LANGEOOG 2008 - Psychotherapeutenjournal
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Die Abgabe einer vertragspsychotherapeutischen<br />
Praxis an den geeigneten Nachfolger –<br />
Gestaltungsalternativen<br />
Uta Rüping 1 , Kristina Soffner 2<br />
1 Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht<br />
2 Rechtsanwältin<br />
Zusammenfassung: Im gesperrten Planungsbereich erfolgt die Praxisnachfolge regelmäßig<br />
im Rahmen eines sog. Nachbesetzungsverfahrens. Die Auswahlkompetenz<br />
bezüglich des Nachfolgers liegt zwar beim Zulassungsausschuss, doch ist der abgabewillige<br />
Vertragspsychotherapeut nicht gänzlich ohne Einfluss, wenn er die Möglichkeiten<br />
zu nutzen weiß, die die gesetzlichen Auswahlkriterien bieten.<br />
Der Beitrag wird komplettiert durch das zur Zeit noch umstrittene Modell der Beschränkung<br />
des Versorgungsauftrags auf die Hälfte bei anschließender Veräußerung<br />
der „halben Praxis“ im Wege des Nachbesetzungsverfahrens.<br />
1. Einleitung<br />
In einem gesperrten Planungsbereich<br />
müsste aus bedarfsplanerischen Gründen<br />
ein Vertragspsychotherapeutensitz mit<br />
dem Ende der Zulassung seines Inhabers<br />
ersatzlos wegfallen. Zwar ändert das nichts<br />
am Bestehen der Praxis in Form von Praxisräumen,<br />
Patientenkartei etc. Doch wird<br />
sich kein Käufer finden, wenn nicht gleichzeitig<br />
die Möglichkeit der Zulassung zur<br />
vertragspsychotherapeutischen Versorgung<br />
gegeben ist. Um dem grundgesetzlich geschützten<br />
Eigentum (Art. 14 GG) des Praxisinhabers<br />
bzw. seiner Erben Rechnung<br />
zu tragen, ermöglicht es das Nachbesetzungsverfahren<br />
des § 103 Abs. 4 ff. SGB V<br />
dem Praxisinhaber, den Wert seiner Praxis<br />
(nicht der Zulassung selbst so deutlich z.B.<br />
OLG Hamm, 23.11.2004, 27 U 211/03, zit.<br />
n. juris, Rn. 65) zu realisieren, indem ein<br />
geeigneter Praxiserwerber trotz Fortbestehens<br />
von Zulassungsbeschränkungen eine<br />
Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen<br />
Versorgung erhält.<br />
Da 92,7 % der Planungsbereiche für Psychotherapeuten<br />
gesperrt sind (Statistik<br />
12<br />
der KBV, Stand: 31.12.2006 (25 von 395<br />
Planungsbereichen sind offen)), ist das<br />
Nachbesetzungsverfahren der Regelfall<br />
der Praxisnachfolge. Das Nachbesetzungsverfahren<br />
ist jedoch ein Kompromiss: Der<br />
Vertragspsychotherapeut erhält zwar die<br />
Möglichkeit den Praxiswert zu realisieren,<br />
er hat jedoch nicht das Recht selbst zu entscheiden,<br />
wer als Nachfolger auf seinem<br />
Sitz die Zulassung erhält. Diese Kompetenz<br />
weist das Gesetz dem Zulassungsausschuss<br />
zu, der anhand ebenfalls gesetzlich<br />
vorgeschriebener Auswahlkriterien nach<br />
dem Prinzip der Bestenauslese den am<br />
besten geeigneten Nachfolger auswählen<br />
soll.<br />
Nun ist es aber keineswegs so, dass der<br />
abgabewillige Vertragspsychotherapeut<br />
von jeglichem Einfluss auf die Auswahlentscheidung<br />
des Zulassungsausschusses<br />
ausgeschlossen ist. Die folgenden Ausführungen<br />
zeigen – wenn auch meist längerfristige<br />
– Möglichkeiten auf, wie ein Vertragspsychotherapeut,<br />
der ein besonderes<br />
Interesse daran hat, dass die Wahl auf eine<br />
bestimmte Person oder zumindest auf einen<br />
von mehreren Bewerbern mit einem<br />
bestimmten Profil fällt, auf eine entspre-<br />
chende Entscheidung hinwirken kann (dazu<br />
unter 2.).<br />
Daneben sind auch diejenigen Vertragspsychotherapeuten<br />
angesprochen, die noch<br />
nicht ganz aus der vertragspsychotherapeutischen<br />
Versorgung aussteigen, sondern<br />
nur etwas kürzer treten wollen. Ihnen<br />
soll die ebenso attraktive wie leider noch<br />
umstrittene Möglichkeit erläutert werden,<br />
ihren Versorgungsauftrag auf die Hälfte zu<br />
beschränken und die frei werdende Hälfte<br />
im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens<br />
zu veräußern (dazu unter 3.).<br />
2. Möglichkeiten, die Auswahlentscheidung<br />
des<br />
Zulassungsausschusses<br />
zu Gunsten des Wunschbewerbers<br />
zu beeinflussen<br />
Das Gemeinsame der folgenden Optionen<br />
ist, dass diese sich das Prinzip der<br />
Bestenauslese zu Nutze machen, indem<br />
sie sämtlich auf den gesetzlich zwingend<br />
zu berücksichtigenden Auswahlkriterien<br />
aufbauen. Denn da die Kompetenz für die<br />
Auswahlentscheidung der Zulassungsausschuss<br />
innehat, ist der Wille des Praxisinhabers<br />
allein für die Auswahl ohne Bedeutung.<br />
Da aber der Zulassungsausschuss<br />
verpflichtet und bemüht ist, für die konkrete<br />
Praxis und deren Patienten den am besten<br />
geeigneten Nachfolger zu finden, wird<br />
er sich gerne von Argumenten überzeugen<br />
lassen, die belegen, dass ein Bewerber besonders<br />
geeignet ist. Mittelbar wird damit<br />
auch der Wille des Praxisabgebers berück-<br />
<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2008</strong>