Namibia: 25 Jahre unabhängig
Die Fachzeitschrift zum Südlichen Afrika. Afrika Süd liefert kritische Hintergrundanalysen, stellt konkrete Projekte vor und lässt Akteure zu Wort kommen. // THEMENSCHWERPUNKT Namibia - 25 Jahre unabhängig: Befreiungsbewegung, Frauenpolitik, Völkermorddebatte, historische Fotos sowie Beiträge zu Literatur, Film und Musik // www.afrika-sued.org
Die Fachzeitschrift zum Südlichen Afrika. Afrika Süd liefert kritische Hintergrundanalysen, stellt konkrete Projekte vor und lässt Akteure zu Wort kommen. // THEMENSCHWERPUNKT Namibia - 25 Jahre unabhängig: Befreiungsbewegung, Frauenpolitik, Völkermorddebatte, historische Fotos sowie Beiträge zu Literatur, Film und Musik // www.afrika-sued.org
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Ein Pionier der namibischen Musikwelt<br />
ZUM TODE VON WILLIE MBUENDE<br />
Völlig unerwartet starb der 67-jährige namibische Musik-Veteran<br />
Willie Mbuende am 21. Januar 2015 im Rhino Park Hospital in Windhoek,<br />
<strong>Namibia</strong>, nach nur kurzer Krankheit.<br />
Sein jüngerer Bruder, der frühere Parlamentarier und jetzige<br />
Botschafter <strong>Namibia</strong>s bei den Vereinten Nationen in den USA, Dr.<br />
Kaire Mbuende, erwähnte, der bekennende Vegetarier Willie habe<br />
kurz vor seinem Tod nach dem Verzehr eines Brötchens bei einem<br />
Windhoeker Straßenverkäufer über starke Bauchschmerzen geklagt:<br />
Inzwischen wurde bekannt, dass eine akute Blinddarmentzündung<br />
ihm zum Verhängnis wurde.<br />
Er gilt als einer der wichtigsten Pioniere der namibischen Musikszene<br />
und begann seine musikalische Karriere vor mehr als 50<br />
<strong>Jahre</strong>n, nachdem er als musikbegeisterter Jugendlicher im Alter von<br />
15 <strong>Jahre</strong>n zunächst nach Daressalam, Tansania, ins Exil gegangen<br />
war und sich dann nach Zwischenstationen in Ungarn und England<br />
in Schweden niedergelassen hatte.<br />
Nur zwei Wochen vor seinem Tod hatte er erneut geheiratet, und<br />
zwar die Mutter des bekannten namibischen Sportreporters Rodman<br />
Katjaimo namens Rupia Katjaimo. Er hinterlässt drei Kinder,<br />
zwei Jungen und ein Mädchen.<br />
Willie Mbuende spielte mit vielen internationalen Musikern wie<br />
mit dem südafrikanischen Schlagzeuger Vusi Khumalo zusammen<br />
und tourte zunächst vor allem in Skandinavien und später auch in<br />
Deutschland, wo er mehrfach auftrat und sich als Bassist an André<br />
Hellers von 2008 bis 2011 in Europa gastierenden magischem Afrika-<br />
Zirkus („Afrika!Afrika!“) mit mehr als 120 afrikanischen Künstlern<br />
und Akrobaten beteiligte – im Orchester mit Musikern aus Guinea,<br />
Südafrika, Senegal und Gambia. Nach seiner Rückkehr in die Heimat<br />
gründete er die Afro-Pop-Band Mukorob und spielte mit dem<br />
(auch schon verstorbenen) Musiker Jackson Kaujeua, mit dem namibischen<br />
Reggae-Star Ras Sheehama und der Pop-Diva und Sängerin<br />
Charlotte Gertze. Daneben war er auch als Musikproduzent<br />
beim Namibischen Öffentlichen Rundfunk (NBC) tätig und für den<br />
populären namibischen Musikwettbewerb <strong>Namibia</strong> Annual Music<br />
Award (NAMAs) zuständig.<br />
Ich lernte Willie 2002 in Berlin während der Arbeit an einem Musikprojekt<br />
kennen, das sich unter dem Titel „ONDAMBO – Lieder<br />
zum Jahr 1904 – der erste deutsche Kolonialkrieg in Afrika und der<br />
Widerstand der Herero“ musikalischen Beiträgen zum Hereroaufstand<br />
im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika widmete. Geplant war<br />
die Herausgabe einer Musik-CD mit Begleitmaterial zum Einsatz in<br />
Schulen und in der Erwachsenenbildung. Damit wollten wir auf die<br />
geschichtlichen Ereignisse sowie die bis heute anhaltenden Folgen<br />
des <strong>Jahre</strong>s 1904, auf den Aufstand der Herero und der zentral- und<br />
südnamibischen Gemeinschaften gegen deutsche Fremdherrschaft,<br />
Enteignung und Entmündigung, auf das Jahr 1884 und die Aufteilung<br />
Afrikas auf der Berliner Kongo-Konferenz aufmerksam machen.<br />
Willie Mbuende steuerte dazu einen Song über Kriegsveteranen der<br />
Herero mit dem Titel „Okahandja“ bei und gab in seiner humorvollen<br />
und ruhigen Art viele nützliche Hinweise, um das (bis heute<br />
leider unveröffentlichte) Projekt auch in <strong>Namibia</strong> zu verankern. Er<br />
war in seiner Heimat auch als musikethnologischer Forscher tätig<br />
und sammelte traditionelle Lieder der Herero aus der Aufstandszeit,<br />
darunter RAP-ähnliche Sprechgesänge von außergewöhnlicher Aussagekraft.<br />
Wir waren schockiert, von seinem viel zu frühen Ableben in den<br />
Medien zu erfahren, zumal er noch viele interessante Projekte zur<br />
Entwicklung der namibischen Musik in sich trug und vorantreiben<br />
wollte, die nun unerledigt bleiben müssen. Willie, der Kampf geht<br />
weiter!<br />
>> Christoph Ludszuweit<br />
Der Autor war insgesamt zwölf <strong>Jahre</strong> als Lektor des DAAD in Nigeria<br />
und <strong>Namibia</strong> und als Sprachabteilungsleiter des Goethe-Instituts in<br />
Kenia tätig. Derzeit arbeitet er in Berlin als Lehrer für DaF/DaZ und als<br />
Flüchtlingsberater.<br />
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