Taxi Times International - August 2015 - English
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
VERANSTALTUNG<br />
VERANSTALTUNG<br />
WISSENSWERTES<br />
ÜBER DEN<br />
MINDESTLOHN<br />
Rechtsanwalt Benjamin Sokolovic referierte<br />
auf dem vierten Norddeutschen <strong>Taxi</strong>tag<br />
in Hamburg über Möglichkeiten und Fallen<br />
des Mindestlohns.<br />
Es ist ein Fakt: Der Mindestlohn ist<br />
da! Auch, wenn man vereinzelt noch<br />
hört, dass Unternehmer versuchen,<br />
den Mindestlohn zu unterlaufen. Rechtsanwalt<br />
Benjamin Sokolovic kann davon nur<br />
abraten. Der Jurist und Hauptgeschäftsführer<br />
des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe<br />
Niedersachsen weiß aus seiner<br />
Berufspraxis, was diesen Unternehmern<br />
droht. Eines ist jedenfalls sicher: Der Mindestlohn<br />
ist unumgänglich – und machbar!<br />
Mit dem Mindestlohn steht Deutschland<br />
nicht alleine. 22 von 28 europäischen Ländern<br />
haben ihn. Dabei sind die deutschen<br />
8,50 Euro beileibe kein Luxus: Frankreich,<br />
die Niederlande, Belgien und Irland haben<br />
eine höhere Mindestvergütung. Spitzenreiter<br />
ist Luxemburg mit 11,10 Euro. Es gibt<br />
natürlich auch europäische Länder, deren<br />
Mindestlohn deutlich darunter liegt, wie<br />
beispielsweise Rumänien und Bulgarien.<br />
In diesen Ländern muss nur 1,14 Euro<br />
beziehungsweise 1,04 Euro pro Stunde<br />
bezahlt werden.<br />
In Deutschland wird der Mindestlohn bis<br />
auf wenige – für das <strong>Taxi</strong>gewerbe irrelevante<br />
– Ausnahmen auf alle Arbeitnehmer<br />
an gewendet. Der Mindestlohn gilt auch für<br />
Minijobber. In der Folge bedeutet das, dass<br />
auf den vollen Monat gerechnet jede Stunde<br />
Bei diesem spannenden Vortrag konnten<br />
die Besucher nur konzentriert zuhören.<br />
Arbeitszeit mit mindestens 8,50 Euro vergütet<br />
werden muss.<br />
Bereitschaftszeiten dürfen niedriger vergütet<br />
werden, wenn auf den Monat gerechnet<br />
der Mindestlohn nicht unterschritten<br />
wird. Zu den Bereitschaftszeiten zählt auch<br />
die Rufbereitschaft, aber nur dann, wenn<br />
der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort<br />
nicht frei bestimmen kann und ihm nicht<br />
eine Reaktionszeit von mindestens<br />
45 Minuten eingeräumt wird. Nimmt der<br />
»Das<br />
unternehmerische<br />
Risiko können wir<br />
nicht beim Fahrer<br />
belassen.«<br />
Fahrer zum Beispiel das <strong>Taxi</strong> mit nach<br />
Hause, um im Falle eines Anrufs schneller<br />
reagieren zu können, ist die gesamte Zeit<br />
der Rufbereitschaft als Arbeitszeit zu<br />
vergüten.<br />
WANN IST PAUSE?<br />
Schwierigkeiten haben <strong>Taxi</strong> unternehmer<br />
immer wieder mit der genauen Definition<br />
einer Pause. Das Arbeitszeitgesetz sagt<br />
dazu, dass eine Pause nur dann auch eine<br />
ist, wenn spätestens zu Beginn die Dauer<br />
feststeht, der Arbeitnehmer weder Arbeit<br />
leistet noch sich dafür bereitzuhalten hat<br />
und frei entscheiden kann, wie und wo er<br />
seine Pause verbringt. Er muss das <strong>Taxi</strong><br />
zumindest verlassen können und muss<br />
während der Pause auch nicht für sein<br />
Unternehmen oder eine Zentrale erreichbar<br />
sein.<br />
Unsicherheiten scheinen auch bei der<br />
Frage zu bestehen, wann der Mindestlohn<br />
zu bezahlen sei. Normalerweise ist das im<br />
Arbeits vertrag geregelt. Ist da kein früheres<br />
Kennt die juristischen Fakten:<br />
Rechtsanwalt Benjamin Sokolovic<br />
Datum vorgesehen, dann muss der Lohn<br />
spätestens am letzten Bank arbeitstag des<br />
Monats bezahlt sein, der auf den Monat<br />
folgt, in dem die Arbeit geleistet wurde. Ein<br />
leidiges Thema ist auch die Aufzeichnungspflicht<br />
der Arbeits zeit. Aufzuzeichnen sind<br />
Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit.<br />
Die Aufzeichnung muss innerhalb von sieben<br />
Tagen erfolgen, und der erstellte Beleg<br />
ist mindestens zwei Jahre aufzubewahren.<br />
Schon wenn ein Arbeits zeit beleg nicht richtig,<br />
nicht recht zeitig oder unvollständig<br />
erstellt wurde oder wenn die Aufbewahrungsdauer<br />
nicht eingehalten wird, drohen<br />
Strafen von bis 30000 Euro.<br />
Unbedingt zu beachten ist, dass der Mindestlohn<br />
kein Kündigungsgrund ist. Ein<br />
Kündigungsgrund bei einem <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
kann zum Beispiel sein, wenn das Unternehmen<br />
die Zahl seiner Fahrzeuge reduziert<br />
hat und der Fahrer deshalb nicht mehr<br />
beschäftigt werden kann. Dann muss der<br />
Unternehmer die Kündigungsfristen einhalten<br />
und eine Sozial auswahl vornehmen.<br />
Der Fahrer kann auch nicht auf seinen<br />
Mindest lohn verzichten. Wird ihm dieser<br />
vorenthalten, dann kann er ihn noch drei<br />
Jahre nach fordern. Ebenso sind alle Klauseln<br />
in Arbeitsverträgen, die einen Verzicht,<br />
Ausschluss oder eine Beschränkung<br />
des Mindestlohns betreffen, un wirk -<br />
sam. Bei Verstößen gegen den Mindestlohn<br />
kommen Bußgelder von bis zu<br />
500000 Euro infrage. Werden gleichzeitig<br />
Sozialversicherungs beiträge hinterzogen,<br />
kann zusätzlich eine Haftstrafe von bis zu<br />
fünf Jahren verhängt werden.<br />
Eines wurde mit der Einführung des<br />
Mindestlohns erreicht: Das unternehmerische<br />
Risiko liegt nicht länger beim Fahrer,<br />
sondern beim Unternehmer. Auch Unternehmer,<br />
die Schwierigkeiten mit der<br />
Umstellung oder mit der Bezahlung des<br />
Mindestlohns haben, müssten zugeben,<br />
dass dieses Risiko auch nicht beim Fahrer<br />
bleiben konnte. <br />
tb<br />
FOTOS: Tom Buntrock<br />
FOTO: Tom Buntrock<br />
TÜR AUFHALTEN<br />
ODER FREIGETRÄNK?<br />
Der Norddeutsche <strong>Taxi</strong>tag war perfekt organisiert, doch nicht jeder<br />
Vortrag hielt, was er versprach.<br />
U<br />
m es vorwegzunehmen: Es ist beachtlich, was die<br />
Hamburger Kollegen von Hansafunk – namentlich die<br />
Taxen-Union-Chefs Thomas Lohse und Christian Brüggmann<br />
– für ihren vierten Norddeutschen <strong>Taxi</strong>tag auf die Beine<br />
gestellt haben. Vom Rahmenprogramm über die <strong>Taxi</strong>messe bis<br />
zum Catering hat alles gepasst.<br />
Was fehlte, war eine dringend notwendige Aufarbeitung der<br />
Themen, die dem Gewerbe eigentlich auf den Nägeln brennen<br />
müssten. Was fehlte, war eine wirkliche Diskussion unter Branchenkennern<br />
und -freunden. Und was fehlte, war das Interesse<br />
der Hamburger Fahrerschaft – ein Vorwurf, den man den Veranstaltern<br />
nun gar nicht machen kann, sondern eher den Kolleginnen<br />
und Kollegen auf Hamburgs Straßen, die wohl lieber ihren<br />
eigenen Stiefel weiterfahren, als sich aktiv an der Bewältigung<br />
aktueller Aufgaben zu beteiligen.<br />
DIE WIRKLICHKEIT IST AUF DER ÜBERHOLSPUR<br />
Diese Interesselosigkeit wird dann verständlich, wenn man genau<br />
betrachtet, wie mit den aktuellen Themen umgegangen wird. Das<br />
Motto „Eine App alleine kann kein <strong>Taxi</strong> fahren“ war gut gemeint.<br />
Die Wirklichkeit hingegen ist mit der rasanten Entwicklung des<br />
Autonomen Fahrens auf der Überholspur. So konnte auch die Diskussion<br />
„App-Anbieter und TAXI 2020“ trotz prominenter Besetzung<br />
– wie Michael Müller, Präsident des BZP, Markus Troeder<br />
von der Hamburger Handelskammer oder Wolfgang Pettau,<br />
Geschäftsführer von Hallo <strong>Taxi</strong> 3811 in Hannover – nicht entscheidend<br />
zur Lösung drängender Fragen beitragen. Eher einigte<br />
man sich darauf, dass es dem <strong>Taxi</strong>gewerbe in Hamburg ja noch<br />
gut ginge, oder diskutierte darüber, ob man Fahrgästen die Tür<br />
aufhalten sollte oder ein Freigetränk anbieten müsste. Maßnahmen,<br />
die von Uber und mytaxi mit Erfolg praktiziert werden,<br />
wurden mit einem „Ich bin keine Gastro“ vom Tisch gefegt.<br />
Ein Lichtblick war der Vortrag von Rechtsanwalt Benjamin<br />
Sokolovic (siehe nebenstehender Beitrag), dessen Ausführungen<br />
Der neue EKO-Umbau zum<br />
Rollstuhlbeförderungsfahrzeug<br />
zum Thema Mindestlohn Pflichtprogramm eines jeden norddeutschen<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmers hätten sein müssen. Herausragend auch<br />
die Grußworte von Fritz Horst Melsheimer, dem Präses der Handelskammer<br />
Hamburg, der erkannt hat, dass ein Schlüssel zum<br />
Erfolg des <strong>Taxi</strong>gewerbes in seiner Sichtbarkeit liegt und jeder<br />
Bereich, aus dem das <strong>Taxi</strong> bereits verdrängt wurde, zurück erobert<br />
werden muss. Nimmt man dem <strong>Taxi</strong> nämlich seine Sichtbarkeit,<br />
dann wird es bald sang- und klanglos von der Bildfläche verschwinden.<br />
Diese Erkenntnis hatte Präses Melsheimer allerdings<br />
vor zwei Jahren schon an gleicher Stelle. Sie scheint nur noch<br />
nicht zu allen durchgedrungen zu sein. <br />
tb<br />
Effizient<br />
Kostengünstig<br />
Original<br />
Fritz Horst Melsheimer, Präses der Handelskammer Hamburg:<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe muss um seine Sichtbarkeit kämpfen.<br />
30<br />
im Doorgrund 13<br />
D-26160 Bad Zwischenahn<br />
fon +49 4403 58902<br />
fax +49 4403 58903<br />
info@reha-automobile.de<br />
www.reha-automobile.de