Glareana_52_2003_#1
Kai Köpp Die Viola d'amore ohne Resonanzsaiten bei Joachim Tielke Martin Wenner / Jörg Fiedler Restaurierungsbericht: Eine Altblockflöte aus Elfenbein (um 1730) von Engelbert Terton Johann Heinrich Voss (1751-1816) Klingsonate Christian Morgenstern (1871-1914) Die Geruchs-Orgel Johann Wolfgang von Goethe (1749-1842) "Wie mancher auf der Geige ..." Karl Burri (1921-2003) Nachruf von Andreas Schöni
Kai Köpp
Die Viola d'amore ohne Resonanzsaiten bei Joachim Tielke
Martin Wenner / Jörg Fiedler
Restaurierungsbericht: Eine Altblockflöte aus Elfenbein (um 1730) von Engelbert Terton
Johann Heinrich Voss (1751-1816) Klingsonate
Christian Morgenstern (1871-1914) Die Geruchs-Orgel
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1842) "Wie mancher auf der Geige ..."
Karl Burri (1921-2003) Nachruf von Andreas Schöni
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Die Viola d' amore war auch in Harnburg ein reines Soloinstrument, dessen<br />
besondere Klangfarbe nur vereinzelt eingesetzt wurde. Daher erklärt sich<br />
der gute Erhaltungszustand der zweiten Gruppe. Es gibt allerdings keinen<br />
Anhaltspunkt dafür, dass es in Harnburg zwei Grössen der Viola d'amore<br />
mit Metallsaiten gab. Deshalb bleibt die Identifikation der ersten Gruppe<br />
nach wie vor offen, zumal sich keine Monturteile oder originalen Hälse erhalten<br />
haben. Zusammen mit dem allgemein stark abgenutzten Zustand dieser<br />
Instrumente deutet das darauf hin, dass diese viel länger in Gebrauch<br />
waren als die kleinen Viole d' amore. Die einfachen Materialien der ersten<br />
Gruppe weisen sie als gewöhnliche Gebrauchsinstrumente aus, und ihre stilistische<br />
Übereinstimmung mit den Gamben Tielkes verweist auf ihre Verwendung<br />
als Melodieinstrumente im Gamben-Consort, für das es in der<br />
Hamburger Ratsmusik, wohl durch die engen Beziehungen zu England, späte<br />
Beispiele gibt.26 Möglicherweise wurden diese Instrumente von Anfang an,<br />
auch im Consort, in Armhaltung gespielt, aber ihr starker Verschleiss geht sicher<br />
darauf zurtick, dass sie in den folgenden Jahrhunderten als Violetten<br />
oder sogar umgebaute Bratschen weiterverwendet wurden. Bereits 1706 gibt<br />
der Hamburger Kantor Niedt einen Hinweis auf diese Praxis:<br />
"Violetta ist eine Geige zur Mittel=Partie I sie werde gleich auf Braccien<br />
I oder kleinen Viole di Gamben gemacht."27<br />
Ihre bequeme Korpusgrösse von durchschnittlich 39 cm prädestinierte ein<br />
Exemplar dieser Gruppe jedenfalls dazu, zur Ausführung der Mittelstimmen<br />
ununterbrochen in Gebrauch zu bleiben. Am ehesten kann ein solches Instrument<br />
in Harnburg wohl als Alt-Gambe oder Violetta,2B jedoch nicht<br />
zwingend als Viola d' amore bezeichnet werden.<br />
26 Vgl. Klaus Martius Wld Michael Pbilipp, Fünftaitige Dis/cantviale von Joachim Tiellce, in: Anzeiger des Germallische~~<br />
Natio11almr-seums rmd Berichte aus dem Forschrmgsit-stitutfor Rea/ienkwrde, NUmberg 1994, S. 218.<br />
27 Niedt, a.a.O., S. II 5.<br />
l8 Im norddeutschen Gambcn·Consort gab es kein Instrument in der GrOsse einer Diskant-Gambe. Oie Melodiestimme<br />
wurde von der Alt-Gambe ausgefllhrt, die bei Prätonus ,.Cant Viol de Gamba" oder,. Viole/la picciola [sie]" heisst,<br />
vgl. ders., Syntagma Muslcum Bd. 2: De Organographia, Wolfenbüttel 1619, S. 25.