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grÜn<br />
16<br />
green FakeS<br />
alles gar<br />
nicht wahr<br />
Ist wirklich so viel dran am Glastrennen und Kartonsammeln?<br />
Das Polykum gibt Antwort. Weiss, grün, Pet, Büchse, Flasche: Haribo macht Kinder froh und Abfalltr<br />
Von Lorenzo Petro<br />
Seit wir A wie «Abfall» schreiben können,<br />
trennen wir diesen in Papier, Karton, Alu und<br />
Blech. Doch langsam dämmert es uns: Das<br />
Trennen bringt gar nichts, weil irgendwo alles<br />
wieder zusammengeschüttet wird. Wir haben<br />
das mal an einem Brunch mitbekommen, am<br />
Rand. Oder es stand in einem Leserbrief. Was<br />
ist dran an diesen «Urban Legends»? Sind sie<br />
wirklich wahr?<br />
«glas getrennt zu sammeln ist unnötig.<br />
ich hab es genau gesehen, die<br />
werfen alles in den selben Container<br />
beim einsammeln.»<br />
Leta Filli von Entsorgung + Recycling <strong>Zürich</strong><br />
(ERZ) kennt die Verunsicherung der Zürcher.<br />
Sie gibt aber Entwarnung: «In der Stadt<br />
<strong>Zürich</strong> sammeln wir mit einem grossen Lastwagen<br />
und von aussen sieht es tatsächlich<br />
so aus, dass alles in den gleichen Behälter<br />
fällt. Innen ist dieser aber unterteilt, so dass<br />
die Farben getrennt bleiben», erklärt sie.<br />
Denn farblich getrennt sei Glas ein hochwertigerer<br />
Rohstoff als gemischt. Wenn versehentlich<br />
beim Entsorgen am Samstagmorgen<br />
die braune Flasche im grünen Container gelandet<br />
ist, ist das aber trotzdem keine Katastrophe.<br />
«Einzelne falsch zugeordnete Flaschen<br />
können vor dem Recycling aussortiert<br />
werden», sagt Filli. Aber was ist mit<br />
roten Vodka-, oder blauen Prosecco-Flaschen?<br />
«Diese gehören in den Sammelbehälter<br />
für Grünglas», sagt Filli. Auf keinen<br />
Fall dürfen sie im Weiss- oder Braunglas-Con-<br />
tainer landen, denn dieses Glas verträgt keine<br />
anderen Farben. Entscheidend dafür sei die<br />
Chemie.<br />
«karton sammeln ist blöd. Weil<br />
der in der kehrichtverbrennung dann<br />
fehlt, und dem Feuer an seiner Stelle<br />
Öl beigegeben werden musst.»<br />
Auch hier ist Filli von ERZ wieder die<br />
richtige Ansprechpartnerin: «Quatsch»,<br />
würde sie gerne sagen, sie ist aber Sprecherin<br />
und sagt deshalb: «Das stimmt ganz und gar<br />
nicht.» Der Kehricht werde im Kehrichtheizkraftwerk<br />
ohne Zusätze wie Erdöl oder Ähnlichem<br />
verbrannt. «Die richtige Durchmischung<br />
der brennenden Materialien und die<br />
entsprechende Luftzufuhr machen es aus.»<br />
Und wie sieht es bei Tetra-Pack aus? Gehören<br />
die auch in den Karton? «Nein, die gehören<br />
nicht in die Kartonsammlung, denn die Kunststoff-Beschichtung<br />
macht den Recyclingprozess<br />
unmöglich. Tetra-Pack gehört in den Gebührensack»,<br />
erklärt Filli. Seien wir pingelig:<br />
Was ist mit den vielen Couverts mit Plastik-<br />
Sichtfenster? Filli: «Da kommt es auf den Aufbereitungsprozess<br />
an. In der Stadt <strong>Zürich</strong><br />
sind Couverts mit Sichtfenstern problemlos.»<br />
Das eigentliche Problem bei den Couverts sei<br />
gar nicht der Plastik, weiss Filli, sondern der<br />
Leim. Und zwar der Leim, der für die Fensterklebung<br />
verwendet wird, der Leim, der für die<br />
Verschlussklappen verwendet wird und der<br />
Leim, der für aufgeklebte Selbstklebeetiketten<br />
verwendet wird. Alle diese Leime können in<br />
der Altpapieraufbereitung nur mit erhöhtem<br />
Aufwand herausgefiltert werden. Also ist Plastik<br />
im Altpapier ganz o.k.? Nein: «Plastikverpackungen<br />
von Zeitschriften gehören in den<br />
Gebührensack», stellt Filli klar.<br />
«um den Schweizer Stromverbrauch<br />
zu decken, müsste man einen<br />
drittel der Fläche der Schweiz mit Solarzellen<br />
zudecken.»<br />
Richtig: Die Fläche Solarpanels, die es<br />
braucht, um den Schweizer Strombedarf zu<br />
decken, ist tatsächlich gross. Es ist aber gerade<br />
umgekehrt: Würden in der Schweiz auf<br />
allen gut besonnten Dach- und Fassadenflächen<br />
Photovoltaikmodule installiert, so<br />
könnten diese gemäss einer Studie der Internationalen<br />
Energieagentur 34,6 Prozent des<br />
elektrischen Energiebedarfes pro Jahr decken.<br />
Und die Dinger müssten man ja nicht mal in<br />
der Schweiz aufstellen: Stellt man Photovoltaikmodule<br />
oder solarthermische Kraftwerke<br />
im Sonnengürtel auf, in Spanien oder Marokko<br />
etwa, liefern sie doppelt so viel Energie.<br />
0,2 Prozent der Fläche der Sahara und Nordafrikas<br />
würden für den gesamten Strombedarf<br />
Europas reichen. Um die gesamte Weltenergieversorgung<br />
zu decken, müssten gerade<br />
einmal zwischen 3 und 4 Prozent der Wüstenflächen<br />
photovoltaisch genutzt werden.<br />
Apropos Photovoltaik in der Sahara: Viel billiger<br />
und auf dem eigenen Dach irgendwo im<br />
verregneten <strong>Zürich</strong> lässt sich mit günstigen<br />
Sonnenkollektoren prima heisses Wasser für<br />
die Badewanne machen. Ganz ohne Elektroboiler,<br />
und eben: sogar wenn es bewölkt ist.<br />
Polykum Nr. 7/08–09 Bild: Thomas Tschupp