De:Bug 169
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Darkstar, News From Nowhere,<br />
ist auf Warp/Rough Trade erschienen.<br />
produziert hat. Dass dabei ein Stück der<br />
praktischen Arbeit entfällt, glauben sie nicht,<br />
James Buttery erklärt: "Die Drumsounds<br />
und all das waren schon fertig, bevor wir<br />
ins Studio gegangen sind. Richard hat nur<br />
dabei geholfen, den Sound wärmer und<br />
fetter zu machen. Wir haben auch einige der<br />
Sounds durch alte Synths ersetzt, den Wasp<br />
zum Beispiel. Das Studio war ein Zusatz,<br />
um der Platte Tiefe und Dreidimensionalität<br />
zu geben."<br />
DARK<br />
STAR<br />
NEUES AUS DEM<br />
NIRGENDWO<br />
TEXT BENEDIKT BENTLER<br />
John Carpenter würde das neue<br />
Album des britischen Trios Darkstar<br />
sehr mögen, nicht nur wegen des<br />
Band-Namens. Verwaschen, leicht<br />
unscharf und sorgsam geschichtet,<br />
klingt "News From Nowhere" so, wie<br />
sich die Schwerelosigkeit im All anfühlt.<br />
Zumindest auf den ersten Blick.<br />
"Ich glaube man wird 'News from Nowhere'<br />
ein paar Mal hören müssen, um es wirklich<br />
genießen zu können." Eine realistische<br />
Selbsteinschätzung von James Young denn<br />
beim ersten Hören wird die wenig eingängige<br />
Platte ihrem bisherigen Publikum<br />
möglicherweise wenig einleuchten. Zu<br />
sphärisch, zu sehr verloren in den angehakten<br />
Gesängen von James Buttery, zu<br />
verschwommen die Melodien. Schritt für<br />
Schritt muss man sich zum Grund vorarbeiten,<br />
den Sound in seinen <strong>De</strong>tails wahrnehmen.<br />
Trotzdem ein Pop-Album? Aiden<br />
bejaht: "Auf bestimmte Art und Weise.<br />
Interessanter, bizarrer Pop."<br />
Ein Synth namens Wasp<br />
Während die Dubstep-Ursprünge der drei<br />
jungen Londoner Weißbrote auf ihrem <strong>De</strong>büt<br />
"North" noch klar erkennbar waren, kommt<br />
ihr neues Album deutlich zarter und ein<br />
wenig leiser daher. Das liegt vor allem an<br />
der Präsenz der Gesangsstimme. "North"<br />
wurde von James Young und Aiden Whalley<br />
geschrieben, James Buttery fungierte damals<br />
nur als Gastsänger. Mittlerweile ist<br />
er mittendrin, selbst ein Stück Darkstar.<br />
Aiden beschreibt das Anwachsen zum<br />
Trio als natürlichen Prozess: "James hat<br />
eine Coverversion eines Radiohead-Songs<br />
gemacht, das war das erste Mal, dass er<br />
für uns gesungen hat. Dann haben wir<br />
angefangen, "North" zu schreiben und<br />
James kam weiterhin vorbei. Auf einmal<br />
waren wir dabei, ein Album zu machen – mit<br />
James auf fast jedem Track. Anschließend<br />
kamen die Live-Shows und schließlich<br />
hatte Warp Interesse. Es war ein logischer<br />
Schritt. Außerdem ist er ein wirklich guter<br />
Musiker."<br />
Er nimmt schon die zweite große<br />
Veränderung im Hause Darkstar vorweg:<br />
Das neue Album wird nicht wie alle bisherigen<br />
Darkstar-Releases auf Hyperdub<br />
veröffentlicht, sondern bei Warp. Ärger<br />
mit Kode9? James Young streitet ab: "Es<br />
»Wenn Künstler ihre<br />
Platte fertig stellen,<br />
ist das erste, was sie<br />
möchten, dass das<br />
Ding auf eigenen Beinen<br />
steht.«<br />
war einfach ein Punkt in unserer Karriere,<br />
an dem wir dachten, der Wechsel wäre<br />
eine gute Sache. Wir mögen Hyperdub<br />
und Kode9 wirklich. Wir sind weiterhin<br />
Freunde, alles Paletti." Viele Worte möchte<br />
das Trio darüber nicht verlieren. Über Geld<br />
und Karriere spricht man nicht.<br />
Mit der erweiterten Band-Besetzung<br />
und dem Labelwechsel hat sich auch die<br />
Produktionsweise professionalisiert. Das<br />
Trio arbeitete für "News From Nowhere" mit<br />
Richard Formby zusammen, der auch schon<br />
für Sonic Boom, Hood und Wild Beasts<br />
<strong>De</strong>r Sound des Nirgendwo<br />
Im Gegensatz zu "North", das in London<br />
entstand, haben sich die Briten diesmal<br />
komplett abgeschottet. Das Album ist in<br />
einem Haus mitten im Nirgendwo, in der<br />
einsamen Landschaft von West Yorkshire<br />
entstanden. Ohne Ablenkungen konnte<br />
das Trio sich dort zu hundert Prozent der<br />
Musik widmen. Aber "News From Nowhere"<br />
ist eine Platte, die nicht nur an diesem Ort<br />
entstanden ist, auch der Klang wurde von<br />
der Umgebung beeinflusst. Mehr als gedacht<br />
– da sind sich die drei einig. "Die<br />
Auswirkungen des Drumherum auf dein<br />
eigenes Tun sind massiv – auch wenn uns<br />
das erst recht spät klar geworden ist. Als<br />
wir in dieses Haus gezogen sind, war es<br />
wie eine Abspaltung, eine Loslösung von<br />
'North', der Sound begann sich völlig zu<br />
verändern. Zuerst spielten wir wirklich<br />
heftiges Zeug: siebenminütige Stücke mit<br />
treibenden Techno-Beats und elektrischen<br />
Gitarren", erzählt Buttery und muss selbst<br />
darüber lachen. Aiden: "Wir mussten durch<br />
eine Art Chaosphase gehen, bevor wir den<br />
Sound der kommenden Platte gefunden<br />
hatten."<br />
Von Parallelen zu anderen Bands will man<br />
natürlich gar nichts wissen. Doch auf<br />
ihrem neuen Album wird die Stimme des<br />
Sängers genauso zum Instrument und<br />
Austragungsort eines Soundgeflechtes,<br />
wie es schon im vorletzten Jahr bei James<br />
Blake und im letzten Jahr bei Laurel Halo<br />
zu hören war - es zeugt von dem verstärkten<br />
Zerfledderbedürfnis einer jungen<br />
Musikergeneration, die sich in der<br />
Urbarmachung (oder eben poetischen<br />
Rekonstruktion) ihrer eigenen Stimme<br />
auf Strukturen amerikanischen R&Bs beruft.<br />
Was irgendwann als Dubstep begann,<br />
dann mächtig durch den Fleischwolf gedreht<br />
wurde und sich 212 vielleicht am klarsten<br />
im Sound einer Cooly G entwickelte, könnte<br />
213 in der Platte von Darkstar münden.<br />
Das große neue Ding aus UK? "Das hoffen<br />
wir wirklich. Ich glaube, wenn Künstler ihre<br />
Platte fertig stellen, ist das erste, was sie<br />
möchten, dass das Ding auf eigenen Beinen<br />
steht – allein. Ich will nicht, dass "News<br />
from Nowhere" wie andere Platten klingt.<br />
Es soll etwas eigenes sein und den Platz<br />
haben, sich entfalten zu können."<br />
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