Journalistenpreis Bürgerschaftliches Engagement Marion-Dönhoff ...
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Serienpreis<br />
Camilla Härtewig, Rena Lehmann<br />
„Jetzt erst recht!“<br />
Rhein-Zeitung/Oeffentlicher Anzeiger, 10. – 24.12. 2004<br />
Die lachende Notgemeinschaft der<br />
Mäuse<br />
„Jetzt erst recht!“ – Teil 1 des Reigens:<br />
In der schweren Zeit ihrer Krankheit<br />
konnte Leonore Knoche auf viele<br />
Menschen zählen – Netzwerk der<br />
Freunde<br />
Anderen in schwierigen Momenten ihres Lebens<br />
beizustehen, erfordert Mut und Ausdauer.<br />
Die zwölf Menschen unserer Serie haben<br />
in solchen Situationen „jetzt erst recht!“<br />
gesagt, sind für andere da oder haben selbst<br />
Hilfe angenommen. Der Reigen beginnt mit<br />
Leonore Knoche: Als die Bad Kreuznacherin<br />
und ihre Familie in Not waren, zeigte ein<br />
Netzwerk der Freunde kompromisslos und<br />
selbstverständlich seine Wirkung.<br />
BAD KREUZNACH. Als die Ärzte in der<br />
Mainzer Uniklinik die Diagnose stellten,<br />
„grenzte es schon an ein Wunder, dass ich<br />
noch lebte.“ Leonore Knoche litt unter<br />
einer lebensgefährlichen Erweiterung der<br />
Aorta, ausgelöst durch ein angeborenes<br />
Syndrom. Kurz nachdem sie sich erholt<br />
hatte, erschütterte eine zweite Diagnose ihr<br />
Leben und das ihrer Familie: Darmkrebs.<br />
1993 veränderte sich das Leben der Hausfrau<br />
und Mutter von drei Kindern schlagartig.<br />
Jetzt erst recht – in der Not hielten<br />
alle zusammen: Ohne die Hilfe ihrer<br />
Freunde wäre die Zeit der Krankheiten<br />
noch viel schwerer zu ertragen gewesen.<br />
Während die Mutter in Kliniken und Rehabilitation<br />
wieder zu Kräften kam, waren ihre<br />
damals acht-, elf,- und dreizehnjährigen Kinder<br />
und ihr Mann drei Monate auf sich gestellt.<br />
Freunde und Nachbarn erledigten all<br />
das, was sonst Leonore Knoche geleistet<br />
hatte. „Damals habe ich empfunden, wie<br />
schön es ist, in einer Freundschaft aufgehoben<br />
zu sein“, sagt sie, „ich musste mir keine<br />
Gedanken machen, was zu Hause los ist.“<br />
Zwei Mäuse aus Holz, die in ein Stück<br />
Käse beißen, erinnern sie an diese schöne<br />
Erfahrung in der grausamsten Zeit ihres<br />
Lebens. Jeder Helfer hat solche Mäuse als<br />
Dankeschön bekommen. „Wie die beiden<br />
an ihrem Käse nagen, so wurden unsere<br />
Kinder an ihren Kochtöpfen mitversorgt.“<br />
In der Zeit, als Kinder und Ehemann Hilfe<br />
brauchten, bildete sich ein Netzwerk, das<br />
weit über die Familie hinausreichte. Ein<br />
Netzwerk, das wohl schon immer da war,<br />
aber in diesem Moment auf besonders intensive<br />
Art Wirkung zeigte.<br />
Geteilter Mittagstisch<br />
• Da war zum Beispiel Petra Stahl. Ihre<br />
Zwillingssöhne besuchten mit Leonore<br />
Serienpreis<br />
Knoches Sohn die Schule. Als die Mutter<br />
fehlte, hat Johann-Philipp mittags bei Stahls<br />
gegessen, öfter dort übernachtet und ist mit<br />
der Familie in Urlaub gefahren. „Das war<br />
kein Problem“, sagt Petra Stahl. Was ihr<br />
heute als Lappalie erscheint, war für Leonore<br />
Knoche damals sehr wichtig: Sie wusste<br />
ihren Sohn in den besten Händen.<br />
• Ilse und Hans-Günther Hey wohnten zu<br />
der Zeit im Stockwerk unter den Knoches.<br />
„Es bedeutete für mich große Sicherheit,<br />
dass sie da waren“, sagt Leonore Knoche.<br />
Ein Mal pro Woche gab es bei den Heys für<br />
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