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Facetten Mai 2010

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4398 Kilometer:<br />

selbst erfahren<br />

Dimitri Nuss radelte von Paris<br />

nach Moskau<br />

Angefangen hat alles mit einer Bekanntschaft<br />

während einer Fahrradtour,<br />

auf dem Weg von Kassel nach Hannoversch<br />

Münden. „Vor neun Jahren traf ich<br />

dort einen anderen Fahrradfahrer, der von<br />

Italien bis ans Nordkap fahren wollte“,<br />

erzählt Dimitri Nuss, der in der Kasseler<br />

Werkstatt (KSW) im Bereich Logistik arbeitet.<br />

„Ich habe nicht geglaubt, dass er<br />

das schafft. Aber zwei Monate später bekam<br />

ich eine Postkarte vom Nordkap.“<br />

Jetzt hatte das Fahrradfieber auch Dimitri<br />

Nuss (40) gepackt. Zuvor hatte er<br />

immer Tagestouren unternommen, doch<br />

jetzt wurden die Reisen länger. 2006 fand<br />

er im Internet das Angebot der Gruppe<br />

Bike for Peace and new Energies, die im Sommer<br />

innerhalb von neun Wochen von Paris<br />

nach Moskau fahren. Mehrere hundert<br />

TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt demonstrieren<br />

mit dieser Fahrt für Frieden<br />

und Umweltschutz, in diesem Jahr zum<br />

fünften Mal. Durch das gemeinsame Radfahren<br />

wollen sie Menschen aus Ost und<br />

West zusammenbringen.<br />

„Für mich war interessant, dass auch<br />

Behinderte mitmachen können“, sagt<br />

Dimitri Nuss, der eine Spastik hat. Aber<br />

erst 2009 meldete er sich an. „Auch kurz<br />

vor Beginn wollte ich noch absagen. Wie<br />

sollte das funktionieren mit dem Duschen,<br />

dem Schlafen? Aber dann dachte<br />

ich: Egal, ich will fahren.“<br />

Und auch jetzt, neun Monate nach seiner<br />

Reise, sprudelt Dimitri Nuss über vor<br />

Eindrücken und Geschichten. „Das Tolle<br />

war, immer etwas Neues zu sehen. Die<br />

Natur in Russland, das muss man wirklich<br />

erlebt haben.“ Auch von den Städten<br />

war er beeindruckt. „Vor allem in Belarus<br />

(Weißrussland) wurden wir immer sehr<br />

freundlich empfangen. Die Straßen waren<br />

gesperrt, Leute standen an der Straße<br />

und trugen ihre Trachten.“<br />

Einen der tollsten Empfänge bekam die<br />

Gruppe schon in Oberhof am Rennsteig,<br />

nach einem 20 Kilometer langen Anstieg.<br />

„Vorher hatte ich Angst, dass die Anderen,<br />

die Gesunden, mich abhängen. Aber<br />

dann war an der Strecke so viel Jubel von<br />

Zuschauern, die Polizei hat uns begleitet –<br />

da haben sich die 20 Kilometer angefühlt<br />

wie einer. Und als wir ankamen, wurde<br />

mein Name über Lautsprecher durchgesagt,<br />

weil ich der einzige Fahrer mit Behinderung<br />

war. Da habe ich sogar ein<br />

bisschen geweint.“<br />

Und wie war es, nach diesem Erlebnis<br />

nach Kassel zurückzukommen? „Ich habe<br />

während der Reise viele interessante Leute<br />

kennen gelernt. Mit acht Leuten aus Litauen,<br />

Polen, Weißrussland und Deutschland<br />

bin ich die ganze Strecke gefahren,<br />

wir waren zwei Monate immer zusammen.<br />

Man hat nach kurzer Zeit das Gefühl,<br />

die Leute schon lange zu kennen.<br />

Dann war ich auf einmal wieder allein<br />

– etwas fehlt.“ Deshalb steht für Dimitri<br />

Nuss schon fest, dass er wieder mitfährt,<br />

dieses Mal wahrscheinlich die Strecke<br />

Essen–Moskau.<br />

Nora Wetzel<br />

20 FACETTEN Kasseler Werkstatt

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