viewpoint - das Unternehmensmagazin der Repower Gruppe
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12<br />
Burnout-Prophylaxe<br />
keinen Fall als «Psycho» abgestempelt und<br />
womöglich aus <strong>der</strong> Gesellschaft ausgeschlossen<br />
werden wollen. Hier ist «Burnout» <strong>das</strong> ideale<br />
Etikett.<br />
Zur klassischen Depression gehört <strong>das</strong><br />
Spiegelbild <strong>der</strong> Manie. Der manische Zustand<br />
ist gekennzeichnet von Selbstüberschätzung,<br />
Kaufsucht, Rededrang, Reisefieber und Ruhelosigkeit<br />
– ein Krankheitsbild, <strong>das</strong> bei den betroffenen<br />
Patienten, die man als «bipolar» bezeichnet,<br />
regelmässig in eine tiefe Depression<br />
umschlägt. Diese Phänomene, die extreme<br />
Formen annehmen können, gehören ins Gebiet<br />
<strong>der</strong> Psychiatrie.<br />
Gesellschaftlich ist aber inzwischen eine<br />
leichte Form von Manie geradezu zum Idealbild<br />
des mo<strong>der</strong>nen Menschen geworden. Wer<br />
diese Eigenschaften nicht hat, bekommt auf<br />
jeden Fall Schwierigkeiten, sich «gut zu verkaufen».<br />
Es kann aber keine manische Gesellschaft<br />
geben ohne depressive Phasen. Die eher<br />
bescheidenen, haltbaren Strukturen, in denen<br />
früher <strong>das</strong> Leben <strong>der</strong> meisten Menschen verlief,<br />
sind aufgelöst o<strong>der</strong> werden gesprengt.<br />
Dann bleibt nur noch <strong>das</strong>, was wir aus uns<br />
selber schöpfen können.<br />
IMMUN GEGENÜBER STRESSFAKTOREN<br />
An dieser Stelle bietet sich eine Stärkung <strong>der</strong><br />
mentalen Kompetenz an – sowohl zur Rehabilitation<br />
als auch zur Prävention. Sie gibt dem<br />
Anwen<strong>der</strong> die Möglichkeit, sich – ähnlich wie<br />
bei einer Impfung – gegenüber Stressfaktoren<br />
zu immunisieren und zudem sein geistiges<br />
Potenzial positiv und konstruktiv zu nutzen.<br />
Nach Erkenntnissen von Hans Eberspächer,<br />
ehemaligem Sportpsychologie-Professor an<br />
<strong>der</strong> Universität Heidelberg, lässt sich die mentale<br />
Stärke wie ein Muskel aufbauen: «Wer unter<br />
Stress Erfolg haben will, tut gut daran, sich<br />
nicht nur auf seine Sachkompetenz zu verlassen.<br />
Durch geeignetes Training wird er in die<br />
Lage versetzt, sich in herausfor<strong>der</strong>nden Situationen<br />
selbst zu stabilisieren und zu steuern.»<br />
Je<strong>der</strong> kann daran arbeiten, mental stärker zu<br />
werden. Für Eberspächer ist Burnout deshalb<br />
zu einem guten Teil auch ein persönliches Problem.<br />
Ohne <strong>das</strong>s dabei die Umstände, unter<br />
denen heute Leistung erbracht werden muss,<br />
ausser Acht gelassen werden dürfen.<br />
VIEWPOINT 1/2012<br />
ANDREAS TURNER<br />
«Mentale und<br />
körperliche Akkus<br />
regelmässig laden»:<br />
Hans Eberspächer.<br />
«Nur ein regenerierter Mensch<br />
ist leistungsfähig»<br />
Erfolg beginnt im Kopf, Misserfolg<br />
ebenfalls: Prof. Dr. Hans Eberspächer<br />
erklärt, wie sich Top-Leister vor<br />
dem schnellen Ausbrennen schützen.<br />
Die «Alles ist möglich»-Devise gehört heute<br />
zu den Grundtugenden im mo<strong>der</strong>nen Berufsleben<br />
– beson<strong>der</strong>s im Hinblick auf eigene<br />
Anstrengungen, Leistungen und Erfolge. Wie<br />
sind <strong>der</strong>art hohe Erwartungen an sich selbst<br />
längerfristig zu verkraften?<br />
Indem man zunächst versteht, <strong>das</strong>s die<br />
Voraussetzung je<strong>der</strong> Leistung Erholung ist.<br />
Nur ein erholter, regenerierter Mensch ist<br />
leistungsfähig. Entsprechend gehören Regenerationsphasen<br />
zum professionellen Alltag.<br />
Meine Erfahrung als Coach belegt immer<br />
wie<strong>der</strong>, <strong>das</strong>s Leistungsträger auch Meister<br />
<strong>der</strong> Regeneration sind.<br />
Angesichts des harten Wettbewerbs, dem<br />
Unternehmen ausgesetzt sind, gehört es<br />
schon fast zum Standard, sich permanent<br />
ein wenig zu überfor<strong>der</strong>n, sich kaum Pausen<br />
zu gönnen, aber auch wenig Anerkennung<br />
zu bekommen. Nach welchem Muster führt<br />
negativ empfundener Stress ohne Gegenmassnahmen<br />
zwangsläufig zum Burnout?<br />
Permanente Überfor<strong>der</strong>ung bei hohem<br />
Engagement führt zwangsläufig in die<br />
Erschöpfung. Die mentalen und körperlichen<br />
«Akkus» werden nicht mehr hinreichend aufgeladen,<br />
weil Schlaf o<strong>der</strong> Erholung dann fast<br />
wirkungslos bleiben. Betroffene leben förmlich<br />
von <strong>der</strong> Substanz, also nicht nachhaltig.<br />
Über eine gewisse Zeit lässt sich dann <strong>das</strong><br />
gewohnte Leistungsniveau mit immer grösserer<br />
Anstrengung zwar durchaus halten.<br />
Es ist jedoch eine Frage <strong>der</strong> Zeit, wann ein<br />
Mensch selbst Leistungseinbussen erfährt<br />
o<strong>der</strong> vom Umfeld entsprechende Rückmel-<br />
«Entfremdung erlebt, wer trotz Anstrengung<br />
auf keinen grünen Zweig kommt.»<br />
dungen erhält, da die Leistungsqualität o<strong>der</strong><br />
-quantität zu wünschen übrig lässt.<br />
Ihr Burnout-Modell in 4 E-Phasen reicht von<br />
«Engagement» über «Erschöpfung» und<br />
«Entfremdung» bis zum «Einbruch». Welche<br />
Alarmsignale sind in konkrete Massnahmen<br />
zu überführen, damit die letzten beiden<br />
Phasen gar nicht erst eintreten?<br />
Entfremdung erlebt, wer trotz intensiver<br />
Anstrengung und Bemühung auf keinen<br />
grünen Zweig kommt. Die Frage nach dem<br />
Sinn drängt sich damit geradezu auf: «Was<br />
mache ich eigentlich hier?» Eine Frage, die<br />
sich in <strong>der</strong> Berufs- wie übrigens auch in <strong>der</strong><br />
Privatwelt wohl jedem gelegentlich mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger zugespitzt und intensiv stellt.<br />
Auf Dauer allerdings führt diese Sinnfrage<br />
zum Auseinan<strong>der</strong>driften zwischen Beruf<br />
und Person bis zur Entfremdung, in <strong>der</strong><br />
sich Betroffene als Objekt empfinden. Es<br />
geschieht etwas mit ihnen, dem <strong>das</strong> eigene<br />
Anstrengen, Handeln und Wirken nichts<br />
mehr entgegenzusetzen hat.<br />
Gesellschaftliches Phänomen o<strong>der</strong> persönliches<br />
Problem – wie hoch schätzen Sie den<br />
Eigenanteil <strong>der</strong> Betroffenen an <strong>der</strong> Burnout-<br />
Misere?<br />
Es gilt als gut begründet, <strong>das</strong>s menschliche<br />
Entwicklungen immer sowohl persönlich als<br />
auch sozial determiniert sind. Diese Einsicht<br />
hält ja auch die For<strong>der</strong>ung nach Arbeits- und<br />
Lebensbedingungen aufrecht, die beides in<br />
Einklang bringen sollen. Und oft werden allzu<br />
schnell For<strong>der</strong>ungen an «die Gesellschaft»<br />
o<strong>der</strong> «<strong>das</strong> Unternehmen» gestellt, ohne<br />
den eigenen Beitrag – jenen an <strong>das</strong> eigene<br />
Handeln – angemessen zu berücksichtigen.<br />
Natürlich kann man, um ein Beispiel aus<br />
dem Feld <strong>der</strong> Ernährung zu nehmen, von<br />
«<strong>der</strong> Industrie» bessere, also weniger fette<br />
o<strong>der</strong> süsse Nahrungsmittel for<strong>der</strong>n. Eine Idee<br />
ist allerdings auch, sich selbst entsprechend<br />
darum zu kümmern, <strong>das</strong>s man sich vernünftig<br />
ernährt.<br />
Top-Leister beherrschen <strong>das</strong> Spektrum <strong>der</strong><br />
Strategien zur Bewältigung von Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
und Beanspruchung: Wie lässt nachhaltiges<br />
mentales Ressourcenmanagement in die<br />
Unternehmen bringen?<br />
Ressourcen sind Bewältigungsvoraussetzungen.<br />
Man braucht sie, um etwas zu leisten.<br />
Als Erstes fallen einem in<br />
diesem Zusammenhang natürlich<br />
Ressourcen wie Geld,<br />
Energie, Wasser o<strong>der</strong> saubere<br />
Luft ein. Allzu leicht übersieht man dabei,<br />
<strong>das</strong>s in <strong>der</strong> nachhaltigen Nutzung unserer<br />
mentalen Ressourcen <strong>der</strong> Ausgangspunkt<br />
für alles an<strong>der</strong>e liegt. Erfolg beginnt im<br />
Kopf – genauso, wie Kreativität, Motivation<br />
und Ziele zunächst in den Köpfen von<br />
Menschen entstehen und lei<strong>der</strong> oft wie<strong>der</strong><br />
verkümmern. Dies zu sehen und zu verstehen,<br />
ist <strong>der</strong> erste Schritt. Im zweiten geht es<br />
um die Frage, wie man dieses Verständnis im<br />
Unternehmen implementieren kann. Erfreulich<br />
vieles geschieht ja heute schon in diese<br />
Richtung, aber wir haben noch Potenzial.