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Vorschau Scheidegger & Spiess Frühjahr 2017

Die aktuellen Titel im Frühjahrs-Programm 2017 vom Verlag Scheidegger & Spiess.

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First of all, it was the name of the city, and second, the<br />

vague notion of what it might look like, that motivated me<br />

to travel to Bilbao for the first time in 1988. Having just<br />

completed my photography training and hardly seen anything<br />

of the world, I longed to travel and go on an adventure.<br />

Since my budget was extremely modest, I had no<br />

alternative but to seek out places that were both exotic<br />

and practically on my own doorstep, namely in Europe.<br />

Equipped with an old Nikon and a few black-and-white films, I set out to the Basque<br />

region. Eventually, the train and bus journey would make me feel like I was on a trip<br />

around the world.<br />

My first tours of Bilbao and its industrial zones can only be described as extremely<br />

disturbing. Never before in my young life had I seen anything like it: the smoking<br />

and fire-spewing chimneys of the furnaces, the slowly rusting freighters in the oily<br />

slurry of the Ria, and densely stacked, dilapidated, and soot-covered apartment<br />

blocks, which, as I noticed with shock, were actually still inhabited. What I saw there<br />

had nothing at all to do with my quaint little homeland, although looking at the undulating<br />

green of the surrounding countryside, it reminded me of the Alpine foothills.<br />

But the landscape similarities only served to confuse my senses all the more.<br />

Naturally, to me this scenery was at least as fascinating as it was intimidating.<br />

The industrial plants, which resembled the gates of hell, were one aspect, while the<br />

nocturnal activities of the Basque nationalists and left-wing radicals were another.<br />

As soon as darkness descended, when the shops closed in the Old Town, the<br />

Casco Viejo became their domain. Basque punk and ska music boomed from the<br />

bars, which were wallpapered in ETA propaganda posters. As soon as a few of the<br />

boys had had enough to drink, they would set out to provoke<br />

the policemen stationed nearby, who in turn seemed merely<br />

to have been waiting for an opportunity to fire their rubber<br />

bullets in the direction of the bars.<br />

By the end of my first Bilbao trip I knew I would be coming back<br />

as soon as I could. I had the sense of having stumbled upon a<br />

priceless treasure perfectly suited to me: a city that interested<br />

no one, no foreign photographers far and wide, leaving the<br />

whole playing field to me. It was a good job, too, because I was<br />

convinced that I could learn about real photography there.<br />

The aim of my next visits was to gain an insider perspective of<br />

the city and its surrounding region, which required contacts<br />

with the locals and the odd permit. For instance, I was desperate<br />

to visit the Altos Hornos de Viscaya, the gigantic furnaces<br />

of Sestao. To my surprise, that posed no problem, and<br />

in 1997 it was equally simple to get permission to photograph the Guggenheim Museum<br />

building site. The museum’s construction marked the beginning of a new era<br />

in Bilbao. The city’s spectacular calling card was built according to a bold design by<br />

bilbao<br />

Roger Wehrli<br />

Zum einen war es der Name der Stadt, zum andern die vage Vorstellung davon, wie<br />

es dort aussehen könnte, was mich 1988 zu meiner ersten Bilbao-Reise veranlasste.<br />

Eben erst die Fotografenausbildung beendet, noch kaum etwas von der Welt<br />

gesehen, dürstete es mich nach Reisen und Abenteuern. Da mein Budget äusserst<br />

bescheiden war, blieb mir nichts anderes übrig, als die Exotik quasi vor der Haustüre<br />

zu entdecken, also in Europa.<br />

Ausgerüstet mit einer alten Nikon und ein paar Schwarz-Weiss-Filmen machte ich<br />

mich auf den Weg ins spanische Baskenland. Die Anreise mit Zug und Bus gab mir<br />

letztendlich doch das Gefühl, eine kleine Weltreise unternommen<br />

zu haben.<br />

Die ersten Rundgänge durch Bilbao und seine Industriezonen<br />

waren zutiefst verstörend. Nie zuvor in meinem jungen<br />

Leben hatte ich etwas Derartiges gesehen. Die rauchenden<br />

und Feuer speienden Kamine der Hochöfen, die<br />

in der öligen Kloake der Ria vor sich hin rostenden Frachtschiffe,<br />

dicht an dicht stehende heruntergekommene,<br />

russgeschwärzte Mietskasernen, die zu meinem Entsetzen tatsächlich noch bewohnt<br />

waren. Was ich hier zu Gesicht bekam, hatte mit meiner putzigen Heimat so<br />

gar nichts gemein. Wenn ich jedoch das hügelige grüne Umland betrachtete, fühlte<br />

ich mich an eine Gegend in den Voralpen erinnert. Aber diese landschaftliche Ähnlichkeit<br />

verwirrte meine Sinne nur noch mehr.<br />

Natürlich faszinierte mich dieses Szenario mindestens so sehr, wie es mich einschüchterte.<br />

Die an eine Höllenpforte gemahnende Industrie war das eine, die nächtlichen Aktionen<br />

der baskischen Nationalisten und Autonomen das andere. Mit Einbruch der<br />

Dunkelheit, wenn die Geschäfte in der Altstadt schlossen, wurde der Casco Viejo<br />

zu ihrem Hoheitsgebiet. Aus den mit ETA-Propagandaplakaten tapezierten Bars<br />

dröhnte baskischer Punk und Ska, und wenn einige der Jungs genug getrunken<br />

hatten, zogen sie los, um die in der Nähe stationierten Polizisten zu provozieren.<br />

Die schienen nur darauf zu warten, ihre Gummigeschosse in Richtung der Bars abfeuern<br />

zu können.<br />

Am Ende meiner ersten Bilbao-Reise wusste ich, dass ich so schnell wie möglich<br />

zurückkehren würde. Ich hatte das Gefühl, auf einen kostbaren Schatz gestossen<br />

zu sein, wie gemacht für mich. Eine Stadt, für die sich niemand<br />

interessierte, kein ausländischer Fotograf weit breit, ich hatte<br />

die ganze Spielwiese für mich alleine. Das war auch gut so,<br />

denn ich war überzeugt, dass ich hier das wirkliche Fotografieren<br />

erlernen konnte.<br />

Ziel meiner nächsten Besuche war, eine Innenansicht der<br />

Stadt und ihres Umlands zu erlangen. Das erforderte Kontakte<br />

zur Bevölkerung und die eine oder andere Genehmigung.<br />

So wollte ich unbedingt die „Altos Hornos de Viscaya“<br />

besuchen, die gigantischen Hochöfen von Sestao. Zu meiner<br />

Überraschung war das kein Problem. Ebenso verhielt es sich<br />

mit der Bewilligung für das „Guggenheim-Museum“, dessen<br />

Baustelle ich 1997 fotografieren durfte. Der Bau des Museums<br />

markierte den Beginn einer neuen Epoche in Bilbao. Auf<br />

dem seit Jahren brachliegenden Grundstück der „Euskalduna-Werft“<br />

entstand nach den kühnen Plänen Frank Gehrys das spektakuläre Aushängeschild<br />

der Stadt. Eine rege Bautätigkeit erfasste das Stadtzentrum. Moderne<br />

Glaspaläste reckten sich immer höher in den Himmel, eine Untergrundbahn ersetzte<br />

Bilbao 1994<br />

Bilbao 1988 Die Eröffnung der Eisenbahnlinie, welche Bilbao mit den Hochöfen in Sestao<br />

und den Eisenerzminen in Gallarta verband, markiert im Jahre 1857 den Beginn des industriellen<br />

Zeitalters. / In 1857, the opening of the railway line connecting Bilbao to the furnaces<br />

in Sestao and the iron ore mines in Gallarta marked the beginning of the industrial age.<br />

Zwischen 1880 und 1890 wuchs die Bevölkerung Bilbaos von 10 000 auf<br />

80 000 Einwohner. / Between 1880 and 1890, the population of Bilbao<br />

grew from 10,000 to 80,000 inhabitants.<br />

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Bilbao 1993<br />

Bilbao 1997<br />

Bilbao 1999 Ein regnerischer Nachmittag im Geschäftsviertel.<br />

/ A rainy afternoon in the business quarter.<br />

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