DeSS orientiert - Demenz Support Stuttgart
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Grenzen. Ein zweiter Grund ist wohl der, dass<br />
sich eine Vielzahl unterschiedlichster Disziplinen<br />
und Berufsgruppen mit Bewegung beschäftigen.<br />
Diese nehmen verschiedenartige<br />
Aspekte in den Blick, stellen unterschiedliche<br />
Fragen und stehen in sehr unterschiedlichen,<br />
von ihren Grundannahmen her widersprüchlichen,<br />
wenn nicht gar inkompatiblen Denk-<br />
und Wissenstraditionen. Entsprechend kommen<br />
sie je nach spezifi scher Fragestellung zu<br />
unterschiedlichen Ergebnissen.<br />
Im Volksmund heißt es: Bewegung ist die<br />
beste Medizin. Und in der Tat deutet die Forschung<br />
der letzten Jahre darauf hin, dass<br />
Bewegung – gerade auch im Kontext der sogenannten<br />
Zivilisationskrankheiten – immense<br />
positive Wirkpotentiale besitzt. Wie aber<br />
kann ein so „alltägliches“ Heilmittel so vieles<br />
bewirken? Eine erste Antwort ist die, dass<br />
Bewegung äußerst vielseitig und vielschichtig<br />
ist. Dieser Beitrag wird versuchen, den engen<br />
Zusammenhang zwischen Kognition und Bewegung<br />
aus einer bewegungswissenschaftlichen<br />
Sicht aufzuzeigen und dabei ein paar<br />
Seiten und Schichten des Phänomens ein<br />
wenig genauer zu beleuchten.<br />
1. Bewegung und Kognition<br />
– eine begriffl iche Annäherung<br />
Bewegung gehört ureigen zum Menschen<br />
und zum Menschsein. In ihr spiegelt sich<br />
das komplexe Verhältnis von Organismus<br />
und Umwelt. Doch die vorhandenen Defi nitionen<br />
und Konzepte unterscheiden sich je<br />
nach Perspektive und Erkenntnisinteresse<br />
beträchtlich. Grob betrachtet lassen sich zwei<br />
Positionen nennen, von denen aus Bewegung<br />
jeweils näher bestimmt wird: wissenschaftstheoretische<br />
und anthropologisch-phänomenologische.<br />
Die Begriffe Bewegung und Motorik werden<br />
häufi g synonym verwendet. In unserem Zusammenhang<br />
ist hilfreich, dass die Bewegungswissenschaft<br />
(ehemals Sportwissenschaft)<br />
hier eine Trennung vornimmt. Aus<br />
- 7 -<br />
Bewegung<br />
ihrer Sicht ist Bewegung die von außen beobachtete<br />
Ortsveränderung des Menschen<br />
in Raum und Zeit. Motorik hingegen ist als<br />
Begriff genauer und wird als die Gesamtheit<br />
aller Steuerungs- und Funktionsprozesse<br />
verstanden, die Haltung und Bewegung<br />
zugrunde liegen. Da an der Steuerung und<br />
Kontrolle von Haltung und Bewegung auch<br />
sensorische, perzeptive, kognitive und motivationale<br />
Vorgänge beteiligt sind, schließt der<br />
Motorikbegriff diese Subsysteme samt deren<br />
Zusammenspiel mit ein (Sportwissenschaftliches<br />
Lexikon 1992, S. 319-322).<br />
Kognition bezeichnet als Sammelbegriff alle<br />
Prozesse und Strukturen, die mit dem Wahrnehmen<br />
und Erkennen zusammenhängen,<br />
so unter anderem das Denken, das Erinnern,<br />
das Vorstellen, das Gedächtnis, das Lernen<br />
und Planen. Es beschreibt damit die Fähigkeit<br />
des Menschen, sich in der Welt zu orientieren<br />
und sich an seine Umwelt anzupassen.<br />
Um die Sache noch komplizierter zu machen:<br />
Mit der Kognition eng verknüpft ist das Bewusstsein.<br />
Es beinhaltet die gerichtete Aufmerksamkeit,<br />
die Abstrahierungsfähigkeit,<br />
die Fähigkeit, Vorgänge in Sprache auszudrücken<br />
(Verbalisierung), das Vermögen, aus<br />
Erfahrungswerten Pläne zu erstellen. Es ermöglicht<br />
die Anpassung an ungewohnte und<br />
schwierige Situationen (Silbernagel 2001, S.<br />
336). So wie Bewegung je nach Standpunkt<br />
defi niert wird, scheint der Begriff Kognition<br />
uneinheitlich im Gebrauch zu sein. In einem<br />
wissenschaftstheoretischen Zusammenhang<br />
sind damit höhere kortikale Leistungen gemeint.<br />
In einem anthropologisch- phänomenologischen<br />
Verständnis tragen zur Kognition<br />
(Erkenntnis) die Wahrnehmungsorgane des<br />
gesamten Körpers bei, ist Kognition das Ergebnis<br />
aus Wahrnehmungsprozessen. Beide<br />
Auffassungen sind nicht ohne weiteres<br />
aneinander anschlussfähig. Dem folgenden<br />
Versuch, den Zusammenhängen zwischen<br />
Bewegung und Kognition auf die Spur zu<br />
kommen, werden sie gleichberechtigt nebeneinander<br />
existierend zugrunde gelegt.