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De:Bug 169

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Alexander Neuschulz: Aber ich lege<br />

immer die Sachen von Jan auf!<br />

Barich: Genau, und ich die von Alex.<br />

Aber nein, das Album ist persönlicher. Es<br />

ist zwar intuitiv, also ohne Konzept entstanden,<br />

aber sollte schon als etwas Ganzes, in<br />

sich geschlossenes funktionieren, nicht als<br />

DJ-Futter.<br />

"Presents DJ Mapi" klingt trotzdem,<br />

als hätte man eines eurer DJ-Sets in<br />

einen Track komprimiert: Das spezielle<br />

Schwelgen im Melodiösen - und dann<br />

das Piano!<br />

Barich: <strong>De</strong>r ist tatsächlich vor allen<br />

anderen Tracks entstanden. Die ich<br />

übrigens niemandem vorgespielt habe,<br />

bis sie wirklich fertig waren. "Ulfo" habe ich<br />

zuerst meiner Freundin gegeben, die<br />

mit dem ganzen Technozirkus gar nichts<br />

zu tun hat. <strong>De</strong>r hat es einfach als Musik-<br />

Album gefallen, das war schon mal wichtig.<br />

Und dann habe ich mich eines Tages<br />

bei MySpace eingeloggt ...<br />

... was wolltest du denn da?<br />

Barich: Meinen Account löschen.<br />

(lacht) Echt. Aber dann fand ich eine<br />

sehr nette Reaktion auf meine Tracks im<br />

Postfach, von Koze. Da dachte ich: Ok,<br />

kann ich veröffentlichen! Aber zurück zu<br />

"Presents DJ Mapi": Es ist viel euphorischer<br />

als der Rest der Platte, ein bisschen<br />

kitschig, aber auch ernst. Eigentlich genau<br />

das, was wir am liebsten auflegen.<br />

Neuschulz: Weshalb es für uns auch<br />

erst spät passt, ab Sechs oder so. Wenn<br />

wir mal in einen echten Peaktime-Slot<br />

gebucht werden, dann haben wir immer<br />

das Gefühl, wir müssten ganz professionell<br />

auflegen und die Leute auf einem wahnsinnig<br />

hohen Energie-Level abholen.<br />

Das geht dann aber meistens schief. So<br />

durchgetaktete Running Orders sind sowieso<br />

nicht unser Ding. Lieber spät und<br />

dafür lange.<br />

Barich: Als wir anfingen miteinander<br />

aufzulegen, passierte das auch oft in eher<br />

unprofessionellen Situationen. In Leipzig<br />

gab es eine Zeit lang einen illegalen Club<br />

namens BAR, so ein richtiges Liebhaber-<br />

Ding. Und wenn die Leute von der BAR<br />

da vormittags anfingen den Boden zu<br />

wischen, dann haben wir meistens immer<br />

noch gespielt. Und so ist das immer noch.<br />

Das ist vielleicht auch unsere Marke, wir<br />

sind eben die charmanten Ossis.<br />

Inzwischen ist das Auflegen ja euer Beruf<br />

geworden. Die Frage ist also: Wird das<br />

jetzt zunehmend schwieriger, dieses<br />

nonchalante Agieren bei einem<br />

gewissen Grad an Professionalität?<br />

Neuschulz: Nee, mit diesem Profi-DJ-<br />

Business haben wir eigentlich nichts zu tun.<br />

Wer uns bucht, weiß auch, wie wir ticken.<br />

Und Beruf, naja. Jan hat immer noch seinen<br />

Job als Booker, und ich mache in Leipzig<br />

einen Plattenladen.<br />

Barich: Beim Plattenkaufen gibt es<br />

aber schon eine Professionalisierung. Da<br />

kann ich inzwischen nicht mehr über die<br />

Funktionalität hinweghören. Und bei mir<br />

zu Hause läuft auch nur noch ganz<br />

selten Musik, da bin ich als DJ einfach<br />

etwas übersättigt. Auch das Ausgehen ist<br />

schwieriger geworden. Heute Mittag waren<br />

wir noch im Berghain und als wir da raus<br />

sind habe ich gedacht: Ich hasse das<br />

alles und doch gibt es nichts Besseres.<br />

Es ist doch so: Wir machen jetzt das, was<br />

wir immer wollten, spielen viel, sind viel<br />

unterwegs. Und dazu gehört eben, dass<br />

man sich am Wochenende gelegentlich<br />

vor den Fernseher wünscht, oder<br />

wenigstens nach Leipzig.<br />

Perfekte Überleitung. Leipzig.<br />

Barich: Kommt jetzt die Frage nach der<br />

Leipziger House-Family?<br />

»Ich lege fast nie<br />

eigene Stücke auf,<br />

weil ich Angst habe,<br />

ausgerechnet damit<br />

den Floor zu leeren.«<br />

Na klar!<br />

Barich: Tscha. Die gibt es, aber irgendwie<br />

auch nicht. Klar, die Musik ist in der<br />

Stadt wahnsinnig präsent. Wir haben vor<br />

Jahren mal eine Veranstaltungsreihe<br />

namens Midi gemacht, die hat sogar das<br />

Ilses Erika verhoused. Das war vorher<br />

eine Indie-Hochburg. Und bald sollen<br />

wieder drei Clubs aufmachen. Und es gibt<br />

auch neue Labels in der Stadt.<br />

Wobei es von außen schon so aussah,<br />

als sei Kann Records so etwas wie die<br />

Initialzündung für eine ganze Reihe von<br />

Label-Gründungen gewesen.<br />

Neuschulz: Aber sicher nicht wegen<br />

unseres Sounds. Kann Records hat höchstens<br />

einigen gezeigt, dass man auch ohne<br />

viel Geld einfach ein Label machen kann.<br />

<strong>De</strong>r Eindruck einer geschlossenen Szene<br />

kommt daher, dass wir an der Logik des<br />

Marktes vorbei veröffentlichen. Wir bringen<br />

eben unseren eigenen Kram raus und<br />

kaufen keine Remixe ein, von denen wir<br />

uns dann noch in ganz anderen Kreisen<br />

eine gewisse Aufmerksamkeit erhoffen.<br />

Jans CD bekommt übrigens nicht mal einen<br />

Barcode.<br />

Barich: Aber natürlich kennen sich alle<br />

in Leipzig. Man läuft sich über den Weg,<br />

tauscht sich aus. Trotzdem: Jemand wie<br />

Daniel (Stefanik – Anm. d. Red.) ist jetzt<br />

bei Cocoon, der macht sein ganz eigenes<br />

Ding. Oder Matthias Tanzmann. Von<br />

einer Leipziger Schule zu sprechen wäre<br />

ja bei so einer Universal-Musik wie House<br />

auch komisch. Wie sollte das denn auch<br />

klingen?<br />

Neuschulz: Wie Die Prinzen!<br />

Einverstanden, dass es inhaltlich überregionale<br />

Gemeinsamkeiten gibt,<br />

insbesondere mit Labels aus Hamburg?<br />

Barich: Ja, zu Smallville sicher. Die<br />

kennen und schätzen wir auch privat sehr.<br />

Aber nicht nur Hamburg: Giegling Records<br />

finden wir auch toll.<br />

Neuschulz: Obwohl deren Sachen<br />

eigentlich viel minimaler sind als unsere.<br />

Barich: Da gibt es aber Ähnlichkeiten,<br />

weil es bei aller Liebe zu klassischem<br />

House darum geht, eine eigene Note zu<br />

entwickeln und zu pflegen. Und weniger<br />

darum, Larry Heard nachzuspielen. Dieser<br />

Bezug von Clubmusik in die Gegenwart<br />

fehlt mir schon manchmal.<br />

Neuschulz: Es ist aber auch nicht so,<br />

dass wir solche Larry-Heard-Gedächtnis-<br />

Tracks nicht mögen oder spielen würden.<br />

Barich: Wir spielen so was andauernd!<br />

Neuschulz: Wir würden das nur nicht<br />

veröffentlichen.

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