Wirtschaftszeitung_20022017
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LEBEN &WISSEN 25<br />
Die Sprache der Kostüme<br />
Die Gewandmeisterin Angelika Nowotny setzt in ihrem Atelier<br />
die Entwürfe internationaler Kostümbildner um. Träume aus<br />
feinstem Stoff –von zart und leicht bis prunkvoll.<br />
„Ich habe eine historische Landkarte<br />
im Kopf.“<br />
Angelika Nowotny<br />
Ihre Kostüme sind zu sehen am Moskauer<br />
Bolshoi-Theater, anDeNederlandse<br />
Opera, Amsterdam, bei den<br />
Wiener Festwochen, an der Santory<br />
Hall, Tokio, und auch an der New<br />
Yorker Met. Seit mehr als 20 Jahren<br />
arbeitet die Gewandmeisterin Angelika<br />
Nowotny im eigenen Atelier in<br />
Düsseldorf. 20 Angestellte unterstützen<br />
sie dabei, die Kreationen der<br />
Kostümbildner internationaler Bühnen<br />
umzusetzen.<br />
Gleich am Eingang, links, da<br />
steht sie, wie eine Erscheinung:<br />
Julia. Oder zumindest<br />
das, was die Tänzerin<br />
des Dutch National Ballet<br />
in der Amsterdamer Inszenierung von<br />
Shakespeares „Romeo and Juliet“ tragen<br />
soll: einen Hauch von Nichts. Ein Traum<br />
aus feinstem Stoff mit kurzem Bustier,<br />
übergehend in einen fließenden, langen<br />
Rock. Durchscheinend das ganze Ensemble,<br />
präsentiert auf einer Schneiderpuppe.<br />
Das Kleid ist aus äußerst zartem<br />
Stoff. Gibt es überhaupt irgendeine Nadel,<br />
sei sie auch noch so fein, die durch<br />
das Gewebe hindurchstechen kann, ohne<br />
es zu zerstören?<br />
„Das beherrschen nur ganz wenige, sehr<br />
gute Schneiderinnen“, sagt Angelika Nowotny.<br />
Seit 22 Jahren setzt sie im eigenen<br />
Atelier „Das Gewand“<br />
die Entwürfe<br />
von Kostümbildern<br />
um,<br />
macht echten Faltenwurf<br />
aus Skizzen,<br />
sucht das<br />
passende Material<br />
zur gezeichneten<br />
Andeutung des Kostümbildners,<br />
stimmt die Kleider,Hosen, Mäntel, Hemden<br />
auf das jeweiligeZeitalter ab, in dem<br />
ein Stück spielt. „Wir geben dem einzelnen<br />
Kostüm seine Sprache“, nennt sie<br />
das.<br />
Und damit benennt sie zugleich eine Aufgabe,<br />
die sie zu Beginn ihrer Karriere so<br />
nicht erwartet hat: Wie tief sie in das jeweiligeZeitalter<br />
einesStücks eintauchen<br />
muss. Wie sehr sie die jeweiligen Regeln<br />
der Zeit verstehen muss, um eine Geschichte<br />
mit stimmigen Kostümen zu<br />
unterstützen. Wie sehr sie die kulturelle<br />
Sprache der Jahrhunderte, aber auch der<br />
Länder und Regionen kennen muss, die<br />
zum Beispiel die jeweilige Position von<br />
Frauen im sozialen Gefüge der Gesellschaften<br />
widerspiegelt.<br />
Die Gewandmeisterin greift zu Bleistift<br />
und Papier. Mit wenigen Strichen skizziert<br />
sie eine Zeitleiste und platziert an<br />
Hoch konzentriert: Angelika Nowotny (l.) bespricht mit einer Kollegin<br />
aus dem Team eine Arbeit.<br />
Foto: Marie-Luise Braun<br />
drei Stellen jeweilseine Frau. Es sind die<br />
drei Damen, die im Mittelpunkt von„Gefährliche<br />
Liebschaften“ stehen, dem<br />
Briefroman von Pierre-Ambroise-Francois<br />
Choderlos de Laclos, 1782 erstmals<br />
in Frankreich veröffentlicht.<br />
Für die Inszenierung von „Liaisons Dangereuses“<br />
an der Vlaamse Opera, Antwerpen,<br />
haben Nowotnyund ihreMitarbeiter<br />
die Kostüme Mitte der 1990er Jahre entwickelt<br />
und umgesetzt. Im Stück ist da<br />
zum einen die junge, naive Cécile de Volanges,<br />
fast noch ein Mädchen, das eben<br />
die Klosterschule verlassen hat und nun<br />
im wirklichen Leben ankommen soll.<br />
„IhreKleidung weistindie Zukunft. Es ist<br />
eher eine libertinäreKleidung“, erläutert<br />
Nowotny, während sie weiter strichelt.<br />
Sie hebt den Kopf: „Englisches Rokoko,<br />
dieMode von1790inEngland. Das ist ein<br />
vorrevolutionärer Stil.“ Dann ist da Madame<br />
deTourvel, eine tugendhafte Ehefrau,<br />
die noch in der alten Zeit verhaftet<br />
ist. „Sie kommt aus dem Jahr 1760,auch<br />
mit ihrer Kleidung. Das ist spätes Barock“.<br />
Und dann ist da noch die Marquise<br />
de Merteuil, die Intrigantin, die sich an<br />
keineKonventionengebunden fühlt. „Sie<br />
ist gekleidet im Hofprunk Ludwig des<br />
15.“, ergänzt Angelika Nowotny.<br />
Regale schlängeln sich an zwei Wänden<br />
ihres großzügigen, lichtdurchfl<br />
uteten<br />
Büros entlang. Da steht der Schatz drin,<br />
aus dem sie Inspiration für die Kostüme<br />
saugt: Bücher. „Man kann nur mit den<br />
Augen klauen“, meint die Gewandmeisterin,<br />
die nicht nur in Bildbänden mit<br />
Porträts der jeweiligen Zeit nachFeinheiten<br />
für ihre Kostüme sucht. Es sind auch<br />
einigesoziologische und kunstgeschichtliche<br />
Bücher in ihrer Sammlung. Darin<br />
findet sie Informationen zur Stellung der<br />
Frau oder auch zum Status verschiedener<br />
Berufe im jeweiligen Jahrhundert und<br />
ihrer angemessenen Kleidung. Ihre Aufgabe<br />
sei es, den Charakter einer Rolle zu<br />
erfassen und ihn in seiner Zeit so zu kleiden,<br />
wie er sich jeweils kleiden würde.<br />
Dafür hat Nowotnysich im Lauf der Jahre<br />
nicht nur in die jeweiligen Epochen<br />
eingearbeitet, sondern auch wann diese<br />
Epochen in welchem Land in Erscheinung<br />
traten. „Ich habe eine historische<br />
Landkarte imKopf“, sagt die Gewandmeisterin,<br />
die nicht nur an der Oberfl<br />
ä-<br />
che recherchiert: „Wir müssen auch wissen,<br />
wie es drunter aussieht, damit die<br />
Kleider richtig sitzen.“ Wie waren die<br />
Unterröcke gestaltet? Wie das Korsett?<br />
Welche Körperpartien wurden wie hervorgehoben?<br />
„Das ist das Tollste, dass man recherchiert,<br />
sich in Menschen hineindenkt,<br />
welche Rolle in welcher Zeit an welchem<br />
Ort spielt“, schwärmt Novotnyvon einem<br />
Beruf, den sie zu Beginn nicht geplant<br />
hatte. Ursprünglich wollte die gebürtige<br />
Konstanzerin Restauratorin werden. Ein<br />
Praktikum am Frankfurter Städel konfrontierte<br />
sie aber mit der Wirklichkeit:<br />
„Drei Jahre vor einem Wandbehang sitzen,<br />
um ihn zu restaurieren, das wollte<br />
ich nicht.“ Ihr Wunsch war es, mit Menschen<br />
zu tun zu haben. Zudem war ihr<br />
klar, dass sie keine akademische Laufbahn<br />
einschlagen wollte: „Meine Talente<br />
liegen woanders“, sagt Nowotny. So absolvierte<br />
sie nach dem Abitur eine<br />
Schneiderlehre, um anschließend Kostümbild<br />
zu studieren: „Ich merkte dann<br />
aber, dass ich als Gewandmeisterin am<br />
besseren Ort bin. Ich wollte die Verbindung<br />
zu den Menschen nicht verlieren“,<br />
erinnert sie sich an ihre Gesellenzeit in<br />
Darmstadt, die sie mit der Meisterprüfung<br />
als Schneiderin und der als Gewandmeisterin<br />
abgeschlossen hat. Dafür hat<br />
sie in Hamburgdie Fachschule für Gestaltung<br />
besucht. ►Fortsetzung auf S. 26<br />
Für die Oper „Don Carlos“ am Bolshoi-Theater Moskau entwarf der Kostümdesigner Moritz Junge 2013 dieses<br />
prunkvolle Kleid. Im Atelier von Angelika Nowotny wurde das Gewand hergestellt.<br />
Fotos: Jean Pascal Zahn<br />
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