PoLykum nr. 7/08–09 uLF – das Buch Die gesammelten Werke von Polykum- Cartoonist Thom Grüninger sind als Sammelband erhältlich. Das Buch «ULF von Grüninger» kann im Sekretariat des <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> im StuZ2 (CAB E27) für 11 Franken gekauft werden.
nicht nur ökologisch, sondern auch gesund. Polykum Nr. 7/08–09 Illustration: Stephan Schmitz zu heizen. Stelle die Heizung ausserdem während der Nacht, wenn du an der <strong>ETH</strong> bist oder über das Wochenende nicht in <strong>Zürich</strong> bleibst zurück oder ganz ab – eine leere Wohnung braucht schliesslich nicht geheizt zu werden. Schiff ahoi! Bewege vor allem dich selbst! Lege wenn immer möglich deine Wege zu Fuss oder per Velo zurück, indem du beispielsweise das Treppenhaus anstatt den Lift benützt und kurze Strecken mit dem Velo anstatt mit dem Auto zurücklegst. Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch gesund. Alle anderen Strecken lassen sich in der Schweiz mit öffentlichen Verkehrmitteln zurücklegen. Denn bedenke: Der Führerschein verpflichtet nicht automatisch zum Autofahren. Die beliebten Wochenendtrips per Flugzeug sind aus ökologischer Sicht eine Katastrophe – der Nutzen steht in keinem Verhältnis zum Klimaschaden, den das Fliegen verursacht. Als Grundsatz gilt: Erst für Ferien ab einer Woche sollst du mit dem Flugzeug reisen. Viele europäische Destinationen sind ohnehin gut mit dem Zug und Schiff erreichbar. Und warum immer in die Ferne schweifen? Schliesslich bietet auch die Schweiz unzählige Destinationen für schöne Kurztrips. raphael Fuhrer (22) ist Polykum-Redaktor und studiert im 8. Semester Umweltnaturwissenschaften an der <strong>ETH</strong> <strong>Zürich</strong>. rafuhrer@student.ethz.ch aBSintH die grüne Fee Der Weinbergarbeiter Jean Lanfray ermordete im August 1905 seine schwangere Frau sowie seine beiden kleinen Töchter. Es war ein schwarzer Tag; nicht nur für die Gemeinde Commugny im Waadtland, wo sich der Mord ereignete, sondern für die gesamte Gemeinschaft der Absinthliebhaber jener Zeit, da publik wurde, dass Lanfray zuvor zwei Gläser der Spirituose getrunken hatte. Dass der Alkoholiker am selben Tag zudem mehrere Flaschen Wein und Weinbrand konsumiert hatte, wurde der Öffentlichkeit von den Absinthgegnern geschickt vorenthalten. Kurz darauf wur- den Gesetze erlassen, die den Konsum von Absinth verboten. Zwei Gläser der «grünen Fee» reichten also aus, um dem Genuss der Spirituose ein Ende zu bereiten – und das für über 100 Jahre. Zum ersten Mal aufgetaucht ist der Absinth fast 150 Jahre zuvor in Val-de- Travers in der Romandie. Wer den Absinth damals tatsächlich erfunden hat, kann heute nicht mit Gewissheit zurückverfolgt werden. Je nach Quelle wird das Originalrezept der Westschweizer Familie Henriod oder dem französischen Arzt Pierre Ordinaire zugeschrieben. Sicher ist jedoch, dass Absinth zuerst als Heilmittel für Magenleiden hergestellt wurde. Allgemeine Beliebtheit als Genussmittel erreichte er erst, als entdeckt wurde, dass das Gemisch aus Wermut, Anis und Fenchel zusammen mit Zucker und Wasser vorzüglich schmeckt. «L’heure verte» Seine Blütezeit erreichte der Absinth in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Vor allem die Franzosen waren einem Glas Absinth zugeneigt, was sich nach Feierabend in den Bars und Cafés besonders gut zeigte: Dann begann es dort in den Gläsern grün zu schimmern. Deshalb wurde die Zeit nach der Arbeit bald «L’heure verte» ge- etHWeLt 23 tauft. Der Begriff der grünen Fee stammt ebenfalls aus dieser Zeit – als Anspielung auf die halluzinogene Wirkung, die vom Wirkstoff Thujon ausgeht. Absinth war denn auch die erste hochprozentige Spirituose, deren Konsum den Frauen öffentlich erlaubt war. Zudem war er äusserst preiswert, um einiges günstiger sogar als Wein. Doch obwohl die Spirituose in rauen Mengen konsumiert wurde, legten die Konsumenten viel Wert auf die richtige Zubereitung: Zum Schmelzen des Zuckers wurden aufwändig verzierte Löffel benutzt und das Rezept für das Verhältnis von Wasser zu Absinth peinlichst genau befolgt. Von der muse zum mysterium Künstler wie Oscar Wilde, van Gogh und später Picasso waren der grünen Fee in solchem Masse zugeneigt, dass sie ihr mehrere Werke widmeten. Diese Hommagen widerspiegelten aber auch die mit dem Konsum von Absinth als Rauschmittel verbundenen Probleme. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden Stimmen laut, die vor dem Suchtpotenzial, den Wahnvorstellungen und der Übererregbarkeit, die im Zusammenhang mit dem Konsum von Absinth auftraten, warnten. Das Verbot trieben schliesslich auch die Weinproduzenten voran, denen zu Gute kam, dass Wein damals zu den Grundnahrungsmitteln zählte. Legalisiert wurde Absinth in der Schweiz erst wieder 2005. Die grüne Fee war in der Zwischenzeit jedoch nie ganz verschwunden. Im Val-de-Travers sahen sich die Besitzer der Wermut-Felder gezwungen, illegal weiter zu produzieren um ihre Existenz zu sichern – davor hatten sie über ein Jahrhundert davon gelebt. Die illegalen Absinth-Destillerien sind sicherlich mit ein Grund für das Mysterium, das sich auch heute noch um die grüne Fee rankt. Wer Absinth genau wie vor über 100 Jahren geniessen möchte, der sollte sich eine Flasche der Distillerie Blackmint besorgen, die auch heute noch nach überliefertem Originalrezept Absinth herstellt. (dh) die Fee aus der Flasche: Ursprünglich eine Magenarznei, später Trendrauschmittel.