Taxi Times International - August 2015 - English
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MOBILITÄTS-SERVICE<br />
MOBILITÄTS-SERVICE<br />
FAKTEN ZU FLEXTUR<br />
Das Flextur-Konzept wurde im Jahr<br />
2012 durch einen der sechs öffentlichen<br />
Verkehrsbetreiber in Dänemark,<br />
Nordjyllands Trafikselskab, entwickelt.<br />
Etwa 60 Prozent der Flextur-Fahrgäste<br />
sind zwischen 60 und 99 Jahre alt.<br />
In den ländlichen Gebieten Dänemarks<br />
bietet Flextur (steht für „eine<br />
flexible und kostengünstige Fahrt“)<br />
eine Alternative zu öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln.<br />
DAS SUBVENTIONIERTE TAXI<br />
In Dänemark bietet das Konzept Flextur den Bürgern ein Zusammenspiel<br />
zwischen Bus und <strong>Taxi</strong>. Auch mobilitäts eingeschränkte Personen<br />
sind darin integriert. Doch der Dienst ist umstritten.<br />
In den ländlichen Gebieten Dänemarks<br />
werden immer mehr planmäßige Busstrecken<br />
stillgelegt. Für viele ältere<br />
Bürger ist dies ein schmerzlicher Verlust.<br />
In einigen Gemeinden organisieren Freiwillige<br />
private Fahrgemeinschaften. In<br />
anderen bietet die Gemeinde alternative<br />
öffentliche Verkehrsmittel. Eines dieser<br />
weit verbreiteten neuen öffentlichen Verkehrsmittel<br />
ist Flextur, kurz für „eine flexible<br />
(und kostengünstige) Fahrt“.<br />
„SOCIAL TRANSPORTATION“<br />
IN DEN SKANDINAVISCHEN LÄNDERN<br />
Öffentlicher Transport für diejenigen,<br />
die ihn am meisten brauchen (ambulante<br />
Patienten, Schulkinder, Ältere<br />
und Menschen mit eingeschränkter<br />
Mobilität), ist einer der Eckpfeiler im<br />
nordischen Sozialsystem. In Dänemark<br />
verwalten sechs unabhängige<br />
regionale Verkehrsbetreiber den<br />
gesamten öffentlichen Transport.<br />
In Zusammenarbeit mit Regionen<br />
und Gemeinden sind sie für den<br />
zusammenhängenden öffentlichen<br />
Transport sämtlicher Bürger verantwortlich.<br />
Alle Aufträge für die Social-Transportation-Fahrten<br />
von Patienten, Bürgern<br />
und Schulkindern laufen in einer<br />
von den sechs Verkehrsbetrieben<br />
gemeinsam geführten Operations-<br />
„Flextur ist keine gewöhnliche Busfahrt“,<br />
sagt Niels Tvilling Larsen, Planungsleiter<br />
bei FlexDanmark, dem Organisatoren des<br />
Großteils des öffentlichen Personenverkehrs<br />
in Dänemark. Die Kunden werden<br />
zu einer von ihnen gewählten Zeit an der<br />
Haustür oder wo auch immer abgeholt und<br />
wieder nach Hause gefahren. Es gibt keine<br />
Fahrpläne. Lokale <strong>Taxi</strong>s und Fahrzeuge für<br />
Menschen mit eingeschränkter Mobilität<br />
fahren für Flextur. Es ist kein gewöhn-<br />
zentrale (FlexDanmark) zusammen.<br />
Über eine landesweite Telefonzentrale<br />
koordinieren 120 Mitarbeiter von Flex-<br />
Danmark Bestellungen, die Verkehrsplanung<br />
sowie die Fahrtenvermittlung<br />
(Flextrafik).<br />
Flextrafik-Fahrten werden auf<br />
der Grundlage der geografischen<br />
Angaben von Start und Ziel, der<br />
Beförderungsart, auf die die Nutzer<br />
ein Anrecht haben, und der Betriebskosten<br />
für die Fahrzeuge koordiniert.<br />
Von den sechs Verkehrsbetreibern<br />
beauftragte Fahrer und <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
führen die Fahrten aus. Ähnliche<br />
Organisationen und betriebliche Einrichtungen<br />
finden sich überall im Norden.<br />
Färdtjänst in Schweden, NISSY in<br />
Norwegen und KELA in Finnland.<br />
licher <strong>Taxi</strong>service, weil die Kunden häufig<br />
ge meinsam mit anderen unterwegs sind,<br />
die in dieselbe Richtung fahren. Deshalb<br />
müssen die Fahrgäste womöglich auch<br />
Umwege in Kauf nehmen. Aber alle bezahlen<br />
nur für die vorher berechnete Entfernung<br />
zwischen dem Ort, an dem sie abgeholt<br />
wurden, und dem Zielort. Flextur steht<br />
täglich zwischen 6 Uhr und Mitternacht<br />
zur Verfügung, und Fahrten müssen mindestens<br />
zwei Stunden im Voraus bestellt<br />
werden.<br />
SORGEN UM DIE WIRTSCHAFT<br />
LICHE EFFEKTIVITÄT<br />
Als Flextur im Jahr 2012 ins Leben gerufen<br />
wurde, war die Euphorie noch groß. „Der<br />
Gemeinde entstehen nur Kosten, wenn<br />
auch tatsächlich Fahrten bestellt und ausgeführt<br />
werden“, sagte damals die Beraterin<br />
Gitte Willumsen, Vorsitzende des Ausschusses<br />
für ältere Menschen und Ge -<br />
sundheitswesen in der Gemeinde Silkeborg.<br />
„Bei einer einzigen Flextur-Fahrt werden<br />
vielleicht ein Krankenhauspatient aus<br />
der Umgebung, ein Einheimischer mit eingeschränkter<br />
Mobilität und ein Bürger auf<br />
einem Ausflug gemeinsam transportiert.“<br />
Heute sieht man das Konzept skeptischer:<br />
Nationalpolitiker machen sich erste<br />
Sorgen über die wirtschaftliche Effektivität.<br />
Die Gemeinden haben in ihrem<br />
Wunsch nach alternativen und günstigeren<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln möglicherweise<br />
ein Monster geschaffen, das sich als<br />
kontraproduktiv erweisen könnte. Kritische<br />
Stimmen befürchten, die Zahlungen<br />
FOTOS: Thomas Brinch<br />
für Flextur-Fahrten könnten die durch die<br />
Kürzungen der regulären Buslinien er -<br />
zielten Einsparungen wieder auffressen,<br />
wenn dieser Transport von Tür zu Tür allzu<br />
beliebt wird.<br />
UNLAUTERER WETTBEWERB<br />
<strong>Taxi</strong>betriebe argwöhnen mittlerweile, dass<br />
Flextur einen ungleichen Wettbewerb fördert.<br />
Grund: In Dänemark können Eigentümer<br />
von Kleinbussen oder Minivans eine<br />
besondere Genehmigung für das Anbieten<br />
von öffentlichen Transportaufträgen beantragen.<br />
In den Augen der <strong>Taxi</strong> branche<br />
haben die Behörden dadurch zu lasten der<br />
<strong>Taxi</strong>branche ein Angebot an billigen Fahrzeugen<br />
geschaffen.<br />
Carsten Aarestrup, CEO bei 4x48<br />
<strong>Taxi</strong>Nord , dem zweitgrößten <strong>Taxi</strong> betrei ber<br />
in Dänemark mit ca. 1 200 Fahrern und<br />
650 Fahrzeugen, kritisiert: „Wenn Hinz<br />
und Kunz mit Minivans öffentlichen Personenverkehr<br />
anbieten dürfen, werden<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmen ganz wesentlich aus<br />
dem Markt der öffentlichen Auftragsvergabe<br />
gedrängt. Natürlich verursachen<br />
wir mit allen Flextur-Fahrten, die uns zugeteilt<br />
werden, die höchsten Kosten. Deshalb<br />
stehen wir bei der Vergabe von Flextur-<br />
Fahrten immer an letzter Stelle, was bedeutet,<br />
dass wir nur die Fahrten spät am<br />
Abend oder in die entlegensten Gebiete<br />
bekommen. Aber unsere Betriebskosten<br />
müssen ja auch höher sein: Wir betreiben<br />
einen modernen Betrieb, sind rund um<br />
die Uhr besetzt und erfüllen unsere Verpflichtung,<br />
<strong>Taxi</strong>fahrten an sieben Tagen in<br />
der Woche und 24 Stunden am Tag anzubieten.“<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass in den<br />
Ländern im Norden regierungs eigene und<br />
regierungs betriebene Vermittlungszentralen<br />
für die Fahrtenkoordinierung zuständig<br />
sind. Die <strong>Taxi</strong>branche könnte eine<br />
bessere Koordination und Abfertigung zu<br />
niedrigeren Investitionskosten anbieten.<br />
<strong>Taxi</strong>betriebe in Skandinavien haben lang-<br />
Carsten Aarestrup, CEO bei 4x48 <strong>Taxi</strong>Nord: „<strong>Taxi</strong> unternehmen<br />
werden aus dem Markt der öffentlichen Auftragsvergabe gedrängt.“<br />
jährige Erfahrungen in der Verkehrsplanung<br />
und der Echtzeit-Vermittlung.<br />
Sie greifen auf die fortschrittlichsten IT-<br />
Systeme zurück, die sie seit Jahrzehnten<br />
aufgrund ihrer praktischen Erfahrungen<br />
sowohl im städtischen als auch im ländlichen<br />
Bereich kontinuierlich spezialisiert<br />
und optimiert haben.<br />
Eine kürzlich erschienene Studie der<br />
unabhängigen Beratungsfirma COWI, die<br />
vom Staat oder den Kommunen bezahlte<br />
Fahrten (ambulante Patientenfahrten,<br />
Menschen mit eingeschränkter Mobilität,<br />
Schulkinder) in fünf angrenzenden<br />
Gemeinden rund um Kopenhagen analysierte,<br />
errechnete ein Einsparpotenzial von<br />
bis zu 20 Prozent der tatsächlichen Transportkosten.<br />
EIN TAXI-TOOL KÖNNTE ES BESSER<br />
Für die Studie wurde ein Verkehrsplanungs-<br />
Tool verwendet, das von der Finn Frogne<br />
A/S, dem dänischen Hersteller von ITS-<br />
Lösungen, entwickelt wurde. Das Tool<br />
wurde für die <strong>Taxi</strong>branche entwickelt und<br />
wird von den meisten der großen <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
in Skandinavien eingesetzt.<br />
Simulationen tatsächlich durchgeführter<br />
Fahrten (17 000 Fahrten in einem Zeitraum<br />
von zwei Wochen) zeigten Verbesserungen<br />
aufgrund der effizienteren Koordination<br />
überregionaler Fahrten und der Beförde-<br />
So funktioniert Flextur:<br />
› Transport von Tür zu Tür<br />
› täglich zwischen 6:00 Uhr und<br />
Mitternacht<br />
› Fahrten müssen mindestens 2 Stunden<br />
vor Abfahrt beauftragt werden<br />
› Kunden wird bei Beauftragung die<br />
genaue Abholzeit mitgeteilt. Karenzzeit:<br />
bis zu 15 Minuten früher und<br />
höchstens 45 Minuten später<br />
› Der Preis beträgt DKR 7,00 (1 Euro)<br />
pro Kilometer, dies ist etwa die Hälfte<br />
des Preises für ein normales <strong>Taxi</strong><br />
› Sammeltransporte sind möglich,<br />
dadurch können kleine Umwege<br />
entstehen. Kunden zahlen jedoch nur<br />
für die bestellte Entfernung<br />
› Es wird nur Barzahlung akzeptiert,<br />
keine EC- oder Kreditkarten. Der<br />
Fahrpreis ist zu Beginn der Fahrt zu<br />
entrichten<br />
rung mehrerer Patienten. Die sinnvolle<br />
Fahrzeugzusammenstellung (Minivan, <strong>Taxi</strong>,<br />
Kleinbus, Limousine, Kombi) in Kombination<br />
mit einer gut durchdachten Fahrtenplanung<br />
brachte weniger Leerlauf, dafür<br />
aber hohe Treibstoff- und CO2-Einsparungen<br />
und schließlich auch noch Verbesserungen<br />
bei der Spontan-Vermittlung. Das Letztere<br />
ist ja die Spezialität der <strong>Taxi</strong>branche.<br />
Schon Shakespeare schrieb in seinem<br />
berühmten Stück „Hamlet“ davon, dass im<br />
Staate Dänemark etwas faul sei. Das Flextur-<br />
Konzept lässt Ähnliches vermuten. tbr<br />
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