DPFA - Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH
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Seniorenarbeit<br />
Nachdem die ersten Aussiedlerfamilien 1994/95 die Übergangswohnheime<br />
verlassen und in und um <strong>Großenhain</strong> eine Wohnung bezogen hatten, wurden<br />
sie auch weiterhin durch MitarbeiterInnen der Aussiedlerberatung betreut. Dabei<br />
wurde der Wunsch laut, sich doch auch mal zu treffen und in Gedankenaustausch<br />
zu treten.<br />
Außerdem bestand bei den älteren Menschen der Wunsch, Liedgut der Vorfahren<br />
zu bewahren und zu pflegen. Konnten sie das in Russland bzw. Kasachstan doch<br />
nur heimlich in Zusammenkünften der Familien tun.<br />
Daraus ergaben sich monatliche Treffen unter dem Thema „Reden und Singen“.<br />
Diese Treffen stehen für alle offen, sind nicht an eine Konfession gebunden.<br />
Die Zusammenkünfte nutze ich auch, um den monatlichen Geburtstagskindern<br />
zu gratulieren. Bei besonderen Jubiläen oder Krankheit suche ich die<br />
Betroffenen persönlich zu Hause auf.<br />
Weiterhin besuchten wir schon mehrmals das Heimatmuseum und lernten die<br />
Stadt <strong>Großenhain</strong> mit Stadtführer Herrn Förster kennen.<br />
Wir nutzten thematische Angebote im Amt für Landwirtschaft und erkundeten die<br />
nähere Umgebung bei Exkursionen z.B. nach Zabeltitz, Schönfeld, Meißen und<br />
Moritzburg.<br />
Weitere Ziele waren unsere Landeshauptstadt Dresden mit Gemäldegalerie/<br />
Grünes Gewölbe jeweils verbunden mit einer Stadtrundfahrt. Aber auch ein<br />
Besuch der Bastei inklusive einer Schifffahrt auf der Elbe war für die Senioren ein<br />
Erlebnis. Reisen nach Leipzig mit Zoobesuch, nach Potsdam mit Besichtigung<br />
des Schlosses Sanssouci und Berlin mit Reichstag und Stadtrundfahrt wurden<br />
organisiert, damit die SpätaussiedlerInnen ihre neue Heimat kennen lernen<br />
konnten.<br />
Um die Senioren noch besser in die Gesellschaft zu integrieren, forcierten wir den<br />
Kontakt mit dem Rentnerkreis der Einheimischen. Viele von ihnen haben Kontakte<br />
geknüpft und schon gute Freunde gefunden. Sie sind heimisch geworden.<br />
Siegrid Tröger<br />
und auch selbst mit der Sprache, die man sechzig Jahre gesprochen hat, nicht<br />
mehr sprechen kann. Ob es uns in Baden-Württemberg oder auch in Berlin<br />
besser ginge, lässt sich nur raten. Hier in Kmehlen sind wir am 8. Dezember 1992<br />
angekommen, haben viele Menschen getroffen, die uns mit Rat und Tat geholfen<br />
haben, die erste kleine Wohnung, die Möbel und den Kleingarten zu beschaffen,<br />
der unsere Zuflucht und Trost war und bis heute geblieben ist.<br />
Einen herzlichen Dank an alle, die uns seit dem ersten Tag in unserer Not<br />
unterstützt und geholfen haben: an Frau Franke und alle Mitarbeiter der <strong>Diakonie</strong>,<br />
an den Herrn Rendke, den Bürgermeister von Priestewitz, an den Herrn Andreas<br />
Oelmann, den Schuldirektor und an die Familie Ferbert, die 1947 denselben<br />
Leidensweg gegangen ist und uns verstanden und auch die Freundschaft<br />
angeboten hat. Und an viele, viele Priestewitzer, besonders noch an die Frau<br />
Naumann. Gott segne euch alle.<br />
Und dann kamen auch nach und nach unsere Kinder: 1993 unsere Tochter Maria<br />
mit Kindern Maxim und Nikolai, 1994 der Sohn Alexander mit seiner Frau Larissa<br />
Klein, im Sommer 1997 dann auch die jüngste Tochter mit ihrer Familie.<br />
Mit viel Unterstützung gelang es uns auch, das Enkelkind Alexej auf dem Wege<br />
der Familienzusammenführung nach Deutschland zu holen. Alle haben sich<br />
eingelebt, alle haben Arbeit, die Kinder, unsere Enkelkinder, lernen nach und<br />
nach aus und kommen auf die eigenen Beine. Was richtig und was falsch ist,<br />
lässt sich im Bezug auf solche Entscheidungen schwer sagen.<br />
Aber ich denke, die richtige Antwort hat vor vielen, vielen Jahren meine<br />
Schwiegermutter gegeben. Die Schwester meiner Frau Jekaterina, Maria<br />
Klein, hat ihre Mutter mal gefragt: „Mutter, viele reisen nach Deutschland aus.<br />
Sollen wir das auch tun, oder was wäre für uns das Richtige?“ Darauf hat meine<br />
Schwiegermutter geantwortet: „Mach, was das Volk macht, und das ist auch das<br />
Richtige“. Klüger konnte man das wohl kaum formulieren.<br />
Jede deutsche Familie hatte den gleichen Leidensweg, jede Familie kann Bände<br />
darüber schreiben. Auch die Geschichte unserer Familie ist damit bei weitem noch<br />
nicht zu Ende. Aber das ist dann die Aufgabe unserer Kinder und Enkelkinder.<br />
Familie Schäfer<br />
<strong>Großenhain</strong>, 2007<br />
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