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Leo Februar 2017

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POLITIK 4<br />

Ehe für alle?<br />

Ja, aber...<br />

Mehr als 80 Prozent der Menschen in<br />

Deutschland sind für die Ehe für alle.<br />

In der eigenen Familie sieht es jedoch<br />

gleich ganz anders aus: Nur noch 60<br />

Prozent der Befragten hätten kein<br />

Problem, wenn die eigene Tochter<br />

lesbisch oder der eigene Sohn schwul<br />

wäre. Das ergab eine vor kurzem veröffentlichte<br />

repräsentative Umfrage der<br />

Antidiskriminierungsstelle des Bundes.<br />

Dass homo- und bisexuelle Menschen<br />

in Deutschland benachteiligt werden,<br />

empfinden 81 Prozent der Befragten.<br />

Auch dass lesbische und schwule Paare<br />

Kinder adoptieren dürfen sollten, sehen<br />

76 Prozent als richtig an. All diese<br />

Zahlen bedeuten, dass die Politik und<br />

Gesetzgebung der Einstellung und dem<br />

Empfinden der Bevölkerung hinterherhinken.<br />

Jedoch kommt die Toleranz der Befragten<br />

an ihre Grenzen, sobald es in das<br />

private oder berufliche Umfeld geht.<br />

Wenn sich ein homosexuelles Paar an<br />

der roten Ampel küsst oder beim Spazierengehen<br />

Händchen hält, empfinden<br />

das gleich 40 Prozent als unangenehm.<br />

Auch hätten über 20 Prozent der Befragten<br />

ein Problem damit, wenn das eigene<br />

Kind in der Kita von einer Lesbe oder<br />

einem Schwulen betreut würde. Wo<br />

also ansetzen? Auf Initiative des Münchner<br />

Stadtrats hin, schrieben im Nov.<br />

2015 Oberbürgermeister Reiter (SPD)<br />

und sein Amtskollege, Bürgermeister<br />

Schmid (CSU) und Amtskollegin Strobel<br />

(SPD) Ministerpräsident Horst Seehofer,<br />

er möge sich doch auf Bundesebene dafür<br />

einsetzen, dass künftig auch schwule<br />

Bürger und lesbische Bürgerinnen im<br />

Eherecht gleichgestellt werden.<br />

Mit der Einführung der eingetragenen<br />

Lebenspartnerschaft im Jahr 2001<br />

hat der Gesetzgeber zwar schon eine<br />

rechtliche Absicherung für homosexuelle<br />

Paare geschaffen, wenn man aber<br />

jedoch genauer hinsieht, erkennt man<br />

keine tatsächliche Gleichstellung. Es<br />

gelten immer noch andere Gesetze,<br />

je nachdem ob Ehe oder eingetragene<br />

Lebenspartnerschaft. Mit dem Adoptionsrecht<br />

ist es ein ähnliches Debakel.<br />

Staatsminister Marcel Huber antwortet<br />

auf das Schreiben im Namen des<br />

Ministerpräsidenten: Man erkenne mit<br />

großer Wertschätzung an, wenn in<br />

gleichgeschlechtlichen Partnerschaften<br />

Menschen füreinander einstehen und<br />

verlässlich Verantwortung und Sorge<br />

füreinander übernehmen. Und weiter:<br />

Eine eingetragene Lebenspartnerschaft<br />

bewirke in den allermeisten Bereichen<br />

die gleiche Rechtsfolge wie eine Ehe –<br />

insbesondere seit der Gleichstellung im<br />

Einkommensteuerrecht, so der Staatsminister.<br />

Man erkennt bereits, in welche Richtung<br />

es gehen soll. Solange der monetäre<br />

Haushalt stimmt, braucht man keine<br />

wirkliche Gleichstellung. Außerdem<br />

seien dem Herrn Ministerpräsidenten<br />

die Hände gebunden, denn die eingetragene<br />

Lebenspartnerschaft falle nicht in<br />

den Schutzbereich der Ehe nach Art. 6<br />

Abs. 1 des Grundgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht<br />

habe diesbezüglich<br />

festgestellt, dass die Ehe nur mit einem<br />

Partner des jeweils anderen Geschlechts<br />

geschlossen werden könne.<br />

Die Bayerische Regierung sei außerdem<br />

der Ansicht, dass Ehe und Familie einen<br />

besonderen Rang genießen, der auch<br />

in einem besonderen rechtlichen Status<br />

zum Ausdruck kommen müsse.<br />

Wie kann man also Vorurteile in der<br />

Bevölkerung abbauen? Vielleicht muss<br />

man die aktuelle Diskussion über die<br />

Veränderung von Lehrplänen in Schulen<br />

zu einem toleranterem Umgang mit<br />

Homosexualität weiterdenken und mehr<br />

Aufklärung in Bayerischen Staatsregierungen<br />

betreiben. •ml<br />

Münchner CSD hat sein Motto<br />

GLEICHE RECHTE. GEGEN RECHTS!<br />

So lautet das kämpferische Motto des Münchner Christopher<br />

Street Day <strong>2017</strong>, der vom 8. bis 16. Juli stattfindet und ganz im<br />

Zeichen der Bundestagswahl im September steht. „Es muss<br />

sich endlich etwas tun in Berlin“, so Thomas Niederbühl, politischer<br />

Sprecher des CSD. Themen wie Adoptionsrecht oder die<br />

Öffnung der Ehe würden schon viel zu lange auf der politischen<br />

Agenda hin- und hergeschoben.<br />

Das Motto „Gleiche Rechte. Gegen Rechts!“<br />

beinhaltet auch eine klare Kampfansage gegen rechte Strömungen.<br />

„Mit dem Erstarken von Bewegungen wie AfD, ‚Demo<br />

für alle‘ oder ‚Besorgte Eltern‘ ist ein Fortschritt für die LSBT*I-<br />

Community nicht zu erwarten“, so CSD-Pressesprecherin Rita<br />

Braaz. „Mit Rechts gibt es keine Zukunft!“ München erwartet<br />

also einen hochpolitischen CSD, bei dem die Szene im Kampf um<br />

eine vielfältige Gesellschaft klare Kante zeigt. •bm

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