LANGEOOG 2008 - Psychotherapeutenjournal
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Wissenschaftliche Erkenntnisse zeichnen<br />
sich durch ihren Informationswert aus. Sie<br />
erlauben die Ableitung von Vorhersagen,<br />
setzen die Phänomene in einen bedeutungsvollen<br />
Zusammenhang und geben<br />
Anleitungen an die Hand, wie durch bestimmte<br />
Manipulationen nützliche Effekte<br />
erzielt werden können.<br />
Wichtige Erkenntnisse werden in der Hirnforschung<br />
zwar mit großem Wortgeklingel<br />
immer wieder angekündigt, faktisch ist die<br />
Ausbeute bis heute jedoch im Verhältnis<br />
zum Aufwand nur als bescheiden zu bezeichnen.<br />
Welcher Erkenntnisgewinn ist zu erwarten,<br />
wenn z.B. ein depressiver Patient im<br />
bildgebenden Verfahren spezifische cerebrale<br />
Aktivitätsmuster zeigt? Da es kein<br />
theoretisches Wissen darüber gibt, was die<br />
gruppengemittelten Aktivitätsmuster über<br />
die Feststellung der Gleichzeitigkeit mit<br />
depressiven Symptomen hinausgehend<br />
bedeuten und entsprechend unklar bleibt,<br />
ob und wie durch gezielte Manipulation<br />
dieser Aktivitätsmuster heilsame Effekte<br />
auf der psychischen Ebene erzielt werden<br />
können, haben die bunten Bilder zunächst<br />
keinen behandlungsrelevanten medizinischen<br />
Nutzen.<br />
Dies bedeutet nicht, dass Messungen<br />
cerebraler Aktivitätsmuster durch funktionelle<br />
Bildgebung wertlos sind. Sie stellen<br />
insofern einen wissenschaftlichen<br />
Fortschritt dar, als damit ein visueller<br />
Indikator zur Verfügung steht, der unabhängig<br />
von der klinischen Diagnose das<br />
Vorliegen bestimmter psychischer Störungen<br />
oder auch erreichte Veränderungen<br />
durch therapeutische Prozesse eventuell<br />
belegen könnte. Bildgebende Verfahren<br />
könnten zukünftig insbesondere differentialdiagnostisch<br />
bedeutsam werden,<br />
wenn sich z.B. herausstellen sollte, dass<br />
symptomatisch sehr ähnliche depressive<br />
Zustände mit gut unterscheidbaren Aktivitätsmustern<br />
in Beziehung stehen. Ähnlich<br />
wie das EEG sind bildgebende Verfahren<br />
also nützliche apparative Methoden, um<br />
Spurensuche im Gehirn zu betreiben und<br />
darauf aufbauend Hypothesen zu entwickeln<br />
und zu überprüfen. Ihr Nutzen ist<br />
vor allem ein heuristischer: Neue Fragen<br />
zu stellen und neue Ideen zu entwickeln,<br />
<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2008</strong><br />
um diese dann in den unterschiedlichen<br />
theoretischen Bezugssystemen – ohne<br />
Vermischungen neurologischer und psychologischer<br />
Konstrukte – zu differenzieren<br />
und zu überprüfen.<br />
Ein weiterer nicht zu unterschätzender<br />
Nutzen neurobiologischer Erklärungsansätze<br />
liegt darin, dass sie sich gut dazu<br />
eignen, bekanntes psychologisches Wissen<br />
sozusagen unters Volk zu bringen. Psychologische<br />
Erkenntnisse – auch wenn sie<br />
erfahrungswissenschaftlich gut belegt sind,<br />
dringen eher durch, wenn sie mit einer<br />
biophysikalischen sinnlich nachvollziehbaren<br />
„Beweisführung“ versehen sind. Dies<br />
gilt für die These, dass die frühe Kindheit<br />
prägenden Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung<br />
hat (phasenspezifische neuronale<br />
Strukturbildungen), wie für die Feststellungen,<br />
dass traumatische Erfahrungen<br />
irreversible Spuren hinterlassen können<br />
(überdauernde Reaktionsbereitschaften<br />
im Amygdala System), oder dass Lernen<br />
wesentlich über Nachahmung geschieht<br />
(mögliche Funktion von Spiegelneuronen).<br />
Epilog<br />
Die Psychologie hat in der neurobiologischen<br />
Debatte eine wichtige kritische<br />
Funktion. Sie kann über die Psychologik<br />
aufklären, die sowohl hinter vereinfachten<br />
dualistischen als auch monistischen Wirklichkeitskonstruktionen<br />
des Gehirn-Geist-<br />
Verhältnisses steht. Sie kann weiterhin<br />
verstehbar machen, weshalb der gefühlte<br />
Erklärungswert der bildgebenden Verfahren<br />
den realen Erklärungswert übersteigt,<br />
indem sie das beobachtende Subjekt<br />
selbst zum Forschungsgegenstand macht.<br />
Dabei kann die Psychologie – ob nun von<br />
erfahrungswissenschaftlicher oder von<br />
hermeneutisch-psychodynamischer Seite<br />
– auf elaborierte und bewährte Theorien<br />
zurückgreifen.<br />
Ob die Reflektion psychologischer Implikationen<br />
von Wissens- und Wissenschaftsentwicklung<br />
zu mehr Sachlichkeit und vor<br />
allem Bescheidenheit im Erkenntnisanspruch<br />
beitragen wird, sei dahingestellt.<br />
Die Forderung, die Vorliebe für vereinfachende<br />
Wirklichkeitskonstruktionen ständig<br />
reflexiv im Blick zu haben, bedeutet ja<br />
nicht mehr und nicht weniger, als sich im-<br />
G. Möhlenkamp<br />
Institut für Psychoanalyse und<br />
Psychotherapie Ostwestfalen<br />
der Arbeitsgruppe Ostwestfalen der Deutschen<br />
Psychoanalytischen Gesellschaft DPG<br />
5jährige berufsbegleitende Ausbildung in<br />
Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie<br />
(TP) und Psychoanalyse / Analytische<br />
Psychotherapie (PA)<br />
Das Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie<br />
Ostwestfalen (IPPO) in Bielefeld, ein<br />
im Rahmen des PTG und nach den Richtlinien<br />
der Bundesärztekammer staatlich<br />
anerkanntes Institut zur Ausbildung zum<br />
Psychologischen und Ärztlichen Psychotherapeuten,<br />
beginnt jedes Jahr am<br />
1. September und 1. Februar<br />
ein neues Semester in den Ausbildungsgängen<br />
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie<br />
(nach PTG) und Analytische<br />
Psychotherapie (als 2. Fachkunde).<br />
Das IPPO bildet ebenso in Psychoanalyse<br />
(beide Fachkunden verklammert) nach den<br />
Richtlinien der DPG und der DGPT aus.<br />
Informationen und Bewerbungen über: Institut<br />
für Psychoanalyse und Psychotherapie<br />
Ostwestfalen (IPPO), Unterrichtsausschuss,<br />
z..Hd. Herrn Dr. phil. Dipl.-Psych. Georg Baumann,<br />
Warendorfer Str. 139, 48145 Münster,<br />
Tel. 0251/13 27 88 oder ge-baumann@versanet.de<br />
Institut für Psychoanalyse und<br />
Psychotherapie Ostwestfalen)<br />
Systemtherapie für<br />
Verhaltenstherapeuten –<br />
3x3 Tage<br />
Seminar 1: Der systemische Ansatz<br />
Seminar 2: Systemische Interventionen<br />
Seminar 3: Der systemische Ansatz im<br />
VT-Alltag<br />
Fortbildungspunkte:<br />
Anerkannt durch LPK BW<br />
Bei späterer Systemtherapieausbildung<br />
anrechenbar<br />
Leitung: Dr. Hans Lieb, Dr. Hagen Böser<br />
Kosten: � 972,- (zuzüglich Unterkunft<br />
und Verpfl egung)<br />
Ort: Speyer<br />
Termine: 15. – 17.09.08, 02. – 04.02.09<br />
und 05. – 07.05.09<br />
Institut für Familientherapie Weinheim –<br />
Ausbildung und Entwicklung e.V.<br />
Freiburger Straße 46 · 69469 Weinheim<br />
Anmeldung und weitere Angebote:<br />
Tel: 0 62 01 / 6 59 52<br />
www.if-weinheim.de<br />
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