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ENGAGEMENT UND ERWERBSARBEIT IN EUROPA - BBE

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forum 1 | roth: aktivierende arbeitsmarktpolitik und engagement<br />

den 1970er Jahren waren 15% der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer in Teilzeit tätig. Seitdem stieg<br />

der Anteil auf 40% im Jahr 2005 und eine weitere<br />

Steigerung wird erwartet.<br />

4. eine neue richtung<br />

Trotz vieler positiver Erfahrungen aus den letzten Jahrzehnten<br />

wurden die beschriebenen Entwicklungen<br />

stets auch kritisch begleitet. Das betrifft zum Beispiel:<br />

• die Art der Freiwilligkeit beim Konzept „soziale<br />

Aktivierung“,<br />

• die Tendenzen der Monetarisierung sowie generell<br />

diffuse Grenzen zwischen der Übernahme<br />

von Unkosten, Unterbezahlung und einem<br />

Mangel an bezahlter Arbeit,<br />

• die hohen Belastungen durch zahlreiche Aufgaben<br />

und Pflichten, vor allem für arbeitende<br />

Frauen, die freiwillig aktiv sind und Pflegebedürftige<br />

in der Familie oder im Umfeld betreuen,<br />

• die sozialen Organisationen, denen es an Flexibilität<br />

mangelt, um auf die Nachfrage von potenziellen<br />

Freiwilligen und ihre verschiedenen<br />

Motivationslagen sowie auf die Bedarfe von Unternehmen<br />

und ihren Mitarbeitern angemessen<br />

zu reagieren,<br />

• die mangelnde Berücksichtigung des Partizipationspotenzials<br />

sozial ausgeschlossener oder<br />

marginalisierter Gruppen.<br />

Diese Kritik zielte vor allem darauf, die Bindung<br />

und den Austausch zwischen Arbeitsmarkt und Engagement<br />

zu stärken und so die Potentiale für die<br />

Arbeitsmarktintegration, aber auch für die Engagementförderung<br />

besser zu nutzen. Derzeit sieht es<br />

jedoch eher danach aus, dass diese Verbindung in<br />

den nächsten Jahren ausgehöhlt und völlig getrennt<br />

wird.<br />

Seit 2011 hat die neue Regierung Rutte eine Richtungsänderungen<br />

vorgenommen. Die heutigen Reglungen<br />

und Gesetze werden ab 2013 geändert und fokussieren<br />

dann verstärkt auf den direkten Eintritt in den Arbeitsmarkt.<br />

Zugleich sind strenge Sparmaßnahmen angekündigt,<br />

so dass ab 2012 viele Kommunen ihre Budgets<br />

im Bereich soziale Aktivierung reduzieren werden. Die<br />

Kommunen sind maßgeblich verantwortlich für die Aktivierungsprogramme<br />

und -projekte.<br />

Diese Entwicklungen kann sich nachteilig auswirken<br />

auf engagierte arbeitslose Bürger, auf die ge-<br />

44<br />

meinnützigen Organisationen, die Kommunen und<br />

schließlich auch für die Arbeitgeber. Indessen beginnen<br />

so genannte „social enterprises“, ein innovatives<br />

Modell von sozialen Unternehmen mit relativ geringer<br />

Abhängigkeit von staatlichen Zuwendungen,<br />

nach und nach die entstehende Lücke zu füllen.<br />

Prof. Dr. Roland Roth<br />

aktiVierende arbeitsMarktpOlitik<br />

und EngagEmEnt<br />

Ausgangspunkt ist ein Paradigmenwechsel in der<br />

Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik von welfare zu workfare,<br />

der in den letzten beiden Jahrzehnten in unterschiedlichen<br />

Varianten und in unterschiedlicher<br />

Reichweite in vielen OECD-Ländern vollzogen wurde.<br />

Seine Logik lautet: Weg von der sozialen Sicherung<br />

als Statussicherung (passive Leistungen) hin zu<br />

verpflichtenden und sanktionsbewährten Formen<br />

der Aktivierung für den Arbeitsmarkt. Durch eine<br />

work-first Politik (Beschäftigung statt Leistungsbezug)<br />

sollen arbeitsmarktferne Gruppen wieder oder<br />

erstmals in den Arbeitsmarkt einbezogen werden.<br />

In den USA waren z. B. die „welfare mothers“ die<br />

erste Zielgruppe. Entstandardisierte, deregulierte<br />

und prekäre Beschäftigungsverhältnisse (Leiharbeit,<br />

Zeitarbeit, Minijobs etc.) werden gefördert, um eine<br />

entsprechende Nachfrage zu schaffen. In einigen<br />

Ländern sind zudem weitergehende Konzepte der<br />

sozialen Aktivierung durch Bildungsprogramme aufgelegt<br />

worden. Ob es gelungen ist, durch workfare<br />

beschäftigungsferne Gruppen in den Arbeitsmarkt<br />

zu integrieren, bleibt strittig. Unstrittig ist jedoch ein<br />

beachtlicher Zuwachs an Erwerbsarbeit, allerdings<br />

zu einem großen Teil in prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />

und im Niedriglohnbereich.<br />

1. zuM prOfil aktiVierender arbeitsMarktpOlitik<br />

in deutschland<br />

Deutschland ist ein Spätkommer in Sachen aktivierender<br />

Arbeitsmarktpolitik. Zentrale Reformen (vor<br />

allem die als Hartz IV bezeichneten Neufassungen<br />

des SGB II, III und XII) traten erst 2005 in Kraft (vor<br />

allem), aber sie waren weitaus umfassender als in<br />

anderen Ländern, die in der Regel ihre workfare-<br />

Programme selektiv auf bestimmte „Problemgruppen“<br />

konzentrierten. Der Rückgang der registrierten<br />

Arbeitslosigkeit seit 2006 und die vergleichsweise<br />

starke Krisenresistenz des Arbeitsmarkts wird von

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