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Bobinger Gesichten Juni 2016

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ORTSTEILE<br />

Die Radegundismädchen bei der jährlichen Prozession.<br />

Bild: Anja Fischer<br />

Alte Postkarte der Heiligen Radegundis.<br />

Bild: Stadtarchiv Bobingen<br />

berg dann einige Zeit später auf<br />

der Jagd zusammentrafen, geschah<br />

das unvermeidliche:<br />

„… Nachmalen über etliche Zeit<br />

sind genannter Paul von Freyberg<br />

und beide angezeigte Härschel<br />

auf den Wäldern, auf dem Weidwerk<br />

auf einander gestoßen und<br />

so viel gehandelt, dass Ulrich<br />

Härschel Paulusen von Freyberg<br />

Die Radegundiskirche in Waldberg.<br />

leider erschossen und entleibt<br />

hat …“<br />

Diese Tat sollte der Beginn einer<br />

langen und blutigen Fehde sein,<br />

denn Martha,dieWitwe von Paul<br />

von Freyberg, wollte den Tod ihres<br />

Mannes nicht ungesühnt lassen<br />

und warb zwei Söldner an,die<br />

die Gebrüder Härschel ihrerseits<br />

Bild: Anja Fischer<br />

töten sollten. Über dreißig Jahre<br />

dauerte die Fehde, die den Freybergern<br />

am Ende sogar die<br />

Reichsacht einbrachte. Erst 1511<br />

wurde der Streit beigelegt und zur<br />

Erinnerung und Sühne der Bluttat<br />

eine Steinsäule aufgestellt. Es<br />

trug die Inschrift: „Anno Domini<br />

1481 am Samstage nach Bartholomaei<br />

ward an dieser Stelle erschoßen<br />

der Edel und fest Paulus<br />

von Freyberg zu Mickhausen,<br />

dem Gott genad“. Diese Steinsäule<br />

ist mehrere hundert Jahre<br />

nachgewiesen, bevor sie, vermutlich<br />

wegen des Alters,zerfiel.<br />

Auf Veranlassung des Heimatforschers<br />

Richard Euringer suchte<br />

der Mickhauser Förster Nille in<br />

den Jahren 1910/11 den genauen<br />

Standort des Steins. Er fand die<br />

Stelle tatsächlich auch und<br />

schrieb: „Die Stätte, wo die Freyberg-Säule<br />

gestanden, habe ich<br />

durch Aufgraben genau untersuchen<br />

lassen.Von der Säule selbst<br />

wurde keine Spur mehr gefunden,<br />

dagegen kam der Sockel zum<br />

Vorschein, welcher in einer Tiefe<br />

von 70 Centimetern aufgefunden<br />

wurde, bestehend aus vielen großen<br />

und gut erhaltenen Ziegelsteinen.“<br />

Der heutige Besitzer des Forstgebiets,Graf<br />

von Rechberg,ließ um<br />

1950 zur Erinnerung an die Bluttat<br />

das heutige Denkmal setzen.<br />

Dabei passierten allerdings zwei<br />

Fehler: Paul von Freyberg wurde<br />

nun nicht mehr erschossen, sondern<br />

erschlagen und die Tat geschah<br />

auch ganze sechs Jahre später,erst<br />

1487,statt 1481.<br />

Die Heilige<br />

Radegundis<br />

Waldberg ist aber in erster Linie<br />

durch die Verehrung der Heiligen<br />

Radegundis bekannt. Diese war<br />

eine Dienstmagd, die um 1290<br />

bei einem Gang im Dienst der<br />

Nächstenliebe starb. Sie wurde<br />

von Wölfen angefallen auf Höhe<br />

des Weilers Radegundis bei Wellenburg.Dort,im<br />

SchlossWellenburg,<br />

war die Herrschaft der Onsorg,<br />

bei denen die jungfräuliche<br />

Dienstmagd Radegundis,die Radiana<br />

gerufen wurde, in Stellung<br />

war.<br />

Nach Feierabend kümmerte sich<br />

Radiana aus Nächstenliebe um<br />

die Aussätzigen, die im Spital in<br />

Die Heilige Radegundis,<br />

Andachtskarte.<br />

Bild: Stadtarchiv Bobingen<br />

der Nähe untergebracht waren.<br />

Aussatz war zu jener Zeit eine<br />

schwere, gefürchtete Krankheit.<br />

Die Leprakranken der Stadt<br />

Augsburg wurden deshalb aus der<br />

Stadt gebracht und in so einem<br />

Siechenspital zusammengepfercht.<br />

Die Aussätzigen wurden<br />

in der Regel von allen gemieden<br />

und gefürchtet.Auch Radiana erhielt<br />

mehrmals von ihrer Herrschaft<br />

den Verweis, sie habe dort<br />

nichts zu suchen. Radiana kümmerte<br />

sich trotzdem heimlich um<br />

die Menschen dort und brachte<br />

ihnen,in der einen Hand den Rosenkranz,<br />

den sie auf ihrem Weg<br />

betete, Milch und Brot. Als Radiana<br />

wieder einmal ins Lepraspital<br />

unterwegs war, schwärzte sie<br />

ein Knecht, den sie zuvor abgewiesen<br />

hatte, bei der Herrschaft<br />

als Diebin an und unterstellte ihr,<br />

sie würde Lebensmittel aus dem<br />

Schloss zum Siechenhaus bringen.<br />

Der Schlossherr Onsorg<br />

selbst wollte diesem Vorwurf<br />

nachgehen und gegebenenfalls eine<br />

harte Strafe aussprechen. Er<br />

hielt Radiana auf dem Weg zum<br />

Siechenhaus an und fragte sie,<br />

was sie denn in ihrem Korb habe.<br />

In ihrer Not erklärte Radiana, es<br />

sei nur ein Kampfl (Kamm) und<br />

ein wenig Lauge für die Wunden<br />

der Kranken darin.Als Herr Onsorg<br />

in den Korb sah,fand er ihre<br />

Worte bestätigt und bestrafte den<br />

Knecht, der Radiana angeschwärzt<br />

hatte.<br />

Tod durch<br />

dieWölfe<br />

Radiana wusste, dass ein Wunder<br />

geschehen war und sie betete zu<br />

16 BOBINGER GESCHICHTE(N), Band 6,<strong>Juni</strong> <strong>2016</strong>

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