Download als PDF (4 MB) - SHG - Saarland-Heilstätten GmbH
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PsychiAtrische fAmilienhilfe<br />
A k t u e l l e s<br />
„Hier habe ich auch psychisch wieder laufen gelernt“<br />
wo fAmiliäre geBorgenheit heilen hilft: monikA Bierwirth leBt seit<br />
13 JAhren Bei elfriede und günther PAul in wAllerfAngen.<br />
„Dass ich zur Familie Paul kommen konnte war wie ein<br />
Sechser im Lotto“, lacht Monika Bierwirth und drückt<br />
Elfriede Paul dankbar die Hand. Anfangs nur für einige<br />
Wochen sollte sie im Rahmen des „Begleiteten<br />
Wohnens in Familien“ zu Elfriede und Günther Paul<br />
in die ruhige Wohngegend nach Wallerfangen ziehen.<br />
Daraus sind inzwischen 13 Jahre gute Jahre des Zusammenseins<br />
geworden. Sie haben Monika Bierwirth<br />
wieder an ein normales Leben herangeführt.<br />
Monika Bierwirth (Bildmitte) fühlt sich bei ihrer Gastfamilie<br />
sichtlich wohl. Links Günther und Elfriede Paul, rechts deren<br />
Tochter Mechthild mit Enkelin Maribelle sowie Sonja Kirsch<br />
(vorne).<br />
Die Frau, dam<strong>als</strong> 50 Jahre alt, hatte zu dieser Zeit nicht<br />
nur mit einer psychischen Erkrankung zu kämpfen,<br />
sondern war darüber hinaus nach einem Unfall an den<br />
Rollstuhl gefesselt. Die ideale Lösung für ihre Unterbringung<br />
nach der Reha: Das dam<strong>als</strong> neue und innovative<br />
Programm der Psychiatrischen Familienpflege<br />
der <strong>SHG</strong>-Kliniken in Völklingen.<br />
Die Gastfamilie war schnell gefunden. Erfahrung mit<br />
der Betreuung anderer hatten die Pauls dam<strong>als</strong> schon.<br />
Zwei eigene Kinder waren dem Lehrerehepaar nicht<br />
genug, und so hatten sie über die Jahre insgesamt acht<br />
Pflegekinder großgezogen. Sie habe sich sehr zum<br />
Positiven verändert in ihrer Zeit bei den Pauls, sagt<br />
Monika Bierwirth heute. In Wallerfangen<br />
habe sie nicht nur körperlich<br />
wieder laufen gelernt, sondern<br />
auch psychisch. Im Untergeschoss<br />
hat sie ein eigenes, separates Zimmer<br />
mit einem kleinen Bad. Dafür,<br />
dass dort immer alles in Ordnung<br />
ist, sorgt sie selbst.<br />
Absolut wohltuend ist vor allem<br />
der geregelte Tagesablauf im Schoß<br />
der Familie und das Wissen, immer<br />
einen Ansprechpartner zu haben,<br />
erzählt Monika Bierwirth. So sind<br />
etwa die gemeinsamen Mahlzeiten<br />
ein wichtiger Punkt im Zusammenleben<br />
geworden. Außerdem teilen<br />
die beiden Frauen eine Leidenschaft,<br />
die zum täglichen Ritual geworden<br />
ist: Das Kniffeln. „Dabei können wir<br />
gut über alles reden“, lacht Elfriede<br />
Paul. Ganz wichtig beim begleiteten<br />
Wohnen sei es, einander so zu akzeptieren<br />
wie man ist: „Leben und<br />
leben lassen“, heißt das Motto.<br />
Das Vorbild hat auch Mechthild Paul,<br />
die Tochter der Familie, dazu angeregt,<br />
beim Programm mitzumachen<br />
und selbst Gäste aufzunehmen. Die<br />
leben in einer eigenen kleinen Wohnung<br />
und versorgen sich auf Wunsch<br />
auch selbst. Ihr derzeitiger Gast, eine<br />
Frau um die 50, arbeitet am Vormittag<br />
in einer Gärtnerei. „Sie legt sehr<br />
großen Wert darauf ihre Selbständigkeit<br />
zu erhalten und weiter auszubauen“,<br />
sagt Mechthild Paul, „dabei<br />
unterstütze ich sie nach Kräften“.<br />
Das Programm „Begleitetes Wohnen<br />
in Familien“ wurde 1995 von<br />
den Völklinger <strong>SHG</strong>-Kliniken und<br />
dem Völklinger Zentrum für Psychiatrische<br />
Familienpflege ins Leben<br />
gerufen. Das Ziel: Durch das Mit-<br />
einander sollen psychisch erkrankte<br />
Menschen Geborgenheit und einen<br />
regelmäßigen Tagesablauf erfahren.<br />
„Ein Erfolgsprogramm“, sagt Dr.<br />
Claudia Birkenheier, Chefärztin der<br />
Völklinger Psychiatrie. Gäste in Pflegefamilien<br />
benötigten bis zu 90 Prozent<br />
weniger Krankenhausaufenthalt<br />
<strong>als</strong> andere Psychiatriepatienten.<br />
„Zu einem Klinikaufenthalt kommt<br />
es meistens nur noch, wenn Medikamente<br />
umgestellt werden“, erklärt<br />
Psychologin Sonja Kirsch, die<br />
die Familien und ihre Gäste betreut.<br />
Ansonsten finden die Erkrankten<br />
weitgehend in „ihren“ Familien den<br />
Willen und die Kraft, um gesund<br />
zu werden. Das Programm bietet so<br />
auch eine Entlastung der öffentlichen<br />
Kassen, denn die Betreuung in<br />
der Familie kostet nur rund ein Drittel<br />
dessen, was eine Unterbringung<br />
in einem Heim kostet. Die Gastfamilien<br />
enthalten für ihren Aufwand<br />
eine finanzielle Entschädigung.<br />
Beim Zentrum für psychiatrische Familienpflege werden<br />
derzeit wieder Familien gesucht, die bereit sind, Gäste<br />
bei sich aufzunehmen. Interessierte werden im Vorfeld<br />
ausführlich beraten, dann erfolgt zunächst ein Kennenlernen<br />
von Gast und Gastgeberfamilie, und - wenn man<br />
sich mag - eine Phase des Probewohnens.<br />
Die Mitarbeiter des Familienpflegeteams kommen regelmäßig<br />
zu Hausbesuchen und stehen den Gästen<br />
und Familien mit Rat und Tat zur Seite. Gerade jetzt<br />
im Sommer, sei eine gute Gelegenheit, das Programm<br />
einmal zu testen, beispielsweise mit einem Feriengast,<br />
dessen „Familie“ gerade im Urlaub ist, so Kirsch. Das<br />
Einzugsgebiet des Familienpflegezentrums umfasst den<br />
Regionalverband Saarbrücken und die Landkreise Saarlouis<br />
und Merzig-Wadern.<br />
„Man muss kein Fachmann sein und man braucht auch<br />
keine Erfahrung im Umgang mit psychisch Kranken.<br />
Man muss einfach nur echt sein“, sagt Elfriede Paul.<br />
Und: „Die Normalität machts“.<br />
Kontakt: Zentrum für Psychiatrische Familienpflege<br />
der <strong>SHG</strong>-Kliniken Völklingen<br />
Sonja Kirsch, Telefon 06898. 12-2458.<br />
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