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Starnberger Bote 3 Editorial<br />
Sehr geehrte Starnbergerinnen,<br />
sehr geehrte Starnberger,<br />
juhu, sie ist da, die langersehnte<br />
Lösung für bezahlbaren Wohnraum in<br />
Starnberg. Vorbei ist die Zeit mit Mieten<br />
um <strong>15</strong> €/m² kalt. Der Gesetzgeber<br />
hat endlich begriffen, dass der Bürger<br />
seinen Schutz benötigt und nicht länger<br />
dem schamlosen Treiben einer<br />
Vermietermafia ausgesetzt sein<br />
darf. Die „Mietpreisbremse“ klopft<br />
künftig den Starnberger Vermietern<br />
ordentlich auf die Finger, wenn diese<br />
wieder Mieten aufrufen, die nahezu<br />
dem vollen Monatsverdienst eines<br />
normalen Arbeitsmarktteilnehmers<br />
entsprechen.<br />
Im Freudentaumel hört man Fragen<br />
wie: „Ist es wirklich wahr? Können<br />
wir Starnberger uns das Wohnen in<br />
Starnberg bald wirklich wieder leisten?<br />
Bei welchem Preis greift eigentlich<br />
die Bremse? Bei 9 €, 10 € oder bei<br />
10,50 € ?. 11 € ginge vielleicht auch<br />
gerade noch!<br />
Die Antworten sind leider ernüchternd:<br />
„Nein, lieber Starnberger, es ist nicht<br />
wahr! Auch künftig kannst Du Dir das<br />
Wohnen in Starnberg kaum leisten.<br />
Und es wird auch nicht besser. Es<br />
gibt auch nach der Mietpreisbremse<br />
keinen Grund, bei Neuvermietungen<br />
geringere Mieten aufzurufen, als<br />
diejenigen, die bisher verlangt werden.<br />
Deine erhofften 11 € werden<br />
auch künftig kaum ausreichen, um<br />
einen Quadratmeter unbeheizten<br />
Wohnraum zu bezahlen. Auch werden<br />
die Preise in Starnberg trotz<br />
Mietpreisbremse künftig weiter steigen.<br />
Die Mietpreisbremse gibt leider<br />
auch keine absolute Grenze vor.<br />
Die Mietpreisbremse bremst erst<br />
wenn künftig bei Neuvermietungen<br />
Bedingungen eingetreten sind, die<br />
deutlich schlechter als die heutigen<br />
sind.“<br />
Mal der Reihe nach:<br />
Ab 1.8. ist die Mietpreisbremse in<br />
Bayern aktiv. Bei 144 Kommunen<br />
(überwiegend oberbayerische<br />
Gemeinden) wurde ein „angespannter<br />
Wohnungsmarkt“ festgestellt. In<br />
diesen Kommunen gilt nun:<br />
Bei neuen Mietverträgen darf die<br />
Miete nicht mehr als 10 % über der<br />
ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.<br />
Tut sie das doch, so ist der Betrag<br />
oberhalb dieser Grenze vom Mieter<br />
nicht geschuldet bzw. kann ggf. nachträglich<br />
zurückgefordert werden.<br />
Das gilt zumindest dann, wenn die<br />
betreffende Wohnung kein Neubau<br />
(= Erstbezug ab Okt. 2014) ist oder<br />
diese erstmals nach umfangreicher<br />
Sanierung bezogen wird, die Wohnung<br />
möbliert ist oder zuvor bereits oberhalb<br />
dieser Grenze vermietet war.<br />
Die Luxussanierer und der traditionelle<br />
Mietwucherer begrüßen die<br />
Mietpreisbremse mit einem Lächeln<br />
auf den Lippen. Der Gesetzgeber hat<br />
deren Belange erkannt und durch eine<br />
entsprechende Ausnahme geschützt.<br />
Im Fall von Starnberg fallen damit<br />
von vorneherein ca. 50 – 60 % der in<br />
Frage kommenden Neuvermietungen<br />
aus der Mietpreiskontrolle heraus, da<br />
sie in eine Ausnahme fallen. Ca. weitere<br />
20 % umgehen das Problem mit<br />
juristisch gut formulierten Verträgen<br />
unter Ausnutzung der Schwächen<br />
der gesetzlichen Regelung (z. Bsp.<br />
gestaffelte Mietverträge).<br />
Sollten nach alledem noch einzelne<br />
Starnberger Neuvermietungen übrig<br />
sein, bei denen man die Anwendung<br />
der Mietpreisbremse ernsthaft diskutieren<br />
kann, so sieht sich der Mieter<br />
bei der Verfolgung seiner Rechte<br />
erheblichen Risiken gegenüber. Die<br />
beiden wesentlichen Streitpunkte<br />
werden sein:<br />
„Waren die Renovierungen vor<br />
Mietvertragsbeginn „umfassende<br />
Modernisierungen?“<br />
„Was ist überhaupt die ortsübliche<br />
Vergleichsmiete?“<br />
Der Gesetzgeber hat lauter unbestimmte<br />
Rechtsbegriffe verwendet,<br />
deren Beurteilung objektiv und im<br />
Voraus nicht wirklich möglich ist.<br />
Wiederholt hat der Bürger mit einem<br />
Gesetz zu kämpfen, das er nicht<br />
rechtsicher anwenden kann, sondern<br />
dass jeweils im Einzelfall durch<br />
richterliche Beurteilung ausgefüllt<br />
wird. Dies gilt insbesondere im Falle<br />
der Bestimmung der „Ortüblichen<br />
Miete“, wenn – wie in Starnberg<br />
keinerlei Mietspiegel vorhanden ist.<br />
Jahrelange Streits um die richtige<br />
Vergleichsmiete mit sündhaft teuren<br />
Gutachten stehen dem Mieter dann<br />
bevor.<br />
(Anm.: Frau Bürgermeisterin John<br />
hat zwischenzeitlich erklärt, den<br />
Hauptausschuss „im Herbst“ über<br />
die Aufstellung eines Mietspiegels<br />
beraten zu lassen. Auf eine klare<br />
Positionierung, ob sie nun einen<br />
solchen politisch will und wenn ja<br />
warum ist sie noch schuldig)<br />
Im Ergebnis werden die Vermieter in<br />
Starnberg die Bremse nicht beachten,<br />
solange der Markt Mieter liefert, die<br />
aufgrund der Marktlage bereit sind,<br />
alles für einen Vertragsabschluss zu<br />
tun, insbesondere deutlich überhöhte<br />
Mieten zu akzeptieren. Warum sollten<br />
sie auch. Sie brauchen nicht einmal<br />
ein schlechtes Gewissen zu haben,<br />
da sie sich ja immer darauf beziehen<br />
können, sie hätten die Marktlage bzw.<br />
die Vergleichsmieten so eingeschätzt.<br />
In den nächsten 5 Jahren (und nur so<br />
lange ist die Mietpreisbremse nach<br />
derzeitigem Gesetzesstand wirksam),<br />
werden in Starnberg kaum Mieter ihre<br />
Rechte gerichtlich verfolgen, da das<br />
prozessuale Risiko in keiner Relation<br />
zum erstrebten Vorteil steht. Am Ende<br />
sind es vielleicht ein paar umfassend<br />
rechtsschutzversicherte Mieter<br />
oder Mitglieder des Mietervereins, die<br />
einen Achtungserfolg vor dem Gericht<br />
erwirken. Diese vereinzelt durchgefochtenen<br />
Mietpreisbegrenzungen<br />
werden am Ende der einzige Effekt<br />
der Mietpreisbremse bleiben. In der<br />
Gesamtstatistik der Starnberger<br />
Mietpreisentwicklung wird dies aber<br />
keine oder keine wesentliche Rolle<br />
spielen.<br />
Das Problem der Mietpreise<br />
ist letztendlich nur über das<br />
Wohnraumangebot in den Griff zu<br />
bekommen. Solange jeder Vermieter<br />
eine monopolähnliche Situation vorfindet,<br />
hat er keinen Grund, unterhalb<br />
der erzielbaren Mietpreise zu<br />
vermieten. Wenn sich der Vermieter<br />
hingegen aufgrund einer konkurrierenden<br />
Marktlage wieder anstrengen<br />
muss, um einen guten Mieter in<br />
seine Immobilie zu bekommen, dann<br />
wird er auch einen angemessenen<br />
Mietpreis aufrufen.<br />
Als Lösung muss also neuer Wohnraum<br />
entstehen. Hier sind öffentliche und<br />
private Bauträger gleichermaßen<br />
gefordert. das Wohnraumangebot zu<br />
erhöhen, damit irgendwann Angebot<br />
und Nachfrage in einem gesunden<br />
Verhältnis gegenüberstehen. Dann<br />
gehen den Mietwucherern die Mieter<br />
aus und der Markt hat sich selbst<br />
geheilt, ganz ohne eine Regulierung<br />
durch Legislative und Judikative!<br />
Ihr<br />
Michael Forster<br />
1. Vorsitzender Bund der Selbstständigen<br />
/ Gewerbeverband<br />
Starnberg Ortsgruppe des BDS<br />
Bayern e.V.