Journalistenpreis Bürgerschaftliches Engagement Marion-Dönhoff ...
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3. Preis<br />
Antonie Rietzschel, Peter Stawowy<br />
Themenseite „Engagiert gegen dumpfe Parolen“<br />
Spiesser – Die Jugendzeitschrift, Dezemberauflage 2005<br />
Was vor Jahren vier Freunde starteten,<br />
ist heute eine der aktivsten Organisationen<br />
gegen Rechtsradikalismus<br />
und Rassismus in Deutschland<br />
Sich in die Opferrolle zu fügen, ging Sebastian<br />
Reißig gegen den Strich. Zusammen<br />
mit drei Freunden gründete er 1998 einen<br />
runden Tisch, um über die Problematik<br />
rechtsradikalen Gedankenguts zu sprechen.<br />
Doch bald wollten die Vier die Probleme<br />
nicht nur einfach beim Namen nennen,<br />
sondern auch gegen die Resignation<br />
in der Bevölkerung mobil machen. Das erschreckende<br />
Ergebnis der damaligen Europawahlen,<br />
bei der rechte Parteien mancherorts<br />
in der Sächsischen Schweiz bis zu<br />
18 Prozent der Stimmen bekamen, nutzten<br />
die Jungs und Mädchen, um endlich in Aktion<br />
zu treten. „Wir planten eine Demonstration<br />
gegen Rechts in Pirna und erwarteten<br />
nicht mehr als 300 Teilnehmer. Am<br />
Ende waren es sogar 800“, erinnert sich<br />
der 26-Jährige. Auch bei nachfolgenden<br />
Aktionen zeigten immer mehr junge Leute<br />
Gesicht gegen rechte Gewalt – und aus der<br />
Diskussionsgruppe wurde eine aktive Jugendorganisation.<br />
Heute hat der Verein<br />
„Aktion Zivilcourage“ einen festen Sitz im<br />
Herzen Pirnas. Durch die Organisation<br />
von Lesungen, Konzerten, Gedenkstättenfahrten,<br />
Workshops und Jugendbegegnungen<br />
versuchen die dreißig Mitglieder Aufklärung<br />
zu betreiben, damit Vorurteile gar<br />
nicht erst entstehen – oder aus dem Weg<br />
geräumt werden können. „Natürlich bekommt<br />
man bei solchen Veranstaltungen<br />
keinen extrem radikalen Nazi zu Gesicht,<br />
aber man trifft immer welche, die bei einem<br />
Konzert einer tschechischen Band<br />
Spaß daran haben, dumme Sprüche zu<br />
klopfen“, weiß Sebastian, „und diese Leute<br />
müssen wir erreichen, weil sie meist nicht<br />
wissen, was hinter solchen Äußerungen<br />
steht.“ Eine besonders wichtige Arbeit ist<br />
für den Verein auch die Opferhilfe. Hier<br />
steht die „Aktion Zivilcourage“ allen bei,<br />
die von Rechtsradikalen angegriffen wurden.<br />
Dazu gehört nicht nur moralischer<br />
Beistand, sondern auch aktive Hilfe. Oft<br />
bedeutet das: Anzeige erstatten und die<br />
Opfer zu Gerichtsverhandlungen beglei-<br />
ten. Die Anerkennung für diese Arbeit<br />
wächst stetig, doch spätestens seit dem<br />
Wahlerfolg der NPD in Sachsen hat sich<br />
die Situation verschlimmert, die Übergriffe<br />
nehmen wieder zu. „Man müsste eigentlich<br />
noch viel mehr machen“, sagt Sebastian,<br />
„aber wir sind zurzeit an einem Punkt, wo<br />
wir an unsere Grenzen stoßen.“<br />
Ihr wollt eure Unterstützung anbieten?<br />
www.zivilcourage-pirna.de<br />
Bildunterschrift:<br />
Geballte Kraft: Die Jungs und Mädels der<br />
Aktion Zivilcourage im sächsischen Pirna<br />
Aufruf<br />
Schwarz auf Weiß<br />
Nur nicht hinsehen, bloß nicht zuhören<br />
und ja nichts sagen! Wer den Themen<br />
Rechtsextremismus und Rassismus auf<br />
diese Weise begegnet, bewirkt nichts. Wir<br />
wollen etwas daran ändern. Und möchten<br />
euch aufrütteln, hinzusehen, zuzuhören<br />
und mitzureden – und uns eure Geschichte<br />
zu schicken. Schreibt uns eure Erlebnisse<br />
und Erfahrungen mit Rechtsextremisten,<br />
Neonazis und Rassisten. Was ihr darüber<br />
denkt, was ihr fühlt und was euch stinkt.<br />
Aber auch, wo ihr im Alltag Zivilcourage<br />
erlebt habt und wer euer Vorbild in Sachen<br />
Toleranz ist. Aus allen Einsendungen<br />
möchten wir ein Buch zusammenstellen.<br />
Der Erlös aus dem Verkauf des Buches soll<br />
der Aktion Zivilcourage in Pirna zugute<br />
kommen, die auch außerhalb der Grenzen<br />
Sachsens für ihren Einsatz gegen Rassismus<br />
und für Toleranz bekannt ist.<br />
Schickt uns eure Geschichten auf maximal<br />
vier A4-Seiten, gern auch mit Fotos, bis<br />
zum 18. Februar 2005 an SPIESSER – die<br />
Jugendzeitschrift, Stichwort „Schwarz auf<br />
Weiß“, Postfach 210 220 in 01263 Dresden<br />
oder per Mail an redaktion@spiesser.de<br />
WAS TUN, WENN...<br />
...drei Schüler in der Klasse ständig<br />
das jüdische Mädchen und den russischen<br />
Mitschüler ärgern?<br />
3. Preis<br />
Die Frage beantwortete Christine Böckmann<br />
vom „Miteinander“ e.V. in Magdeburg<br />
Ich finde, es ist egal, ob jüdische oder russische<br />
oder brillentragende Mitschülerinnen<br />
und Mitschüler geärgert werden. Es<br />
sind immer Menschen – und allein deshalb<br />
sollten wir uns dagegen wehren. Am wichtigsten<br />
finde ich, dass die, die gemobbt<br />
werden, spüren, dass sie nicht allein sind.<br />
Zeigt ihnen, dass es andere Menschen gibt,<br />
die nicht wegschauen wollen. Dann könnt<br />
ihr gemeinsam überlegen, ob und was ihr<br />
alleine tun wollt oder wen ihr um Rat fragen<br />
oder um Hilfe bitten wollt.<br />
KURZINTERVIEW<br />
Hagen Kreisel über seine Arbeit bei<br />
Amal – der Hilfsorganisation für Opfer<br />
rechter Gewalt<br />
SPIESSER: Was bedeutet Amal?<br />
Hagen: Das Wort Amal ist arabisch und<br />
steht für Hoffnung. Hauptziel von Amal ist<br />
es, jungen Leuten zu helfen, die auf Grund<br />
ihres Outfits oder ihrer Hautfarbe Opfer<br />
körperlicher Gewalt werden. Das Besondere<br />
an uns ist, dass wir eine aufsuchende<br />
Beratungsstelle sind. Wir recherchieren<br />
nach Übergriffen und gehen dann direkt<br />
auf die Opfer rechtsextremer Gewalt zu.<br />
Das hat den Vorteil, dass wir mehr Leute<br />
erreichen: nämlich auch die, die von alleine<br />
keine Beratungsstelle aufsuchen würden.<br />
SPIESSER: Bei welchen Vorfällen fängt<br />
die Opferberatung an – und wo hört sie<br />
auf?<br />
Hagen: Das Spektrum reicht von Diskriminierung<br />
bis zu Übergriffen mit schweren<br />
Gewaltverbrechen.<br />
SPIESSER: Wie sieht die Hilfe konkret<br />
aus?<br />
Hagen: Oft hilft es den Opfern schon,<br />
wenn wir zusammen mit ihnen über das<br />
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