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22 Stromverbund Frische Batterien für Europa Neuen Pumpspeicherkraftwerk-Projekten in den Alpen kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, für höhere Stabilität im europäischen Stromverbund zu sorgen. Folgt man den Argumenten von Günther Oettinger, wird Europa seinen Strom bald arbeitsteilig produzieren: «Windenergie kommt aus dem Norden, Sonnenenergie aus dem Süden.» Damit der Strom jederzeit ohne Engpässe an den Ort des Verbrauchs fliessen kann, setzt der EU-Energiekommissar auf einen massiven Ausbau des transeuropäischen Übertragungsnetzes. Und auch für den Ausgleich unterschiedlicher Produktions- und Bedarfsmengen hat Oettinger ein patentes Rezept auf Lager: «Hier gilt es, die Pumpspeichermöglichkeiten in den Alpen und auf dem Balkan zu nutzen.» Tatsächlich dürfte Europas Stromversorgung mit dem Vormarsch der erneuerbaren Energien weniger planbar werden, als sie es heute ist. Sonneneinstrahlung und Windaufkommen lassen sich nun mal nicht steuern. Damit die Energiegewinnung daraus trotzdem einen substanziellen Beitrag zur nachhaltigen Stromversorgung leisten kann, sind Pumpspeicherwerke notwendig – die bestehenden sowieso, aber auch neue Anlagen. Sie dienen nicht nur dem Ausgleich schwankender Produktion, sondern vor allem dem sicheren Netzbetrieb und der Anpassung der Produktion an den Verbrauch. Innerhalb von nur 90 bis 120 Sekunden können sie einspringen, wenn andere Kraftwerke oder Leitungen durch Störung ausfallen, und helfen, den Betrieb des Kraftwerkparks über das stark fluktuierende Lastprofil eines Wochenverlaufs zu optimieren. Folgende Berechnung zeigt das Potenzial: Wird ein Pumpspeicherwerk mit 1 GW Leistung betrieben, können über 1000 GWh Ökostrom pro Jahr – etwa aus unregelmässig anfallender Windenergie – nutzbar gemacht werden, was mehr als der Hälfte der gesamten Produktion entspricht. STROMÜBERSCHUSS FÜLLT SPEICHERSEEN Pumpspeicherwerke wirken wie Batterien: Elektrizität lässt sich nur bedingt speichern, Wasser VIEWPOINT 1/2012 Neue Pumpspeicherkapazitäten in den europäischen Alpen 1 Atdorf, Atdorf; Baden-Württemberg, 1400 MW 2 Riedl, Untergriesbach; Bayern; 300 MW 3 Blautal, Blaubeuren; Baden-Württemberg; 60 MW 4 Forbach, Forbach; Baden-Würt’berg; bis zu 200 MW 5 Einöden, Einöden; Bayern; bis zu 200 MW 6 Limberg II, Kaprun; Salzburg; 480 MW 7 Kopswerk II, Gaschurn-Partenen; Vorarlberg; 450 MW 8 Reisseck II, Reisseck; Kärnten; 430 MW 9 Linth-Limmern, Linthal; Glarus; 1480 MW 10 Lagobianco, Valposchiavo; Graubünden; 1000 MW 11 Nant de Drance, Martigny; Wallis; 900 MW 12 Grimsel 3, Innertkirchen; Bern; 660 MW hingegen schon. Fällt mehr Strom an, als gerade verbraucht wird, leiten Pumpspeicher-Kraftwerke mit dem Überschuss Wasser von einem unteren in einen oberen Speichersee. Droht ein Engpass in der Stromversorgung, öffnen sie ihre Schleusen, leiten das Wasser über ihre Turbinen und produzieren so Strom. Deshalb sind sie zentral für die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit in Europa. Der Schweiz und Österreich kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Sie liegen im Zentrum Europas, und die geografischen Bedingungen in den beiden Alpenländern sind mit natürlichen Wasserspeichervolumen und grossem Gefälle für die Nutzung der Wasserkraft geradezu ideal. SIGNIFIKANT ERHÖHTE PUMPSPEICHERKAPAZITÄTEN Die Schweiz und Europa bauen die Stromproduktion mit Pumpspeicherwerken in den kommenden Jahren stark aus. Bis 2020 sollen in der Schweiz zusätzliche Kapazitäten von rund 4 GW entstehen. Derzeit bauen etwa SBB und Alpiq in Nant de Drance (VS) ein Pumpspeicherwerk mit einer Leistung von 900 MW, die Axpo realisiert im Kanton Glarus ein 1000-MW-Projekt. Die Fertigstellung beider Kraftwerke lässt allerdings noch auf sich warten: Linth-Limmern soll 2015 in Betrieb gehen, Nant de Drance 2017. Weiter ist man im österreichischen Kaprun, wo im Oktober 2011 das Kraftwerk Limberg II eröffnet wurde. Mit seinen 480 MW deckt es 10 Prozent der in Österreich benötigten Netzleistung 11 1 4 12 9 7 10 3 5 2 2 6 8
zu Spitzenverbrauchszeiten. Das Kraftwerk ist eine direkte Folge der europäischen Strompolitik: Es wurde bereits zu Beginn der 70er-Jahre angedacht, kam aber erst mit dem Vormarsch der Windenergie und dem steigenden Bedarf an Ausgleichsspeichern zur Realisierung. REPOWER BAUT PUMPSPEICHERWERK LAGOBIANCO Auch Repower leistet einen Beitrag zu dieser gesamteuropäischen Entwicklung: Mit dem Kraftwerk Lagobianco sollen im Puschlav rund 1000 MW an neuen Pumpspeicherkapazitäten entstehen. Die topografische Situation ist hier für Pumpspeicherwerke ideal – mit dem Lago Bianco auf dem Berninapass und Lago di Poschiavo im Talboden sind zwei Seen mit einem Höhenunter- schied von über 1200 Metern bereits vorhanden. Mit Lagobianco investiert Repower rund 1,5 Milliarden Franken in den Energiestandort Graubünden, die regionale Volkswirtschaft und neue Arbeitsplätze. Umweltnachweise, Ersatzmassnahmen sowie die Zusammenarbeit mit Behörden, Umweltorganisationen und Vertretern verschiedener Interessengruppen sichern die ganzheitliche Verträglichkeit des Projekts. Ist der Bewilligungsprozess einmal erfolgreich abgeschlossen, soll das Kraftwerk nach einer Bauzeit von 6 bis 7 Jahren in Betrieb gehen. Durch die Anbindung an die 380-kV-Leitung, welche über Albula und Bernina die Schweiz, Österreich und Italien verbindet, wird es einen wichtigen Beitrag zur stabilen Stromversorgung Europas leisten. SIMONA STALDER Grösstes Wasserkraftwerk Deutschlands: Das Pumpspeicherwerk Goldisthal in Thüringen wurde 2003 in Betrieb genommen. link link www.lagobianco.repower.com VIEWPOINT 1/2012 23
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