
der wirkt extrem lang.<br />
Beleuchtung: Wurde vor ein paar Jahren erneuert, sieht gut aus, Test<br />
war aber bei Tageslicht.<br />
Versorgung: Es gibt einen kleinen DB-Service Store, der aber auf der<br />
anderen Seite des Canyons liegt – 2 Minuten Fußmarsch.<br />
Wetterschutz: So gut es auf einem langen Bahnsteig eben geht...<br />
Sitzgelegenheiten: Ausreichend.<br />
Sauberkeit: Bahnsteig zwar sauber, schöne Holzdecke, aber auch herumliegender<br />
Müll, wild parkende Räder<br />
Besonderheit („Extras“): keine<br />
Subjektiver Gesamteindruck, Bemerkungen: Je nachdem, wohin man guckt.<br />
Eingerahmt von Beton – gefühlt tiefer gelegt. Aber auch Blick auf<br />
Wald und die schöne Holzdecke<br />
Fazit: Ein Bahnhof der Widersprüche.<br />
Altona<br />
RE6 / RB 71<br />
Rissen: Bahnhof der Widersprüche<br />
S-Bahnstationen auf der Linie S1 im <strong>DorfStadt</strong>-Test | Manuela Tanzen<br />
1983 entstand der Rissener S-Bahnhof, vor wenigen Jahren<br />
wurde die Decke erneuert. Auffallend sind die Fahrräder, die<br />
von den Fahrgästen überall wild abgestellt werden. Fotos: Tanzen<br />
ELBVORORTE<br />
Quelle: Andronov-Fotolia/HVV<br />
des Kiosks, die sich 2015 einem<br />
bewaffneten Räuber widersetzten<br />
und ihn in die Flucht schlugen<br />
– wieder Schlagzeilen.<br />
Beim Test fiel erst mal auf, dass<br />
dieser S-Bahnhof nichts für<br />
Bewegungsmuffel ist: P+R gibt<br />
es hier nicht, und das erklärt<br />
wohl die vielen Fahrräder, die<br />
entlang sämtlicher Geländer<br />
geparkt sind. Überhaupt muss<br />
man aus dem Dorf kommend<br />
erst mal die Fußgängerbrücke<br />
über den „Canyon“ überqueren,<br />
um die Bahngleise zu erreichen<br />
(Achtung: Vorher den Zeitungskauf<br />
am besagten Kiosk nicht<br />
vergessen, sonst verpasst man<br />
die Bahn, wenn man wieder<br />
hoch, über die Brücke und zurück<br />
laufen muss!). Zwei Eingänge,<br />
zwei Gesichter: Auf der<br />
einen Seite Wald, auf der anderen<br />
Seite die zweispurige Bundesstraße<br />
und dahinter das Dorf<br />
mit Einkaufsstraße, Taxistand<br />
etc. – diese Widersprüchlichkeit<br />
setzt sich fort, wenn man sich<br />
die Station näher betrachtet.<br />
Etwas unheimlich wirkt die endlos<br />
scheinende Rampe, die den<br />
barrierefreien Zugang ermöglicht;<br />
das lässt sich aufgrund des<br />
großen zu überwindenden Höhenunterschieds<br />
aber wohl nicht<br />
ändern. Anheimelnder dagegen<br />
die erst wenige Jahre alte Holzvertäfelung,<br />
die im Rahmen der<br />
Dachsanierung angebracht wurde,<br />
nett auch die Hinweisschilder,<br />
die den Ortsfremden zum<br />
Klövensteen leiten. Auf dem<br />
Bahnsteig ist es ganz schön<br />
zugig, um ein kleines Wortspiel<br />
zu bemühen. Über die zahlreichen<br />
Graffitis und Tags kann<br />
man unterschiedlicher Meinung<br />
sein, zumindest machen sie aber<br />
das Grau der Lärmschutzwände<br />
zur Bundesstraße etwas bunter.