Bobinger Gesichten Juni 2016
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SCHULE<br />
- gleichlautende Vorschläge von<br />
Mitgliedern der Schulpflegschaft<br />
und vielen Eltern der Gemeinde<br />
- die Überfüllung der Mittel- und<br />
Oberschulen in Augsburg, die es<br />
unmöglich machen,dort ein Kind<br />
unterzubringen<br />
- das generelle Fehlen einer Knabenmittelschule<br />
in Augsburg<br />
- und das besonders starke Interesse<br />
für eine Mittelschule in Bobingen<br />
als Industriestandort.<br />
Das Einzugsgebiet erstreckte sich<br />
dabei bis nach Schwabmünchen,<br />
in die Stauden und nach Oberottmarshausen<br />
bis Klosterlechfeld.<br />
Bobingen sah sich als Verkehrsknotenpunkt<br />
der Eisenbahnlinien<br />
Augsburg-Buchloe und Augsburg-Kaufering-Landsberg<br />
in<br />
günstiger Lage.Auch die Sonderbuslinien<br />
in die umliegenden<br />
Ortschaften für die Arbeiter der<br />
Farbwerke Hoechst setzte der Ort<br />
auf seine Plusseite.<br />
Bobingen<br />
imVorteil?<br />
In einer Zusammenstellung für<br />
die Bürgerversammlung befand<br />
die Gemeinde: „… Die örtlichen<br />
Voraussetzungen für eine Mittelschule<br />
sind in Bobingen durch die<br />
Struktur des Ortes gegeben.<br />
Nicht die rein landwirtschaftlichen<br />
Gemeinden sind die Hauptinteressenten<br />
einer Mittelschule,<br />
sondern die gewerblich und industriell<br />
orientierten Orte. Das<br />
sind im Landkreis Schwabmünchen<br />
die Orte an der Hochstraße<br />
und an der Bundesstraße 17.<br />
Wenn für diese Gemeinden der<br />
Mittelschulsitz verkehrsmäßig<br />
günstig liegt, so ist die Schule an<br />
den rechten Ort gelegt. Für die<br />
Landwirtschaftsschule war<br />
Schwabmünchen zweifellos der<br />
rechte Sitz und man hat auch von<br />
Seiten Bobingens dem damaligen<br />
Projekt zugestimmt,obwohl es eine<br />
finanzielle Last für den Landkreis<br />
und damit für Bobingen bedeutete.<br />
Die <strong>Bobinger</strong> Landwirtschaftsschüler<br />
waren früher in<br />
Augsburg an der Schule und hätten<br />
das auch weiterhin gekonnt.<br />
Bobingen hat dem Projekt<br />
Schwabmünchen aber keinen<br />
Widerstand entgegengesetzt,weil<br />
es nachbarliches Verständnis für<br />
diese Belange hatte. Leider lässt<br />
Die Zeitung konnte über die endgültige Entscheidung<br />
berichten.<br />
Bild: Stadtarchiv Bobingen<br />
sich jetzt das gleiche Verständnis<br />
Schwabmünchens vermissen …“<br />
In diesem Ton geht die Auflistung<br />
noch mehrere Seiten weiter.<br />
Als es dabei zur Antwort auf die<br />
Gegenargumente Schwabmünchens<br />
kommt,werden die Formulierungen<br />
sogar noch ein wenig<br />
schärfer. So heißt es auf das Argument,<br />
Schwabmünchner Eltern<br />
würden ihre Kinder nicht auf einer<br />
<strong>Bobinger</strong> Mittelschule anmelden:„…Es<br />
wurde behauptet,dass<br />
es unwahrscheinlich sei, dass die<br />
Schwabmünchner Eltern ihre<br />
Kinder nach Bobingen zur Mittelschule<br />
schicken.Wir finden das<br />
gar nicht unwahrscheinlich,denn<br />
wir haben bereits die ersten Anmeldungen<br />
Schwabmünchner Eltern<br />
vorliegen.Wir finden es auch<br />
nicht unwahrscheinlich, dass die<br />
<strong>Bobinger</strong> Landwirtssöhne die<br />
Landwirtschaftsschule in<br />
Schwabmünchen besuchen.Wenn<br />
die Schwabmünchner Kinder bisher<br />
nach Augsburg fahren konnten,so<br />
können sie zweifellos auch<br />
nach Bobingen kommen. Es wird<br />
damit Schwabmünchen keine<br />
Perle aus der Krone fallen. Wir<br />
müssen auch zu jeder Gelegenheit<br />
nach Schwabmünchen, obwohl<br />
wir einwohnermäßig genau so<br />
groß sind …“ Aufs Schärfste verwahrte<br />
sich Bobingen gegen den<br />
Vorwurf, die Genehmigung zur<br />
Mittelschule nur aufgrund von<br />
persönlichen Beziehungen bekommen<br />
zu haben. „… Das sind<br />
Tatsachen, über die auch das Ministerium<br />
nicht hinwegsehen<br />
konnte. Sie haben mit persönlichen<br />
Beziehungen nichts zu tun.<br />
Wir freuen uns aber, dass wir einen<br />
rührigen Schulreferenten im<br />
Marktrat haben, der mit großem<br />
Eifer die Gründung der Mittelschule<br />
besorgt. Dieser Eifer<br />
konnte auch anderen Orts entwickelt<br />
werden. Wenn er nicht entwickelt<br />
wurde, so ist es unserer<br />
Meinung nach nicht Nachlässigkeit<br />
der Nachbarstadt gewesen,<br />
sondern die klare Überzeugung,<br />
dass man zur Zeit dieselben Voraussetzungen<br />
für die Mittelschule<br />
aus finanziellen Gründen nicht<br />
bieten kann. Man soll dann aber<br />
nicht missgünstig und neidisch<br />
sein, sondern sich darüber freuen,<br />
dass der Landkreis zum Zuge<br />
kam. Der heraufbeschworene<br />
Streit könnte nämlich die unangenehme<br />
Auswirkung haben,dass<br />
das Kultusministerium die genehmigte<br />
Schule in einen anderen<br />
Landkreis legt, wo man in diesen<br />
Fragen verträglicher ist …"<br />
Schwabmünchen<br />
interveniert<br />
Schwabmünchen intervenierte<br />
mit allen verfügbaren Mitteln gegen<br />
die Entscheidung aus München<br />
und schreckte auch vor<br />
halblegalen Methoden nicht zurück.<br />
Um den eigenen Antrag zu<br />
untermauern und Bobingens<br />
Zwischenlösung eines Schulstarts<br />
im „Haus der Bäuerin“ (Unteres<br />
Schlösschen) möglichst schlecht<br />
dastehen zu lassen,schreckte man<br />
auch nicht zurück, heimlich dort<br />
zu fotografieren. Der <strong>Bobinger</strong><br />
Marktrat verwahrte sich dagegen<br />
mit folgendem Schreiben: „Wie<br />
wir durch polizeiliche Ergebung<br />
festgestellt haben,machten sie am<br />
2.7.1955 im „Haus der Bäuerin“<br />
in Bobingen Aufnahmen.Die anwesende<br />
Hausverwalterin Frau<br />
Seelos hat ihr Vorgehen nicht<br />
verhindert,weil Sie von einer Erlaubnis<br />
der Markverwaltung für<br />
Bei einer Bürgerversammlung wurde die Mittelschulproblematik<br />
auf der Bühne so dargestellt. Foto: Foto Hirche<br />
32 BOBINGER GESCHICHTE(N), Band 6,<strong>Juni</strong> <strong>2016</strong>