HANSEstyle 4 | 2016
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STADTGESCHICHTE(N)<br />
STADTGESCHICHTE(N)<br />
In der Eppendorfer Grillstation packt<br />
Chef Oliver Kammerer jeden Tag selbst<br />
mit an<br />
Die bunten Fassaden der schönen Altbauten sind typisch für das Generalsviertel<br />
Leonardo Testa aus dem Dal Fabbro<br />
Winebar & Ristorante ist nicht nur ein<br />
fantastischer Gastgeber, sondern<br />
auch ein echter Weinkenner<br />
Italienische Institution: Im Falkenried<br />
findet man das Restaurant „La Scala“<br />
von Weinprofi Mario Zini<br />
Einen verstärkten Zuzug von Hamburger Bürgern nach Hoheluft gab es nach der<br />
Aufhebung der Torsperre Ende des Jahres 1860. Die führte dazu, dass das Acker- und<br />
Weideland zwischen Harvestehude und Eimsbüttel peu à peu zu Wohnzwecken parzelliert<br />
wurde. 1864 erhielt die Hamburger Ausfallstraße Richtung Lokstedt den Namen<br />
Hoheluftchaussee und zwanzig Jahre später gab es eine erste Querung über die<br />
Isebek, eine hölzerne Brücke, dort, wo heute die Hoheluftbrücke den Grindel mit der<br />
Hoheluft verbindet. Was eine noch schnellere Besiedlung förderte.<br />
Heute finden Sie in der Hoheluft wunderschöne Altbaugebiete, mit Häusern meist im<br />
Jugendstil. Und von herrlichen Bäumen umsäumte Straßen. Vielleicht aber sollten<br />
Sie den Stadtteil zunächst auf seinem Flanierboulevard erkunden, dem Eppendorfer<br />
Weg. Von Ost nach West, mit kleinen Abstechern nach Norden und Süden. Beginnen<br />
wir den Spaziergang am Lehmweg 44/Ecke Eppendorfer Weg, dort wo Hamburger<br />
Jazzfans in Onkel Pös Carnegie Hall klassischen Jazz, später auch Rock- und Popmusik<br />
erlebten. Im Laufe der Jahre mit Stars wie Chet Baker, Art Blakey, Chick Corea,<br />
Dexter Gordon, Pat Metheny, Al Jarreau und vielen anderen. Im Onkel Pö waren natürlich<br />
auch Udo Lindenberg, Otto Waalkes, Mike Krüger, Gottfried Böttger oder Albert<br />
Mangelsdorf zu hören und zu erleben.<br />
Am Eppendorfer Weg wie auch am Lehmweg finden Sie hanseatische Ikonen der Gastronomie<br />
und des Einzelhandels. Im Lehmweg 41 die Confiserie Niko, einst bekannt<br />
als Sweet Dreams; diese Konditorei hat inzwischen einen neuen Besitzer, der aber,<br />
Niko Lecuiller, backt weiter nach den erprobten Rezepten seiner Vorgänger. Oder das<br />
marokkanische Top-Restaurant Piment von Wahabi Nouri, seit Jahren ein beliebter<br />
Gourmet-Tempel. Wer’s ursprünglicher mag, ist im Mansaaf mit seiner arabischen<br />
Küche gut aufgehoben. Am Eppendorfer Weg Ecke Falkenried empfängt Sie der italienische<br />
Patron und engagierte Weinkenner Mario Zini im La Scala. Schräg gegenüber<br />
die Kaffeerösterei Burg, <strong>2016</strong> gerade wieder mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.<br />
Dann westlich der Hoheluftchaussee im sog. Generalsviertel das Dal Fabbro Winebar<br />
& Ristorante von Leonardo aus der Gastronomenfamilie Testa, die in Blankenese ein<br />
Restaurant gleichen Namens betreiben. Oder die Kultkneipe Eppendorfer Grillstation<br />
im Eppendorfer Weg 172, zwischen Roon- und Kottwitzstraße, von wo aus Olli Dittrich<br />
alias Dittsche seine Live-Sendungen stets spontan und ohne Drehbuch sendet.<br />
Dittsche machte die Grillstation zum Kultgrill für alle, die es deftig mögen. Und der<br />
echte Gastwirt Oliver Kammerer gibt sich alle Mühe, diesem Fernseh-Image auch<br />
werktags gerecht zu werden.<br />
Den nötigen Appetit kann man sich vorher mit einem ausgiebigen Bummel durchs<br />
Generalsviertel und die dort traumhaft schönen Häuser erlaufen. In den beiden<br />
Fotos: PR (1)<br />
Die modernen Wohnungen im ehemaligen Straßenbahndepot sind ein Hingucker im<br />
Falkenried<br />
„Hohenlüften“ finden Sie mehr als 200 Denkmäler, vor allem denkmalsgeschützte<br />
Gebäude, überwiegend im Jugendstil oder im wilhelminischen Neo-Barock. Dazwischen<br />
aber auch Bauten von klassizistischer Schönheit. Und in der Roonstraße steht<br />
sogar das holperige Kopfstein-Pflaster unter Denkmalschutz.<br />
FALKENRIED: STRASSENBAHNDEPOT UND HAMBURGS<br />
GRÖSSTE TERRASSEN-SIEDLUNG<br />
Auf dem Weg von Ost nach West sollten Sie unbedingt in den Falkenried einbiegen,<br />
aus zwei Gründen. Das ehemalige Straßenbahndepot Falkenried wurde ab 2003<br />
zu einem fashionablen Neubauviertel umgestaltet, mit modernen Büroräumen und<br />
Wohnungen. Früher stellte man hier Straßenbahnwagen her und exportierte diese<br />
nach ganz Europa. Zudem war das Straßenbahndepot die Hamburger Endstation<br />
und Reparaturwerkstatt der SEG Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft, die ab 1894 peu<br />
à peu von Pferden gezogene auf elektrisch betriebene Straßenbahnen umgestellt<br />
hatte. Auch damit war dann im Jahr 1978 endgültig Schluss – seither haben Busse,<br />
U- und S-Bahnen den Nahverkehr übernommen. Im ehemaligen Straßenbahndepot<br />
erinnern nur noch ein Pförtnerhäuschen mit Gastronomie und einige Gedenktafeln<br />
an diesen Teil der Hamburger Verkehrsgeschichte. Und der Name Straßenbahnring<br />
quer durch das ehemalige Werksgelände.<br />
Im Straßenbahnring 12 residiert der Küchenausstatter Cucinaria, wo Profis wie<br />
Amateure Küchenausstattungen und -zubehör aller Art finden. Dazu eine Kochschule,<br />
und, nicht zu vergessen, die wohl größte Auswahl an Kochbüchern hier in Hamburg.<br />
Etwas weiter im Haus Nr. 18 sitzt RTL Nord und steuert von hier aus seine norddeutschen<br />
Regionalprogramme.<br />
Gegenüber vom Eingangsbereich ins ehemalige Depot befindet sich Hamburgs größte<br />
und gut erhaltene Terrassensiedlung: 324 Zweizimmerwohnungen mit Wohnflächen<br />
zwischen 32 und 46 Quadratmetern. Alle Häuser mit Ausnahme der Kopfbauten<br />
sind dreigeschossig, die fünf Privatstraßen dazwischen jeweils 140 Meter lang. Und<br />
In den beiden<br />
„Hohenlüften“<br />
finden Sie mehr als<br />
200 Denkmäler<br />
mitten drin ein bunt bemalter Bunker<br />
mit Büros und einem Penthouse on top.<br />
Genau genommen sind die Falkenried-<br />
Terrassen aber Passagen mit Ausgängen<br />
zur Löwenstraße – Wohnquartiere,<br />
die Ende des 19. Jahrhunderts für die<br />
Arbeiter des gegenüberliegenden Straßenbahnwerks<br />
und für die durch die<br />
Hafenerweiterung vertriebenen Hafenarbeiter<br />
erbaut wurden. Spekulanten<br />
wollten Ende der 80er Jahre die damals<br />
ziemlich verwahrlosten Häuser abreißen<br />
und durch Neubauten ersetzen, was<br />
eine Mietergenossenschaft mit Hilfe<br />
der Lawaetz-Stiftung verhinderte. Die<br />
Terrassenhäuser wurden saniert; heute<br />
wohnen hier Künstler, Singles und Familien,<br />
Alleinerziehende mit Kindern,<br />
Schauspieler, Studenten, natürlich auch<br />
einfache Arbeiter und Angestellte.<br />
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