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Journalistenpreis Bürgerschaftliches Engagement Marion-Dönhoff ...

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Ausgezeichnete Beiträge<br />

Denn im Herbst startet die neugegründete<br />

AtemReich GmbH ihre Arbeit. Erst einmal<br />

mit einer Gruppe, um ein neu entwickeltes<br />

Konzept zur Förderung von chronisch<br />

kranken Kindern im Vorschulalter zu erproben.<br />

Das große Ziel ist ein Neubau auf<br />

dem Gelände der ehemaligen Lachnerklinik.<br />

Hierbei kann sich die AtemReich<br />

GmbH der Unterstützung des Stiftungsamtes<br />

München sicher sein. „Ein wundervolles<br />

Projekt“, schwärmt dessen Leiterin<br />

Katharina Knäusl. Rund 50 000 Euro sollen<br />

für die beatmeten, schwerstbehinderten<br />

Kinder aus der „Franz, Therese, Isabella,<br />

Hildegunde Schulmeier-Stiftung“<br />

zur Verfügung gestellt werden.<br />

Dass das heute überhaupt möglich ist, haben<br />

die Kinder einem anderen, weit zurückliegenden<br />

Familiendrama zu verdanken.<br />

Im Alter von fünf Jahren starb 1918<br />

die behinderte Tochter Hildegunde von<br />

Franz und Therese Schulmeier. Bei einem<br />

Ausflug der Familie schlug das Schicksal<br />

erneut zu: Am Pfingstmontag 1926 starb<br />

die zweite Tochter Isabella im Alter von 15<br />

Jahren bei einem Eisenbahnunglück im<br />

Ostbahnhof. Sein mit einem Klaviergeschäft<br />

gemachtes Vermögen und das von<br />

der Entschädigung gekaufte Haus in der<br />

Moosacher Dirrstraße 3 hinterließ das<br />

Ehepaar „blinden, tuberkulösen und verkrüppelten<br />

Kindern und Doppelwaisen“.<br />

Doch die so großzügig bedachten Kinder<br />

waren für das Stiftungsamt kaum noch zu<br />

finden. „Die soziale Situation war Anfang<br />

des letzten Jahrhunderts eine völlig andere.<br />

Blinde sind heutzutage gut anderweitig gefördert,<br />

tuberkulöse Kinder gibt es kaum<br />

noch und auch Waisenkinder sind meist<br />

nicht mehr bedürftig im Sinne des Steuerrechts“,<br />

sagt Helmut Fichtl, vor seiner Pension<br />

Mitarbeiter des Münchner Stiftungsamtes.<br />

Er hat die Stifterin Therese<br />

Schulmeier noch persönlich gekannt.<br />

„Gern wäre sie, alt und krank wie sie am<br />

62<br />

Ende ihres Lebens war, in eine Wohnung<br />

oder Heim gegangen. Das Haus konnte sie<br />

allein nicht mehr erhalten.“<br />

Doch die Erbfolge war mit der Stiftung notariell<br />

festgelegt und konnte einseitig von ihr<br />

allein nicht mehr geändert werden. „Da war<br />

41 Jahre später nichts mehr zu machen.“ Geändert<br />

werden konnte jedoch der Stiftungszweck.<br />

„2001 wurde er erweitert um Kinder,<br />

die schwerkrank und behindert sind, sowie<br />

Vollwaisen und Kinder, die in Heimen<br />

unterstützt werden“, erinnert sich Fichtl.<br />

Dass es generell möglich ist, unter strengen<br />

Auflagen der Stiftungsaufsicht der<br />

Regierung von Oberbayern den Stiftungszweck<br />

zu ändern, bestätigt Stiftungsreferentin<br />

Monika Schretter. Der Fall trete<br />

ein, wenn der Zweck wegfällt, weil er<br />

nicht mehr möglich ist, oder sich die<br />

Schwerpunkte verändert haben, was zum<br />

Zeitpunkt der Stiftung nicht absehbar<br />

war. „Oberste Richtschnur bleibt dabei jedoch<br />

der Stifterwille. Die Veränderung<br />

muss dem Grundgedanken des Stifters<br />

entsprechen.“ Hilfe für Kinder könne<br />

nicht einfach in Denkmalschutz umgewandelt<br />

werden.<br />

Ein zwangsläufiges Verfallsdatum hat 60<br />

Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg zum<br />

Beispiel die „Dr. Alfred und Alice Ammelburg-Wohltätigkeitsstiftung“.<br />

Nach dem<br />

Willen der Stifter sollten ausschließlich<br />

Kriegsopfer die Begünstigten sein. „1990<br />

wurde der Stiftungszweck auf ,allgemein<br />

Bedürftige’ erweitert“, sagt der mit der privaten<br />

Ammelburg-Stiftung betraute Helmut<br />

Fichtl. „Solange jedoch bedürftige<br />

Kriegsopfer gefunden werden, werden sie<br />

an erster Stelle die Nutznießer der Stifterspende<br />

bleiben.“ Erst der Rest gehe an andere<br />

Bedürftige. Frauke Biereder<br />

Bildunterschrift:<br />

Helmut Fichtl.<br />

Foto: Biereder<br />

Schwerwiegender Entschluss<br />

Der Entschluss zur Gründung einer Stiftung<br />

sollte wohl überlegt sein. Denn zurücknehmen<br />

lässt er sich nicht – allenfalls<br />

an der Organisation können zu Lebzeiten<br />

des Stifters nachträglich Änderungen vorgenommen<br />

werden – etwa wenn eine private<br />

Stiftung unter städtische Verwaltung<br />

gestellt werden soll (oder umgekehrt). In<br />

diesem Fall, warnt Katharina Knäusl, Leiterin<br />

der städtischen Stiftungsverwaltung,<br />

komme ein „nicht unproblematisches Verfahren<br />

in Gang“. Beantragt werde dies bei<br />

der Stiftungsaufsicht, der Regierung von<br />

Oberbayern. Gründe müssen vorgebracht<br />

werden – etwa, dass sich der Stifter stärker<br />

selbst einbringen will. Dass ein Stifter tatsächlich<br />

ernsthaft seine Stiftung wieder<br />

auflösen will – diesen Fall hatte die städtische<br />

Stiftungsverwaltung noch nie. Auch<br />

ein zeitliches Ausschlusskriterium gibt es:<br />

Zehn Jahre nach Errichtung einer Stiftung<br />

enden alle denkbaren Ansprüche.<br />

Kompliziert wird es, wenn der Stifter später<br />

beispielsweise pflegebedürftig wird und<br />

seine Pflege nicht mehr aus eigenen Mitteln<br />

finanziert werden kann. Dann, wenn<br />

öffentliche Gelder für einen einst vermögenden<br />

Stifter aufgewandt werden müssten,<br />

sei die Rückabwicklung rechtlich<br />

möglich, räumt Knäusl ein. Nach dem<br />

Tode des Stifters können nicht bedachte<br />

Erben eine ordnungsgemäß errichtete Stiftung<br />

nur aus einem Grund zu Fall bringen:<br />

wenn die Stadt ausdrücklich gestellte Bedingungen<br />

nicht erfüllt. Unterlässt also die<br />

Stiftungsverwaltung eine vereinbarte<br />

Grabpflege oder stellt sie die jährlich vereinbarte<br />

Bestellung einer Totenmesse ein,<br />

kann erfolgreich angefochten werden. Ein<br />

Verschulden muss jedoch vorliegen – so ist<br />

etwa die Grabpflege nur bis zur Auflösung<br />

des Friedhofs möglich. tek

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