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Namibia: 25 Jahre unabhängig

Die Fachzeitschrift zum Südlichen Afrika. Afrika Süd liefert kritische Hintergrundanalysen, stellt konkrete Projekte vor und lässt Akteure zu Wort kommen. // THEMENSCHWERPUNKT Namibia - 25 Jahre unabhängig: Befreiungsbewegung, Frauenpolitik, Völkermorddebatte, historische Fotos sowie Beiträge zu Literatur, Film und Musik // www.afrika-sued.org

Die Fachzeitschrift zum Südlichen Afrika. Afrika Süd liefert kritische Hintergrundanalysen, stellt konkrete Projekte vor und lässt Akteure zu Wort kommen. // THEMENSCHWERPUNKT Namibia - 25 Jahre unabhängig: Befreiungsbewegung, Frauenpolitik, Völkermorddebatte, historische Fotos sowie Beiträge zu Literatur, Film und Musik // www.afrika-sued.org

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Keineswegs ein Luxus<br />

DER FILM IN NAMIBIA wird von der Gesellschaft nur wenig gewürdigt. Seine kulturpolitische und sozio-ökonomische<br />

Bedeutung wird verkannt.<br />

Foto: Ster Kinekor<br />

Angesichts der weltweiten Übermacht Hollywoods bemerkte der<br />

französische Schauspieler Gerald Depardieu einst: „Die Bilder des<br />

Films und des Fernsehens sind der Spiegel, in dem wir uns betrachten,<br />

und das Fenster, durch welches wir das Leben der anderen sehen.“<br />

Daraus folgerte er die Frage: „Werden wir diese Bilder in Zukunft<br />

selbst herstellen, oder werden wir nur als passive Betrachter<br />

daneben stehen, die sich die Bilder anschauen, die andere für sie<br />

produziert haben?” Auch für namibische Filmemacher stellt sich<br />

diese Frage. Doch ist ihr Problem ein viel größeres als das, welches<br />

Depardieu zu seiner Bemerkung bewegt haben könnte. Im Gegensatz<br />

zu Frankreich hat <strong>Namibia</strong> bisher keine Kinokultur, und der<br />

strukturelle, finanzielle wie gesellschaftliche Rahmen muss dafür<br />

erst geschaffen werden. Auch wird <strong>Namibia</strong> bis heute allzu oft von<br />

einem Eurozentrismus dominiert, der für Frankreich kulturpolitisch<br />

kein Problem darstellt, allerdings für ein recht junges afrikanisches<br />

Land wie <strong>Namibia</strong> von immenser Bedeutung ist, wenn es um Fragen<br />

wie nationale Identität und Vergangenheitsbewältigung geht.<br />

Kulturpolitisch ist gerade Film ein Imageproduzent erster Ordnung.<br />

Ein so kleines Land wie <strong>Namibia</strong>, das nicht im Zentrum internationaler<br />

Aufmerksamkeit steht, braucht eine adäquate Positionierung,<br />

die heute vorrangig über audiovisuellen Inhalt erreichbar ist,<br />

der von Geschichte, Lebensumständen, Denkweisen und Befindlichkeiten<br />

eines Landes erzählt.<br />

<strong>Namibia</strong> hat viele soziale und wirtschaftliche Probleme v.a. aus<br />

der Zeit der Apartheid geerbt. Das spiegelt sich auch in seiner Filmlandschaft<br />

wider. Erst 2007 – 17 <strong>Jahre</strong> nach der Unabhängigkeit –<br />

wurden die ersten „<strong>Namibia</strong>n Film Awards“ beim damals noch bestehenden<br />

Windhoeker „Wild Cinema International Film Festival“<br />

vergeben. Bis vor kurzem gab es nur zwei kommerzielle Kinos im<br />

ganzen Land, davon eines in Windhoek, das fast ein Jahr lang 2013/14<br />

wegen Renovierungsarbeiten geschlossen war. Mit Beginn des neuen<br />

<strong>Jahre</strong>s hat die Hauptstadt zumindest zwei kommerzielle Kinos,<br />

ein weiteres steht in Swakopmund. Im bevölkerungsreichen Norden<br />

gibt es keines. Die Anzahl namibischer Spielfilmproduktionen lässt<br />

sich nach wie vor an einer Hand abzählen, sofern man Nollywood<br />

ähnliche Filme (nigerianische Filmproduktion) unbeachtet lässt.<br />

Film in <strong>Namibia</strong> wird all zu oft vom Staat und der Privatwirtschaft<br />

als gesellschaftlicher Luxus betrachtet. Sein Potenzial wird zu wenig<br />

erkannt. Andere, oft infrastrukturelle Probleme werden teilweise zu<br />

Recht als prioritär angesehen. Bei entwicklungspolitischer Planung<br />

werden Kultur und insgesamt die kreativen Industrien im Land zumeist<br />

übersehen. Dieser Tatbestand ignoriert die kulturpolitische<br />

und die sozio-ökonomische Bedeutung von Film.<br />

Auch fehlt es an Investitionen. Zwar hatte die Foundation First National<br />

Bank (FNB) in einem Novum 2012 erstmals 500.000 Nam-Dollar<br />

als Initialförderung in ein Filmprojekt gesteckt und weitere private<br />

Investoren, sei es durch Rabatte oder Dienstleistungen, folgten.<br />

Doch Regisseur Tim Huebschle ist zuzustimmen, wenn er sagt: „Der<br />

Privatsektor <strong>Namibia</strong>s hat Film noch nicht als etwas lukratives oder<br />

geschäftsmäßig sinnvolles identifiziert.“<br />

Der Beginn der namibischen Filmindustrie<br />

Wie jedes Kulturschaffen setzen auch Filmproduktionen die<br />

künstlerische Freiheit des Akteurs und die Freiheit für die Kunst in<br />

Staat und Gesellschaft voraus. Die namibische Verfassung von 1990<br />

garantiert Meinungsfreiheit, namibische Filmemacher können sich<br />

auf diese in ihrer Arbeit berufen.<br />

Mit Beginn der neunziger <strong>Jahre</strong> dominierten zunächst Regisseure<br />

und Produzenten der ersten Stunde, wie Richard Pakleppa, Cecil Moeller<br />

und Bridget Pickering, erfolgreich die kleine Filmszene <strong>Namibia</strong>s,<br />

auch wenn sie zumeist außerhalb des Landes drehten. Konstant<br />

lieferten sie über die <strong>Jahre</strong> gute Arbeiten, von Kurzfilmen und Dokumentationen<br />

bis hin zu international erfolgreichen Produktionen<br />

wie „Hotel Ruanda“ (2004), wo Pickering Koproduzentin war.<br />

Auch wurden institutionelle Hürden genommen und Meilensteine<br />

geschaffen. Ende der neunziger <strong>Jahre</strong> wurde die „Filmmakers<br />

Association of <strong>Namibia</strong>“ (FAN) gegründet. Das <strong>Namibia</strong>-Film-Gesetz<br />

von 2000 erbrachte dann die Gründung der „<strong>Namibia</strong> Film Commission“<br />

(NFC) als verlängerten Arm des Informationsministeriums. Ziel<br />

36 afrika süd 2|2015

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