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Namibia: 25 Jahre unabhängig

Die Fachzeitschrift zum Südlichen Afrika. Afrika Süd liefert kritische Hintergrundanalysen, stellt konkrete Projekte vor und lässt Akteure zu Wort kommen. // THEMENSCHWERPUNKT Namibia - 25 Jahre unabhängig: Befreiungsbewegung, Frauenpolitik, Völkermorddebatte, historische Fotos sowie Beiträge zu Literatur, Film und Musik // www.afrika-sued.org

Die Fachzeitschrift zum Südlichen Afrika. Afrika Süd liefert kritische Hintergrundanalysen, stellt konkrete Projekte vor und lässt Akteure zu Wort kommen. // THEMENSCHWERPUNKT Namibia - 25 Jahre unabhängig: Befreiungsbewegung, Frauenpolitik, Völkermorddebatte, historische Fotos sowie Beiträge zu Literatur, Film und Musik // www.afrika-sued.org

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Vom Bohren dicker Bretter<br />

FRAUEN IN NAMIBIA SIND DEN MÄNNERN NACH DER VERFASSUNG GLEICHGESTELLT. Doch zur wirklichen Gleichberechtigung<br />

und Gerechtigkeit ist es ungeachtet aller gesetzlichen Quotenregelungen noch ein langer Weg.<br />

<strong>Namibia</strong>s moderne Verfassung bietet die Grundlage für die gesetzliche<br />

Gleichstellung von Frauen und Männern, und für die Achtung<br />

und den Schutz ihrer Menschenwürde und Menschenrechte.<br />

Frauen aus allen Landesteilen haben sich über Jahrzehnte hinweg<br />

diese Rechte erkämpft, durch ihren vielfältigen Widerstand gegen<br />

koloniale Unterdrückung, Ausbeutung, Enteignung und Gewaltherrschaft.<br />

Das waren Frauen, die sich weigerten, in den ihnen zugewiesenen<br />

ethnisch getrennten Reservaten zu bleiben, und die auf Arbeitssuche<br />

in die Städte kamen. Frauen, die sich dort den Zwangsuntersuchungen<br />

nach Geschlechtskrankheiten widersetzten. Frauen, die<br />

gegen Zwangsumsiedlung aus den Städten in die Townships auf die<br />

Barrikaden gingen. Frauen, die Kämpfer der Befreiungsbewegung<br />

beherbergten und unterstützten, oder selbst im bewaffneten Kampf<br />

an vorderster Front standen. Frauen, die im Exil auf sich alleine gestellt<br />

in fremden Ländern und Sprachen studierten, um ihr Wissen<br />

in den Aufbau der neuen demokratischen Gesellschaft einzubringen,<br />

auch ihr Wissen um die Kämpfe und Errungenschaften der<br />

nationalen und globalen Frauenbewegungen. Frauen, die sich vor<br />

Ort in ihren Kirchengemeinden und „community groups“ für menschenwürdige<br />

Lebensverhältnisse einsetzten. Und Frauen, die auf<br />

politischer Ebene für das Recht des namibischen Volkes auf Selbstbestimmung<br />

wirkten.<br />

Ein hoher Preis für Freiheit und Gleichberechtigung<br />

Viele Frauen haben für ihren Einsatz einen hohen Preis gezahlt:<br />

Sie wurden vergewaltigt, gefoltert, kamen ins Gefängnis und brachten<br />

dort Kinder zur Welt, wurden ermordet und sind bis heute „verschwunden“.<br />

Dies zur Erinnerung an den langen und schweren Weg<br />

zu unserer demokratischen Verfassung, die Frauen als gleichberechtigte<br />

Bürgerinnen des neuen Staates das Recht auf Freiheit, Gerechtigkeit<br />

und Frieden garantiert.<br />

Auf dieser Grundlage wurde in den letzten <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n ein beachtlicher<br />

gesetzlicher Rahmen geschaffen. Hier spielte das gemeinsame<br />

politische Handeln vieler Bürgerinnen eine wichtige Rolle, denn einige<br />

der männlichen Freiheitskämpfer, die nun im Parlament saßen,<br />

nahmen statt der Verfassung plötzlich die Bibel und ihre traditionellen<br />

Stammesgesetze zur Hand, um ihre Vorherrschaft in Ehe und<br />

Familie zu verteidigen.<br />

Die neuen Gesetze zur Gleichstellung der Partner in der Ehe, zur<br />

Unterhaltspflicht von Eltern für ihre Kinder, zur Bekämpfung häuslicher<br />

Gewalt und Vergewaltigung, zur Förderung von Frauen im Berufsleben<br />

und in der Politik haben es vielen Frauen ermöglicht, ihr<br />

Recht auf ein selbstbestimmtes Leben umzusetzen und aktiv an der<br />

Entwicklung ihres Landes mitzuwirken.<br />

Dies gilt vor allem für Frauen, die ihre Bildungschancen nutzen<br />

können, sich durch Berufstätigkeit einen guten Lebensstandard sichern<br />

und sich ihrer Bürger- und Frauenrechte bewusst sind. Eine<br />

Minderheit also. Denn Frauen in <strong>Namibia</strong> sind keine homogene<br />

Gruppe.<br />

Eine Studie des United Nations Development Programme über<br />

Entwicklung und Armut in <strong>Namibia</strong> (2007) stellte fest: Deutschsprachige<br />

Namibier genießen den höchsten Lebensstandard – vergleichbar<br />

mit Schweden und Kanada, während am untersten Ende der<br />

Skala die San-Urbevölkerung ein Dasein auf der Stufe von Ruanda<br />

und Eritrea fristet. Und Frauen sind in allen ethnischen Gruppen<br />

<strong>Namibia</strong>s jeweils ärmer als Männer. Auch im Vergleich zwischen<br />

städtischen und ländlichen Bewohnerinnen sind die Lebensbedingungen,<br />

Entscheidungsmöglichkeiten und sogar ihre gesetzlich verankerten<br />

Rechte sehr unterschiedlich. So gibt es zum Beispiel keine<br />

2|2015 afrika süd 19

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