Wirtschaftszeitung_22082016
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LEBEN &WISSEN 25<br />
Das Superarchiv der<br />
deutschen Geschichte<br />
Der „Zentrale Bergungsort“ der Bundesrepublik im Schwarzwald schützt inzwischen fast eine Milliarde<br />
Dokumente. 30 000 Kilometer Mikrofilmmaterial lagern in 1500 Edelstahlbehältern.<br />
Der verheerende Brand, der sich<br />
2004 in der Herzogin Anna Amalia<br />
Bibliothek in Weimar ereignete, der<br />
größte Bibliotheksbrand in Deutschland<br />
seit dem Zweiten Weltkrieg, sowie<br />
der Einsturz des Kölner Stadtarchivs<br />
sechs Jahre später waren Katastrophenmit<br />
unwiederbringlichen<br />
Verlusten. Dass aber nicht alles, was<br />
man verloren glaubte, auch verloren<br />
ist, verdankt sich einer Institution,<br />
die ganz im Gegensatz zu ihrer Bedeutung<br />
nur einen geringen Bekanntheitsgrad<br />
hat.<br />
Mitten im Schwarzwald<br />
bei Oberried, ein paar<br />
Dörfer hinter Freiburg,<br />
schlängelt sich ein<br />
Wirtschaftsweg den<br />
Hang hinauf. Werihn an einer Gabelung<br />
verlässt und ein paar Meter einem Trampelpfad<br />
folgt, steht plötzlich vor einem<br />
Stahltor.Der Wegendet hier.Dreimit der<br />
Spitze nach unten weisende blauweiße<br />
Fünfeckemarkieren das Tor. Manhat dieses<br />
Zeichen, mit dem die Unesco schützenswerte<br />
Kulturgüter auszeichnet,<br />
schon gesehen. An berühmten Bauwerken<br />
wie Kathedralen und Schlössern ist<br />
es angebracht, jedoch immer nur eines<br />
und nicht drei nebeneinander. „Drei<br />
Schutzschilde stehen nur an ganz besonders<br />
wichtigen Orten und in Deutschland<br />
nur hier“,empfängt Lothar Porwichvom<br />
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und<br />
Katastrophenhilfe(BBK) die seltenen Besucher.<br />
Ein besonderer Ort? Das fällt<br />
schwer zu glauben.<br />
„Hier wird alles verraten“, führt der Diplom-Verwaltungswirt<br />
aus, „nur der Zahlencode<br />
des Eingangsschlosses nicht.“ Erfreulich,<br />
dass der Angestellte des Sicherheitsdienstes<br />
ein<br />
gutes Gedächtnis<br />
hat. Außer ihm<br />
kennt nur noch<br />
eine weitere Person<br />
den Code.<br />
Dann betritt man<br />
den nach der<br />
Schutzpatronin<br />
der Bergleute benannten<br />
Barbarastollen, der mit drei<br />
Alarm- und Überwachungssystemen gesichert<br />
ist. „Früher wurde hierdurch Erz<br />
aus den Silberminen abtransportiert,<br />
heute lagert hier die deutsche Geschichte.“<br />
Knapp 400 Meter geht man inden<br />
einsturzsicheren Stollen. Zu sehen ist<br />
nicht viel, bis auf zwei mächtigeDrucktüren.<br />
Sie schützen das dahinter liegende<br />
„Superarchiv“, wie es das BBK unbescheiden<br />
nennt.<br />
„Mindestens 500 Jahre sind die<br />
Aufnahmen haltbar, sprich lesbar.“<br />
Lothar Porwich, Bundesamt für Bevölkerungsschutz<br />
und Katastrophenhilfe (BBK)<br />
Kein Bierkeller: Blick in einen der beiden Seitenflügel des Stollens, das „Superarchiv“, in dem zurzeit 1500 Fässer gesichert sind.<br />
In den zwei mit Beton ausgebauten Seitenflügeln<br />
des Stollens lagern 1500 rostfreie<br />
Edelstahlbehälter, jeder 122 Kilo<br />
schwer.Ihr Inhalt: über 30 000Kilometer<br />
Mikrofilmmaterial. „75 Mitarbeiter in<br />
zwei Bundes- und zwölf Landesarchiven<br />
sind damit beschäftigt, wichtige Dokumentezur<br />
Geschichteund Kultur unseres<br />
Landes zu verfilmen“, erklärt Porwich,<br />
erst in Schwarz-Weiß, seit einigen Jahren<br />
auch farbig. „Voraussetzung ist, dass es<br />
sich bei allen Dokumenten um Unikate<br />
handelt.“ Die 50 000Euroteuren Spezialkameras<br />
ermöglichen sogenannte Sicherungsverfilmungen.<br />
Der Inhalt der Originale<br />
werde dabei nicht codiert, sondern<br />
um den Faktor 14 verkleinert. Drei Millionen<br />
Eurojährlich stellt der Bund für Verfilmungen<br />
von Archivgut zur Verfügung.<br />
„Mindestens 500 Jahre sind die Aufnahmen<br />
haltbar, sprich lesbar“, so der BBK-<br />
Mitarbeiter.Zudiesem Zweck werden die<br />
Stahlbehälter mit den zu ca. 1,3 Kilometer<br />
langen Rollen zusammengeschweißten<br />
Filmen vier Wochen in einer Klimakammer<br />
bei konstant zehn Grad Celsius<br />
und 35 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit<br />
klimatisiert. Dann werden die Behälter<br />
luftdicht verschlossen undinden Stollen<br />
im Schwarzwald transportiert, wo vergleichbare<br />
Klimabedingungen herrschen,<br />
ohne dass technische Hilfe nötig<br />
wäre. ► Fortsetzung auf Seite 26<br />
Fotos: Ulrich Traub<br />
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Oberarchivrat Martin Luchterhandt zeigt einen Film mit den verkleinert fotografierten Dokumenten.