Britzer Heimatbote Oktober/November/Dezember 2010
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BÜRGERVEREIN BERLIN BRITZ E.V.<br />
GEGRÜNDET 1890<br />
80. Jahrgang <strong>Oktober</strong> / <strong>November</strong> / <strong>Dezember</strong> <strong>2010</strong>
Seite 2<br />
<strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong><br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Bürgerverein<br />
Berlin-Britz e.V.<br />
Teterower Straße 7<br />
12359 Berlin<br />
Gesamtherstellung<br />
Druckerei Grünmeier<br />
Bürgerstraße 24<br />
12347 Berlin<br />
Tel. (0 30) 6 84 30 14<br />
Fax (0 30) 6 83 45 27<br />
mail@<br />
druckerei-gruenmeier.de<br />
http://www.<br />
druckerei-gruenmeier.de<br />
Mitglieder des<br />
Bürgervereins<br />
erhalten die Zeitung<br />
kostenlos.<br />
Verantwortlicher<br />
Redakteur:<br />
Gero Striek<br />
Paster-Behrens-Str. 53<br />
12359 Berlin<br />
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Telefax 6 06 94 25<br />
gero.striek@t-online.de<br />
Namentlich gekennzeichnete<br />
Artikel bzw.. veröffent lichte<br />
Zuschriften müssen nicht der<br />
Meinung des Herausgebers<br />
entsprechen.<br />
Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte, Fotos etc. wird<br />
keinerlei Gewähr<br />
übernommen.<br />
Nachdruck, auch in Auszügen<br />
oder einzelner Artikel, unter<br />
ausdrücklichem Hinweis auf<br />
Presse- und Strafrecht,<br />
nur mit Zustimmung der<br />
Redaktion gestattet.<br />
Aus dem Inhalt:<br />
Veranstaltungen<br />
Freud und Leid<br />
Zum Geleit<br />
<strong>Britzer</strong> Splitter<br />
Ilgen-Chronik<br />
Rückblick<br />
<strong>Britzer</strong> Handbuch<br />
Dies und Das<br />
Aus der Gesindestube<br />
Aus dem Verein<br />
Seite 3<br />
Seite 4<br />
Seite 5 + 7<br />
Seite 6<br />
Seite 8 - 10<br />
Seite 11<br />
Seite 12<br />
Seite 13<br />
Seite 14<br />
Seite 15<br />
Bei unseren Nachbarn:<br />
<strong>Britzer</strong> Weingut, Koppelweg<br />
17. <strong>Oktober</strong> <strong>2010</strong><br />
Weinlese mit kultureller Unterhaltung<br />
der Republik Moldau.<br />
Vorankündigung:<br />
Heimatkunde und Geschichte<br />
- 30. <strong>Oktober</strong> <strong>2010</strong> -<br />
100 Jahre Löwenhäuser - auf <strong>Britzer</strong> Sand gebaut<br />
Führung durch Brake, Idealsiedlung und Löwenhäuser<br />
mitHerrn Lothar Semmel. Dauer ca. 90 Minuten.<br />
(Anmeldung bei Herrn Striek)<br />
120 Jahre <strong>Britzer</strong> Bürgerverein -<br />
der Bürgerverein vergisst nichts.<br />
Nicht etwa, weil er nachtragend ist, sondern er wird<br />
versuchen, diejenigen, die ihm ein schönes „100jähriges“<br />
bereitet haben, noch einmal zusammen zu bringen.<br />
(s. auch Seite 11)<br />
Es ist noch eine Weile hin,<br />
aber kommen Sie gesund ins<br />
„Neue Jahr”<br />
Ihr Bürgerverein
Veranstaltungshinweise Seite 3<br />
BÜRGERVEREIN BERLIN-BRITZ E.V.<br />
(Heimatkundliche Vereinigung) Gegründet 1890<br />
Versammlungsort: Teterower Straße 7, 12359 Berlin (Britz)<br />
Postanschrift: Gero Striek, Paster-Behrens-Str. 53, 12359 Berlin<br />
Bankverbindungen: Berliner Volksbank · Kto.: 355 194 8004 · BLZ 100 900 00<br />
Internet: http://www.britzer-buergerverein.de<br />
Vorschau auf Veranstaltungen<br />
20. <strong>Oktober</strong> <strong>2010</strong> Versammlung<br />
(Mittwoch) 18.00 Uhr !!! „Weine aus Moldau”<br />
(geplant)<br />
30. <strong>Oktober</strong> <strong>2010</strong> Rundgang<br />
mit Herrn Semmel<br />
(für angemeldete Mitglieder)<br />
1. <strong>November</strong> <strong>2010</strong> Steh-Empfang aus Anlass<br />
(Montag) 17.00 Uhr 120 Jahe <strong>Britzer</strong> Bürgerverein<br />
(für angemeldete Mitglieder<br />
und geladene Gäste)<br />
Einlass: 16.45 Uhr<br />
(wir bitten dies zu beachten!)<br />
14. <strong>November</strong> <strong>2010</strong> Gedenken am Ehrenmal<br />
(Sonntag), 14.00 Uhr (Volkstrauertag)<br />
17. <strong>November</strong> <strong>2010</strong> Versammlung<br />
(Mittwoch), 18.00 Uhr Nachlese<br />
11. <strong>Dezember</strong> <strong>2010</strong> Vorweihnachtliches und<br />
(Sonnabend), 17.00 Uhr Jahresausklang<br />
19. Januar 2011 Jahreshaupt- und<br />
(Mittwoch), 18.00 Uhr Mitgliederversammlung<br />
Skattermine<br />
<strong>2010</strong><br />
Frei tags<br />
nach den<br />
Versammlungen<br />
18.00 Uhr<br />
Anmeldungen<br />
zu den noch<br />
ausstehenden Fahrten<br />
bei<br />
Frau Wasker
Seite 4 Freud und Leid <strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong><br />
~ Geburts tage ~<br />
im <strong>Oktober</strong>, am<br />
2. Sieglinde Stellmacher<br />
4. Bodo Manegold<br />
4. Lutz Lehmann<br />
6. Lutz Fabricius<br />
7. Waltraud Knischewski<br />
11. Günter Schalow<br />
12. Ingrid Weiland<br />
19. Reiner Weiland<br />
20. Siegfried Rusch<br />
22. Frank Bielka<br />
28. Erika Bartsch<br />
im <strong>November</strong>, am<br />
1. der Bürgerverein<br />
3. Jörg Imiela<br />
6. Hartmut Heibeck<br />
7. Rolf Rese<br />
14. Sabine Toepfer-Kataw<br />
17. Günther Brauner<br />
20. Christel Schulz<br />
24. Ingrid Wurf<br />
26. Klaus-Jürgen Scholz<br />
27. Ekkehard Kittner<br />
27. Eva Wilde<br />
28. Renate Krüger<br />
30. Peter Engelke<br />
im <strong>Dezember</strong>, am<br />
5. Klaus Mielke<br />
7. Ille Feder<br />
7. Ursula Heitmann<br />
26. Gertraud Müller<br />
27. Dieter Wasker
Aus dem Vereinsleben Aus dem Verein Seite 5<br />
Zum Geleit 120 Jahre Bürgerverein Berlin-Britz e.V.<br />
Bewusst habe ich die Überschrift<br />
gewählt, die ein großer<br />
Teil meiner Vorgänger benutzten,<br />
wenn sie sich zu<br />
besonderen Anlässen zu Wort<br />
meldeten. Ich denke, das<br />
120-jährige Bestehen dieses<br />
Vereins ist ein besonderer<br />
Anlass. Nicht auf die eigentliche<br />
Geschichte und die Verdienste<br />
des Bürgervereins will<br />
ich an dieser Stelle eingehen.<br />
Dies bleibt den <strong>Heimatbote</strong>n<br />
des nächsten Jahres vorbehalten,<br />
dennoch erfolgt ein kurzer<br />
Abriss zum besseren Verständnis.<br />
Britz war um 1890 trotz seiner<br />
6000 Einwohner eine der<br />
ärmsten Gemeinden am<br />
Rande der Reichshauptstadt.<br />
Besonders traurig lagen die<br />
Verhältnisse des örtlichen<br />
Verkehrslebens. Die beiden<br />
Hauptstraßen des Ortes<br />
waren Kreis-Chausseen mit<br />
je einem so genannten<br />
Sommerweg an der Seite mit<br />
hohen Spitzpappeln bestanden.<br />
Eine Beleuchtung war<br />
nicht vorhanden. Die Berliner<br />
Pferdebahn endete an der<br />
Knesebeckstraße.<br />
Durch den damaligen Gemeindevertreter<br />
W. Franz und<br />
21 Herren, unter stillem Wohl<br />
wollen des Gemeindevorstehers<br />
Wagner, wurde am 1. <strong>November</strong><br />
1890 der Bürgerverein<br />
Berlin-Britz gegründet.<br />
Die Bestrebungen des Vereins,<br />
dem allgemeinen Ortswohl<br />
zu dienen, fanden in der<br />
Bürgerschaft einen guten<br />
Resonanzboden, so dass der<br />
Verein nach Jahresfrist bereits<br />
138 Mitglieder zählte. Den<br />
Anregungen des Vereins war<br />
es zu verdanken, dass Britz<br />
ein Rathaus, ein Feuerwehr-<br />
Depot und in der Hannemannstraße<br />
eine Gemeindeschule<br />
gebaut wurden.<br />
1914 bis 1919 bereitete der<br />
1. Weltkrieg den gemeinschaftsfördernden<br />
Arbeiten<br />
ein plötzliches Ende. Der<br />
damalige Vorsitzende Rieman<br />
übernahm auch die<br />
Aufgaben eines Gemeindeverordneten<br />
und, unterstützt<br />
durch weitere Mitglieder des<br />
Vereins, konnte er viel zum<br />
Wohle der <strong>Britzer</strong> Bürger bei<br />
der Versorgung von Kartoffeln,<br />
Kohlen, Fleisch und<br />
Zucker beitragen.<br />
Noch weniger angenehme<br />
Erinnerungen weckt die Zeit<br />
von 1919 bist 1933. Der Verein<br />
ließ sich jedoch nicht entmutigen,<br />
stritt gegen die Entlassung<br />
von Junglehrern (mit<br />
Erfolg), gegen den personellen<br />
Abbau der <strong>Britzer</strong> Feuerwehr<br />
(mit Teilerfolgen). Der<br />
Bürgerverein gründete als<br />
Mittel zur Selbsthilfe sein Mitteilungsblatt,<br />
die „Hilfe am<br />
Grabe“ und 1931 eine „Winterhilfe“.<br />
Diese Unterstützungsmaßnahmen<br />
hatten zur<br />
Folge, dass der Mitgliederbestand<br />
1932 mit 375 Mitgliedern<br />
seinen bisher höchsten<br />
Stand erreichte (hier muss<br />
man bedenken, dass bis zur<br />
Neugründung 1949 nur Männer<br />
die Mitgliedschaft erwerben<br />
konnten).<br />
Als im <strong>November</strong> 1933 anlässlich<br />
des Stiftungsfestes eine<br />
Hakenkreuzfahne geweiht<br />
werden musste und dem<br />
Verein wenig später ein<br />
„Politkommissar“ zur Überwachung<br />
beigeordnet wurde,<br />
stellte der Bürgerverein seinen<br />
öffentlichen Betrieb ein.<br />
(Der erste Politkommissar<br />
hielt es nicht lange beim<br />
Bürgerverein aus und wurde<br />
durch das Mitglied einer noch<br />
heute angesehenen <strong>Britzer</strong><br />
Familie ausgetauscht.)<br />
Am 13. <strong>November</strong> 1949, als<br />
Gäste konnten begrüßt werden,<br />
Herr Bezirksbürgermeister<br />
Exner, für das Polizei-<br />
Revier 218, Herr Neugebauer,<br />
für die BVG Britz, Herr<br />
Schröder, die <strong>Britzer</strong> ev. Kirche,<br />
Herr Pfarrer Wulf und<br />
die Neuköllner Zeitung, Herr<br />
Witting, wurde der <strong>Britzer</strong><br />
Bürgerverein als „Heimatkundliche<br />
Vereinigung“ neu<br />
gegründet.<br />
Zu den Gründungsmitgliedern<br />
gehörten die Herren Probst,<br />
Menze, Jentsch, Engelhard<br />
und Anders. Diese galten als<br />
Lizenzträger und Bürgen des<br />
Vereins. Sie hatten zuvor den<br />
131 Fragen umfassenden Fragebogen<br />
der Alliierten ausfüllen<br />
müssen. Ein Übertritt der<br />
Mitglieder des Bürgervereins<br />
in den neuen Verein wurde<br />
vollzogen. Es galt das Motto:<br />
Geeinter Kraft<br />
nur das gelingt,<br />
was einer nie<br />
zu stande bringt.<br />
Der gewählte Vorsitzende<br />
Rudolf Anders schloss die Versammlung<br />
mit den Worten:<br />
Wir wünschen, dass die Heimatkundliche<br />
Vereinigung gemäß<br />
der alten Tradition den<br />
weiteren Auf- und Ausbau<br />
zum Wohle unseres Vaterlandes<br />
und im Besonderen unseres<br />
Heimatortes gerecht wird<br />
- und weihe dich mit den<br />
Worten:<br />
Wir bekennen uns zur<br />
Menschheit,<br />
die da denkt,<br />
aber nicht grübelt,<br />
die da wirkt und schafft.<br />
Die das Alte ehrt,<br />
aber das Neue will,<br />
die deutsch ist<br />
und deutsch bleibt,<br />
aber sich nie<br />
undeutsch überhebt.
Seite 6 <strong>Britzer</strong> Splitter <strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong><br />
Sonnenuntergang in Britz am 8. August <strong>2010</strong> (20.10 bis 20.16 Uhr) Fotos: Striek<br />
Im Hintergrund, die RIAS-Türme (Sendemasten)<br />
Wer mag wohl Glücklicher sein,<br />
Tom Aderhold, dass er diese Eltern<br />
hat, oder die Aderholds, dass sie<br />
diesen Tom haben, oder Beide?<br />
Was im linken Bild schon<br />
geglückt ist, steht hier noch<br />
bevor. Unsere Zaubermaus<br />
verdoppelt sich im <strong>November</strong>.<br />
Mensch, wie haste dir verändert ?<br />
Der Redakteur vor 45 Jahren
<strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong> Aus dem Verein Seite 7<br />
Bgm. Exner, der sich zuvor<br />
mehrfach wohlwollend über<br />
die Ziele der Vereinigung<br />
geäußert hatte, sagte seine<br />
Unterstützung zu und weitete<br />
diese Zusage auch auf seine<br />
Dienststellen aus.<br />
In den 70er Jahren hat der<br />
Bürgerverein dann auf Bestreben<br />
eines großen Teils seiner<br />
Mitglieder den alten Namen<br />
wieder angenommen und<br />
führt die „Heimatkundliche<br />
Vereinigung“ als Untertitel<br />
weiter.<br />
Als ich vor 20 Jahren das Tintenfass<br />
des Vereins gegen das<br />
Zepter austauschte, hatte ich<br />
das große Erbe hervorragender<br />
Vorsitzender zu übernehmen.<br />
Aber nicht nur große<br />
Vorsitzende, sondern auch<br />
Heimatforscher, Archivare und<br />
Sachkundige hat der Verein<br />
hervorgebracht.<br />
Gewiss, ich hatte mir das<br />
leichter vorgestellt. Nicht die<br />
Arbeit, sondern die Belastungen<br />
anderer Art. Viele treue<br />
Mitglieder und aufrechte<br />
Freunde hat der Verein in dieser<br />
Zeit verloren, haben wir<br />
auf ihrem letzten Weg begleitet.<br />
Auch, wenn wir ihnen ein<br />
ehrendes Gedenken bewahren,<br />
so haben sie Lücken hinterlassen,<br />
die nicht oder nur<br />
schwer zu schließen sind.<br />
Gelungen ist die Anpassung<br />
der Darstellung des Bürgervereins<br />
an die neuen Medien.<br />
Zeugnis dafür legen die Anfragen<br />
aus den unterschiedlichsten<br />
Ländern, aber auch<br />
aus Deutschland und Berlin,<br />
ab. Die Häufung der Anfragen<br />
hat den Vorstand zu dem Hinweis<br />
veranlasst, dass der Bürgerverein<br />
seine Arbeit ohne<br />
öffentliche Mittel durchführt.<br />
Die Geschichte von Britz<br />
kann nicht neu erfunden werden.<br />
Dennoch gibt es immer<br />
wieder Erkenntnisse und<br />
Lücken können geschlossen<br />
werden. Dies wird auch in<br />
Zukunft ein Anliegen des Bürgervereins<br />
sein. Trotz rückläufiger<br />
Mitgliederzahlen und<br />
einer, für einen Verein ungünstigen<br />
Altersstruktur,wünsche<br />
ich dem Bürgerverein Berlin-<br />
Britz e. V. für die kommenden<br />
Jahre viel Erfolg.<br />
Mögen zu dem jetzigen Jubi-<br />
REINHARD POMPLUN<br />
läum noch viele weitere hinzukommen.In<br />
den 120 Jahren<br />
seines Bestehens war der Bürgerverein<br />
mal die Taube und<br />
mal das Denkmal. Beides hat<br />
ihn am Leben erhalten und<br />
ihn zu einer Gemeinschaft,<br />
die mehr ist als ein Verein,<br />
gemacht.<br />
Ein herzliches „Glückauf“.<br />
Gero Striek, Vorsitzender<br />
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Seite 8 Chronik Ilgen <strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong><br />
Nachstehender Bericht ist der „ILGENIANA“ 1926 entnommen.<br />
Es handelt sich um eine Familienchronik<br />
der Familie Ilgen<br />
(event. Schreibfehler wurden<br />
übernommen).<br />
Aus der Chronik von Pfarrer<br />
Michael Carl Ilgen, geb. 25.11.<br />
1789 Schmalkalden gest. 4. 3.<br />
1870 Naurod b. Wiesbaden.<br />
So begann ein Artikel im <strong>Heimatbote</strong>n<br />
2/2006, Seite 11.<br />
Dank der heutigen Technik und<br />
der Veröffentlichung des <strong>Heimatbote</strong>n<br />
im Internet ist Herr<br />
Jörg Nickel bei seinen Forschungen<br />
für die Familie Ilgen,<br />
nach dem Tode seines Großvaters<br />
Bernhard Ilgen, auf diesen<br />
Artikel aufmerksam geworden.<br />
Er selbst entstammt dieser Familie,<br />
deren Geschichte sich bis<br />
1140 zurückverfolgen läßt.<br />
Herr Nickel hatte zudem festgestellt,<br />
eine Fortsetzung haben<br />
wir nie veröffentlicht. Mit grossem<br />
Dank haben wir daher<br />
weitere Teile dieser Chronik<br />
entgegen genommen.<br />
Diese wollen wir unseren<br />
Lesern nicht vorenthalten:<br />
(1. Fortsetzung s. auch Ilgeniana<br />
Nr. 1 S. 4 )<br />
Und diese Jungen-Positur<br />
wurde wacker gehandhabt in<br />
häuslichen und ländlichen<br />
Arbeiten. Kaum war die Schule<br />
beendet, so warteten dergleichen<br />
eine ganze Schar auf mich.<br />
Wie viele Ausläufe für allerhand<br />
Bestellungen in den verschiedensten<br />
Häusern und Angelegenheiten<br />
mit Vornehmen und<br />
Geringen mußte ich da tun.<br />
Da studierte ich denn oft auf<br />
dem Wege, wie ich reden und<br />
mich am besten benehmen<br />
müsse, um meine Sache gut zu<br />
machen. Aber die Umstände<br />
vereitelten oft das Ausstudierte.<br />
Das führte mich zum Gefaßten<br />
aufs Extompieren. Und es<br />
gelang mir dann oft trefflich. So<br />
hatte ich auch die Einladungen<br />
zu den Kränzchen zu besorgen,<br />
deren mein Vater drei hielt, ein<br />
Kränzchen der Geistlichen, der<br />
Beamten, der Kaufleute, jedes<br />
zu 4 - 6 Personen. Da machte<br />
ich dann den Famulus und hörte<br />
die Unterhaltungen der Männer,<br />
die aus ihrem Leben und<br />
ihren Schicksalen und Erfahrungen<br />
gegriffen waren.<br />
Und wenn auch manches zehnmal<br />
erzählt wurde, so wie es<br />
diese Männer nie satt wurden,<br />
so wurde ich es auch nicht satt,<br />
weil Freundschaft und Liebe<br />
eben das eine festhält, was ihr<br />
teuer und wert und wichtig<br />
geworden ist. Dies sah ich hier<br />
lebendig vor mir.<br />
Zugleich aber lernte ich auch<br />
mit Männern umgehen und mir<br />
ihre Liebe zu erwerben.<br />
Das Anschauliche mußte mir<br />
sinnlich und geistig zur anderen<br />
Natur werden.<br />
Dazu verhalfen auch einesteils<br />
die vielen Arbeiten im Garten<br />
und Ausflüge mit meinem Vater<br />
auf Reisen und Filialgängen in<br />
der Nachbarschaft. Mein Vater<br />
war leidenschaftlicher Gärtner.<br />
Drei wüste kleine Gärten nebeneinander<br />
hatte er angekauft.<br />
Sie wurden bald ein schöner,<br />
großer, reicher Garten. Wer<br />
noch keine Wüste angebaut hat,<br />
kann eigentlich nicht sagen, daß<br />
er Leben in sich habe. Denn dieses<br />
muß da heraustreten als<br />
Ideal und freier Entwurf, und<br />
doch nach den Möglichkeiten<br />
bemessen, die in der Wüste<br />
schon liegen und sich darbieten.<br />
Die verschönerte Natur auf<br />
einem Fleckchen macht dann<br />
die ganze Umgebung schön<br />
und lachend. So vergingen mir<br />
bei dem Pflanzen und Setzen<br />
und Veredeln und Warten der<br />
Bäume und Sträuche und Blumen<br />
und Gemüse viele schöne<br />
Tage in Gesellschaft meines<br />
Vaters und einiger Arbeiter, bis<br />
die Freude über die reichen<br />
Früchte noch hinzukam, zu<br />
deren Genuß oft gesellige Kreise<br />
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<strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong> Chronik Ilgen Seite 9<br />
sich versammelten.<br />
Und auch auf seinen Ausflügen<br />
zu Verwandten<br />
-------- Zeilen fehlen ------<br />
und Sitten und Gebräuche kennen,<br />
und sah die Achtung und<br />
Liebe, mit der man meinem<br />
Vater begegnete.<br />
O, das zu mein ganzes Wesen<br />
zu ihm und tat mir wohl, ja es<br />
erfüllte mich mit dem heißen<br />
Wunsche, auch einst so unter<br />
den Menschen dastehen zu<br />
können.<br />
Ging mein Vater auf die Filiale,<br />
so trug ich ihm den Chor- und<br />
Priester-Rock in einer Serviette.<br />
Da lernte ich dann das Bauernwesen<br />
und die Schullehrer kennen,<br />
und zwar oft so genau , daß<br />
ich meinem Vater auf dem Wege<br />
meine Einfalt mitteilte, wie<br />
sie berührt und angeregt worden<br />
war.<br />
Vielleicht lag ihm darin mancher<br />
Wink und Ton, den er<br />
brauchte und benutzte. Das<br />
Stadtkind ließ sich so blindlings<br />
nicht täuschen.<br />
Und wenn ich nun vollends zu<br />
den verwandten Dorfpfarrern<br />
kam und ihren Umgang mit den<br />
Dorfbewohnern sah, so konnte<br />
ich mir leicht erklären, worauf<br />
ihr Verfahren sich gründe. Das<br />
war eine Pastoralideologie aus<br />
dem Leben, die ich schon eher<br />
gefaßt hatte, als ich sie auf Universitäten<br />
hörte. Manche dieser<br />
Lehren erschienen mir daher<br />
auch wohl sehr gelehrt, aber<br />
auch nur dies.<br />
Als ich in Tertia aufgenommen<br />
wurde, begann ein neues Leben.<br />
Meine früheren Lehrer Flemig,<br />
Merkel, Hornässer hatte<br />
ich sehr geliebt, aber unsern<br />
Kantor Eichel verehrte ich. Er<br />
war von der Universität Leipzig<br />
gekommen und an die Stelle des<br />
Kantors Giese getreten. Der feurige<br />
junge Mann wandelte uns<br />
alle um. Wir sollten gewahr<br />
werden, was Aufmerksamkeit,<br />
Spannung und Fleiß und Übung<br />
wäre. Er begann damit, uns alle<br />
zu bereden, daß wir im Sommer<br />
100<br />
Seit<br />
1888 Jahre<br />
im Familienbesitz<br />
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die Schule um 4 Uhr begännen.<br />
Es geschah - In einer Stadt will<br />
das was heißen, wo die Menschen<br />
nicht alle früh aufstehen,<br />
aber wir waren angewiesen,<br />
unsere Elternhäuser ganz stille<br />
zu verlassen. So gingen wir Tertianer<br />
dann um 7 Uhr aus der<br />
Schule wieder nach Hause, wo<br />
die anderen 5 Klassen mit dem<br />
Morgenschlaf in den Augen erst<br />
einzogen. Dann gewöhnte er<br />
uns, in den Stunden unsere<br />
Sachen rasch und eifrig vorzubringen,<br />
herzusagen, so daß wir<br />
in Sprachübungen und anderen<br />
Gegenständen noch einmal so<br />
viel leisten konnten. Wir begannen<br />
hier das Griechische und<br />
die Musik; denn Tertia gehörte<br />
zu den Chorschülern. Da wurden<br />
die Kirchenmelodien so<br />
eingeübt, daß sie jedem zum<br />
selbstständigen Eigentum werden<br />
mußten. Eichel spielte uns<br />
oft eine Melodie mit der Violine<br />
vor, eine Zeile oder die ganze<br />
Strophe, und forderte dann auf,<br />
sie gleich nachzusingen. Da<br />
hatte ich das Glück, manche<br />
ganze Melodie nach dem Vorspiele<br />
gleich ganz zu treffen.<br />
Aber wir mußten uns auch für<br />
Kirchen-Musiken im Figural-<br />
Gesang üben. Da schmetterte<br />
manchmal der Violinbogen auf<br />
unseren Köpfen. Wer dann eine<br />
Solopartie zum erstenmal auf<br />
der Orgel zu singen hatte, der<br />
konnte seine Kehle auftun, um<br />
Orgel und Instrumente in der<br />
Kirche zu übertönen. Als mir<br />
dies gelang, schenkte mir der<br />
Vater einen baierischen Gulden.<br />
Und nun mußte ich viel<br />
daran, nicht nur in der Kirche,<br />
sondern auch in den Konzerten.<br />
Dies öffentliche Auftreten ist<br />
eine fruchtbare Schule für ein<br />
jugendliches Gemüt. Die Freude<br />
des Gelingens soll es haben,<br />
aber sie in Bescheidenheit genießen<br />
und fühlen. Die Alten<br />
der damaligen Zeit wußten dies<br />
sehr wohl zu bewirken. Sie lobten<br />
selten und karg. Sie winkten<br />
nur ein wenig, blickten heiter<br />
den Knaben an, drückten ihm<br />
herzlich die Hand. Das war<br />
schon viel. Aber es lag auch<br />
schon in der Wahl zu solchem<br />
Gesang ein Vorzug, an den man<br />
REINHARD GUTSCHKE<br />
GLASERMEISTER<br />
BRITZER DAMM 114<br />
AN DER GRADESTRASSE<br />
12347 BERLIN (BRITZ)
Seite 10<br />
Chronik Ilgen<br />
<strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong><br />
nicht einmal dachte. Zu jener<br />
Zeit begann auch mein Unterricht,<br />
den ich im Violin- und Klavierspiel<br />
erhielt. Bald konnte ich<br />
auch damit im Konzerte dienen.<br />
Und später bildete sich sogar<br />
ein eigenes Konzert der Primaner,<br />
und als die Wolf'sche<br />
Schauspielertruppe sich längere<br />
Zeit in Schmalkalden aufhielt,<br />
fand ich als Glied eines<br />
Orchesters freien Zutritt. Auch<br />
da waren Anschauungen genug<br />
zu bearbeiten, die ich in meine<br />
Einsamkeit mit zurücknahm.<br />
Einsamkeit? wird man fragen.<br />
Ja! Das Hervortreten und Auftreten<br />
war das Werk einzelner<br />
Tage und Stunden. Die meiste<br />
Zeit verstrich nur in dem Kreise<br />
der schon erwähnten Tätigkeit.<br />
Freilich kamen Tage, wo ich fast<br />
gar nicht nach Hause kam und<br />
darum auch nichts zu essen erhielt,<br />
ja gestraft wurde, aber<br />
dann war ich doch auch mit<br />
meinen Gesellen in einer Art<br />
Einsamkeit gewesen, wo irgend<br />
eine Arbeit vollführt wird.<br />
(2. Fortsetzung s. auch Ilgeniana<br />
Nr. 1 S. 4 und Nr. 2 S. 3)<br />
Da ich einen taubstummen Bruder<br />
(Nr. 13 der Stammtafel) und<br />
Vetter hatte, zu denen noch<br />
zwei andere Taubstumme<br />
kamen, so sass sich oft bei ihnen<br />
in der großen Ofenecke und<br />
erzählte ihnen Geschichten.<br />
Alles ging stockstumm bei diesem<br />
Erzählen her. Nur das<br />
Minenspiel bezeichnete die<br />
Distinktionen der Gegenstände,<br />
Personen und Vorfälle. Wenn<br />
dann etwas Komisches gemalt<br />
oder etwas Schreckliches<br />
gezeichnet wurde so brach auf<br />
einmal ein lautes Gelächter<br />
oder ein tiefes, klägliches<br />
Gestöhn meiner Zuschauer aus.<br />
Das ward Ursache, dass mein<br />
Gesicht eine Menge von<br />
Beweglichkeiten in allen Zügen<br />
und Gestikulation eine fast<br />
übermächtige Lebendigkeit<br />
annahm.<br />
Man denke, dass ich diesen armen<br />
Brüdern Geschichten aller<br />
Völker erzählte und für jedes<br />
Volk eine Bezeichnung fand<br />
welch sie fest fassten. Diese<br />
Beziehung, einmal bekannt,<br />
durfte ich dann auch abkürzen<br />
oder nur andeuten, und sie war<br />
ebenso kurz wie ein Wort und<br />
ein Name. Wie drängte mich da<br />
die Notwendigkeit, die wirklichen<br />
Unterscheidungsmerkmale<br />
der Völker in Gestalt, Sitten,<br />
Taten zu denken und zu<br />
greifen.<br />
Eine wesentliche Übung, die<br />
meinem Geschichtsstudium<br />
frühe eine Schärfe<br />
gab. Und wir hatten in<br />
des Vaters Bibliothek<br />
einen großen Bilder-Folianten<br />
über Weltgeschichte.<br />
Den verschlang ich mit<br />
allen Einzelheiten, was<br />
mir für die Schule und<br />
Universität von grossem<br />
Nutzen war.<br />
Einer anderen jugendlichen<br />
Unterhaltung gedenke<br />
ich mit freudigem<br />
Herzen. Die Tertianer<br />
mussten alle Leichenzüge<br />
mit Gesang zum<br />
Totenhofe begleiten und<br />
in der Totenhofkirche<br />
beim Trauergottesdienst<br />
singen. Während der<br />
Predigt durften wir dann<br />
im Winter in das nahe<br />
Spital gehen und uns um<br />
den Ofen setzen. Da war es<br />
dann Sitte, dass einer den<br />
Erzähler machte. Die Reihe<br />
wechselte. Jeder gab sich Mühe,<br />
etwas Schönes aus der Geschichte<br />
aufzutischen. Noch<br />
jetzt staune ich, was junge<br />
Menschen vermögen, wenn sie<br />
wollen.<br />
(wird fortgesetzt)<br />
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<strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong> Seite 11
Seite 12 <strong>Britzer</strong> Handbuch <strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong><br />
<strong>Britzer</strong> Handbuch (Fortsetzung <strong>Heimatbote</strong> 3/<strong>2010</strong>, S.14)<br />
... der innerhalb eines verhältnismäßig<br />
geringen Zeitraums<br />
zur Großstadt heranwachsen<br />
kann und in dem Steigerung des<br />
Bodenwertes und Bedarf an<br />
eigenen Grundstücken mit eben<br />
diesem Wachstume Schritt halten.<br />
Freilich ist die finanzielle<br />
Schwierigkeit, mit der geringen<br />
Steuerkraft einer kleinen Gemeinde<br />
derartige Großstadtwerke<br />
zu schaffen, ebenso<br />
groß.<br />
Aber gerade deshalb werden es<br />
künftige Geschlechter der heutigen<br />
Generation Dank wissen,<br />
daß sie die möglichen Anstrengungen<br />
gemacht hat, um in dieser<br />
Beziehung Vorsorge zu treffen.<br />
Zur Zeit beträgt der Grundbesitz<br />
der politischen Gemeinde Britz<br />
- die für Straßenland ausgewiesenen<br />
54 ha nicht mit eingerechnet<br />
- 49.000.90 ha = 3,73%<br />
der Gesamtfläche.<br />
Hiervon entfallen auf den Kirchhof<br />
und die öffentlichen Gebäude<br />
7.15.85 ha, während der<br />
Rest mit 41.85.05 ha diejenigen<br />
Grundstücke umfasst, die für<br />
den späteren Bedarf an öffentlichen<br />
Gebäuden und für sonstige<br />
unmittelbare Zwecke der<br />
Gemeinde be-stimmt sind.<br />
Dieser Prozentsatz ist nicht<br />
besonders hoch, zumal, wenn<br />
man bedenkt, daß es für die<br />
kommunale Bodenpolitik der<br />
neueren Zeit Grundsatz geworden<br />
ist, Terrainkäufe innerhalb<br />
der Gemeindegrenzen auch<br />
über den unmittelbaren Bedarf<br />
hinaus vorzunehmen. Dies vor<br />
allem, um eine großzügige<br />
Durchführung des Bebauungsplanes<br />
zu ermöglichen und<br />
einen größeren Einfluß auf die<br />
Ausgestaltung des Straßenbildes,<br />
auf die Bauweise und insbesondere<br />
auch auf die architektonische<br />
Durchbildung der<br />
Fassaden ausüben zu können.<br />
Zur Verfolgung dieser Grundsätze<br />
sind vor allem Frankfurt<br />
a. M., Düsseldorf und Ulm den<br />
anderen Städten vorangegangen<br />
und haben über ein Drittel<br />
der Gemarkung in ihr Eigentum<br />
gebracht. Ein kurzer Rückblick<br />
auf das Gesagte lehrt, daß die<br />
Entwicklung, die Britz in den<br />
letzten Jahren genommen hat,<br />
zwar nicht so gewaltig ist, wie<br />
die einiger anderer Vororte Berlins.<br />
Aber sie ist unzweifelhaft<br />
vorhanden und zeigt das Bild<br />
Blasckoallee/Buschkrug 1954<br />
eines stetigen und gleichmäßigen<br />
Fortschreitens unter Vermeidung<br />
aller Nachteile, die ein<br />
allzu rasches und sprunghaftes<br />
Anwachsen notwendig mit sich<br />
bringen muß. Eins aber ist<br />
sicher:<br />
wenn Britz einmal völlig von der<br />
Großberliner Bebauung erschlossen<br />
sein wird, so wird es<br />
mit seinem Areal von über<br />
1300 ha auch eine der größten<br />
Vorortgemeinden sein. Hoffen<br />
wir, daß die fortgesetzten<br />
Bemühungen der Gemeindebehörden,<br />
es auch zu einer der<br />
schönsten Vorstädte zu machen,<br />
nicht ohne Erfolg bleiben<br />
werden.<br />
(Dia Archiv Bürgerverein)
<strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong> Dies und Das Seite 13<br />
Späth'sche Baumschulen feiern<br />
ihr 290-jähriges Bestehen.<br />
Im September <strong>2010</strong> begehen<br />
die Späth'schen Baumschulen<br />
mit einer zweitägigen Feier ihr<br />
ehrwürdiges Bestehen.<br />
1720 gründete Christoph Späth<br />
eine Gärtnerei (Blumen und<br />
Gemüse) vor dem Halleschen<br />
Tor. Von Generation zu Generation<br />
wurde sie vererbt und<br />
erweitert.<br />
Rosenzüchtungen waren in<br />
aller Welt begehrt. Die Baumschule<br />
wurde die größte der<br />
Welt und sogar Namensgeber<br />
für eine S-Bahnstation: Baumschulenweg.<br />
Heute sind die Späth'schen<br />
Baumschulen der älteste Gewerbebetrieb<br />
in Berlin. Kunden<br />
mit Rang und Namen aus aller<br />
Welt kauften bei Späth ein; hohe<br />
Gäste aus Japan, Russland,<br />
Ungarn, Afghanistan, Hongkong<br />
usw., wie auch Fürst Bismarck<br />
und Graf von Moltke<br />
waren zufriedene Kunden.<br />
Wir wünschen den Späth'schen<br />
Erben weiterhin eine glückliche<br />
Hand und einen „Grünen<br />
Daumen“ für ihr friedfertiges<br />
Gewerbe. Gratulation!<br />
H.K. 19.9.<strong>2010</strong><br />
Unsere Nachbarn -<br />
Hindu Mahasabhai<br />
Einladung zufolge ihr Wagenfest<br />
(unserem Erntedankfest<br />
ähnlich) besucht.<br />
Auf einer Sänfte wurde der<br />
Hauptgott Murugan in den festlich<br />
geschmückten Wagen , der<br />
auf der Straße stand, getragen.<br />
Dort fanden die Huldigungen<br />
und Verehrungen statt. Sie wurden<br />
begleitet von fremdländischer<br />
recht lauter Musik auf<br />
indischen Instrumenten. Die<br />
Gläubigen, alt und jung, hatten<br />
sehr feierliche traditionelle Kleidung<br />
an, recht bunt und elegant.<br />
Alle liefen barfuß oder auf<br />
Socken, all die Stunden lang (es<br />
war der 07. September)!<br />
Der Höhepunkt war die Opferung<br />
.... von Kokosnüssen: Um<br />
die Straße nicht zu beschmutzen,<br />
breiteten sie eine große<br />
Plane vor dem Schrein aus. In<br />
die Mitte legten sie einen überdimensionalen<br />
Granitpflasterstein.<br />
Um den Stein 125 kg (!)<br />
Kokosnüsse. (Ich habe vorher<br />
die Säcke gesehen!) Erneut<br />
schwoll die Musik an und die<br />
männlichen Gläubigen (teils<br />
mit nacktem Oberkörper) zerschlugen<br />
die Kokosnüsse auf<br />
dem Stein. Eine wohl große Ehre<br />
für den Gott Murugan.<br />
Nach einigen Essendarreichungen<br />
und verehrenden Tänzen<br />
von Kindern, wunderhübsch<br />
angezogen, setzte sich der<br />
Wagen mit dem Gott in Bewegung:<br />
Der Weg führte rund um<br />
das Tempelareal. Es ist eine<br />
fremde, aber sehr offene Kultur,<br />
die ich dort erleben durfte. Wir<br />
bekommen nette, freundliche<br />
Nachbarn, wenn sie dann endlich<br />
ihren Tempel bauen werden.<br />
H.K. 19.9.<strong>2010</strong><br />
Ein Nachruf der besonderen<br />
Art:<br />
Heute treffen wir uns das zweite<br />
Mal ohne unseren Lehrer. Während<br />
der Schulzeit schwärmten<br />
die Mädchen für ihn, für die<br />
Jungs war er mehr Kumpel als<br />
Lehrer.<br />
Zu unseren späteren Klassentreffen<br />
kam er immer gern und<br />
trug mit zahlreichen Anekdoten<br />
und Liedern zur Unterhaltung<br />
bei.<br />
Wir wollen dankbar sein, dass<br />
wir ihn hatten!<br />
Heute können wir seine liebe<br />
Frau in unserer Mitte begrüßen<br />
und haben somit wenigstens<br />
einen Teil von ihm bei uns. Er<br />
würde sich sicher freuen, dass<br />
seine Frau Gertrud heute seinen<br />
Platz eingenommen hat.<br />
Lasst uns nicht traurig sein, sondern<br />
froh darüber, dass wir so<br />
lange Zeit mit ihm verbringen<br />
konnten.<br />
Riesestraße Ecke Blaschkoallee,<br />
gleich hinter dem ehemaligen<br />
<strong>Britzer</strong> Krankenhaus, hat eine<br />
kleine Gruppe Menschen mit<br />
hinduistischem Glauben ein<br />
Grundstück gekauft. Alles ist<br />
leise vonstatten gegangen. Nun<br />
fehlt nur noch Geld, um den<br />
langersehnten Tempel zu bauen,<br />
denn die Menschen sind<br />
arm. Sie halten aber zusammen<br />
und teilen das Wenige, das sie<br />
haben, miteinander.<br />
Ihr jetziger Tempel mit der Gottheit<br />
ist in einem Souterrain in<br />
der Urbanstraße in Kreuzberg<br />
untergebracht. Ich habe einer<br />
Bewag 1977
Seite 14 <strong>Britzer</strong> Handbuch <strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong><br />
Neues aus der Gesindestube<br />
Heute mit Frantisek:<br />
Was hier meine Aufgabe ist?<br />
Eigentlich bin ich als Gärtner<br />
eingestellt mit Schwimmbadreinigung.<br />
Aber seit der Paul<br />
sich beim Radwechsel des<br />
Gepanzerten vom Chef die<br />
Unterschenkel abgequetscht<br />
hat, muss ich auch noch den<br />
Fuhrpark betreuen. Mehr Geld<br />
gibt es natürlich nicht. Hundert<br />
andere warten ja auf so einen<br />
Job, bekam ich zu hören.<br />
Wovor ich Angst habe? Nun<br />
eigentlich hatte ich gehofft, dass<br />
meine Enkelkinder, sieben sind<br />
es bisher, vor Freude strahlen,<br />
wenn sie mich sehen und nicht<br />
strahlen, weil sie an einem<br />
Atomkraftwerk wohnen. Aber<br />
der Frau von Herrn Sauer, sie ist<br />
ja wohl Naturwissenschaftlerin<br />
gewesen und sollte um die<br />
Gefahren wissen, ist das wohl<br />
Gleichgültig. Sie hat die Zukunft<br />
meiner Enkel einfach verkauft.<br />
Beim Frühstück hat neulich<br />
einer erzählt, er habe den Eindruck,<br />
diese Frau ist in der heutigen<br />
Wirklichkeit noch immer<br />
nicht Angekommen und lebt<br />
noch in ihrer Vergangenheit.<br />
Der herrschenden Klasse geht es<br />
gut und das Volk muss Darben.<br />
In der Badewanne soll sie ja<br />
früher gesungen haben „die Partei,<br />
die Partei die hat immer<br />
recht,“ oder so. Heute soll sie<br />
dafür singen: „Ich hab recht, ich<br />
hab immer wieder recht.“ Aber<br />
wenn sie den Stöpsel aus ihrer<br />
Badewanne zieht, dann verschwindet<br />
sie im Abfluss der<br />
Geschichte. Leider war das<br />
Frühstück dann zu Ende.<br />
Ich warte ja jetzt auf das große<br />
Geld. Schließlich bin ich als<br />
Steuerzahler ja an einigen Banken,<br />
insbesondere der HRE beteiligt.<br />
Wo doch die Manager<br />
jetzt die große Ausschüttung bekommen,<br />
obwohl sie vorher die<br />
ganze Knete in den Sand gesetzt<br />
haben, müssen wir als Anteilhaber<br />
ja auch was kriegen. Oder<br />
ist das doch wieder nur was für<br />
die herrschende Klasse. Aber<br />
die Elke, die ja die Mutter von<br />
zwei meiner Enkel ist, kann sich<br />
wenigstens freuen. Sie bekommt<br />
ja jetzt 5 Euro mehr. Hat bloß<br />
Pech. Muss öfter mal zum Arzt.<br />
Da geht alles wieder drauf.<br />
Sonst bleibt ja wohl alles beim<br />
Alten. Der Strom wird teurer.<br />
Muß ja auch, sonst würden die<br />
Konzere weniger verdienen.<br />
Die Medikamente werden auch<br />
nicht billiger. Können sie ja<br />
auch nicht. Wie sollen denn die<br />
Hersteller ihre Lobbyisten in<br />
den Ministerien sonst bezahlen.<br />
Wenn sie doch wenigstens die<br />
Preise nehmen würden, die man<br />
im Ausland dafür bezahlt.<br />
Aber da gibt es Regierungen, die<br />
auf so was achten.<br />
Ich werde jetzt einen anderen<br />
Glauben annehmen. Aus Kostengründen.<br />
Die Beerdigung in<br />
einem Laken ist sicher preiswerter<br />
als die im Sarg, der ohnehin<br />
verbrannt wird.<br />
Muß jetzt aber raus, den Wagen<br />
von der Chefin waschen, die<br />
will noch zu Christ.<br />
Sie werden ohnehin bald Hausverbot<br />
hier kriegen. Aber es gibt<br />
ja genug Leute wie meinen<br />
Chef. Da hören sie immer was<br />
Neues. Denn, da war ja diese<br />
Frau, erst bringt sie mit einem<br />
Tritt vor das Schienbein die<br />
Bundesbank zum Einknicken<br />
und erklärt dann süffisant, ich<br />
nehme ihre Verbeugung an.<br />
Hallesches Tor 1954 Hertie Neukölln 1967<br />
Brandenburger Tor 1963
<strong>Britzer</strong> <strong>Heimatbote</strong> Aus dem Verein Seite 15<br />
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Herr Nadarajah<br />
Thiagarajah (Berlin Hindu<br />
Masahabhai e.V.) gab uns einen<br />
Überblick über den Glauben<br />
der Hindus und dessen Ursprung.<br />
Der Tempel in der Riesestraße<br />
soll im nächsten Jahr fertiggestellt<br />
sein. Er wird zum Teil<br />
aus Fertigbauteilen errichtet.<br />
Der Verein wurde schon jetzt zu<br />
einem Besuch eingeladen.<br />
Durch eine Spende für die<br />
Schule der Lebensfreude e.V. in<br />
Lübben hat der Vorsitzende eine<br />
„Buga Eröffnungsfahne erworben<br />
und dem Verein als vorgezogenes<br />
Geburtstagsgeschenk<br />
überreicht.
Seite 16<br />
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