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Starnberger Bote 5 SPD Fraktionsvorsitzende Chr. Falk<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
als Teil der Europäischen Metropolregion<br />
München profitieren wir in<br />
Starnberg vom S-Bahn-System und<br />
der guten Anbindung an München,<br />
aber auch vom Voralpenland, dass<br />
direkt vor unserer Haustür beginnt<br />
und einen enormen Freizeitwert<br />
bedeutet. Das zieht viele finanzkräftige<br />
Bürgerinnen und Bürger<br />
in unsere Stadt. Während andere<br />
Regionen demographisch bedingt<br />
künftig mit weniger Bewohnern rechnen<br />
müssen, werden sich Stadt und<br />
Landkreis Starnberg als Zuzugsregion<br />
auf das weitere Wachstum seiner<br />
Bevölkerung einstellen.<br />
Es ergeben sich Vor- und Nachteile.<br />
Einerseits führt Zuzug zu mehr<br />
Wirtschaftskraft, bedeutet höhere<br />
Steuereinkommen für die Stadt<br />
und damit mehr Finanzkraft für<br />
Kindergärten, Ausstattung für<br />
Schulen, Bussysteme und vieles<br />
mehr. Davon profitieren wir alle.<br />
Andererseits ist das Thema Wohnen<br />
– neben der zunehmenden<br />
Verkehrsbelastung – eines der<br />
brennendsten Themen in Starnberg<br />
geworden. Erschwinglicher Wohnraum<br />
ist sehr schwer zu finden. Eine<br />
Familie mit zwei Kindern muss für<br />
Miete oftmals ein ganzes Nettogehalt<br />
aufwenden. Die Folge ist, dass sich<br />
viele Bürger Starnberg nicht mehr<br />
leisten können oder leisten wollen.<br />
Das Wegbleiben und der Wegzug<br />
von Fachkräften macht sich bei den<br />
Firmen, sozialen Diensten und öffentlichen<br />
Einrichtungen in Starnberg<br />
bemerkbar. Es fehlt zunehmend an<br />
Dienstleistungskräften, Pflegekräften,<br />
Krankenschwestern, Polizisten etc.<br />
Damit ist Wohnen nicht nur ein<br />
Thema für die Wohnungssuchenden,<br />
sondern auch für Wirtschaft und<br />
Politik in Starnberg. Wir alle haben<br />
ein Interesse daran, dass Wohnen in<br />
Starnberg auch für jene Mitbürger<br />
finanzierbar bleibt, die für uns im<br />
Restaurant kochen, die für uns morgens<br />
die Semmeln backen oder für<br />
uns im Krankenhaus für eine gute<br />
Pflege sorgen.<br />
Wir müssen der negativen Entwicklung<br />
auf dem Wohnungsmarkt<br />
entgegenwirken. Das ist die Pflicht<br />
der Gemeinde als Teil der Daseinsvorsorge,<br />
um eben die genannten<br />
Fachkräfte in der Stadt zu halten<br />
und ihnen mit ihrem Gehalt ein<br />
Auskommen zu ermöglichen.<br />
Was können wir als Gemeinde bewirken?<br />
Der Markt regelt viele Dinge. Angebot<br />
und Nachfrage bestimmen den Preis,<br />
sofern der Markt funktioniert. Aber<br />
um das Angebot an bezahlbarem<br />
Wohnraum zu erhöhen, kann und<br />
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muss die Stadt Starnberg jetzt wirksam<br />
tätig werden.<br />
Mietpreisbremse<br />
Bisher kann die Miete durch den<br />
Eigentümer beliebig hoch festgelegt<br />
werden, wenn ein neuer Mietvertrag<br />
geschlossen wird. Dabei kam es in<br />
der Vergangenheit zu Preissprüngen<br />
um 20, 30 oder sogar 40 Prozent<br />
bei Neuvermietungen. Mit der<br />
Mietpreisbremse kann das verhindert<br />
werden. Hierzu muss ein qualifizierter<br />
Mietpreisspiegel durch die<br />
Kommune oder den Landkreis erstellt<br />
werden. Bei Neuvermietungen darf<br />
der Mietpreis dann künftig höchstens<br />
um zehn Prozent über dem Niveau<br />
der ortsüblichen Vergleichsmiete<br />
liegen. Damit wird verhindert, dass<br />
Mieten zu rasant steigen.<br />
Sozialgerechte Bodennutzung<br />
Bei der Umwidmung von Flächen<br />
in Bauland wird eine Wertsteigerung<br />
von Grundstücken erzielt, an der<br />
die Gemeinde beteiligt werden<br />
sollte. Voraussetzung ist, dass die<br />
Regelungen hierfür in der Kommune<br />
in einer Satzung festgelegt werden.<br />
Die Verdichtung von Bauraum in<br />
Bebauungsplänen, die Umwidmung<br />
von Brachflächen in Bauflächen sind<br />
ein Gewinn für beide Seiten, den<br />
Eigentümer und die Gemeinde. Die<br />
Beteiligungsbeiträge für die Kommune<br />
können entweder in die dann zu<br />
schaffende Infrastruktur investiert<br />
werden oder in die Finanzierung von<br />
kommunalen Bauprojekten.<br />
Kommunale Wohnungsbaugesellschaft<br />
Nicht nur in Starnberg werden generell<br />
zu wenige Wohnungen gebaut.<br />
Dies führt auf dem Markt zu einer so<br />
großen Nachfrage, dass die Preise für<br />
Mietwohnungen explodieren.<br />
Die Starnberger Wohnungsbaugenossenschaft<br />
leistet vorbildliche Arbeit,<br />
um dem entgegen zu wirken. Mit<br />
ca. 500 Wohnungen versorgt sie in<br />
Starnberg viele Menschen mit bezahlbarem<br />
Wohnraum. Die Mieter können<br />
nicht aus Eigenbedarf gekündigt zu<br />
werden. Das gibt ihnen Sicherheit für<br />
Zukunftsplanungen.<br />
Doch leider reicht das Angebot bei<br />
weitem nicht aus, um die Marktlage<br />
zu entspannen. Es gibt einen<br />
Aufnahmestopp für neue Mitglieder<br />
bis Jahresende, damit die Wartezeiten<br />
für die heutigen Mitglieder nicht zu<br />
lange sind. Es sind zwar 40 neue<br />
Wohnungen an der Himbselstraße<br />
geplant, doch der Bedarf wird damit<br />
nicht gedeckt. Wir gehen davon aus,<br />
dass in der Stadt Starnberg pro<br />
Jahr mehr als 50 neue Wohnungen<br />
gebraucht werden.<br />
Die Gründung einer kommunalen<br />
Wohnungsbaugesellschaft<br />
ist daher nicht als Konkurrenz zur<br />
Wohnungsbaugenossenschaft zu<br />
sehen, sondern als Ergänzung des<br />
Angebotes.<br />
Wie diese kommunale Wohnungsbaugesellschaft<br />
genau aufgestellt werden<br />
kann, dafür gibt es verschiedenste<br />
Modelle. Andere Kommunen,<br />
wie z. B. München, haben in Form der<br />
GWG oder GEWOFAG Gesellschaften<br />
gegründet. Aber auch in anderen<br />
Kommunen in der Region gibt<br />
es reichhaltig Beispiele, die eine<br />
genauere Betrachtung verdienen. Ein<br />
eigener Ausschuss des Stadtrates,<br />
der sich mit der Nutzung der stadteigenen<br />
Liegenschaften beschäftigt,<br />
könnte hier ein Weg sein, um<br />
die Gründung einer kommunalen<br />
Wohnungsbaugesellschaft vorzubereiten.<br />
Ziel einer Starnberger Wohnungsbaugesellschaft<br />
sollte sein, die<br />
Starnberger Bürger mit bezahlbaren<br />
Mietwohnungen oder evtl. sogar mit<br />
Eigentumswohnungen zu versorgen.<br />
Welche Gesellschaftsform auch<br />
immer für diese Gesellschaft<br />
gewählt wird, die stadteigenen<br />
Grundstücke könnten als Einlage der<br />
Stadt als Gesellschafter dienen. Sie<br />
könnten in Form von Erbpacht an<br />
die Gesellschaft vergeben werden,<br />
oder ganz einfach von der Stadt an<br />
die Gesellschaft zur Bebauung von<br />
Mietwohnungen zweckgebunden<br />
und preiswert verkauft werden. Auf<br />
jeden Fall muss diese Starnberger<br />
Wohnungsbaugesellschaft eine<br />
Einrichtung der Kommune bleiben<br />
und als Ziel nicht möglichst<br />
große Gewinnerzielung haben, sondern<br />
die Vergabe von bezahlbaren<br />
Mietwohnungen.<br />
Wir müssen in Starnberg wieder mehr<br />
miteinander reden!<br />
Gespräche zwischen Bürgern, Politik<br />
und Wirtschaft in einem zielgerichteten<br />
„Arbeitskreis“, einem „runden<br />
Tisch“, „Bürgerforum“ oder<br />
„Wohnungsrat“, kann viel bewegen.<br />
Sicher ist, dass wir alle ein<br />
Interesse daran haben, dass Wohnen<br />
in Starnberg erschwinglich bleibt. Nur<br />
mit Fachkräften vor Ort können wir<br />
unsere Wirtschaft auf hohem Niveau<br />
erhalten und weiter entwickeln.<br />
Herzlichst Ihre<br />
Christiane Falk<br />
SPD Fraktionsvorsitzende im<br />
Starnberger Stadtrat