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DPFA - Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH

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Interviews<br />

Frau Dörschel, Mitarbeiterin des Landratsamtes<br />

<strong>Riesa</strong>-<strong>Großenhain</strong> (früher Sozialhilfe, jetzt Grundsicherung)<br />

1. Wenn Sie heute an die Anfänge Ihrer Arbeit mit Spätaussiedlern, später<br />

Migranten innerhalb Ihrer Abteilung zurückdenken, was fällt Ihnen dazu ein?<br />

Welche Gedanken kommen Ihnen zuerst in den Sinn?<br />

„Oh, meine Güte, meine Schulkenntnisse in Russisch brauche ich auch noch!“<br />

2. Mit Ihren Erfahrungen in dieser Arbeit können Sie aus Ihrer Sicht schildern,<br />

was können andere Einrichtungen/Verbände zur Integration von Migranten jetzt<br />

und zukünftig beitragen?<br />

Es ist zu empfehlen sich mit der Geschichte der deutschen Aussiedler zu<br />

befassen, um die Situation der Notwendigkeit der Eingliederung zu verstehen.<br />

Es bedarf immer der<br />

- Toleranz<br />

- Akzeptanz<br />

- Differenzierung.<br />

Frau Schubert, Sachgebietsleiterin Ausländerangelegenheiten<br />

des Landratsamtes <strong>Riesa</strong>-<strong>Großenhain</strong><br />

1. Wenn Sie heute an die Anfänge Ihrer Arbeit mit Spätaussiedlern, später<br />

Migranten innerhalb Ihrer Abteilung zurückdenken, was fällt Ihnen dazu ein?<br />

Welche Gedanken kommen Ihnen zuerst in den Sinn?<br />

Zurückdenkend an die Anfänge der Arbeit mit Spätaussiedlern war zunächst<br />

im Vordergrund, entsprechende geeignete Gemeinschaftsunterkünfte für die<br />

Unterbringung von Spätaussiedlern im Landkreis zu finden. Dabei musste auch<br />

die Betreibung bzw. Bewirtschaftung der Objekte geklärt werden. Nachdem<br />

die Gemeinschaftsunterkünfte mit der entsprechenden Betreibung zum Einzug<br />

der Spätaussiedler bereit standen, kamen oftmals Fragen auf. Wie würden die<br />

Spätaussiedler in ihrem Umfeld angenommen, werden sie sich einleben, werden<br />

wir uns verständigen können, gibt es sprachliche Barrieren? Als die ersten<br />

Spätaussiedler eintrafen, stellten wir erstaunlicherweise fest, dass die Mehrzahl<br />

der Spätaussiedler die deutsche Sprache recht gut beherrschten. Trotzdem fiel<br />

ihnen der Gang zu den Behörden schwer. Dank der Hilfe der <strong>Diakonie</strong> <strong>Riesa</strong>-<br />

<strong>Großenhain</strong> und des Arbeitersamariterbundes Gröditz wurde auch dieses<br />

gemeistert. Darauf aufbauend entwickelten beide Institutionen Projekte zur<br />

Betreuungs- und Integrationsarbeit der Spätaussiedler.<br />

wurden. Die Lebensmittel, die wir noch mitnehmen konnten, waren schon lange<br />

alle. Ich musste im Kolchos arbeiten, damit ich und meine Mutter ein Stückchen<br />

Brot und eine kleine Schüssel schwarzes Mehl zum Essen hatten.<br />

Am 15. März 1942 wurde ich sechzehn Jahre alt und bekam einen Personalausweis.<br />

Im Herbst wurde ich vom Kriegskommissariat zur Trudarmee einberufen. Ich habe<br />

in der dichten Taiga im Ural in der Baracke gewohnt. Unsere Baracken waren mit<br />

hohem Zaun aus Stacheldraht eingezäumt und an vier Ecken standen Schützen.<br />

Wir haben im Wald Bäume gefällt. Jeder musste 3,6 Kubikmeter pro Tag fällen.<br />

Wer diese Tagesnorm nicht schaffte, kriegte weniger Brot. Die Menschen starben<br />

an Hunger, an der Kälte und an der schweren Arbeit.<br />

Ab 1943 habe ich am Bau einer Grube als Zimmermann gearbeitet. Am 9. Mai<br />

1945 wurde das Kriegsende verkündet und alle freuten sich und hofften auf baldige<br />

Befreiung. Aber unsere Hoffnungen gingen nicht in Erfüllung. Wir wohnten nach<br />

wie vor wie in einem Gefängnis.<br />

Ab Juni 1946 waren alle Deutschen unter der Sonderkommandantur der<br />

NKWD. Wir mussten uns jeden Monat bei der Kommandantur melden. Wir<br />

durften nicht ohne Erlaubnis unseren Wohnort verlassen. 1948 wurde ein Erlass<br />

herausgegeben. Laut dessen durften die Deutschen nicht ihren Wohnort ohne<br />

Sondererlaubnis verlassen. Der Verstoß gegen diese Verordnung wurde mit<br />

zwanzigjähriger Zwangsarbeit bestraft. Uns wurde gesagt, wir müssen unsere<br />

Familien holen, Häuser bauen und uns hier einleben. Ich habe 22 Jahre als<br />

Zimmermann gearbeitet. Ab September 1964 habe ich als Baumeister an einer<br />

Baustelle gearbeitet. Mein Dienstalter ist 52 Jahre.<br />

Seit dem 16. Februar 1995 lebe ich in Deutschland. Ich und meine Familie kamen<br />

in Bramsche an, später kamen wir nach Bärenstein. Am 3. März 1995 hatte ich den<br />

ersten Kontakt mit der <strong>Diakonie</strong>. Das war im Übergangswohnheim in Kmehlen.<br />

Ich habe die Mitarbeiter der <strong>Diakonie</strong> Frau Franke, Frau Tröger, Frau Drobisch<br />

kennen gelernt. Diese Mitarbeiter der <strong>Diakonie</strong> haben uns immer mit Rat und Tat<br />

geholfen.<br />

Seit 1. April 1996 wohne ich in <strong>Großenhain</strong>. Ich gehe jeden Sonntag zum<br />

Gottesdienst in die Marienkirche. Ich habe in der Kirche viele neue und interessante<br />

Menschen kennen gelernt. Frau und Herr Zenker, Frau und Herr Korth sind meine<br />

ersten Bekannten von den Einheimischen, die ich 1996 kennen gelernt habe und<br />

mit denen ich bis heute befreundet bin.<br />

In <strong>Großenhain</strong> bin ich zu Hause.<br />

Otto Wagner<br />

12.03.2007<br />

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