Verfahrenstechnik 1-2/2015
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MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN<br />
siert und das Wasser wird mithilfe von Pumpen,<br />
die über ein Regelventil gesteuert werden,<br />
aus dem Vorwärmer gefördert. Sollte<br />
eine Pumpe ausfallen, kann es passieren,<br />
dass der Wasserstand in den Vorwärmern so<br />
hoch steigt, dass das Wasser bis in den Turbinenschaufelraum<br />
reicht – mit verheerenden<br />
Folgen. Insbesondere, wenn kaltes Kondensat<br />
auf heiße Turbinen stößt, kann ein<br />
Schaden in Millionenhöhe entstehen.<br />
„An dieser Stelle sind derzeit vier Schwebekörpermessgeräte,<br />
die über einen Magnetklapppenschalter<br />
einen Alarm auslösen,<br />
in verschiedenen Höhen installiert“, beschreibt<br />
Reifenberg die derzeitige Lösung.<br />
„Zwar gibt es zur Sicherheit mehrere Geräte,<br />
aber dennoch sind wir gegen einen Schaden<br />
nicht gefeit“, erinnert sich Reifenberg.<br />
Zudem steigt der Aufwand, um die mechanischen<br />
Geräte betriebsbereit zu halten,<br />
von Jahr zu Jahr. Zumal die Messgeräte verhältnismäßig<br />
groß sind, riesige Flansche<br />
besitzen und sich oft im hintersten Eck im<br />
Dschungel aus Rohrleitungen befinden.<br />
Eine Revision wird schnell zum Kraftakt, da<br />
meist der Aufbau eines Gerüstes notwendig<br />
ist. Ein bis zwei Tage dauert etwa eine Revision<br />
pro Messstelle. „Bis zum vergangenen<br />
Jahr war eine Lösung für diese Messstelle<br />
schwierig, da die Temperaturen mit 420 °C<br />
für viele Messgeräte einfach zu hoch und<br />
anspruchsvoll waren“, erklärt Reifenberg<br />
die Notwendigkeit, mit den mechanischen<br />
Geräten weiterzuarbeiten.<br />
Doch da kam der Zufall zu Hilfe. Reifenberg<br />
hörte im vergangenen Jahr von der<br />
Neuentwicklung von Vega, dem Vegaswing<br />
66, der insbesondere für hohe Temperaturen<br />
und hohe Drücke entwickelt wurde.<br />
Der Vegaswing 66 beruht auf dem bewährten<br />
Prinzip des Vibrationsgrenzschalters. Diese<br />
werden wegen ihrer Einfachheit und Zuverlässigkeit<br />
seit Jahren geschätzt. Die Inbetriebnahme<br />
und die Auswertung sind denkbar<br />
einfach, zudem überwacht sich der Sensor<br />
selbst. Bis zum Frühjahr 2013 wurden<br />
Vibrationsgrenzschalter jedoch nur bei<br />
Temperaturen bis 240 °C eingesetzt.<br />
Hintergrund ist, dass der Antrieb, der die<br />
Schwinggabel in einer bestimmten Frequenz<br />
anregt, auf der Piezotechnik basiert<br />
und diese wiederum ist für solche extremen<br />
Temperaturen nicht ausgelegt. Der Vegaswing<br />
66 setzt dagegen auf einen patentierten<br />
induktiven Antrieb, der es mühelos<br />
schafft, die Schwinggabel auch unter extremen<br />
Temperaturbedingungen anzuregen.<br />
Für den Anwender bedeutet dies, dass er<br />
weiter die Vorteile der einfachen Handhabung<br />
des Vibrationsgrenzschalters nutzen<br />
kann, aber trotzdem ein erweiterter Anwendungsbereich<br />
von – 196 °C bis + 450 °C sowie<br />
ein Druckbereich von – 1 bis 160 bar zur Verfügung<br />
steht. Wie gewohnt, misst das Gerät<br />
unabhängig vom Medium den Füllstand.<br />
01 Vegaswing 66 mit dem großen,<br />
extra angefertigten Flansch<br />
02 Eine besondere Anforderung ergab<br />
sich aus der schwierigen Einbausituation<br />
Dichte, Dielektrizitätszahl oder Schaum beeinflussen<br />
die Qualität der Messung nicht.<br />
Unkomplizierter Wechsel und<br />
einfache Diagnose<br />
Die Revision eines Vorwärmers stand unmittelbar<br />
bevor, sodass der Einbau eines<br />
neuen Messgerätes möglich war. Zwei Wochen<br />
später lieferte Vega den Vegaswing 66<br />
mit Flansch in den vor Ort benötigten<br />
Abmessungen und der Einbau konnte<br />
beginnen. Der Wechsel gelang problemlos.<br />
Der Vegaswing wurde im untersten Teil des<br />
Vorwärmers eingebaut, sodass dieser als<br />
erstes Alarm geben sollte. Seit einem halben<br />
Jahr arbeitet der Vegaswing 66 nun als<br />
Kondensatmelder, um die Turbine zu<br />
schützen. „Wenn mal wieder eine Revision<br />
ansteht, werden wir den Sensor natürlich<br />
genau anschauen, aber eigentlich erwarte<br />
ich hier keine besonderen Vorkommnisse“,<br />
so Reifenberg, der die Mechanik als äußerst<br />
robust einschätzt.<br />
Zukünftige Messstellen sollen mit Zweileiter-Geräten<br />
ausgestattet werden. Abgesehen<br />
von der einfacheren Installation sind die<br />
Möglichkeiten zur Diagnose interessant, da<br />
hiermit Leitungsbruch sowie die Frequenz<br />
überwacht werden können. Der Vegaswing<br />
66 verfügt über eine Selbstüberwachung<br />
von Schwingelement und Elektronik.<br />
Zudem ist eine Funktionsprüfung per Tastendruck<br />
möglich und der Sensor ist SIL2-qualifiziert.<br />
Die Zweileiter-Technik wird häufig für<br />
SIL- und WHG-Anwendungen eingesetzt.<br />
Um einen Funktionstest auszulösen, wird<br />
die Schwinggabel vom Leitsystem bzw. dem<br />
vorgeschalteten Auswert- und Speisegerät<br />
per Tastendruck kurz spannungsfrei geschaltet.<br />
Die Schwinggabel läuft beim<br />
Hochfahren selbstständig alle verwendeten<br />
Schwingfrequenzen durch, sodass die<br />
Funktionen für alle Zustände (bedämpft,<br />
unbedämpft, Fehler bei niedriger Frequenz<br />
und Fehler bei hoher Frequenz) angefahren<br />
werden. Die Verdrahtung zur Schwinggabel<br />
wird nebenbei ebenfalls mitgeprüft. Das<br />
Leitsystem bzw. das vorgeschaltete Auswert-<br />
und Speisegerät können den Funktionstest<br />
dann als Beweis werten, dass die<br />
Schwinggabel einwandfrei funktioniert.<br />
Bisher waren für diesen Beweis aufwändige<br />
Prüfaufbauten nötig. Diese führten auch<br />
zum aufwändigen Ausbau des Prüflings.<br />
Nun ist die Funktionsprüfung nicht mehr<br />
als ein Tastendruck. Die Zulassungen nach<br />
EN 12952-11 und 12953-9 sind beantragt.<br />
Auch wenn in diesem Vorwärmer der<br />
Turbine inzwischen Ruhe eingekehrt ist<br />
und sich Reifenberg um andere Dinge kümmern<br />
kann – ruhig bleibt es im Kraftwerk<br />
dennoch nicht. In Zukunft soll auch an anderen<br />
Stellen der Vegaswing zum Einsatz<br />
kommen, in dem dieser die alten Messgeräte<br />
sukzessive – je nach Revisionsstand – ersetzen<br />
soll. Darüber hinaus hält nicht nur<br />
der Markt für erneuerbare Energie das in<br />
Bewegung: Gespannt warten die Mannheimer<br />
auf die Inbetriebnahme von Block 9,<br />
der auf dem Prinzip der Kraft-Wärme-<br />
Kopplung (KWK) beruht und besonders<br />
umwelt- und klimaschonend Strom und<br />
Fernwärme erzeugt. Ab <strong>2015</strong> werden dann<br />
Block 3 und 4 des Kraftwerks in den Ruhestand<br />
geschickt.<br />
Fotos: Aufmacher MVV, 01–02 Vega<br />
www.vega.com<br />
VERFAHRENSTECHNIK 1-2/<strong>2015</strong> 27